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E-Book

Christen und die Neue Rechte?! Zwischen Ablehnung und stiller Zustimmung. Eine Problemanzeige

AutorBenedikt Maximilian Löw
VerlagDiplomica Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl96 Seiten
ISBN9783961460694
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Ausgehend von den aktuellen politischen Umbrüchen in Deutschland und Europa werden anhand kontroverser Konfliktthemen sowohl parallele als auch konträre Entwicklungen in Politik, Gesellschaft und den christlichen Kirchen herausgearbeitet. Die Grundlage bildet dabei die Feststellung, dass es rechtsgerichtete Medien sowie Parteien gibt, die mit einschlägigen Brückenthemen in christlich-konservativen Kreisen für die eigenen politischen Positionen werben. Dies wird durch aktuelle Beispiele erläutert. Anhand einer interdisziplinären Auseinandersetzung mit einschlägigen Autoren aus Politikwissenschaft, Rechtsphilosophie und Theologie werden inhaltliche und systemische Analogien zwischen christlichem - insbesondere dem katholischen - Fundamentalismus sowie politischem Rechtsextremismus geschildert.

Benedikt Maximilian Löw wurde 1989 in Bad Reichenhall geboren. Sein Studium der Theologie sowie zeitweise der Kunst und Philosophie führte ihn von Passau über Linz a.D. (OÖ) nach München. Dort schloss der Autor sein Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München im Jahre 2017 mit dem akademischen Grad des Magister Theologiae erfolgreich ab. Eines seiner Hauptinteressen gilt den Wechselwirkungen zwischen aktuellen Vorgängen in Politik und Gesellschaft sowie Kirche und Theologie. Derzeit arbeitet er als Referent für Theologie und Ethik in einem großen Bildungsinstitut in der Bayrischen Landeshauptstadt. Als überzeugter Demokrat und EU-Freund liegt ihm die politische Bildung in seinem Wirkungskreis nachhaltig am Herzen.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3.2 Fundamentalistischer Biblizismus und dessen katholische Kritik: Als eine grundlegende Glaubenswahrheit des Christentums formuliert 'The Fundamentals' die oben erwähnte Unfehlbarkeit der Bibel. Hier wird die in fundamental christlichen Kreisen verbreite Art die Bibel zu lesen und zu verstehen sichtbar. Deren Schriftverständnis unterscheidet sich elementar von einer theologisch-wissenschaftlichen Lesart, wie sie in den großen christlichen Konfessionen mit akademischem und universitärem Niveau betrieben wird. 'Die fundamentalistische Verwendung der Bibel geht davon aus, daß die Heilige Schrift - das inspirierte Wort Gottes und frei von jeglichem Irrtum - wortwörtlich gilt und bis in alle Einzelheiten wortwörtlich interpretiert werden muß. Mit solcher 'wortwörtlicher Interpretation' meint sie eine unmittelbare buchstäbliche Auslegung, d.h. eine Interpretation, die jede Bemühung, die Bibel in ihrem geschichtlichen Wachstum und in ihrer Entwicklung zu verstehen, von vorneherein ausschließt'. Die Ursprünge dieses wörtlichen Schriftverständnisses liegen in den Vorgängen der Reformation begründet, die entgegen des katholischen Traditionsarguments das 'sola scriptura'-Prinzip stark machte, um eng am biblischen Text zu argumentieren. So forcierte auch eine Vereinigung christlich-fundamentalistischer Strömungen in den USA schließlich Mitte des 19. Jahrhunderts die Bibel erneut als von Gott inspirierte, irrtums- und widerspruchsfreie Tatsachenreportage zu proklamieren. Diese Herangehensweise wirft tiefgreifende Probleme, wenn nicht auch Gefahren auf. 'Die Notwendigkeit der Hermeneutik im Umgang mit biblischen Texten wird vom Fundamentalismus geleugnet. Interpretation wird in einem negativen Kontext verstanden, da Gottes Kommunikation in der Bibel jedem Leser ohne Interpretation unmittelbar zugänglich sei'. 3.2.1 Die Chicago-Erklärung zur Biblischen Irrtumslosigkeit: Beispielhaft für diese Haltung ist der Internationale Rat für Biblische Irrtumslosigkeit (ICBI) sowie die Chicago-Erklärungen zur biblischen Irrtumslosigkeit, zur biblischen Hermeneutik und zur biblischen Anwendung. Dort heißt es im Vorwort: 'Die Autorität der Schrift ist für die christliche Kirche in unserer wie in jeder Zeit eine Schlüsselfrage. Wer sich zum Glauben an Jesus Christus als Herrn und Retter bekennt, ist aufgerufen, die Wirklichkeit seiner Jüngerschaft durch demütigen und treuen Gehorsam gegenüber Gottes geschriebenem Wort zu erweisen. In Glauben oder Leben von der Schrift abzuirren, ist Untreue unserem Herrn gegenüber. Die Anerkennung der völligen Wahrheit und Zuverlässigkeit der Heiligen Schrift ist für ein völliges Erfassen und angemessenes Bekenntnis ihrer Autorität unerläßlich. Die folgende Erklärung bekennt erneut diese Irrtumslosigkeit der Schrift, indem sie unser Verständnis davon und unsere Warnung vor ihrer Verwerfung deutlich macht. Wir sind davon überzeugt, daß ihre Verwerfung bedeutet, daß man das Zeugnis Jesu Christi und des Heiligen Geistes übergeht und die Unterwerfung unter die Forderungen von Gottes eigenem Wort verweigert, die doch Kennzeichen wahren christlichen Glaubens sind. Wir sehen es als unsere zeitgemäße Pflicht an, dieses Bekenntnis angesichts des gegenwärtigen Abfalls von der Wahrheit der Irrtumslosigkeit unter unseren Mitchristen und der Mißverständnisse dieser Lehre in der Welt als Ganzes abzugeben [...]'. Mit der Betonung von Autorität, Bedeutung und Historizität der biblischen Schriften, erscheint der Fundamentalismus als ein typisches Kind der Moderne. Er wendet sich gegen einen 'Werteverfall' in der Moderne und Postmoderne und ähnelt darin den populistischen Politikkonzepten der neuen rechtsnationalen Strömungen in der westlichen Welt. Das Ziel ist, allen Übeln der Gegenwart ein unerschütterliches Glaubensfundament entgegenzusetzen, das in seinem Selbstverständnis auf einem sicheren historischen Fundament steht. Durch den offen erkennbaren Schriftsinn kommt er ohne jegliche hermeneutische Vermittlung der biblischen Texte aus, die erst eine historisch-soziologische Übertragungsleistung von der Entstehungszeit des Textes in die Gegenwart einfordert. Nach Becker zeigt sich hier deutlich ein wichtiger Aspekt von Fundamentalismus: Die Verabsolutierung der eigenen Grundüberzeugung, die jedoch in der fundamentalistischen Eigenwahrnehmung keine bloße Grundüberzeugung sondern eine lediglich durch sie vertretene allgemeingütige Wahrheit darstellt. Jedoch ist ein fundamentalistischer Biblizismus nach Vette nicht per se als wissenschaftsfeindlich einzuordnen. Wie die Debatte um den Kreationismus beweist, hegen fundamentalistische Bibelausleger eine regelrechte Begeisterung für naturwissenschaftliche Argumentationsmuster, um dem Wahrheitsgehalt biblischer Tatsachen gerecht zu werden. In vielen gesellschaftsethischen Diskursen tritt oftmals auch eine sehr vereinfachte und verkürzende Bibellektüre zu Tage. Gerade im Diskurs um Familien- und Gleichstellungspolitik fahren oft christliche Fundamentalisten schwere biblische Geschütze auf, um den ideologischen Gegner in moralische Bedrängnis zu bringen. Die offene und verurteilende Ablehnung von Homosexualität wie die Debatte um Gleichstellungsfragen der Geschlechter werden oftmals mit verkürzenden Verweisen auf eine vermeintlich stringente biblische Schöpfungstheologie unter schwere Kritik genommen. Auch innerkatholisch zeigen sich derartige Tendenzen seitens des katholischen Lehramtes. Beispielsweise in der Frage um die Zulassung von Frauen zum dreistufigen Weiheamt, werden oftmals willkürlich und verkürzte biblische Belegstellen wider besseren bibelwissenschaftlichen Wissens angeführt und somit auch instrumentalisiert. 3.2.2 Katholische Kritik am Biblizismus: Dennoch kritisiert die päpstliche Bibelkommission mit deutlichen Worten in ihrer Verlautbarung 'Die Interpretation der Bibel in der Kirche' diese Art der Schriftauslegung. Basierend auf der Offenbarungskonstitution Dei Verbum des II. Vatikanums grenzt sich damit die Katholische Kirche offiziell von jeglichen biblizistischen Tendenzen ab und spricht einer adäquaten und wissenschaftlich fundierten Bibelauslegung das Wort. Der fundamentalistische Zugang zur Bibel steht den Methoden der modernen Bibelwissenschaften wie auch den Grundüberzeugungen des katholischen Lehramtes vollkommen entgegen. Schon das Zweite Vatikanische Konzil 1965 äußert sich in der Offenbarungskonstitution Dei Verbum unmissverständlich zu der Notwendigkeit bibelwissenschaftlicher Forschung als Voraussetzung zum adäquaten Verständnis biblischer Texte. DV 12 verdeutlicht den Unterschied in der Bibelauslegung. Die Rede vom 'Gotteswort im Menschenwort' relativiert eine übersteigerte verbalinspiratorische Überhöhung der Schrift als Offenbarungsmedium. Diese Formel betont, dass in der Bibel Gott selbst sich zwar mitteilt, aber nicht direkt in einer Art Schriftdiktat, sondern indirekt in den Worten der jeweiligen biblischen Autoren. So begegnet beim Lesen der Bibel nicht jedes einzelne Wort als Gottes verbalinspirierte Offenbarung, sondern als ein genau zu betrachtender menschlicher Text, der göttliche Wahrheit in sich trägt. Diese muss jedoch sorgfältig durch weitere Maßnahmen erkannt und verstanden werden. Ein Unterfangen, das durchaus als Quadratur des Kreises erscheinen kann, denn eine letztgültige, allesverbindende Auslegung wird schlussendlich nicht möglich sein. Aus diesem Grund sieht sich die Kirche als die Auslegung verifizierende Letztinstanz, wie es in V.10 klar artikuliert wird. Dies erscheint als problematisch, da mit diesem Anspruch auch die Anerkennung der kirchlichen Autorität des jeweiligen Bibellesers vorausgesetzt wird. Dass dies bei evangelikalen Christen durchaus nicht der Fall ist, hat im vorangegangenen Teil schon Erwähnung gefunden. Durch ihr Konzept der Verbalinspiration braucht es keine auslegende Instanz. Aus diesem Grund stehen beide Konzepte, die Bibel zu verstehen und zu lesen, unversöhnlich gegenüber und bilden zwei Pole, zwischen welchem sich der christliche Umgang mit der Bibel bewegt.
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