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E-Book

Christian Doppler

AutorClemens M. Hutter
VerlagVerlag Anton Pustet
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl144 Seiten
ISBN9783702580377
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Der Salzburger Christian Doppler (1803-1853) entdeckte 1842 einen 'Effekt', der die Welt veränderte. Es handelt sich um die Stauchung oder Dehnung eines Signals bei der Veränderung des Abstands zwischen Sender und Empfänger während der Dauer des Signals. Ohne diese bahnbrechende Erkenntnis wären Radar, Ultraschall, GPS, Flugsicherung, Computertomographie, Monitoring von Operationen und Schwangerschaften oder Satellitennavigation unmöglich! Auch wir erleben den Doppler-Effekt, wenn sich zum Beispiel Feuerwehr, Krankenwagen oder Polizei mit Folgehorn Vorrang im Verkehr bahnen. Wer aber war dieser geniale Erfinder? Christian Doppler teilte das Schicksal vieler Größen: Erst kaum beachtet, dann missachtet, endlich - nach seinem Tod - hoch geachtet. Salzburg brauchte lange für die Würdigung seines großen Sohnes. Erst 1900 bekam eine Straße in Lehen Dopplers Namen, und 1903 stifteten Private eine Gedenktafel an Dopplers Geburtshaus - dann Pause, während in Linz, Prag, Wien und Venedig längst Gedenktafeln Dopplers Wirkungs- und Wohnstätten bezeichneten. Seit 1970 trägt sogar ein Krater auf der Rückseite des Mondes seinen Namen. Salzburgs Nachholbedarf deckte die Wissenschaft: Seit 1987 fördert der 'Christian-Doppler-Fonds' Forschung, seit 1995 trägt das Gymnasium an der Lehener Brücke und seit 1996 die Heilanstalt in Lehen den Namen Christian Dopplers.

Clemens M. Hutter, Dr. phil., geboren 1930, war Ressortchef für Außenpolitik bei den Salzburger Nachrichten, Publikationen zu historischen und ökologischen Themen. 45 Bücher mit den Schwerpunkten Sozialgeschichte, Totalitarismus und Alpinistik. Verfasser zahlreicher Bildbände, Wander- und Themenführer im Verlag Anton Pustet.

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Leseprobe

GLÄNZENDE NOTEN, SCHWIERIGE KARRIERE


Nachdem Christian aus Linz heimgekehrt war, riet Simon Stampfer zum Studium am Polytechnischen Institut in Wien, dem ersten Typus einer Technischen Hochschule im deutschen Sprachraum mit dem selbstständigen Fach Geodäsie. Kaiser Franz I. hatte dieses Institut eben erst 1814 gegründet und im Rang der Universität gleichgestellt, weil die Napoleonischen Kriege Österreichs technische Entwicklung weit zurückgeworfen hatten. Beispiel Eisenbahn: Der weltweit erste Dampfzug rollte 1822 in England, 1827 folgte Frankreich, 1830 die USA, 1835 Deutschland und Belgien und 1838 schließlich auch Österreich mit der 13 Kilometer langen Bahnstrecke zwischen Wien und Deutsch-Wagram. Die erforderlichen „Dampfrösser“ importierte Österreich aber aus England. Mit Anbruch des Industriezeitalters setzte auch der Strukturwandel im System der Universitäten ein: Weg von einer „Schule“, hin zu mehr Forschung und Naturwissenschaften, von kleinen Lehrkörpern zu breiter aufgefächertem Angebot und somit weg von der „Kaderschmiede“ der bürgerliche Elite.

Das Wiener Polytechnikum sollte nun den wachsenden Bedarf der Monarchie an Militär-, Bau- und Bergbauingenieuren decken und als zentrale Bildungsanstalt für Handel, Gewerbe und Technik der nationalen Industrie dienen. Stampfer hielt das Poly dem mathematischen Talent seines Schützlings, der mittlerweile auch Interesse an Astronomie entwickelt hatte, angemessen. Er selbst war begeisterter Astronom, bezog Astronomie in den Physikunterricht mit ein und hatte im Turm des Schlosses Mirabell eine kleine Sternwarte eingerichtet. Damals kein Problem, weil die schwache und dünn gesäte Straßenbeleuchtung nicht die Klarsicht in den Weltraum behinderte – moderne Sternwarten stehen wegen der heute über den Städten liegenden Lichtschleier möglichst weit von jedweder Zivilisation und deren Lichtquellen entfernt. Stampfers Sternwarte fiel 1818 dem Stadtbrand zum Opfer – im Jahr der Weltpremiere von „Stille Nacht“ in Oberndorf.

In Salzburg konnte sich ein an Astronomie interessierter Physiker nicht weiterbilden und blieb daher ohne berufliche Perspektiven.

Der Schulreformer Franz Michael Vierthaler (1758–1827), an dessen „unvergessenes Wirken in Salzburg“ eine Gedenktafel auf dem Universitätsplatz erinnert, beschrieb den naturwissenschaftlichen Bildungsstand der Provinzstadt Salzburg sarkastisch: „Astronomie war kaum dem Namen nach bekannt. Die Bauern in Salzburg wussten davon mehr, als die Schüler und Professoren.“ Stampfer sekundierte, dass „hier in Salzburg gar niemand dafür weder Begriff noch Sinn“ habe.

Der hoch gebildete Aufklärer, Schriftsteller und Domherr Friedrich Graf Spaur sah die Wurzel des Problems hierin: Man finde in Salzburg kaum „gebohrene und gebildete Genies und originelle Denker, weshalb die hier wohnenden ausgezeichnetesten Gelehrten und Künstler meistes Ausländer waren“.

Mit dem Einverständnis seines Vaters übersiedelte Christian also 1821 nach Wien, die glanzvolle Hauptstadt der Monarchie mit 260 000 Einwohnern – eine Weltstadt im Vergleich zum entlegenen Salzburg mit seinen 13 000 Einwohnern. In Wien stand Professor Josef Hantschl im ausgezeichneten Ruf eines praxisbezogenen Mathematikers, der zudem noch dem kaufmännischen Rechnungswesen akademischen Rang verschafft hatte. Zu den Studienfächern zählte neben den naturwissenschaftlichen Sparten geometrisches, architektonisches und ornamentales Zeichnen sowie Maschinenzeichnen. Christian belegte auch Vorlesungen an der Universität. 1825 beendete er das Polytechnikum „mit Vorzug“ und in höherer Mathematik bei Hantschl sogar mit „erste Klasse“. Das Abschlusszeugnis vermerkt, Doppler habe sich „durch seinen außerordentlichen Fleiß und sein vorzügliches moralisches Betragen besonderer Anerkennung würdig gemacht“. Trotzdem wurde Christians Karriere noch durch eine Hürde blockiert. Sein Gesuch um eine Anstellung im Polytechnikum wies Hantschl mit der Begründung ab, dass Christian „die übrigen mathematischen Gegenstände noch gar nicht gehört“ habe. Deshalb möge er doch in Salzburg die Matura nachholen. Das bedeutete gemäß dem 1817 eingeführten österreichischen Lehrplan sechs Jahre Gymnasium und zwei Jahre Lyzeum als Voraussetzung für das Studium an einer Universität, denn erst die große Schulreform von 1848 verlängerte das Gymnasium auf acht Jahre mit Matura-Abschluss und strich dafür das Lyzeum.

Doppler hatte von 1816 bis 1819 schon drei Klassen Gymnasium absolviert. Er nahm also 1825 das Studium in der vierten von sechs Klassen wieder auf und ersuchte um Erlaubnis, die Zeit durch Privatstudium abkürzen zu dürfen. Das glückte dank seinen vorzüglichen Zeugnissen. Und so kam Christian auch wieder in Kontakt mit Stampfer, der augenscheinlich darunter litt, dass das nach unten „reformierte“ Lyzeum keine wissenschaftliche Forschung mehr zuließ.

Nun führte wieder ein Glücksfall Regie, der später Früchte tragen sollte: Am Polytechnischen Institut in Wien wurde der Lehrstuhl für Praktische Geometrie frei und Stampfer ließ sich 1825 auf den „Konkurs“ für diesen Posten ein. Die Bewerber mussten sich nicht nur mündlich einem scharfen „Hearing“ stellen, sondern auch schriftliche Klausurarbeiten und einen Probevortrag bestehen. Stampfer gewann den „Konkurs“ und ersuchte seinen Nachfolger in Salzburg, den Mathematiker und Physiker Adam Burg (1797–1882), Christian Doppler unter seine Fittiche zu nehmen.

Christian schloss privat die sechs verbleibenden Semester des Obergymnasiums in der halben Zeit ab – in Religion, Latein und Griechisch mit „sehr gut“, in Mathematik, Deutsch, Geografie und Geschichte mit „ausgezeichnet“. 1827 trat er ins Lyzeum ein, auf dem Lehrplan standen die Pflichtfächer Theologie, Philosophie, Latein, Physik und Mathematik (beides bei Professor Burg) sowie die Freifächer Geschichte, Naturgeschichte, Pädagogik und Italienisch. So sah das akademische Überbleibsel der 1622 von Paris Lodron gegründeten und 1810 von Bayern aufgelösten Universität aus. Aber dunkle Wolken verdüsterten die nahe Zukunft.

Christian wohnte seit der Rückkehr nach Salzburg mit seinen drei Schwestern bei der seit 1823 verwitweten Mutter Theresia, die den Steinmetzbetrieb um jährlich 5 700 Euro verpachtete und Zimmer im geräumigen Haus am Makartplatz vermietete. Ein Dokument des Magistrats zeichnet 1827 ein tristes Bild: Der 24-jährige Christian hatte von seinem Vater „ein ganz unbedeutendes Vermögen ererbt“, es betrug umgerechnet 8800 Euro und wurde erst 1831 ausbezahlt. Christians „noch lebende Mutter [kann ihn] bey dem gegenwärtig Verdienste nur nothdürftig unterstützen, Er [könne deshalb nicht] seine bisher so glücklich zurückgelegten Studien fortsetzen, wenn er nicht hie und da wohlthätige Unterstützung genießen würde“. Diese stellte sich dann aber durch glückliche Fügung gerade 1827 – dem Jahr der Erfindung des Zündholzes – bei Christians Eintritt in das Lyzeum ein: Das Collegium Rupertinum bot ihm die Möglichkeit, den Zöglingen Nachhilfe in Mathematik und Physik zu geben. Fürsterzbischof Paris Lodron hatte dieses Kolleg 1653 und davor auch das Collegium Marianum als Heime für bedürftige Studenten mit dem Ziel gestiftet, eine fähige Beamtenschaft heranzubilden. Nach Aufhebung der Universität legte die weltliche Obrigkeit 1820 beide Kollegien zum Collegium Mariano-Rupertinum zusammen, um „aus zwei sehr mittelmäßigen Kollegien ein nützliches Institut zu schaffen“ (Das Rupertinum entwickelte sich später zum Studentenheim und wurde 1983 zum Museum für moderne Kunst umgestaltet). 1827 verfügte die Obrigkeit, dass das Kolleg unter Kontrolle „bewährter Repetitoren und Instruktoren“ stehen solle. Also wurde Doppler „Repetitor“ – ein Nachhilfelehrer, der die Studenten des Gymnasiums und des Lyzeums durch Wiederholung des Lehrstoffes auf Prüfungen vorbereitete. So konnte er nicht nur sich selbst über Wasser halten, sondern sogar seine Mutter unterstützen.

Von 1829 bis zu einem Bombentreffer 1945 stand im Leopoldskroner Weiher auf Stelzen das Schwimmbad „Lepi“. Besonders Mutige wagten Sprünge vom 3 Meter hohen Turm und erregten die Aufmerksamkeit der Passanten.

Christian beendete das Lyzeum 1829 mit der Matura als Bester von 37 Kandidaten und der Note „Eminente“ und lernte daneben auch noch Englisch, Italienisch und Französisch. In jenem Jahr führte Österreich die Grundsteuer ein. Was aber nun, da Salzburg einem hoch qualifizierten Wissenschafter keine beruflichen Perspektiven bieten konnte? Geografisch lag es am Rand der Monarchie, politisch kümmerte es als Bezirk Oberösterreichs dahin und wirtschaftlich rangierte es, abgeschnitten vom bayerischen Hinterland, als zweitärmste Region des Staates gerade noch vor Istrien. Dopplers Bewerbungen um Posten an höheren...

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