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Christliche Alltagswelt im Spannungsfeld zwischen Konfrontation und Kooperation: Grenzen und Möglichkeiten christlicher Lebensführung im DDR-Regime

AutorSimon Thiele
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl50 Seiten
ISBN9783958208186
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Unter dem Schirm der marxistisch-leninistischen Lehren entwickelte sich die SED zu einer Kaderpartei, deren Organisationsprinzip formal der 'demokratische Zentralismus' darstellte und die sich am Vorbild der Kommunistischen Partei der Sowjetunion orientierte. Die Zahlen zur statistischen Entwicklung der evangelischen Kirchenmitglieder in Ostdeutschland sind ein Indiz dafür, dass die Kirche in der DDR erheblich an Ansehen und Zustimmung verloren haben muss. Dies wirkte sich direkt auf das alltägliche Leben von Christen in der DDR aus. Die vorliegende Arbeit soll sich mit den Ursachen für die gesellschaftliche Säkularisierung während der SED-Herrschaft beschäftigen. Sie soll beleuchten, in welchem Verhältnis Staat und Kirche standen, welche Kämpfe ausgefochten wurden und inwiefern Annäherungsversuche stattfanden. Im Fokus steht dabei, wie tiefgreifend der Staat in die Arbeit der Gemeinden als auch in das private Leben von Christen eingegriffen hat. Hierbei wird vor allem im Vordergrund stehen, welche Handlungsspielräume Christen bei der Ausübung ihres Glaubens besaßen und mit welchen Konsequenzen sie zu rechnen hatten, wenn sie sich gegen antichristliche Maßnahmen zur Wehr setzten.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3, Die Verdrängung des gesellschaftlichen Einflusses der Kirche durch den SED-Staat: In den viereinhalb Jahrzehnten der sozialistischen Herrschaft im Osten der heutigen Bundesrepublik griff der SED-Staat, wie im vorhergehenden Kapitel schon angedeutet, häufig direkt in kirchliche Handlungsfelder ein und nahm somit Einfluss auf das alltägliche Leben vieler Christen. Die massivsten Eingriffe sollen hier nun näher beleuchtet werden. DÄHN sieht die Grenzen der Kompromissbereitschaft der SED dort, wo andere - wie zum Beispiel religiöse - Ansichten ihren politischen und gesellschaftlichen Führungsanspruch gefährdeten. In einigen gesellschaftlichen Bereichen war das DDR-Regime demnach besonders bemüht, den kirchlichen Einfluss zu verdrängen. Hierzu zählten unstreitig die Bereiche der Bildung und Erziehung sowie die Jugendarbeit. Schon Anfang der 50er Jahre hielten die Lehren von Marx, Lenin und Stalin verstärkt Einzug in die Lehrpläne an Schulen, Hochschulen und Universitäten, um sozialistischen Aufbau ideologisch zu untermauern und gleichzeitig religiöse Weltanschauungen zu bekämpfen. Um dem politischen Nachwuchs ein systemkonformes Weltbild zu vermitteln, wurde 1951 das 'Marxistische-Leninistische Grundlagenstudium' an allen Hochschulen und Universitäten der DDR als Pflichtfach eingeführt. Davon betroffen waren auch alle Theologiestudenten der staatlichen Bildungseinrichtungen. Diese Offensive wurde durch eine atheistische Kampagne Walther Ulbrichts in der 50er Jahren verstärkt, bei der sowjetische Propagandaschriften gegen religiösen Aberglauben ins Deutsche übersetzt und verbreitet wurden. Dadurch sollte Religion als fortschritts- und wissenschaftsfeindlich, reaktionär und bürgerlich verunglimpft werden. Auch an den Schulen sollten die Lehren von Marx und Lenin Anwendung finden, sodass vor allem die Parteimitglieder unter dem Lehrpersonal an Schulungen über die materialistische Weltanschauung verpflichtet waren. Somit wurden in allen wichtigen Bildungsinstanzen die Grundlagen für eine mit der christlichen Religion unvereinbare Ideologiesierung der Schüler und Studenten gelegt, die auf Seiten der Kirche auf heftige Kritik stieß. Der Höhepunkt dieser Entwicklung wurde mit der Verdrängung des Religionsunterrichts aus den Schulräumen 1958 erreicht. Diesem sogenannten 'Lange-Erlass' - benannt nach dem Minister für Volksbildung, Fritz Lange - gingen einige Beschlüsse der Parteiführung voraus, die es etwa verboten, die Unterrichtsräume während des Religionsunterrichtes auszugestalten oder die eine vierteljährliche Überprüfung der Religionslehrer bezüglich ihrer positiven Einstellung gegenüber dem 'Staat der Arbeiter und Bauern' verlangten. Spätestens mit diesem Erlass verstieß die SED gegen den Verfassungstext der DDR, denn laut Artikel 44 galt das Recht der Erteilung von Religionsunterricht in Schulräumlichkeiten als gewährleistet. Auch im Bereich der Jugendarbeit beanspruchte der Staat ein Monopol für sich. Die Jungen Gemeinden standen aus Sicht der DDR-Regierung in direkter Konkurrenz zur Freien Deutschen Jugend (FDJ), der einzigen staatlich zugelassenen Jugendorganisation. Erich Mielke, der damalige Staatssekretär des Ministeriums für Staatssicherheit, sah in den Jungen Gemeinden 1952 'eine ernste Gefahr für die Einheit der Jugendbewegung in der Deutschen Demokratischen Republik'. Hauptkritikpunkt war hierbei, dass sich die Inhalte, mit denen sich die Jungen Gemeinden befassten, nicht nur auf das religiöse Spektrum beschränkten, sondern auch von allgemeiner- oder gar politischer Natur waren. Dadurch befürchtete man, dass die Jungen Gemeinden Keimzellen für reaktionäres Gedankengut sein könnten, weshalb es sie zu bekämpfen galt. Einerseits sollte dies durch Überzeugungsarbeit geschehen. So erhöhte die FDJ ihr propagandistisches Bemühen vor allem an Oberschulen, bei denen der Anteil der Anhänger Junger Gemeinden besonders hoch war. Andererseits war man aber auch bereit, den Bespitzelungsapparat auf die Jungen Gemeinden anzusetzen. In einer Dienstanweisung Mielkes vom 23. November 1952 sind hierzu ausführliche Bestimmungen erlassen worden. So sollte die Zusammenarbeit der Dienststellen und öffentlichen Einrichtungen auf diesem Gebiet verstärkt werden und eine Erfassung aller Gruppen der Jungen Gemeinde sowie deren aktivsten Teilnehmer stattfinden. Außerdem sollten Informanten angeworben werden, um in den 'reaktionären Personenkreis' der Kirche einzudringen, wobei über jedes 'feindliche Objekt' ein Vorgang anzulegen sei.
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