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Coaching im Mittelstand

Praxistipps und Anregungen für Coaches, Unternehmer und Führungskräfte

AutorBirgitta Fildhaut, Friederike Höher, Gudrun Happich, Jasmin Messer, Wolfgang Filbert, Wolfgang Krahé
VerlagSchäffer-Poeschel Verlag
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl173 Seiten
ISBN9783791044187
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis33,99 EUR
Die Herausforderungen in mittelständischen und familiengeführten Unternehmen unterscheiden sich erheblich von denen in Konzernen: Vermischung von familiären und geschäftlichen Schwierigkeiten, mangelnde Professionalisierung, unklare Strukturen ... Inhaber sind außerdem viel direkter und persönlicher mit all dem konfrontiert als angestellte Manager in Konzernen. Coaching kann hier wertvolle, konstruktive Hilfe leisten und Unternehmer und Führungskräfte fit machen, sich diese Fallstricke bewusst zu machen. Der Band versammelt die unterschiedlichen Herangehensweisen und Methoden erfahrener Coaches und gibt mittels zahlreicher praktischer Fallbeispiele konkrete Hilfestellungen an die Hand.

Wolfgang Filbert, Berater und Coach.

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Leseprobe

1   Coaching im Mittelstand – was ist hier besonders?


von Wolfgang Krahé und Heinz-Jürgen Weigt

Da mittelständische Unternehmen in gewisser Weise nichts anderes sind als mehr oder minder große Organisationen, treten in ihnen alle Entwicklungsprozesse und deren Komplikationen auf, wie wir sie auch aus Konzernen kennen. Daher könnte man sagen, dass Coaching im Mittelstand große fachliche und inhaltliche Überschneidungen mit Coaching in jedweder anderen vergleichbar großen und komplexen Organisation aufweist. Das eigentlich Spezifische am Coaching in mittelständischen Unternehmen ergibt sich aus deren spezieller Situation, die in der überwältigenden Mehrzahl der Fälle, laut Cornelia Seewald2 in über 90 Prozent, darin besteht, dass mittelständische Unternehmen familiengeführt sind. Sie weisen also eine hoch individuelle Biografie und Tradition auf, die teilweise über mehrere Generationen hinweg eine geradezu lineare Entwicklung zeigt. Ein kleiner Teil mittelständischer Unternehmen hat zur Besonderheit, dass sie sich erst in der Gründungsphase befinden, also gerade keine Tradition haben, oder aber der traditionelle Kontext ging dadurch verloren, dass das Unternehmen verkauft wurde und insofern die gewohnte Unternehmenskultur zumindest eine heftige Erschütterung erlitten hat. Oft bildet gerade diese Veränderung in der Unternehmenskultur den aktuellen Anlass für die Unternehmensleitung, ein Coaching zu beauftragen.

Angesichts dessen, dass die Initiative, einen Coach anzufragen, in aller Regel nicht von einer eigenen Abteilung für Personalentwicklung ausgeht, sondern vom Eigentümer selbst oder einem seiner Vertrauten, ergibt sich daraus, dass der Kontakt zum Coach meist über persönliche Empfehlung zustande kommt. Zumindest die erste Phase des Coachings besteht dann darin (und muss auch darin bestehen), gegenseitiges Vertrauen aufzubauen, zu klären, ob Coach und Unternehmen zusammenpassen, und – was häufig wegweisend ist – überhaupt miteinander herauszufinden, in welcher Weise denn dieses spezielle Unternehmen in dieser speziellen Situation von einem Coaching profitieren könnte.

Die spezifischen Anlässe entsprechen häufig dem, was Gudrun Happich und Markus Classen in ihrem Aufsatz von 2013 zu diesem Thema aufgelistet haben.3 Zu nennen sind hier:

  • Generationswechsel, eine der wesentlichen Krisen in familiengeführten Unternehmen; wir werden später darauf noch genauer eingehen.

  • Entwicklung von Führungsinstrumenten und Schulungen von Führungskräften in ihrer persönlichen und fachlichen Kompetenz.

  • Stressmanagement und Gesundheitsvorsorge der Mitarbeiter.

  • Mitarbeiterbindung und -gewinnung angesichts des drohenden Fachkräftemangels.

  • Konflikte zwischen Mitarbeitern oder auch zwischen unterschiedlichen Abteilungen, Verantwortungen, etc.

  • Differenzierung der Vision und der Darstellung des Unternehmens nach innen und nach außen als Voraussetzung für eine klare Marktpositionierung.

Coaching im Mittelstand unterscheidet sich, bei aller Ähnlichkeit, in vielfacher Hinsicht von Coaching in Konzernen oder Coaching auf rein individueller Ebene als persönliche Beratung. Diesen Unterschied werden wir im Folgenden ausführlich darstellen.

Dabei muss einschränkend erwähnt werden, dass entsprechend der in der Einleitung geschilderten individuellen Natur mittelständischer Unternehmen Coaching im Mittelstand nicht allgemein abstrahiert werden kann. Die Aufgabe eines Coaches verändert sich beispielsweise entlang der Größe eines Unternehmens. So ist er in kleinen Unternehmen oft Lehrer, Supervisor und Begleiter bei der Entwicklung basaler Unternehmensstrukturen und kommunikativer Grundformen. In großen Unternehmen ist seine Aufgabe mal systemisch, mal gruppendynamisch, seltener jedoch die eines Lehrers.

Wenn wir im Folgenden das Thema Coaching in mittelständischen Unternehmen vorwiegend am Beispiel eigentümergeführter Unternehmen abhandeln, verkennen wir dabei nicht, dass es ein breites Spektrum weiterer typischer Mittelstandskonflikte gibt, deren Erörterung aber den Rahmen dieses Buches bei Weitem sprengen würde. Familiengeführte mittelständische Unternehmen bieten sich insofern als Beispiel an, als dabei die Interaktion der relevanten Instanzen besonders gut sichtbar wird. Gerade in diesen Unternehmen hat Coaching schon lange Tradition, manche typische Entwicklungslinie ist relativ klar benennbar.

Wir werden im folgendem Aufsatz versuchen darzustellen, dass gerade in mittelständischen Unternehmen Coaching auf unterschiedlichen existenziellen Ebenen wirksam sein kann, je nach Indikation aber sowohl inhaltlich wie auch technisch unterschiedliche Vorgehensweisen verlangt.

Auch die Anforderungen an den Coach ändern sich erheblich, je nachdem ob seine Aufgabe darin besteht,

  • ein Mitglied der Eigentümerfamilie in einer bestimmten Lebenssituation zu begleiten,

  • die Eigentümerfamilie als Ganzes zu unterstützen, zum Beispiel bei einem Generationswechsel, beziehungsweise wenn intrafamiliäre Dynamiken so intensiv stören, dass das Funktionieren des ganzen Systems infrage gestellt ist,

  • die Interaktion zwischen Eigentümerfamilie und Management zu verbessern,

  • das Unternehmen dabei zu unterstützen, sich positiver, vielleicht auch sympathischer in seinem Umfeld darzustellen,

  • Führungskräfte zu qualifizieren oder etwa

  • Arbeitsteams zu unterstützen.

1.1   Coaching von Eigentümern


Wie erwähnt sind die meisten mittelständischen Unternehmen Familienunternehmen. Das bedeutet: Konkrete Personen, die in der Tradition der Gründerfamilie stehen und sich meist entsprechend mit dieser speziellen Familie identifizieren oder ihr sogar angehören, nehmen in entscheidender Weise Einfluss auf das Unternehmen und sind daher für dessen Wohlergehen von großer Bedeutung.

Gerade weil die verantwortlichen Personen oft in ausgesprochen idealistischer, häufig auch in sentimentaler Weise mit dem Unternehmen verbunden sind, ist es wenig sinnvoll, einen Coaching-Prozess auf vorwiegend fachlich professionelle Sachverhalte zu fokussieren. Ganz im Gegenteil ist es so, dass die fachliche Ebene häufig als Fluchtburg vor den familiendynamisch relevanten Entwicklungen und Verstrickungen dient. Wenn man dies ignoriert, stellt man häufig fest, dass jeglicher Versuch von Coaching von vornherein zum Scheitern verurteilt ist.

Die emotionale Ebene

Mindestens die Eigentümer selbst fühlen sich nachhaltiger und langfristiger verantwortlich als externe Führungskräfte. Sie sind häufig „mit Herzblut“ dabei. Viele sehen sich in der Pflicht, das Vermächtnis des Gründers zu bewahren und weiterzuentwickeln. Wenn man dies von außen auch als ausgesprochen konstruktive Haltung werten kann, bedeutet es doch für die betroffenen Familienmitglieder häufig einen enormen Druck, verbunden mit entsprechenden Versagensängsten. Dieser Druck ist umso größer, wenn verschiedene Eigentümerfamilien oder Teile dieser Familien um die Führungsverantwortung im Unternehmen rivalisieren. Manche Familienmitglieder betrachten also jene, die in der Verantwortung stehen, mit Neid, Häme und Missgunst. Sie hoffen geradezu, die Verantwortungsträger scheitern zu sehen. Manche sehen darin die Chance, selbst im Unternehmen die Macht übernehmen zu können.

Kontinuität als Vorteil und als Risiko

Die Eigentümer lassen sich also nicht nur auf professionell mehr oder weniger gut funktionierende Instanzen reduzieren. Sie sind immer konkrete Personen, die persönlich vom Unternehmen und seinen Entwicklungen betroffen sind und die häufig für die Dauer ihres gesamten beruflichen Lebens im Unternehmen verbleiben. Das ist nach unserer Einschätzung die größte Stärke mittelständischer Unternehmen – und gleichzeitig deren größtes Risiko.

Wenn sich ein Familienmitglied zur Leitung entscheidet, dann entscheidet es sich gleichzeitig, dieses Unternehmen durch alle Wechselfälle seines eigenen Lebens zu tragen. Diese Person ist auf unabsehbare Zeit den Schwankungen und Entwicklungen des Unternehmens in dessen Umfeld und seinem Markt ausgeliefert. Das bedeutet, sie kann sich in Krisen nicht ohne Weiteres wegbewerben und muss bleiben. Gleichzeitig ist das Unternehmen ihr ausgeliefert, ohne Wenn und Aber. Das betrifft auch ihre persönlichen Krisen, ihre Hochphasen, besonders aber auch ihre Schwächephasen.

Das komplexe Familiensystem im Hintergrund

Dann ist das Familienmitglied in Führungsverantwortung auch noch einem oft ungeheuer komplexen System von Strömungen und Tendenzen und möglicherweise noch dazu von Intrigen und Manipulationsversuchen ausgesetzt, falls mehrere Familienmitglieder auf die Unternehmensführung Einfluss nehmen. Neid und Rivalität toben sich hier typischerweise aus, ebenso aber kommen positive Themen zum Tragen wie Loyalität, Identifikation, Idealismus und das Leben von konstruktiven unternehmerischen Leitbildern. Gerade wegen dieser hochkomplexen intrafamiliären Dynamik kann für die Einzelperson des Unternehmers oder für seine Mikrofamilie eine längerfristige Begleitung durch einen Coach von unschätzbaren Wert sein.

Sicher kennen Sie diese Thematik aus Ihrer eigenen Familie und ganz sicher von befreundeten Unternehmerfamilien, sofern Ihnen welche bekannt sind. Vielleicht kann dieses Buch für Sie eine Anregung sein, Ihre Familienkonflikte zu erkennen und besser zu verstehen. Dabei ist ein häufiges Problem, dass zwar alle unter den Konflikten leiden, dass Klagen über...

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