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!Comida! Eine kulinarische Reise durch Spanien

AutorPaul Richardson
VerlagBerlin Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl352 Seiten
ISBN9783827071996
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Ob die mediterrane Küche der Küstenregionen, die einfachen Mahlzeitender Schafhirten in den Bergen oder Fast Food und Haute Cuisine in den quirligen Städten - Paul Richardsons atmosphärischer und informativer Reisebericht zeigt, dass spanische Küche mehr zu bieten hat als Paella, Gazpacho und Sangría. Ein Jahr lang reiste Richardson quer durchs Land, half bei der Olivenernte in Jaén und der matanza, dem traditionellen Schweineschlachten, in Caceres, besuchte Starköche wie Ferran Adrià an der Costa Brava, aber auch unbekannte Restaurants mit regionalen Spezialitäten.Gespickt mit vielen Insidertipps, interessanten Informationen zu Kultur und Geschichte und einem umfangreichen Adressteil ist dies ein einzigartiger Reiseführer durch Spanien und seine Küche.

Paul Richardson, 1963 geboren, wuchs in Hampshire auf. Eine Einladung der spanischen Botschaft führte den Food- und Reisejournalisten Ende der 80er Jahre nach Madrid. Kurze Zeit später ließ er sich in Extremadura nieder, wo er seitdem eine kleine Finca mit Weinberg betreibt.

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EINFÜHRUNG


Reisen erweitert den Horizont – wer möchte das bestreiten. Doch mit einem kurzen Zwischenstopp im Rahmen einer Rundreise oder einem Wochenendausflug mit dem Billigflieger wird dies kaum gelingen. Um ein Land und seine Kultur wahrhaft zu erfassen, bedarf es schon längerer Zeiträume; der Erfahrung vieler Jahre, wenn nicht gar eines ganzen Lebens.

Das Erste, was uns in einem fremden Land auffällt, ist das Vordergründige, das uns angenehm, merkwürdig, ungewöhnlich oder zumindest harmlos vorkommen kann; entweder bestätigen diese Eindrücke unsere Vorurteile oder werfen Fragen auf, die uns zu näherer Betrachtung einladen. Also knabbern wir eifrig an den Rändern des Landes herum und reden uns bei jedem Bissen ein, dass seine Mitte ganz genauso schmecken wird – nur, um uns gegen die Fülle von Kulturschocks abzusichern, die einen als Fremden im Ausland erwarten. Doch nach und nach kommen wir auf den Geschmack und machen ihn uns, wer weiß, am Ende schließlich sogar zu eigen. Ich wählte dieses Bild ganz bewusst, um eine interessante und tiefsinnige These ins Spiel zu bringen; nämlich, dass der Genuss von Essen mehr ist als ein Spektakel, etwas, das außerhalb unserer selbst liegt. Vielmehr kann dieser Vorgang letzten Endes verinnerlicht und zum ureigenen Besitz werden, bis er einen Teil unserer selbst bildet. Der spanische Romancier Manuel Vicent geht so weit, Essen als mystischen Akt zu bezeichnen; das, was man verzehrt, wird umgewandelt in einen selbst.

Als ich als Teenager im Nachtzug aus Paris kommend die Grenze bei Port Bou passierte, war dies mein erster Abstecher nach Spanien. Bis dahin hatte ich, als Spross einer Mittelstandsfamilie aus dem wohlhabenden Süden Englands, meine Sommerferien in der Regel in Italien oder Frankreich verbracht. Spanien als Reiseziel stand in unseren gutbürgerlichen Kreisen nicht eben hoch im Kurs. Im Gegensatz zu Italien und Frankreich, Ländern mit stabilen sozialen Verhältnissen und solider Infrastruktur, wirkte Spanien – mit seinen endlosen Bettenburgen für anspruchslose Pauschaltouristen längs der Küsten und einem Landesinneren, das so beängstigend fremd war wie das tiefste Afrika – irgendwie unsolide. Kurz gesagt: Es besaß einen zweifelhaften Ruf. Vielleicht war es gerade das, was mich anzog.

Meine ersten Erfahrungen mit Spanien, seiner Lebensart und seiner Küche, sammelte ich eines Sommers auf einer zweimonatigen Reise per Interrail, diesem großartigen frühen Experiment in innereuropäischen Beziehungen. Interrail, das bedeutete kostengünstiges Reisen zu einer Zeit, als es noch keine Billigfluglinien gab, keine Handys und kein Internet, um Kontakt mit daheim zu halten. Papiere und Geld trug man in einem Gürtel am Leib, und ging einem das Geld aus, steckte man ganz schön in der Patsche, denn Geldautomaten waren zu jener Zeit in Südeuropa noch unbekannt, und über eine Kreditkarte verfügte ich als neunzehnjähriger Grünschnabel selbstverständlich noch nicht. Folglich ernährte ich mich hauptsächlich von preiswerter Imbisskost: tortilla de patatas, Fleischbällchen aus der Dose, patatas bravas mit pikanter Soße (bei Studenten sehr beliebt) und, wie ich sie gerne nenne, Bahnhofs-bocadillos – ein mit Käse, Schinken oder Chorizo belegtes Stangenbrot, pappig, reizlos und trocken, das nie mit Olivenöl, Tomaten oder dergleichen aufgepeppt wurde.

Meine Kenntnisse der spanischen Küche beschränkten sich auf die üblichen Touristenklischees: Paella und Gazpacho, Gazpacho und Paella. Was mir an typisch spanischen Zutaten bekannt war, hätte bequem Platz auf der Rückseite einer Ansichtskarte gefunden, einer jener seinerzeit beliebten Kitschpostkarten etwa, geziert von einer Flamencotänzerin mit plastisch appliziertem Kleid. Oliven, Apfelsinen, Safran, Knoblauch … was noch? Der ausgezeichnete spanische Schinken war mir unbekannt – kein Wunder, wie ich heute weiß, denn nach einem Ausbruch der Schweinepest Anfang der Achtzigerjahre kam der Export ins Ausland fast zehn Jahre zum Erliegen. Von Manchego-Käse hatte ich bestimmt schon einmal gehört. Dass es andere Käsesorten gab, konnte ich mir nur schwerlich vorstellen. Spanischer Wein war für mich Rioja oder Sherry, Sherry oder Rioja.

Was ich von der spanischen Küche kennen lernte, wurde nicht zuletzt durch meine spärlichen Sprachkenntnisse bestimmt; mein Wortschatz war eher gering, und unbekannte Gerichte zu bestellen, erschien mir zu riskant. So begrenzt mein Budget als Rucksacktourist auch war, zum Tagesausklang gönnte ich mir gerne ein Glas Sherry und ein Tellerchen Mandeln, vermutlich, weil ich dies für zutiefst spanisch hielt. In Anbetracht meiner Jugend und Unbedarftheit, ganz zu schweigen von der reizlosen Umgebung für diesen Aperitif, Bahnhofskneipen und Hotelcafés, wären Bier und ein Tütchen Chips womöglich angemessener gewesen.

Dennoch gab es Mahlzeiten, die sich mir nachdrücklich einprägten. Auf der Terrasse einer kleinen pensión im mallorquinischen Städtchen Deià, auf der es spätsommerlich nach Pinien und Meer duftete, wurde mir ein aromatisches Reisgericht serviert – mein erster »richtiger« spanischer Reis, mit Hühnchen und Paprika, zubereitet in der Pfanne, der paella, reichlich gewürzt mit goldfarbenem Safran. Dazu trank ich ganz allein eine Flasche eiskalten rosado und blickte verzückt und zunehmend beschwipst hinab aufs dunkle Meer.

Es war August, und Spanien befand sich im üblichen sommerlichen Ausnahmezustand: die Städte wie ausgestorben, die Strände übervölkert, Geschäfte und Restaurants, die sich auf Schildern in ihren Fenstern bis September von ihren Kunden verabschiedeten. Ausgerüstet mit einer Liste diverser Kontaktadressen, durchstreifte ich das Land mit den billigsten Bummelzügen. Spanien befand sich gerade inmitten einer demokratischen Revolution, wovon ich allerdings wenig ahnte; selbst 1982 noch mutete das Land unterentwickelt und aufregend exotisch an.

Die Züge waren rührend altmodisch und muffig, mit Abteilen und Fenstern, die sich so weit hinunterschieben ließen, dass man sich hinauslehnen konnte. Die Seife auf den Toiletten rieselte fein gemahlen aus einem Spender, wie Pfeffer aus einer Pfeffermühle. In jenen unschuldigen Tagen war es ganz normal, dass Zugreisende ihren Nachbarn von ihrem Essen anboten. Bei meiner Anreise im Nachtzug aus Paris nahm mich eine spanische Familie unter ihre Fittiche und lud mich ein, an ihrem nächtlichen Schmaus teilzuhaben: kalte panierte Lammkoteletts, Brot mit Tortilla, in Alufolie eingeschlagener jamón serrano in dünnen Scheiben und Gazpacho, der aus einer Thermosflasche in Plastikbecher gegossen wurde. Am Morgen darauf, bis Barcelona hatten wir noch eine Stunde Fahrt vor uns, wurde der Picknickkorb erneut geöffnet, und es gab café con leche und süße María-Kekse. Besonders eindrucksvoll fand ich, mit welcher Begeisterung die Familienmitglieder ihre Kekse in den Kaffee tunkten und die Tasse zum Mund hoben, um sich das kaffeegetränkte Gebäck auf kürzestem Wege zu Gemüte zu führen. Dies war mein erster Kontakt mit der vernünftigen spanischen Sitte, Festes zum Befördern von Flüssigem zu benutzen: Soße wird automatisch mit Brot vom Teller aufgestippt, Biskuitkuchen mit süßem Wein getränkt, heiße Schokolade vor allem zum Eintunken für knusprige, fettige churros frisch aus der Fritteuse genutzt.

Um unnötige Hotelausgaben zu vermeiden, richtete sich meine Reiseroute danach, wann meine Bekannten zu Hause anzutreffen waren. Von Mallorca aus reiste ich nach Madrid weiter, wo ein Schulfreund mit seiner Familie lebte, der mir seine Adresse gegeben hatte. Dort jedoch, im vornehmen Stadtteil Salamanca, traf ich niemanden an; die Concierge klärte mich darüber auf, dass die Familie den Sommer in ihrem Feriendomizil in Santander verbrachte. Es sei ein großes Haus mit weitläufigem Garten direkt am Strand, im Stadtteil El Sardinero, ich könne es gar nicht verfehlen. Also nahm ich den nächsten Zug nach Norden, fand das Haus tatsächlich und verlebte eine Woche mit der jeunesse dorée von Santander, abendliche Spritztouren durch die Stadt in den Nobelkarossen der reichen jungen Leute inklusive.

Meinen letzten Abend im Ort begingen wir mit einem späten Abendessen. Da ich noch nie um Mitternacht gespeist hatte, fand ich die Idee hinreißend dekadent. Wir aßen im Fischereihafen, wo kantinenartige Lokale Scharen von Gästen, die dort nach einem langen Tag am Strand ausgehungert einkehrten, frische Meeresfrüchte vorsetzten. Zinkplatten voller Garnelen a la plancha, Tintenfisch in eigener Tinte, knusprig frittierte calamares im Teigmantel, saftige gedünstete Muscheln, Venusmuscheln a la marinera mit Petersilie und Weißwein, riesige gekochte Krabben und haufenweise kleine schwarze Strandschnecken tauchten scheinbar aus dem Nichts auf und landeten in einem wüsten Durcheinander auf der weißen Papiertischdecke, die sich im Nu in ein fleckiges, zerknittertes Etwas verwandelte. Das Lokal hallte wider von den Stimmen der hundert zufriedenen Schlemmer, die sich beim Essen lautstark unterhielten. Man quetschte Zitronenhälften aus, knackte die Panzer und Scheren von Schalentieren, saugte und...

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