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Compliance und die Grundsätze ordnungsgemäßer Bankgeschäftsführung

AutorPeggy Scharf
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl120 Seiten
ISBN9783656552130
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich BWL - Revision, Prüfungswesen, Note: 1,7, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Veranstaltung: Corporate Law, Banking, Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Arbeit verfolgt die Zielstellung eine Darstellung der gesetzlichen Notwendigkeit einer Compliance-Funktion mit den entsprechenden Aufgaben speziell für den Bereich der Finanzdienstleistungsbranche mit einer Aufgabenabgrenzung von der Compliance-Funktion zu anderen elementaren Abteilungen - hier als Grundsätze ordnungsgemäßer Bankgeschäftsführung bezeichnet - zu geben. Dies soll mit einer Darstellung der Bedeutung von der Compliance-Thematik eingeleitet werden. Es werden insbesondere Unternehmensskandale und eine Umfrage zur Wirtschaftskriminalität sowie der betriebswirtschaftliche Nutzen, jedoch auch die Kosten eines Compliance-Systems dargestellt. Anschließend erfolgt eine Grundlagenaufarbeitung mit einer Definition für den Begriff Compliance und den Begriff des Compliance-Risikos. Es soll weiterhin die rechtliche Notwendigkeit von der Einführung einer Com-pliance-Funktion geklärt werden, wobei neben den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen auch die aufsichtsrechtlichen Ansatzpunkte für eine Einführungspflicht vorgestellt werden. Da sowohl das Kartellrecht, als auch die europäischen Vorgaben einen Einfluss auf die Compliance-Thematik haben, werden diese ebenfalls beleuchtet. Abschließend sollen die sonstigen und quasi-juristischen Grundlagen für eine Pflicht zur Einführung der Compliance-Funktion vorgestellt werden. Um einen Überblick über die Aufgaben und Inhalte eines solchen Compliance-Systems zu erhalten, soll ebenfalls ein Blick auf die Aufgaben und Inhalte der Compliance-Funktion sowie der Compliance-Organisation geworfen werden. Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit einer Abgrenzungsbetrachtung zu ausgewählten Grundsätzen ordnungsgemäßer Bankgeschäftsführung. Exemplarisch werden insbesondere die Bereiche der Corporate Governance, des Risikomanagements, des Internen Kontrollsystems, der Internen Revision sowie der Rechtsabteilung betrachtet. Abschließend sollen die rechtlichen Folgen bei einer Pflichtverletzung des Unternehmens bzw. der Unternehmensorgane gegen die Compliance-Vorschriften dargestellt werden. Dazu werden zunächst Vorbemerkungen allgemeiner Art gegeben, um dann auf die Rechtsfolgen im Straf-, Ordnungswidrigkeiten- und Kartellrecht einzugehen.

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Leseprobe

2. Die Bedeutung von Compliance


 

Das folgende Kapitel soll sich mit der zunehmenden Bedeutung von Compliance im Wirtschaftsleben beschäftigen. Dafür werden zunächst Unternehmensskandale der letzten Jahre genannt und anschließend eine allgemeine Betrachtung der Wirtschaftskriminalität in Deutschland bezogen auf Banken und andere Finanzdienstleister anhand einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC in Kooperation mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg vorgenommen, um die wachsende Bedeutung der Thematik zu unterstreichen. Abschließend werden die wirtschaftlichen Gründe für eine Einführung der Compliance-Funktion mit den dabei anfallenden Kosten dargestellt.

 

Das Handelsblatt veröffentlichte im Mai 2012 eine Übersicht über die größten Compliance-Skandale in deutschen Konzernen der vergangenen Jahre. Darunter vertreten waren die Bespitzelungsaffäre der Deutschen Telekom, die Bestechungsskandale von Volkswagen, Daimler, MAN und Infineon, die Kartellabsprachen von E.ON und Gaz des France, Heidelberg Cement und Persil, die Schmiergeldaffäre von Siemens, aber auch die Nichtaufklärung über die Risiken beim Verkauf von Bankprodukten an US-amerikanische Genossenschaftsbanken durch die Deutsche Bank.[1] Das zeigt die Vielseitigkeit der Risiken, welchen Unternehmen durch Mitarbeiter, Unternehmensorgane, Geschäftspraktiken und ihr Umfeld ausgesetzt sind.

 

Im Folgenden soll der Skandal der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR), welcher mit dem Urteil des fünften Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 17. Juli 2009[2] seinen Abschluss fand, genauer dargestellt werden. Dies liegt darin begründet, da dieses Urteil eine entscheidende Rolle für die Haftung eines Compliance-Officers spielt, worauf im Verlauf dieser Arbeit im Kapitel 5 näher eingegangen wird. Der Angeklagte war langjährig als Volljurist und in dem entscheidungsrelevanten Zeitraum ebenfalls als Stabsbereichsleiter Gremienbetreuung und Leiter der Rechtsabteilung tätig. Zusätzlich war ihm die Innenrevision der BSR unterstellt.[3] Zur Anklage kam es, da aufgrund eines Berechnungsfehlers die Entgelte der Tarifperiode 1999/2000 zu hoch berechnet und in Rechnung gestellt wurden. Dieser Fehler wurde bemerkt, jedoch nicht korrigiert. Speziell ging es um die Kosten für Straßenreinigungsarbeiten bei denen es keine Anlieger gibt. Insgesamt handelte es sich um 23 Mio. Euro zu viel berechneter Entgelte, welche auch weitestgehend gezahlt wurden.[4] Diese Kosten müssen gemäß § 7 Abs. 6 StrReinG zu 100% vom Land Berlin getragen werden. Gibt es jedoch Anlieger werden gemäß § 7 Abs. 1 StrReinG lediglich 25% der Kosten durch das Land Berlin getragen. Die restlichen 75% zahlen die Anlieger. In dem vorliegenden Fall wurden die Kosten für Straßenreinigungsarbeiten für Straßen ohne Anlieger nun auf andere Anlieger umgelegt, obwohl das Land Berlin 100% der Kosten hätte tragen müssen. Der Angeklagte wurde wegen Beihilfe durch Unterlassen zum Betrug zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt. Dabei gelten aufgrund der überlangen Verfahrensdauer 20 Tagessätze als vollstreckt.[5] Der Tagessatz beträgt 75 Euro je Tag.[6]

 

Ein weiteres aktuelles Beispiel - bezogen auf die Finanzdienstleistungsbranche - ist die Manipulation eines wichtigen Leitzinses: London Interbank Offered Rate (LIBOR). Konsequenzen aus der Manipulation sind u. a., dass der Leitzins nunmehr (voraussichtlich ab 2014) in New York von der NYSE Euronext Rates Administration Limited verwaltet und festgelegt wird.[7] Darüber hinaus gab es Strafzahlungen z. B. von der Schweizer Großbank UBS in Höhe von 1,16 Mrd. Euro an die US-amerikanischen, britischen und Schweizer Behörden gegen Einstellung der Ermittlungen im besagten Manipulationsskandal[8] und der Royal Bank of Scotland in Höhe von etwa 455 Mio. Euro an die Aufsichtsbehörden in den USA und Großbritannien[9].

 

Fraglich ist, ob diese Unternehmensskandale mit einer wirksamen Compliance-Organisation bzw. -Funktion hätten verhindert werden können.

 

Fest steht: Die Anzahl der Unternehmen mit einer Compliance-Organisation steigt stetig an. So ist nach einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC in Kooperation mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg[10] die Zahl der Compliance-Programme von 2007 41% über 2009 44% bis hin zu 52% im Jahr 2011 gestiegen.[11] Bei einer Sonderauswertung dieser Studie über Banken und andere Finanzdienstleister[12] wurde festgestellt, dass rund drei Viertel der befragten Unternehmen (73% im Jahr 2011 nach 64% im Jahr 2007) von Wirtschaftskriminalität betroffen sind. Das ist der höchste Wert im deutschen Branchenvergleich. Der Durchschnitt aller Branchen 2011 liegt bei 52%.[13] Die folgende Abbildung zeigt die Ergebnisse der Sonderauswertung.

 

 

Abb. 1: Entwicklung der Wirtschaftskriminalität nach Deliktarten 2007-2011 in %

 

Quelle: in Anlehnung an: PwC/Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Hrsg.) (2012), S. 9.

 

Banken und andere Finanzdienstleister sind insbesondere von Vermögensdelikten, wie Betrug und Unterschlagung, Geldwäsche sowie Falschbilanzierung betroffen. Gemäß der Studie ist der Anstieg bei den Deliktarten Falschbilanzierung und Geldwäsche auf die zeitlich verzögerten Auswirkungen der Finanzkrise auf die befragten Unternehmen zurückzuführen. So könnten Bilanzen zur betrügerischen Erlangung von Krediten manipuliert worden sein. Eine frühzeitige Aufdeckung führte dazu, dass die Delikte nicht vollendet werden konnten, was zu einem Rückgang der Vermögensdelikte führte. Die Aufdeckung der Geldwäschedelikte ist vermutlich auf die erhöhten Kontrollaktivitäten durch die gestiegenen gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen zur Geldwäschebekämpfung[14] zurückzuführen.[15] Obwohl der Geschäftsbereich Zahlungsverkehr mit 55%[16] mit Abstand der anfälligste Bereich für Vermögensdelikte ist, liegt der Schaden bei 56% der Delikte unter 50.000 Euro. Der durchschnittliche Schaden je Unternehmen beträgt 255.000 Euro. Der Bereich Marktseite Kredit ist der zweitanfälligste Bereich für Vermögensdelikte (35%), zeichnet sich jedoch durch eine höhere Schadenssumme aus. Der durchschnittliche Schaden je Unternehmen beträgt hier 429.000 Euro.[17] Der Anstieg der finanziellen Schäden aus Vermögensdelikten insgesamt erhöhte sich bei Betrachtung aller Branchen von 1,44 Mio. Euro im Jahr 2007 auf 3,21 Mio. Euro im Jahr 2011. In der Finanzwirtschaft stieg der Schaden je Unternehmen von 2,19 Mio. Euro im Jahr 2007 auf 6,83 Mio. Euro im Jahr 2011.[18] Darüber hinaus tritt ein oft nicht genau quantifizierbarer indirekter Schaden für die Unternehmen auf, welcher sich insbesondere in erhöhtem Zeitaufwand, Anstieg der Prozesskosten, Ausgaben für Untersuchungen, Reputationsverlust, Rückgang des Aktienkurses, geschädigte Geschäftsbeziehungen, Rechtsstreitigkeiten, Imageverlust oder erhöhte Überwachungsmaßnahmen der Aufsichtsbehörden äußert.[19]

 

Gerade auch vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise wird es nach der politischen auch zu einer juristischen Aufarbeitung kommen, welche vermutlich Veränderungen der Haftungssituation von Unternehmensorganen zur Folge haben wird. Diese wird sich auch mit der Frage der Pflichtverletzung der Aufsichtsräte beschäftigen, womit sich eine Wechselbeziehung der Haftung zwischen Vorständen und Aufsichtsräten ergibt, welche so durch das Gesetz nicht gewollt war.[20] Auch dies stellt eine wachsende Bedeutung für die Compliance-Funktion dar, da sie sich mit der Haftungsvermeidung auseinander setzen soll.

 

Hauptgrund für die Einführung einer Compliance-Funktion ist - wie gerade erwähnt - die Vermeidung von Haftungsrisiken. Dies äußert sich in der Zielsetzung der Verhinderung von Schadensersatzansprüchen Dritter gegen das Unternehmen (Außenhaftung) sowie die Vermeidung von Ansprüchen des Unternehmens gegenüber der Geschäftsleitung und des Aufsichtsgremiums (Innenhaftung).[21] Aber auch die Vermeidung von Reputationsschäden und wirtschaftskriminellen Handlungen werden als Gründe für die Einführung einer Compliance-Funktion genannt.[22] Darüber hinaus wird die Notwendigkeit von Compliance durch die steigende Zahl der gesetzlichen Pflichten sowohl für Unternehmen als auch deren Organe begründet, welche fast jeden Bereich des Wirtschaftsrechts (z. B. Arbeits-, Sozialversicherungs-, Datenschutz-, Umwelt-, Kartell-, Steuerrecht usw.) betreffen.[23] Investoren, Anteilseigner, Versicherungen oder Ratingagenturen setzen eine wirksame Compliance-Funktion mittlerweile voraus.[24]

 

Natürlich entstehen durch die Einrichtung einer Compliance-Funktion bzw. eines Compliance-Management-Systems (CMS) auch Kosten, welche im Folgenden kurz thematisiert werden sollen.

 

Grundsätzlich ist...

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