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E-Book

Curriculare Aspekte von Schreib- und Forschungskompetenz

VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl292 Seiten
ISBN9783741248658
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Im vorliegenden Themenheft geht es darum auszuloten, wie studentisches Schreiben als Teil des Curriculums verstanden werden kann und wie man Curricula gestalten muss, damit das Schreiben als Mittel des Lernens optimal eingesetzt werden kann. Dass das Schreiben nicht nur Mittel des Lernens, sondern selbst eine komplexe Kompetenz ist, die im Studium entwickelt werden muss und besonders eng mit der Forschungskompetenz verbunden ist, wird dabei vorausgesetzt. Das Heft versammelt Forschungsergebnisse, Modellüberlegungen und Praxisbeispiele, die die curriculare Dimension des Schreibens in den Blick nehmen und das Scheiben sowohl als Lernform als auch als Lerngegenstand behandeln.

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Leseprobe

Julia RUESS2, Christopher GESS & Wolfgang DEICKE (Berlin)


Forschendes Lernen und forschungsbezogene Lehre – empirisch gestützte Systematisierung des Forschungsbezugs hochschulischer Lehre

Zusammenfassung

Wissenschaftliche Schreib- und Forschungskompetenz soll durch Forschendes Lernen gefördert werden. In der Literatur wird diese Lehr-Lernform jedoch uneinheitlich definiert und häufig werden unterschiedliche curriculare Elemente darunter verstanden. Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, konzeptionelle Unschärfen aufzuklären, indem Forschendes Lernen im weiter gefassten Rahmen forschungsbezogener Lehre verortet wird. Auf Basis einer Curriculum-Analyse konnten zwölf Gruppen forschungsbezogener Lehre identifiziert und Forschendes Lernen empirisch gestützt präzisiert werden.

Schlüsselwörter

Forschendes Lernen, forschungsorientierte Lehre, forschungsbasierte Lehre, Curriculum-Analyse, Forschungskompetenz

Research-based learning and research-related teaching – An empirically grounded typology of the research-teaching nexus

Abstract

‘Research-based learning’ is supposed to develop students’ academic writing and research skills. However, no widely shared definition of research-based learning exists, and the concept is frequently used synonymously with other types of research-related teaching. This study aims to systematize this conceptual diversity by redefining research-based learning in the wider context of the research-teaching nexus. Based on a qualitative curriculum analysis, we identified twelve groups of research-related teaching, which allowed us to delimit research-based learning on an empirical basis.

Keywords

Research-based learning, research-oriented teaching, research-teaching nexus, curriculum analysis, academic skills

1 Einleitung

Die Vermittlung wissenschaftlicher Schreib- und Forschungskompetenz gilt als wichtige Aufgabe hochschulischer Bildung (WISSENSCHAFTSRAT, 2006). Um wissenschaftlich schreiben und forschen zu können, brauchen Studierende Wissen zu fachlichen Inhalten und Forschungsmethoden, Wissen zu Textgenres, schriftsprachlichen Normen und disziplinären Konventionen (KRUSE & CHITEZ, 2012). Für die Vermittlung solcher Kenntnisse sind verschiedene Lernarrangements denkbar, wobei dem Forschenden Lernen eine besondere Bedeutung zugeschrieben wird (KRUSE, 2016; GESS, WESSELS & DEICKE, in Druck).

Was jedoch unter Forschendem Lernen zu verstehen ist, wird kontrovers diskutiert: Manche Definitionen betonen, dass beim Forschenden Lernen der gesamte Forschungsprozess durchlaufen wird (z. B. HUBER, 2009). Andere Definitionen setzen niedrigschwelliger an und zählen zum Forschenden Lernen auch die Durchführung einzelner Forschungstätigkeiten (z. B. FICHTEN, 2010) oder das Nachvollziehen von Forschungsprozessen (z. B. REINMANN, 2009).

Solange differente konzeptuelle Vorstellungen vorliegen, bleibt unklar, was Forschendes Lernen von anderen Formen forschungsbezogener Lehre unterscheidet. Problematisch wird dies dann, wenn Erkenntnisse zur Förderung von Schreib- und Forschungskompetenz zusammengeführt werden, die auf unterschiedlichen Vorstellungen gründen.

Die vorliegende Studie setzt an diesem grundlegenden Problem an: Geklärt werden soll, wie Forschendes Lernen von anderen Formen forschungsbezogener Lehre abgegrenzt werden kann. Zu diesem Zweck wird im Folgenden ein Modell zur Klassifizierung forschungsbezogener Lehre erarbeitet und anhand einer Curriculum-Analyse empirisch geprüft. Forschendes Lernen wird innerhalb dieser Klassifizierung verortet.

2 Forschungsstand zur Systematisierung forschungsbezogener Lehre

Bei Lehre, die einen Bezug zur Forschung hat, sprechen wir von „forschungsbezogener Lehre“, um damit noch keine Wertung über die Art des Forschungsbezugs zu implizieren. Dieser Forschungsbezug kann sehr unterschiedlich gestaltet sein.

Das populärste Modell zur Systematisierung forschungsbezogener Lehre stammt von HEALEY (2005). Die verschiedenen Umsetzungsformen werden hier in zwei Kategorien unterteilt: dem inhaltlichen Schwerpunkt (Forschungsergebnis vs. Forschungsprozess) und dem Aktivitätsniveau der Studierenden (rezeptiv vs. aktiv). Durch die Zusammenführung der beiden Dimensionen ergeben sich vier verschiedene Typen des Forschungsbezugs hochschulischer Lehre: Beim research-led teaching werden den Studierenden Forschungsergebnisse vermittelt, beim research-oriented teaching wird ihnen der Forschungsprozess erläutert. Research-based learning bezeichnet studentisches Forschen und research-tutored learning die angeleitete Aneignung von Forschungsergebnissen.

Einen ähnlichen, ebenfalls stark rezipierten Systematisierungsansatz wählt HUBER (2014). Er unterteilt forschungsbezogene Lehre in drei Typen: Bei forschungsbasierter Lehre stützt sich das Lernen auf Forschung, wobei den Studierenden der aktuelle Stand der Forschung sowie die Grundprobleme und Ausgangsfragen dieser Forschung nahegebracht werden. Forschungsorientierte Lehre führt zur Forschung hin und bereitet auf eigenständiges Forschen vor. Die Studierenden sollen lernen, wie der Forschungsprozess gestaltet werden kann, wobei besonderer Wert auf die Wahl und Durchführung von Forschungsmethoden gelegt wird. Forschendes Lernen schließlich bedeutet für HUBER, dass Studierende aktiv und selbständig forschen und dabei den kompletten Forschungsprozess durchlaufen.

Beiden Modellen gemeinsam ist die Unterscheidung nach dem Aktivitätsniveau der Studierenden. Wenngleich nicht explizit, grenzt auch HUBER in seiner Typologie rezeptives Lernen von aktivem studentischen Forschen ab (vgl. auch BREW, 2010). Im Vergleich fasst HUBER das Aktivitätsniveau jedoch nuancierter, indem auch Aktivitäten wie die Einübung oder Simulation von Forschungstätigkeiten angeführt werden, also Aktivitäten, bei denen Studierende bereits erworbenes Wissen anwenden.

Eine weitere Überschneidung zwischen HEALEY und HUBER betrifft den inhaltlichen Schwerpunkt des Forschungsbezugs: entweder stehen Forschungsergebnisse oder der Forschungsprozess im Zentrum der Lehre. HUBER ergänzt jedoch Forschungsmethoden als weiteren wichtigen inhaltlichen Schwerpunkt – der auch in anderen Systematisierungsansätzen hervorgehoben wird (z. B. ZAMORSKI, 2002).

Zusammenfassend betrachtet wird forschungsbezogene Lehre bei HUBER differenzierter erfasst als bei HEALEY. Allerdings werden zugrunde liegende Kategorien zur Unterteilung forschungsbezogener Lehre in seiner Modellbeschreibung nicht direkt sichtbar. Beide Ansätze ergänzen sich insofern, sind jedoch weder empirisch hergeleitet noch geprüft.

3 Forschungsfragen

Die Analyse des Forschungsstands zeigt, dass forschungsbezogene Lehre durch Zusammenführung sich ergänzender Ansätze differenziert erfasst werden kann. Fraglich bleibt, ob diese Erfassung auch einer empirischen Betrachtung standhalten kann. In einem ersten Schritt soll daher folgende Forschungsfrage beantwortet werden:

1. Welche Formen forschungsbezogener Lehre lassen sich empirisch unterscheiden?

Das Ergebnis bildet wiederum die Grundlage für die zweite Forschungsfrage:

2. Wie ist Forschendes Lernen in Abgrenzung von anderen Formen forschungsbezogener Lehre zu definieren?

4 Methode

Das Vorgehen zur Klassifizierung forschungsbezogener Lehre (vgl. Forschungsfrage 1) wurde an die Methode zur empirisch begründeten Typenbildung von KELLE & KLUGE (2010) angelehnt:

Im ersten Schritt wurde ein theoretisches Klassifizierungsmodell erarbeitet. Die Bildung relevanter Vergleichskategorien wurde deduktiv vorgenommen.

Im zweiten Schritt wurde die Klassifizierung empirisch überprüft. Dafür wurde eine Curriculum-Analyse durchgeführt. Zwar bilden Studienordnungen nicht notwendigerweise die Studienrealität ab, einzelne Studien deuten jedoch auf eine bedeutsame Schnittmenge zwischen intendiertem und realisiertem Curriculum (z. B. HERZMANN, KÖNIG & ARTMANN, 2012). Die vorliegende Untersuchung stützt sich auf Studienordnungen der Humboldt-Universität zu Berlin (HU). Die HU bietet ein breites Fächerspektrum, so dass die Verwendbarkeit der Klassifizierung für verschiedene Disziplinen untersucht werden konnte.

Aus den 33 Instituten der HU wurden insgesamt 167 Studienordnungen in die Analyse einbezogen. Aus diesen Studienordnungen wurden zunächst diejenigen Module mit explizitem Forschungsbezug identifiziert und die entsprechenden Modul-Kurzbeschreibungen analysiert. Die in den Beschreibungen enthaltenen forschungsbezogenen Lehrelemente wurden anschließend der theoretisch erarbeiteten Klassifizierung zugeordnet. Diese Kodierung wurde von zwei Personen vorgenommen: zunächst konsensuell zur Schärfung der Kodierregeln (SCHMIDT, 2013), dann unabhängig voneinander (vgl. Abb. 1).

Legende: LE steht für „Lehrelemente“.

Abb. 1: Kodierprozess

Nach Abschluss des Kodierprozesses wurden die durch die Kodierung entstandenen Gruppen an Lehrelementen auf interne Homogenität und externe...

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