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Das Buch als Bildungsmittel - Seine Bedeutung im Zeitalter der neuen Medien

Seine Bedeutung im Zeitalter der neuen Medien

AutorMaria Schlager
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl98 Seiten
ISBN9783640145140
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Pädagogik - Medienpädagogik, Note: Sehr gut, Universität Wien (Institut für Erziehungswissenschaft), 85 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Buch ist ein traditionelles Medium zur Konservierung und Verbreitung von Ideen, das zum einen als überaltertes Medium kritisiert und zum anderen als verlorenes Bildungsgut betrauert wird. Der Frage, ob im Zeitalter der neuen Medien wirklich sein Abschied bevorsteht, wie es vielfach auch in der wissenschaftlichen Literatur diskutiert wird, soll in dieser Arbeit nachgegangen werden. Eine Auseinandersetzung mit diesem Thema kann sich jedoch nicht in einer Diskussion um Vor- und Nachteile oder der Konkurrenz zwischen den traditionellen und den neuen Medien erschöpfen, sondern muss auch die Bedeutung der Schrift als Grundlage literaler Kulturen sowie die Bedeutung des Buches und der Erfindung des Buchdrucks in unserer Gesellschaft bearbeiten. In der Bildungsgeschichte haben die Erfindung der Schrift sowie die Entwicklung und Verbreitung des Buches, mit der die Alphabetisierung der Gesellschaft und die Verbreitung von Wissen einhergehen, einen wichtigen Platz eingenommen; ohne diese Medien wäre die Geschichte der Bildung nicht in dieser Art verlaufen. Dem Buch kommt als Bildungsmittel somit eine besondere Bedeutung zu. Durch das Aufkommen neuer Medien und dabei besonders des Internets ist das Buch einer Reihe von Veränderungen ausgesetzt, die auch gesellschaftliche und kulturelle Auswirkungen haben. In einer Zeit der stetig wachsenden Digitalisierung und Verknüpfung von schriftlichen Inhalten lohnt es sich daher, Fragen um die Zukunft des Buches und seine Bedeutung als Bildungsmittel im Zeitalter der neuen Medien zu stellen. Kapitel 1 behandelt die Zusammengehörigkeit und Wechselbeziehungen von Schriftlichkeit und Bildung, den Einfluss der Schrift auf das Subjekt sowie die Medialität von Bildung. Mit Unterschieden zwischen oralen und literalen Kulturen sowie dem Sinn der Schrift für das menschliche Bewusstsein und die Kultur einer Gesellschaft beschäftigt sich das 2. Kapitel; Platons Kritik an dem Medium Schrift sowie Ludwig Dunckers Beitrag über die Bedeutung der Literalität für das Lernen wird hier ebenso bearbeitet wie die Tatsache, dass auch das Schreiben bereits eine Technologie ist. Auch auf die Befürchtungen, neue Medien könnten die Schriftkultur gefährden und Literalität durch 'Computer-Literalität' ersetzen sowie auf die Frage der Medienkomplementarität - ob Medien einander ersetzen oder ergänzen - wird eingegangen.[...]

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Leseprobe

3. Die Geschichte des Buches

 

Das Buch dient als materieller Träger eines zu vermittelnden geistigen Inhalts. Seiner Funktion nach ist es eine graphische Materialisierung geistig-immaterieller Inhalte zum Zweck ihrer Erhaltung, Überlieferung und Verbreitung in der Gesellschaft. Es hat sich erst im Lauf der Geschichte zu dem ausdifferenziert, als das wir es heute kennen und hatte über Jahrhunderte eine wichtige Archiv-, Transport- und Informationsfunktion für geistiges Eigentum.[101]

 

Die Geschichte des Buches kann in vier Phasen eingeteilt werden: Die erste Phase, in der das Buch ein Kultmedium war, dauerte bis zu Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg Mitte des 15. Jahrhunderts. In der zweiten Phase bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich das Buch zum allgemeinen Kulturmedium verändert. Demgemäß entwickelte sich das Buch vom Kultmedium über die Erfindung des Buchdrucks zum allgemeinen Kulturmedium. Mit dem Aufkommen des Taschenbuchs 1939 („pocket book“) geht es in die dritte Phase; es kommt zur „Entkultivierung“ des Buches und es entwickelt sich vom Kulturmedium zum Massenmedium. Heute, in der vierten Phase, scheint das Buch durch die Digitalisierung einen Funktionswandel zu erfahren:[102]

 

„Die Gutenbergsche Revolution bestand in einer radikal effektiveren und rationelleren Verbreitung von Informationen auf dem Medium Papier. Heute befindet sich ein weiteres Medium, nämlich das elektronische [bzw. digitale], so rapide auf dem Vormarsch, daß bereits vielfach von einer zweiten Gutenbergschen Revolution die Rede ist.“[103]

 

Durch die Digitalisierung des Buches werden die Inhalte vom Objekt Buch losgelöst und unabhängig vom traditionellen Trägermedium rezipierbar. Die Erfindung des Buchdrucks gilt nicht mehr als einziges Verfahren leichter und schneller Reproduzierbarkeit ohne Qualitätsverlust. Die neuen, digitalen Medien erlauben ein schnelles und vielseitigeres Verwenden, Handhaben, Speichern und Übertragen der alten und neuen Inhalte.

 

3.1 Vorläufer des gedruckten Buches

 

Das Wort „Buch“ leitet sich von der Baumart Buche ab, aus der germanische Völker Täfelchen fertigten, in die sie Zeichen, die „Buchstaben“, einritzten. Ein Buch ist „eine Folge von Blättern, die zu einer, meist aber mehreren Lagen oder Bogen zusammengefaßt, in unterschiedlicher Bindetechnik miteinander verbunden sind und von einem verschiedenartig gefertigten Umschlag oder Einband zusammengehalten werden“[104].

 

Vorgänger unseres Buches sind die gebrannten Tontafeln der Babylonier und Assyrer. Andere Beschreibstoffe wurden etwa aus Palmblätter, Birkenrinde, Bambus oder Leder hergestellt. Im alten Ägypten und in der klassischen Antike war die Papyrusrollen die herrschende Form schriftlicher Aufzeichnung; seit dem dritten Jahrhundert vor Christus kam das haltbarere Pergament auf, das im ost- und weströmischen Reich bis ins Mittelalter der Hauptbeschreibstoff blieb. Die Rollenform wurde seit dem zweiten Jahrhundert vor Christus durch den Kodex, ein Bündel zusammengehefteter Seiten, abgelöst. Das teure Pergament der Codices wurde durch das von den Arabern übernommene billigere Papier ersetzt, ohne jedoch ganz verdrängt zu werden. Die Kunst der Papierherstellung übernahmen die Araber von chinesischen Handwerkern, die sie zwischen 100 vor Christus und 100 nach Christus erfunden hatten.[105]

 

Nicht nur das Papier, sondern auch die Tinte trug zur Ausbreitung des Schreibens und Lesens bei. Ähnlich wie Wasserfarben wurde die antike Ägyptische und die traditionelle chinesische Tinte hergestellt; während des vierten Jahrhunderts vor Christus wurde eine Tinte auf Metallbasis erfunden. „Ohne den neuen, billigen und leichten Beschreibstoff und ohne die allgemeine Verbreitung der neuen Schreibflüssigkeit hätten scholastische Studien kaum in Mode kommen können.“[106]

 

In der Geschichte wurde das Buch zumeist für einen begrenzten Gebrauch hergestellt und war nur ausgewählt zugänglich: Im griechisch-römischen Altertum etwas blieb es der gebildeten Gesellschaftsschicht vorbehalten, während es im Mittelalter vorwiegend der Geistlichkeit zur Verfügung stand. Die Erfindung des Buchdrucks förderte seine Produktion und Verbreitung.[107]

 

3.2 Die Kunst des Lesens

 

Das „Didascalicon“, um 1128 von Hugo von St. Viktor verfasst, ist das erste Buch, das sich mit der Kunst des Lesens beschäftigt. „Von allen erstrebenswerten Dingen ist die Weisheit das erste“ lautet der Schlüsselsatz des „Didascalicon“.[108]

 

Ivan Illich verfasste einen Kommentar zu Hugos „Didascalicon“, in dem er einen Zusammenhang zwischen der materiellen Form des Buches, der wandelnden Lektürekompetenz und inhaltlichen Veränderungen beschreibt. Mitte des 12. Jahrhunderts wurde das Buch zum Träger des Textes, der ihn stützt und erschließt und das scholastische Lesen förderte.[109]

 

3.2.1 Monastisches und scholastisches Lesen

 

Formen des Lesens bei den Mönchen des Mittelalters waren das monastische und scholastische Lesen: In den Klöstern des Frühmittelalters wurde monastisch in einer „Gemeinschaft von Murmlern“[110] gelesen. Diese Form des Lesens war eine akustische, meditative und leibliche Tätigkeit:

 

„Die Ohren des Lesers sind aufmerksam und mühen sich ab, das aufzufangen was sein Mund äußert. So wird die Buchstabenfolge unmittelbar in Körperbewegungen umgewandelt, und sie strukturieren die Nervenimpulse. Die Zeilen sind wie eine Tonspur, die mit dem Mund aufgenommen und vom Leser für das eigene Ohr wiedergegeben wird. Die Seite wird durch das Lesen buchstäblich einverleibt. (…) Er [der monastische Leser, Anm.] nimmt die Zeilen auf, indem er sich nach ihrem Takt bewegt, und er erinnert sich an sie, indem er ihren Rhythmus erneut heraufbeschwört.“[111]

 

Die gemeinschaftliche Rezeption („Leiern“ oder „Murmeln“) sollte zur Erlangung der Weisheit durch Repetition und zur Schulung des Gedächtnisses führen. „So meinte ‚Lesen’ oft, einen mehr oder weniger auswendig gekonnten Text mit lauter Stimme lebendig werden zu lassen. Die Verwandtschaft zum Beten ist offensichtlich.“[112]

 

Beim scholastischen Lesen hingegen, das sich Mitte des 12. Jahrhunderts durchsetzt, wird das Lesen „zu einer individuellen Tätigkeit (…), zu einem Hin und Her zwischen einem Selbst und einer Seite“[113]. Der scholastische Leser liest leise und studiert den Text, um sich Wissen anzueignen. Somit wurde „aus der Partitur für fromme Murmler (…) der optisch planmäßig gebaute Text für logisch Denkende“[114]. Zu dieser Zeit wird durchschaut, dass der Text durch Gliederung und Ordnung das Verstehen erleichtern kann.

 

Alberto Manguel fasst in seiner „Geschichte des Lesens“ die Vorteile des stillen, individuellen Lesen zusammen:

 

„Auf jeden Fall ermöglichte das stille Lesen dem Leser endlich eine ungestörte Beziehung zu Buch und zum Wort. Die Mühe und die Zeit, die zum Aussprechen der Wörter gebraucht wurde, konnte er sich sparen. Sie breiteten sich in einem inneren Raum aus, strömten durch ihn hindurch oder verharrten dort, und kaum waren sie mit den Augen erfaßt oder nur halb ausgesprochen, boten sie sich schon der stillen Betrachtung dar und setzten die Vorstellungskraft des Lesers in Gang, der das Gelesene mit seinem Wissen vergleichen oder in einem anderen, ebenfalls vor ihm liegenden Buch vertiefen konnte. Der Leser gewann Zeit, den Sinn der Worte auszukosten und ihrem Klang, den er ja kannte, in seinem Inneren nachzulauschen. Der Text, durch die Buchdeckel vor neugierigen Blicken geschützt, wurde zum Alleinbesitz des Lesers, zu seinem geheimen Wissensschatz (…).“[115]

 

Mit den Universitätsgründungen 1348 in Prag, 1365 in Wien und 1386 in Heidelberg kommt es „zu einer Kulturrevolution, die Lesen- und Schreibenkönnen als zwei Seiten einer Medaille begreift und das Alphabetisierungsmonopol der Kleriker, Ministerialen und Kanzlisten bricht“[116]. Die Alphabetisierung nahm zu dieser Zeit besonders in den Städten zu.

 

Das lebenslange kollektive und intensive Lesen weniger ─ religiöser ─ Bücher entsprach dem damals üblichen Lesegestus, mit dem Ziel, daraus etwas für das eigene Leben mitzunehmen: „Diese Wiederholungslektüre ist zugleich exemplarische Lektüre. Man liest mit dem ausdrücklichen Willen, dem Buch eine auf das eigene Leben applizierte Moral abzugewinnen.“[117]

 

3.2.2 Das Buch als Textträger

 

Die Ära des Buches teilt Illich in die Abschnitte des handgeschriebenen und in die des gedruckten Buches mit beweglichen Lettern, wobei die erste Ära die...

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