Einleitung
Viel zu selten kommt ein Computerspiel des Weges, das nicht nur Spaß bereitet, sondern die Grenzen des Mediums austestet und erweitert und dabei Mittel und Wege des kreativen Ausdrucks mitbringt. Die Videospielwelt wird dominiert von ewig gleichen und erschreckend ähnlichen »AAA«-Titeln; dieses Label wird ihnen aufgrund der in die Entwicklung geflossenen Finanzmittel verpasst. Anstatt ihre eigene Identität zu finden, wollen gerade die »großen« Titel mehr Film als Spiel sein.
Und dann gab es da dieses kleine Indie-Spiel aus Schweden, ursprünglich von einem einzelnen Entwickler namens Markus »Notch« Persson aus der Taufe gehoben. Ohne Werbekampagne und Hype wurde es schnell zum Kassenschlager. »Notch« heuerte ein ganzes Entwicklerteam an und nannte die neue Spieleschmiede »Mojang«. Und Minecraft trat seinen bis zum heutigen Tage ungebremsten Siegeszug an.
Um dieses Ausnahmespiel, das sowohl wegweisend für die gesamte Industrie war als auch außergewöhnlich langlebig – weil fast unerschöpflich –, soll es in diesem Buch gehen, genauer: darum, wie Sie sich in diesem Spiel zurechtfinden. Denn neben kreativem, im Wortsinn (spiel-)weltveränderndem Output geht es bei Minecraft auch ums nackte Überleben, und da können Sie jede Hilfe gebrauchen, die Sie kriegen können.
Faszination Minecraft
Wer Minecraft zum ersten Mal spielt, wird buchstäblich in eine fremde Welt geworfen, in der man sich erst einmal zurechtfinden muss. Nichts wird erklärt, weder die Steuerung noch das Spielziel. Die Landschaft sieht grob und pixelig und trotzdem malerisch aus, die eckige Sonne steht hoch am Himmel. Was tun?
Mit etwas Computerspielerfahrung sind die ersten Schritte schnell getan. Man erkundet die Gegend, findet Bäume, Hügel, Blumen, vielleicht ein Tier oder drei. Dann testen wir unsere Interaktionsmöglichkeiten aus. Schnell finden wir heraus, dass wir Bäume fällen (oder vielmehr: in Stücke hauen) und Löcher in die Erde buddeln können. Die so erhaltenen Blöcke können wir in beliebiger Kombination in die Landschaft stellen. Könnte man sich so nicht ein Haus bauen?
… und dann wird es dunkel. Mit der Dunkelheit ändert sich die Spieldynamik, wenn sich aus den Schatten die ersten Monster schälen. Ganz plötzlich sind wir unseres Lebens nicht mehr sicher.
Minecraft nimmt uns nie bei der Hand. Es lässt uns vielmehr allein, damit wir selber die Welt und ihre Regeln entdecken können. Alles baut aufeinander auf – und damit meine ich nicht nur die Blöcke der Spielwelt, sondern auch die zugrunde liegende Dynamik, die Gesetze der Welt.
Somit nimmt Minecraft uns so ernst, wie es selber genommen werden möchte. Zwar ist es ein Spiel für alle Altersgruppen, aber es ist eben kein reiner »Spielkram«.
Zeitloses Design in schnelllebiger Welt: eine Erfolgsgeschichte
Die Langlebigkeit von Minecraft ist bemerkenswert. Bereits 2009 war es in einer frühen Entwicklerversion der Öffentlichkeit zugänglich, 2010 folgte der Beginn der Alpha- und Beta-Phase, und Ende 2011 wurden die Testphasen für vollendet erklärt und Minecraft zu Version 1.0 erhoben. Mit jeder neuen Phase stieg auch der Preis, aber mittlerweile hält er sich bei konstanten und immer noch erschwinglichen 19,95 Euro.
Noch bevor es in die Alpha-Phase ging, verkaufte sich Minecraft knapp 20.000 Mal – zu jener Zeit war das für ein Indie-Game bereits ein veritabler Erfolg, erst recht für eine Vorabversion. 2011, während der Beta-Phase, knackte Minecraft die Million Verkäufe, 2013 wurde der Meilenstein von 10 Millionen erreicht. Mittlerweile sind es knapp über 20 Millionen – und dabei wird nur die PC/Mac-Version gezählt, nicht die Konsolen- und Smartphone-Varianten.
Nach wie vor kann sich Minecraft über mangelnden Zuspruch nicht beklagen: Täglich verkauft es sich allein für PC und Mac über 10.000 Mal. Dass Minecraft einen derart langen Atem aufweist, hat viele Gründe:
• Die Spieltiefe ist gigantisch. Bis wir alle Rezepte kennengelernt haben, vergeht einige Zeit, und selbst danach sind die Möglichkeiten der Kombinierbarkeit buchstäblich grenzenlos.
• Es liegt sicherlich auch an der Grafik, die eben auch heute, mehr als fünf Jahre nach der Grundsteinlegung, nicht veraltet wirkt. Die Texturen sind pixelig, aber das hat auch 2015 noch den gleichen Retro-Chic wie 2009. Die Objekte in der Welt sind denkbar simpel, doch dank weiter Sicht sieht alles immer wieder beeindruckend aus.
• Minecraft ist zutiefst kooperativ. Nur für sich selber eine Welt zu gestalten, ist eben nur der halbe Spaß – richtig lustig wird es, wenn man diese Welt mit anderen teilt.
Gegen den Strom
Moderne Mainstream-Games sind für die schnelle Mark gemacht. Sie bieten State-of-the-Art-Grafik mit Batzillionen von Polygonen und 4K-Texturen mit Framerates von 120 Bildern pro Sekunde (vorausgesetzt, man verwendet Hardware, die erst in zwei Jahren auf den Markt kommt). Der Reiz liegt, neben dieser möglichst naturalistischen Darstellung, im Plot, der Station für Station abgearbeitet wird. Bei Technik wie Story regiert das Spektakel.
Sogenannte Indie-Games, also Spiele, die nicht von großen Publishern herausgegeben, sondern von einzelnen Entwicklern oder sehr überschaubaren Teams veröffentlicht werden, funktionieren da anders. Sie müssen mit originellen Mechaniken trumpfen – wird einfach nur ein anderes Spiel kopiert, sieht es schlecht aus.
Dass sich Indie-Games einer breiten Beliebtheit erfreuen, ist ein recht neues Phänomen. Hier war unter anderem und insbesondere Minecraft ein Trendsetter. Der enorme Erfolg von Minecraft hat nicht nur anderen Entwicklern gezeigt, dass sie, ein entsprechend originelles Game vorausgesetzt, auch ohne Publisher sehr erfolgreich sein können; auch nehmen Gamer Indie-Games heutzutage auf ganz andere Weise wahr als noch vor ein paar Jahren.
Zielpublikum dieses Buchs
Dieses Buch richtet sich in erster Linie an Einsteiger, die Minecraft besser kennenlernen wollen. Enorme Computer- oder Videospielerfahrung wird nicht vorausgesetzt, auch wenn Minecraft als erstes Computerspiel möglicherweise ein schwerer Brocken ist. Aber keine Angst, Sie schaffen das!
Ein wichtiger Bestandteil dieses Buches ist die Kooperation. Minecraft alleine zu spielen, ist wie gesagt nur der halbe Spaß, erst mit mehreren wird es wirklich großartig. Aus diesem Grund ist diesem Bereich ein eigenes Kapitel gewidmet, wohl wissend, dass die Kiddies des Haushalts möglicherweise schon Minecraft spielen und die Eltern gerne mitmachen würden. Kurz und gut, dieses Buch ist für alle, die bei Minecraft mitreden und vor allen Dingen -spielen wollen – oder beispielsweise Kindern beim Spielen unterstützend über die Schulter schauen.
Minecraft ist prinzipiell für alle Altersgruppen geeignet, auch wenn für die ganz Kleinen der Schwierigkeitsgrad heruntergeschraubt werden sollte, um Frustration und Schockmomente zu vermeiden. Denn trotz aller niedlichen und abstrakten Optik: Minecraft kann gruselig sein! Beim Erkunden von Höhlen kann ab dem normalen Schwierigkeitsgrad jederzeit ein Monster vor (oder, bei unachtsamem Vorgehen, auch hinter) uns auftauchen.
Buchkonzept
Dieses Buch ist prinzipiell so aufgebaut wie Minecraft selber. Vor dem Spiel stehen der Erwerb und, je nach Plattform, die Installation. Anschließend tasten wir uns peu à peu in die Spielwelt vor und lernen Steuerung sowie grundlegende Materialien und Mechaniken kennen, erarbeiten uns ein Repertoire an Tipps und Tricks und bauen immer komplexere Gegenstände und Gebäude, bis hin zu mechanischen Apparaturen. Doch da hört die Faszination von Minecraft noch lange nicht auf: Haben wir das Grundspiel gemeistert, begeben wir uns an den Mehrspieler-Modus. Zum Abschluss beschäftigen wir uns mit dem ganzen Drumherum: den Online-Communities zu Minecraft, Inspirationsquellen für eigene Projekte und anderem.
Die Struktur des Buches mag auf den ersten Blick etwas verwirren, da wir in den grundlegenden Kapiteln teils wilde Themensprünge vollziehen werden. Aber das ist beabsichtigt, denn so werden Sie Minecraft am besten kennenlernen. Nachdem wir uns im ersten Kapitel mit der notwendigen...