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Das Burning Man Projekt: Religiosität und Spiritualität in Black Rock City?

Eine ethnologische Perspektive

AutorBertine Bönner
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl125 Seiten
ISBN9783638520997
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis27,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Ethnologie / Volkskunde, Note: 1,7, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Institut für Ethnologie), 43+76 online Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: 1986 verbrannten zwei Männer am Baker Beach in San Francisco eine Holzskulptur. Im Jahr 2004 reisten 35 664 Menschen aus aller Welt in das Black Rock Desert in Nevada, um am neunzehnten Burning Man teilzunehmen. Aus der spontanen kleinen Zusammenkunft von ca. 20 Menschen am Strand von San Francisco ist eine Stadt geworden: Black Rock City, ein Megaevent mit Kunstprojekten, einer komplexen städtischen Infrastruktur, Netzwerken und ganzjährigen Aktivitäten. Black Rock City existiert nur eine Woche im Jahr von Ende August bis Anfang September. Die Attraktivität und Bedeutung Burning Mans für die Menschen ist enorm. Dabei stellt sich die Frage, inwiefern Burning Man als ein Ort gesehen werden kann, an dem die Teilnehmer Erfahrungen machen, die traditionellerweise als Erfahrungen gesehen werden, die im Rahmen von institutionalisierter Religion gemacht werden. Im Kontext von Burning Man wird deutlich, dass die Grenzen zwischen religiöser und kultureller Aktivität verschwimmen. Anhand der Erfahrungsberichte wird schnell ersichtlich, dass Burning Man aufgrund verschiedener Faktoren von den Teilnehmern als eine 'außerweltliche' und besondere Erfahrung wahrgenommen wird, die für viele zugleich eine transformative und spirituelle ist. Ritual und Spiritualität werden in der spielerischen liminalen Welt von Black Rock City neu erfunden. Black Rock City wird so zu einem 'heiligen' Ort der Rekreation, der Transformation und des Trostes.

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Leseprobe

2. Einige zentrale Aspekte Burning Mans


 

2.1. Die Kunst


2.1.1. Die Kunst und Burning Mans „andere-Welt“-Charakter


 

Erst ab 1992 etablierte Burning Man sich als das Kunstfestival, das es heute ist (Doherty 2004: 53). Kunst und Performance Art spielen eine große Rolle bei Burning Man. Sie sind Teil dessen, was jeder Teilnehmer zu dem Event beitragen sollte (Burning Man website, http://www.burningman.com). Die Kunst Burning Mans ist einer der Faktoren, die zu Burning Mans „außerweltlichem“ Charakter beitragen, der im Laufe dieser Arbeit immer deutlicher werden wird. Der Teilnehmer Randy Bohlender erzählt:

 

My friend, Robbie, turned around to see the huge harvest moon rising behind the Man. […] After staring at the moon for a moment, Robbie asked ‘Is that the moon or is that something somebody’s doing?’ I laughed manically; not because it was silly, but because it was plausible. Only at Burning Man could one consider that it really wasn’t the moon…that perhaps someone had fabricated it (Bohlender, siehe Literaturverzeichnis unter Internetquellen).

 

Der Burning Man Teilnehmer Marshall Elliot beschreibt, dass Within minutes of arriving in the city, everyone is overwhelmed. In a daze, we ask each other: ‘Is this really happening?’ as a flame-throwing octopus cruises past, or a knife-juggler shouting bad jokes wanders by” (Elliot, siehe Literaturverzeichnis unter Internetquellen). Die Kunst Burning Mans ist im Gegensatz zu Kunst in Museen häufig darauf ausgerichtet, dass die Teilnehmer durch die Installationen interaktiv werden und löst damit nicht nur durch das Betrachten eine sinnliche Erfahrung aus.

 

2.1.2. Kunst ohne Kommerz


 

Ein Großteil der Kunst bei Burning Man ist temporär wird am Ende der Woche verbrannt. In einem Interview mit Michelle Bienias (2003) antwortet der Burning Man Teilnehmer und Künstler Charles Evans auf die Frage, warum dem so sei, dass die Verbrennung verdeutliche, dass die Kunst nur für Burning Man Teilnehmer und nicht für ein anderes Publikum bestimmt sei. Die Verbrennung läutere die Motive der Künstler: Ihre Kunst sei ein Geschenk an die Burning Man Teilnehmer und beinhalte keine Motivation, sie zu Geld zu machen (Bienias 2003, siehe Literaturverzeichnis unter Internetquellen).  

 

 

Bild 3 : Rocket Car, Burning Man 2004

 

 

Bild 4 : The Cathedral Car, Burning Man 2000

 

 

Bild 5 : Pegasus, Burning Man 2000

 

 

Bild 6 : The Dragon de Foc, Burning Man 2000

 

 

 Bild 7 : The Faces Of Man, Burning Man 2000

2.1.3. Kunst und Status


 

Der Ehrgeiz unter den Künstlern, was die Größe und Schönheit ihrer Installationen angeht, ist auffällig. Die Kunst und das Verhältnis der Künstler untereinander kann natürlich auch bei Burning Man nicht egalitär sein, denn große Projekte kosten viel Zeit und Geld. Wer das Geld und die Zeit nicht aufbringen kann, dessen Kunst ist weniger spektakulär und er bekommt weniger Anerkennung. Bewunderung, Status und Prestige spielen eine große Rolle bei der Motivation der Künstler. Künstler, die eine außergewöhnliche Installation zu Burning Man beigetragen haben, werden zu Berühmtheiten in Black Rock City, „with lineups of people waiting to meet them and discuss the artwork. […] artists of major art pieces standing in front of their work, coming up to people who are admiring it and saying, ‘I made this artwork just for you’” (Kozinets 2002: 27f).

 

Einige der großen Installationen werden zwar von der Burning Man Organisation unterstützt, aber bei weitem nicht alle (Burning Man website, http://www.burningman.com). Die lokale Burning Man Presse und die Burning Man Radiosender erwähnen eindrucksvolle Kunstinstallationen häufiger als kleinere und die Burning Man Organisatoren loben Künstler, „who give impressive gifts to the community“ (Kozinets 2002: 28). Der „Wettkampf unter den Künstlern“, den Larry Harvey in der „realen“ Welt bemängelt, findet also auch bei Burning Man statt.

 

Der Wirtschaftswissenschaftler Robert Kozinets (2002) beschreibt die Rolle, die die Burning Man Community für die Motivation der Künstler spielt:

 

The entire community rewards art creators with compliments, attention, status, and even scarce resources such as prime real estate. […] Artworks are sites of social gathering; […]. […] Because the art is not for sale and is not intended to persuade anyone to buy anything, it is seen as having a meaning that can be more personally involving, socially relevant, self-expressive, and less functional. As a gift, it is associated with a communal, moral foundation. All of these aspects connect notions and discourses of community with those of art (ebd.: 30f).

 

Der Teilnehmer Michael Dees fühlt sich erst dann als Teil der Burning Man Community, als er in seinem zweiten Jahr in Black Rock City die Community mit seiner Kunst beschenkt: “I spent three months of my spare time designing and building something I hoped would bring pleasure to others - a bicycle powered seahorse that flaps its wings and sprays water out its mouth. It was a great success. I got big smiles and hugs from almost everyone we met, and I was starting to feel like a real part of the Burning Man community” (Dees 11/04/2003, siehe Literaturverzeichnis unter Internetquellen).

 

2.2. Die Kostüme


 

Ebenfalls auffällig ist der Ehrgeiz unter den Teilnehmern, was die Kostümierung betrifft. In den Anfängen am Baker Beach und in den ersten Jahren in der Wüste waren die Teilnehmer nicht kostümiert. Einige nahmen Burning Man zum Anlass, etwas zu tragen, das im Alltag unpassend gewesen wäre oder waren nackt (Dr. Lizard 2003, siehe Literaturverzeichnis unter Internetquellen). Nach den „primitiven“ Anfängen, bei denen auf einfache Art und Weise in der Wüste gecampt wurde, fanden die Teilnehmer Gefallen daran, für den Abend des „Burns“ eine Cocktailparty zu veranstalten, sich schick anzuziehen und zu dinieren. Die Kostümierung von Teilnehmern, so wie sie heute bei Burning Man zu sehen ist, hat erst 1993 begonnen, als eine Gruppe von Drag Queens in der Wüste erschien und den anderen Teilnehmern bewusst wurde, dass Burning Man ein Forum geschaffen hatte, in dem jeder sein konnte, was er wollte:

 

All eyes were on them. […]. In the glow of the sun-streaked sky their outfits were positively stunning. […]. It was at that moment, I think, with those totally camped-out, over-the-top queens grinning at us, that everyone realized that the Burning Man Experience we had created was a ‘forum’. Not a festival, not a party, not a show.... a forum, where you could say or do or build or ‘be’ anything you ever wanted to say or do or build or be (as long as it didn’t hurt anybody) and it would be ok. Not just ok... someone would be bound to come up to you and say ‘That is the most awesome thing I have ever seen, thank you so much for doing that.’ The next year, most of us came back with costumes (Dr. Lizard 2003, siehe Literaturverzeichnis unter Internetquellen).

 

Ebenso wie die Kunst, tragen auch die völlig bizarren Kostüme dazu bei, dass bei Burning Man der Eindruck entsteht, man befinde sich in einer anderen Welt.

 

 

Bild 8: Burning Man 2004

 

 

Bild 9:Burning Man 2004

 

 

Bild 10:Burning Man 2004

 

 

Bild 11: Burning Man 2004 

 

 

Bild 12: Burning Man 2004 

 

 

Bild 13: Burning Man 2004

 

 

Bild 14: Burning Man 2004

  Bild 15: Burning Man 2004

 

2.3. Der Man


 

 

Bild 16: Burning Man 2003

 

“’He is a blank,’ says Harvey, ‘his face is literally a blank shoji-like screen, and the idea, of course, is that you have to project your own meaning onto him. You’re responsible for the spectacle’” (Bell, siehe Literaturverzeichnis unter Internetquellen).

 

Harvey behauptet, dass die am häufigsten gestellten Forderungen kleiner Kinder „pick me up“ und „look at me“ seien. Alle Menschen hätten das Bedürfnis, gesehen zu werden, wenn sie etwas Tolles machen. Der Man sei unbewusst so gebaut worden, dass er diesen...

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