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E-Book

Das FBI-Prinzip

Verhandlungstaktiken für Gewinner

AutorThorsten Hofmann
VerlagAriston
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783641215620
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Reine Verhandlungssache
Leben ist Verhandeln, und Verhandlungen können Leben retten. Das weiß keiner so genau wie Thorsten Hofmann. Als Ermittler des Bundeskriminalamts war er im Bereich Organisierte Kriminalität tätig, vor allem bei spektakulären Fällen von Erpressungen und Geiselnahmen im In- und Ausland. Basierend auf den Techniken des FBI sowie den neuesten Erkenntnissen der Neuropsychologie, gibt er eine hochwirksame, leicht umsetzbare Anleitung, wie man Verhandlungen fundiert vorbereitet, strategisch plant und erfolgreich abschließt - unverzichtbares Know-how für den Alltag: vom Kundengespräch über Gehaltsverhandlungen bis zum Kauf eines Hauses.

Thorsten Hofmann studierte Psychologie, Behaviour and Credibility Analysis, Kriminologie und Wirtschaftswissenschaften und wurde in verschiedenen Verhandlungssystemen ausgebildet. Er arbeitete viele Jahre als operativer Ermittler des Bundeskriminalamts (BKA) und von INTERPOL und war im Bereich Organisierte Kriminalität (OK) tätig, vor allem bei spektakulären Fällen von Erpressungen und Geiselnahmen im In- und Ausland. Zudem ist er Direktor des Center for Negotiation an der Quadriga Hochschule Berlin, leitet Seminare und Trainings zum Thema strategische Verhandlungsführung und berät Organisationen bei komplexen Verhandlungsprozessen.
Thorsten Hofmann betreibt den vielgelesenen Verhandlung.blog und Negotiation-blog.eu, in dem über die neusten Entwicklungen in der Verhandlungspraxis und -wissenschaft publiziert wird. Hofmann kommentiert regelmäßig für nationale und internationale Medien aktuelle Verhandlungsfälle aus Wirtschaft und Politik, zum Beispiel in Tagesspiegel, Handelsblatt, Deutsche Welle oder SWR.

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Leseprobe

Erstes Kapitel Grundsätzliches zur Verhandlung

»Alle Kriege enden mit Verhandlungen. Warum also nicht gleich verhandeln?«

Jawaharlal Nehru (1889–1964), indischer Ministerpräsident

Zwar werden Sie als Leser dieses Buches hoffentlich niemals mit jemandem verhandeln, der, auf einem Brückenvorsprung stehend, mit Selbstmord droht, oder mit jemandem, der einen anderen Menschen töten will, sollten seine Forderungen nicht erfüllt werden. Gleichwohl gehen Sie täglich mit eigenen Krisensituationen um. Dazu zählen das Entwickeln und Führen von Verkaufsgesprächen, das Aushandeln von Vertragsbedingungen (zum Beispiel beim Hauskauf), das Entwickeln und Durchsetzen von Entscheidungsstrategien bei der Arbeit, die Erteilung von Anweisungen an Mitarbeiter und die Festlegung von Finanz- und Budgetplänen. Manchmal kann auch die Wochenend- oder Urlaubsplanung mit Partnern oder der Familie schon zu belastenden Konfliktsituationen führen. Tagtäglich kommen Menschen in Situationen, in denen sie verhandeln müssen. Allerdings ist ihnen das meistens gar nicht bewusst. Wie oft steht in einem Terminkalender »Besprechung«, »Sitzung«, »Lunchtermin« oder Ähnliches, aber eigentlich verbirgt sich dahinter inhaltlich eine Verhandlung. Wie häufig ruft ein Geschäftspartner, ein Freund, ein Chef, ein Kunde an und Sie merken gar nicht, dass Sie sich unversehens in einer Verhandlungssituation befinden.

Woran lässt sich eine Verhandlungssituation erkennen? Was sind die Parameter? Jedenfalls verhindert ein Bewusstsein dafür, wann man sich in einer Verhandlung befindet, dass man über den Tisch gezogen wird. Es schafft eigene Reaktionsmöglichkeiten. »Die gefährlichste Verhandlung ist diejenige, die Ihnen nicht bewusst ist, obwohl Sie sich mittendrin befinden«, hat Chris Voss, der frühere internationale Verhandlungsleiter (Chief International Hostage and Kidnapping Negotiator) des FBI, einmal gesagt.2

An sich sind diese Rahmenbedingungen ganz einfach zu erkennen: Eine Verhandlung setzt voraus, dass mindestens zwei Parteien an einem Thema unterschiedliche Interessen haben. Beide Seiten – und das sollten Sie sich immer wieder bewusst machen – sind dabei voneinander abhängig. Es liegen deshalb ungefähr gleiche Machtverhältnisse vor. Beide Parteien haben grundsätzlich dasselbe Ziel: nämlich eine Übereinkunft zu erzielen, die in ein Ergebnis mündet. Vor allem müssen sich die Verhandler klarmachen, dass trotz des gemeinsamen Wunsches, ein Ergebnis zu erzielen, immer ein Interessenkonflikt besteht.

Was genau ist ein Konflikt? Der Begriff leitet sich vom lateinischen confligere ab: zusammenstoßen, aufeinanderprallen. Entsprechend ist der Konfliktgegenstand in der Regel ein Interessengegensatz, also das Aufeinanderprallen verschiedener Motive. Nehmen wir das Beispiel Autokauf oder -verkauf. Käufer und Verkäufer haben beide ein Ziel – sie wollen handelseinig werden. Naturgemäß begegnen sich hier jedoch unterschiedliche Interessen. Der Verkäufer möchte zu einem möglichst hohen Preis verkaufen, der Käufer hingegen möchte etwas Gutes haben und dafür möglichst wenig ausgeben. Doch dahinter liegen weitere Motive, die auf den ersten Blick nicht sichtbar sind. Denn hinter diesem eigentlichen Konfliktgegenstand verbergen sich unterschiedliche Bedürfnisse und Wertevorstellungen. Ein leidenschaftlicher Autonarr, der zu seinem Wagen ein beinahe sinnliches Verhältnis hat, wird es im Falle eines Verkaufes sicher wichtig finden, dass der Käufer die liebevoll gepflegte Karosse wertschätzt und nicht nur als Gebrauchsgegenstand betrachtet.

Entscheidend sind auch Persönlichkeitsmerkmale, aus denen sich unterschiedliche Beurteilungen, Gefühle und Ziele ergeben. So führt etwa bei einer Geiselnahme häufig Verlustangst zu Gewalt, vor allem Angst um die eigene Zukunft. Der Geiselnehmer fragt sich, wo er diese verbringen wird. Er hat ein Bedürfnis nach Orientierung, nach Hoffnung, er giert nach einer positiven Erwartung, an der er sich festhalten kann. Oft habe ich in Verhandlungen genau diese Angst gespürt und herausgearbeitet, um sie zu nutzen. Andere Verlustängste sind mir bei Menschen begegnet, die auf den Dächern von Hochhäusern standen und sich das Leben nehmen wollten. Hier war es oft der Verlust von Wertschätzung, der die Situation verschärfte. Ein Bedürfnis nach Sicherheit und Bindung, nach Anerkennung oder Zugehörigkeit – teilweise auch das Bedürfnis nach Verwurzelung, einem Zuhause. Bei manchen Menschen, die in eine solche verzweifelte Situation hineingeraten, kann auch der Strukturverlust ausschlaggebend sein. Sie haben ein starkes Bedürfnis nach Bedeutung, Beteiligung und Wertschätzung, gerade weil sie aus einer bestehenden Struktur herausgenommen wurden, etwa weil sie ihren Job verloren haben oder weil eine Familie auseinandergebrochen ist. Hinzu kommt oft ein Bedeutungsverlust. Die Betroffenen stellen sich die Sinnfrage – und tendieren zu einer negativen Antwort.

Bei Kriminellen kommt häufig die Angst vor Kontrollverlust hinzu. Zum Beispiel, wenn aufgrund falscher Zeitplanungen die Polizei schneller am Tatort eines Banküberfalls erscheint als erwartet. Die Angst, das eigene Schicksal könnte sich wenden, die Furcht vor den Folgen, wenn die Kontrolle über die Situation nicht rechtzeitig wiedererlangt wird, kann ein Auslöser für Gewalt sein. Die Analyse solcher Mechanismen ist notwendig, um die Ursachen und Dynamiken zwischenmenschlicher Konflikte besser zu verstehen. Gerade weil in jeder Verhandlung die zwischenmenschlichen Beziehungen und das gegensätzliche Verhalten handelnder Personen zu Konflikten, Irritationen und Verhärtungen in der Verhandlung führen kann, ist es notwendig zu analysieren, was genau einem Konflikt zugrunde liegt und an welcher Stelle er sich wie entwickeln kann. In meiner Ausbildung hieß es, man müsse »die Tiefenströmung in der Verhandlung erkennen«.

Tauchen in den Untiefen der Verhandlung

In Verhandlungen bei Krisen und Geiselnahmen besteht das Ziel darin, eine Verhaltensveränderung bei einem Menschen herbeizuführen, um eine freiwillige Deeskalation oder Aufgabe zu erreichen. Anders ausgedrückt: Wir wollen einen Menschen dazu bewegen, nicht länger so zu handeln, wie er aktuell handelt, und ihn gleichzeitig motivieren, so zu handeln, wie wir es wollen. Genau dieses doppelte Ziel steht auch bei vielen Verhandlungen im beruflichen und privaten Umfeld im Vordergrund.

Gemeinsam ist den oben geschilderten Extremverhandlungen und Verhandlungen im privaten und beruflichen Bereich (die im Einzelfall durchaus auch »extrem« sein können), dass die Handlungen von Menschen in Krisensituationen von Gefühlen und nicht von rationalem Denken bestimmt werden. Daher versucht ein erfolgreicher Krisenverhandler, die negativen Gefühle, die die Handlungen des Verhandlungspartners bestimmen, zu reduzieren und einen rationaleren Denkprozess zu reaktivieren.

Doch welche Fähigkeiten benötigt er dazu? Was schafft die Möglichkeit, negative Emotionen des Gegenübers zu reduzieren und die Verhandlung zu kontrollieren?

Was in der Verhandlung mit Schwerstkriminellen bei Geiselnahmen und Erpressungen notwendig ist, kann zu großen Teilen auch auf Verhandlungen mit Geschäftspartnern, Freunden, Kunden und Partnern übertragen werden. Denn auch hier geht es darum, Konfliktquellen herauszuarbeiten: die unterschiedlichen Ziele und Interessen, die zu Differenzen führen können – Differenzen über die Wahrnehmung eines Problems oder des eigenen Machtstatus. Solche unterschiedlichen Interessen herausarbeiten zu können, ist eine der Grundvoraussetzungen für erfolgreiche Verhandlungen.

Neben der Fähigkeit, den anderen zu analysieren, ist ein weiteres Geheimnis einer erfolgreichen Konfliktbewältigung die Fähigkeit, Bindungen aufzubauen, sie dauerhaft zu erhalten und immer wieder zu erneuern. Nur dann sind Sie in der Lage, bei Ihrem Verhandlungspartner Sprachfähigkeit zu erzeugen. Ohne Beziehungsfähigkeit gibt es keine zufriedenstellende Konfliktlösung – das müssen Sie verinnerlichen. In der Verhandlungsausbildung von FBI und CIA nennt man das auch taktische Empathie. Gary Noesner, pensionierter Chefverhandlungsführer beim FBI, erklärt das wie folgt:3

»Wir alle müssen gute Zuhörer sein und lernen, den Problemen, Bedürfnissen und Fragen anderer Menschen mit Empathie und Verständnis zu begegnen. Nur dann können wir hoffen, ihr Verhalten in unserem Sinne zu beeinflussen.«

Vorannahmen abzustreifen, neugierig Informationen zu sammeln, kreative Fragetechniken einzusetzen und nach Kooperation zu streben, ohne sein eigenes Ziel aus dem Auge zu lassen – darauf kommt es an. Denn aktiv nach einer Lösung zu suchen, dient auch Ihrem Erfolg. Machen Sie sich klar, dass Sie sich gerade in einem Konflikt befinden, dass dies jedoch nichts Negatives ist.

Unser Bewusstsein dafür, dass wir hart unsere Ziele verfolgen und trotzdem die Beziehung zu unserem Verhandlungspartner stabil halten können, muss geschärft werden. Konflikte entstehen schließlich überall und ständig. Im Privaten wie im Berufsleben, auf nationaler Ebene wie auch im globalen Kontext. Zu beobachten ist dies etwa bei Handelskriegen, beim Wiederaufflammen des Konfliktes zwischen den USA und Russland oder beim Kettenrasseln in Nordkorea. Die gute Nachricht ist, dass jeder lernen kann, Konflikte zu beherrschen und zu lösen. Voraussetzung ist das richtige Maß an Beziehungspflege, Engagement, Kooperation, Bereitschaft, etwas auszuhandeln, und Kontrolle der eigenen Emotionen. Wir müssen uns von manchen Vorstellungen verabschieden, wenn dies einem größeren Nutzen dient.

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