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Das fetale Alkoholsyndrom. Wie können Pflegefamilien mit einem an FASD erkrankten Kind unterstützt werden?

Unter besonderer Berücksichtigung der Ansätze aus der Arbeit mit demenzkranken Menschen

AutorKai Holtkamp
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl108 Seiten
ISBN9783640788712
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 2,3, Fachhochschule Münster, Sprache: Deutsch, Abstract: In dieser Arbeit versuche ich auf das Krankheitsbild des fetalen Alkoholsyndroms aufmerksam zu machen und dadurch dazu beizutragen, die Zahl der betroffenen Kinder in Zukunft zu verringern. Ich befasse mich daher u. a. mit der Pathogenese, der Epidemiologie und dem Alkoholkonsum von Frauen in Deutschland. Außerdem beschreibe ich das klinische Bild des fetalen Alkoholsyndroms, die Auswirkungen auf den Lebenslauf betroffener Menschen und deren Wegbegleiter. Hierbei sollen typische Probleme im Umgang mit den betroffenen Kindern und Jugendlichen beschrieben und konkrete Unterstützungsmöglichkeiten vorgestellt werden. Da es diesbezüglich wenig vorhandene Ansätze gibt, möchte ich Trainingsprogramme aus der Arbeit mit an Demenz erkrankten Menschen analysieren um dann die Übertragung dieser Ansätze auf die Zielgruppe überprüfen.

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Leseprobe

2.2 Die Diagnose


Untersuchung der zerebralen statomotorischen und neurophysiologischen Entwicklung einen wichtigen Bestandteil bei der Diagnosestellung (vgl. Hommer, 2006, S.3). Laut Spohr müssen für die Diagnose des fetalen Alkoholsyndroms folgende Kriterien erfüllt sein:

•Prä- und postnatale Wachstumsretadierung

•Dysfunktion des ZNS (jede neurologische Auffälligkeit, Entwicklungsverzögerung, intellektuelle Schädigung/Störung) •Zwei der folgenden kraniofazialen Auffälligkeiten: ◦ Mikrozephallie ◦ schmale Lidspalten

◦ schmale Oberlippe, wenig modelliertes Philtrum, Abflachung des Mittelgesichts (vgl. Spohr, 1997, S.794).

Da durch die zellschädigende Wirkung des Alkohols alle Organe und Organsysteme mit unterschiedlicher Ausprägung geschädigt werden können, ergibt sich ein sehr variables Erscheinungsbild der Fehlbildungen. Die Zuordnung, der für sich allein uncharakteristischen Merkmale, ist daher häufig auch für einen erfahrenen Arzt schwierig. Besonders da die einzelnen Merkmale auch bei anderen Fehlbildungsmuster und Syndromen vorkommen und es daher viele differentialdiagnostische Möglichkeiten gibt (vgl. Löser, 1995, S.10). Während sich die Diagnose bei Kindern die von dem klinischen Vollbild des fetalen Alkoholsyndroms betroffen sind, noch relativ leicht stellen lässt, da die Merkmale in ihrer Gesamtheit typisch sind, kann eine sichere Diagnose bei leichteren Erscheinungsformen, wie den fetalen Alkoholeffekten nur dann gestellt werden, wenn der Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft gesichert ist. „Die Diagnose gleicht einem Mosaikbild aus vielen Kennzeichen, das sich nur in der Gesamtschau aller Symptome differentialdiagnostisch eingrenzen lässt und noch typisch ist wenn einzelne Kennzeichen fehlen.“ ( Löser, 1999, S.437)

oft mit Schamgefühlen verbunden, daher versuchen sie ihr Verhalten so gut wie möglich vor anderen zu verbergen. „Der Alkoholkranke leugnet oder bagatellisiert seinen Alkoholkonsum.“ (Klein, 2001, S.15) Besonders bei Frauen wird Alkoholismus gesellschaftlich weniger toleriert und daher häufig auch von Familienangehörigen verheimlicht (vgl. Trube- Becker, 1990, S.84). Gerade da sich bei älteren Kindern und Jugendlichen die äußeren Merkmale des fetalen Alkoholsyndroms vermindern, ist der mütterliche Alkoholkonsum während der Schwangerschaft ein bedeutender Faktor um eine sichere Diagnose stellen zu können. Bedenkt man, dass ein großer Teil der Kinder nicht bei den biologischen Eltern aufwächst, so wird deutlich wie wichtig eine frühe Diagnose ist. Denn „Bei frühzeitiger Fremdunterbringung des Kindes lassen sich diese wichtigen Daten oftmals nicht mehr lückenlos rekonstruieren.“ (Hommer, 2006, S.3) Besonders bei leichten Erscheinungsformen ist eine Diagnose daher komplizierter und sollte erst nach gründlicher Untersuchung und anschließender Anamnese gestellt werden. Laut Löser gründet die Diagnose daher nie allein auf körperlichen Merkmalen sondern basiert auf mehreren Säulen:

• die Anamnese der Mutter und des Kindes

• die körperliche Untersuchung

• die Untersuchung des geistigen und intellektuellen Status

• die Untersuchung und Beobachtung des Verhaltens und der sozialen Entwicklung (vgl. Löser, 1995, S.11)

In der neugeborenen Periode wird die Diagnose nur selten gestellt, da die Leitsymptome oftmals als unspezifische Hinweise einer Früh- und Mangelgeburt angesehen werden. Zusätzliche Hinweise, wie zum Beispiel Herzfehler, werden zwar registriert, allerdings aufgrund der geringen Ausprägung des Gesamtbildes nicht als intrauterine Alkoholexposition wahrgenommen. Nur in Ausnahmefällen bietet sich dem Kinderarzt schon in der Neugeborenenvorsorge eine Diagnose an, zum Beispiel wenn die Mutter alkoholisiert ist. In der Säuglings und Kleinkinderzeit, etwa vom 5. Lebensmonat bis zum 3. Lebensjahr, wird die Diagnose am häufigsten gestellt. In dieser Zeit sind die äußeren Merkmale, speziell im Gesicht, typischer ausgeprägt als kurz nach der Geburt.

Im Vorschulalter fallen Kinder mit einer alkoholbedingten Schädigung, deren Diagnose bis dahin noch nicht gestellt wurde, durch Minderwuchs und Konzentrationsschwierigkeiten auf. Hierbei handelt es sich dann zumeist um Kinder mit leichteren Formen der Erkrankung. Spätestens jetzt treten auch die mentalen

Retardierungen und neuropsychatrische Störungen als signifikante Probleme von betroffenen Kindern auf (vgl. Spohr, 1995, S.155).

Das optimale Alter für eine Diagnosestellung von FAS liegt zwischen acht Monaten und zehn Jahren. In der späteren Jugendzeit sind die charakteristischen Gesichtsmerkmale weniger ausgeprägt (vgl. Hommer, 2006, S.4). Wird das Krankheitsbild in der Kindheit übersehen, so ist es eher unwahrscheinlich, dass ein Hausarzt im späteren Jugend- oder Erwachsenenalter in der Lage ist, die richtige

Diagnose zu stellen. In diesem Fall geht es dann häufig um endokrinologische 9 Untersuchungen und die Behandlung von schulischen Verhaltensstörungen, die auf familiäre Verhältnisse oder die Umwelt geschoben werden. Allein durch intensive Nachforschungen im Bezug auf die mütterliche Vorgeschichte können unter diesen Umständen noch Hinweise für eine vorliegende alkoholbedingte Schädigung gefunden werden (vgl. Spohr, 1997, S.796).

Die FAS-Skala nach Majewski

In dieser FAS-Skala wird das Krankheitsbild des fetalen Alkoholsyndroms in 3 Schweregrade unterteilt. Dabei ist das Ausmaß der zerebralen Schädigung und der kraniofazialen Dysmorphie ausschlaggebend für die Einteilung in die Schädigungsgrade I - III, die gleichbedeutend für schwach, mittel und stark betroffen stehen (vgl. Majewski, 1980, S.35). Die Einteilung beruht auf 28 für die Alkoholschädigung typischen, klinischen Symptomen, denen Punkte zugeordnet werden. Die Gesamte Anzahl der Punkwerte ergibt den Schweregrad der Schädigung (vgl. Feldmann, 2007, S.855).

Schädigungsgrad III:

Schwerstbetroffene Personen mit fast allen Symptomen. Die Kinder sind neurologisch sehr auffällig, die geistige und statomotorische Entwicklung ist immer deutlich verzögert. Die kraniofazialen Fehlbildungen sind in jedem Fall charakteristisch. Schweregrad II:

Mittelschwerbetroffene Personen mit weniger auffallenden Symptomen. Die Kinder haben weniger deutliche kraniofaziale Dysmorphien, außer Hyperexzitabilität 10 und Muskelhypotonie 11 bestehen kaum neurologische Auffälligkeiten. Auch die statomotorische und geistige Entwicklung ist oftmals nur mäßig ausgeprägt. Schweregrad I:

Fälle in denen die Personen nur wenige Symptome aufweisen. Außer Minderwuchs, Untergewicht und Mikrozephalie treten nur selten weitere Merkmale auf. Die unterdurchschnittliche Größenentwicklung innerhalb der Gebärmutter ist oft weniger deutlich ausgeprägt als das Minderwachstum nach der Geburt und das Untergewicht. Die statomotorische Entwicklungsverzögerung ist ebenfalls oft nur gering ausgeprägt. Die geistige Entwicklung verläuft bei fast der hälfte der betroffenen Menschen normal (vgl. Majewski, 1980, S.35).

Abb. 9: Einteilung in die Schädigungsgrade I-III nach Symptomen.

Symptom Punktbewertung




(Quelle: Majewski, 1980, S.143)

Der 4-Digit-Diagnostic-Code

Hierbei handelt es sich um ein System zur Diagnosestellung, dass dem der FAS-Skala ähnlich ist. Es wurde in jüngerer Zeit an der University of Washington, in den USA, entwickelt. Die Untersuchung nach dem 4-Digit-Diagnostic-Code stützt sich auf die vier wesentlichen folgenden Bereiche des fetalen Alkoholsyndroms:

• Wachstumsstörungen

• ZNS-Anomalien

• kraniofaziale Dysmorphie

• vorgeburtliche Alkoholexposition (vgl. Feldmann, 2007, S.856)

Die einzelnen vorhandenen Merkmale des Patienten werden anhand einer vierstufigen Likert-Skala bewertet. Daraus ergibt sich ein Zahlenwert der ausschlaggebend für die anschließende Diagnosestellung ist. Die Beurteilung dieser Merkmale wird nach den folgenden Kriterien festgelegt:

• Unwahrscheinlich/nicht vorhanden = 1Punkt

• Möglich/ unbekannt = 2 Punkte

• Wahrscheinlich = 3 Punkte

• Definitiv = 4 Punkte

Der Wert 4/4/4/4 entspricht dabei beispielsweise dem klinischen Vollbild des fetalen Alkoholsyndroms, die fetalen Alkoholeffekte haben demnach einen geringeren Wert zum Beispiel 3/3/4/3 (vgl. Spohr, 2008, S.695). Laut Feldmann ergeben sich daraus 256 mögliche Merkmalsausprägungen, die häufig nicht zu einer eindeutigen Diagnose führen können. Es bilden sich daraus vielmehr 3 Kategorien:

• FAS mit gesicherter Alkoholexposition (FAS 1)

• FAS ohne gesicherte Alkoholexposition (FAS 2)

• Partielles FAS oder FAE mit gesicherter Alkoholexposition (FAE 1)

Ist eine Alkoholexposition belegt, so kann auch bei schwächeren Erscheinungsbildern eine Diagnose gestellt werden. Insofern die...

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