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Das Glücksverständnis in ausgewählten Werken von Almudena Grandes und Lucía Etxebarría

AutorSabine Husmann
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl80 Seiten
ISBN9783640998074
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Romanistik - Spanische Sprache, Literatur, Landeskunde, Note: 2,3, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Staatsexamensarbeit mit dem Thema 'Das Glücksverständnis in ausgewählten Werken von Almudena Grandes und Lucía Etxebarría' wurde im Rahmen des Lehramtsstudiengangs für Gymnasien im Fach Spanische Literaturwissenschaft verfasst. Über das Glück wurde im Laufe der Geschichte bereits viel philosophiert und geschrieben. In dieser Arbeit wird beleuchtet, inwiefern sich philosophische Theorien auch heute noch auf das Glücksverständnis anwenden lassen, ob sie in der Gegenwart weiterhin Relevanz für den Einzelnen besitzen oder sogar Hinweise geben können, wie man sein Glück erreichen kann. Im ersten Teil der Arbeit wird der Glücksbegriff sprachlich erörtert, (...) Danach werden die Glückstheorien verschiedener Philosophen vorgestellt. Hierbei liegt der Schwerpunkt bei Aristoteles, der sein Glücksverständnis ausführlich in der Nikomachischen Ethik dargelegt hat. Da sich seine Betrachtungsweise auf das diesseitige Leben beschränkt, wird im Anschluss Thomas von Aquin behandelt, dessen Anschauung die Erreichbarkeit vollkommenen Glücks in das jenseitige Leben verlagert. Dann folgt die Vorstellung des utilitaristischen Glücksbegriffs, bei dem sich das Individuum immer als einen Teil der Gesellschaft sieht und stets zu deren größtem Nutzen zu handeln versucht. Zuletzt wird die Theorie Immanuel Kants untersucht, nach dessen Auffassung man durch moralisches Handeln Glückswürdigkeit, nicht aber zwangsweise Glück erreichen kann. Im zweiten Teil der Arbeit wird anhand von jeweils zwei Werken der zeitgenössischen spanischen Autorinnen Almudena Grandes und Lucía Etxebarría erörtert, inwiefern die vorgestellten Theorien auch heute noch Aktualität besitzen. Die Wahl ist auf die genannten Autorinnen gefallen, da sie in den untersuchten Werken - Atlas de geografía humana und Modelos de mujer von Grandes sowie Amor, curiosidad, prozac y dudas und Nosotras que no somos como las demás von Etxebarría - von unterschiedlichen Frauen erzählen, die versuchen ihr Glück auf verschiedene Weise zu erlangen. (...)

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Leseprobe

IV. Almudena Grandes: Atlas de geografía humana[117]

 

Nach der sprachlichen Erklärung und den philosphischen Theorien folgt nun die Untersuchung des ersten Romans. In den Unterkapiteln, die jeweils einer weiblichen Hauptperson gewidmet sind, wird deren persönliche Vorstellung von Glück vorgestellt und ihre Lebensführung wird in Hinblick auf die Voraussetzungen für Glück, die laut den Philosophen notwendig sind, analysiert.

 

Der Titel Atlas de geografía humana lässt an ein vollständiges Sammelwerk denken, in dem allumfassend die geografía humana aufgezeigt und erklärt wird. Man erhofft sich die Beantwortung von Fragen rund um den Menschen und somit eine Erweiterung des Wissens. Der Leser rechnet mit einer „Weltkarte“ des Menschen, auf der die Verschiedenheit und Einzigartigkeit der Individuen dargestellt wird. Diese Erwartung wird erfüllt, wenn man das zu betrachtende Spektrum auf Frauen beschränkt, die Mitte Dreißig sind, in Madrid leben und zum Mittelstand gehören.

 

Die vier Hauptpersonen – Rosa, Marisa, Fran und Ana – erzählen in Ich-Form in jeweils vier eigenen Kapiteln die Geschichte. Im letzten Kapitel wechselt immer wieder die Erzählerfigur. Diese besondere Struktur führt dazu, dass manche Situationen aus verschiedenen Perspektiven erzählt werden oder dass in einer Situation die Perspektive schlagartig wechselt, wobei die Handlung aber kontinuierlich fortschreitet.

 

Die Geschichte des Romans beginnt im Oktober 1992, wird chronologisch, aber mit Rückblenden erzählt und endet nach zweieinhalb Jahren. Hauptsächlich ereignet sich das Geschehen in Madrid, wobei einzelne Episoden an anderen Orten stattfinden.

 

In einem Verlag arbeiten die vier Frauen an einem Geografieatlas, der in Einzelheften erscheinen soll. Obwohl sie alle zwischen dreißig und vierzig Jahre alt sind, unterscheiden sie sich vom Charakter und von der Lebensführung her sehr. Fran ist die Verlagschefin (gemeinsam mit ihren zwei Brüdern), Marisa ist im Bereich der Informationstechnologie fest beim Verlag angestellt und Rosa sowie Ana arbeiten als freie Mitarbeiterinnen an dem Atlas-Projekt mit. Während der zweieinhalb Jahre, die sie mit diesem Projekt beschäftigt sind, erleben sie viel und verändern sich: Fran geht zu einer Psychoanalytikerin, um ihrer Unzufriedenheit auf den Grund zu gehen und wird letztendlich schwanger; Rosa verliebt sich leidenschaftlich, aber unglücklich in den Fotografen Nacho Huertas und verlässt am Ende ihren Ehemann; Ana muss sich der Konfrontation mit ihrem Exmann Félix stellen und lernt ihre große Liebe Javier Álvarez kennen; Marisa führt ein heimliches Doppelleben als Alejandra Escobar, beendet dieses aber wegen des Verlagsfotografen Foro und begräbt ihre Vorstellungen von einer vollkommenen Beziehung zugunsten der Beziehung mit Foro. Abschließend verkündet Fran, dass es ein neues Projekt, einen Musikatlas, für viereinhalb Jahre geben wird, an dem sie mit den anderen zusammenarbeiten möchte.

 

Die Rahmenhandlung ist die Arbeit am Atlas, aber eigentlich geht es um die Entwicklung der vier Hauptcharaktere.

 

 

IV.1 Rosa

 

Rosa ist vierunddreißig Jahre alt und die Koordinatorin des Atlasses. Sie verdient sich mit dolmetschen und übersetzen etwas dazu, obwohl sie das zum Teil sehr langweilt. Sie hatte recht erfolgreich ein Studium begonnen, doch schon im fünften Semester war klar, dass sie ihr Studium nicht zu Ende bringen würde.

 

Salía mucho de noche, tomaba muchas copas, ligaba con muchos chicos y tenía centenares de proyectos, iba a vivir en el extranjero, iba a estudiar arte dramáti-co, iba a aprender a tocar el piano, iba a viajar a países exóticos, pero, de mo-mento, me conformaba con ser la cantante de un grupo de nuevo pop español que no conseguía colocar una maqueta ni en la emisora más casposa de Alco-bendas. (16)

 

Zu dieser Zeit lernte sie Ignacio, den großen Bruder des Bassisten ihrer Band, kennen. Sie verliebten sich ineinander und heirateten schließlich. Dass sie ihr Studium nicht beendet hatte und auf all ihre anderen Pläne verzichten musste, machte sie zu diesem Zeitpunkt aber nicht unglücklich, da ihr das Eheleben an sich sehr gut gefiel. Zudem war sie davon überzeugt, dass das Leben noch viel für sie bereithalte und sie gerade einmal mit dem Öffnen der Verpackung von „Mi Vida, una enorme caja de cartón envuelta en papel rojo, brillante, asegurado por docenas de cintas de colores que explotaban en sofisticados lazos y serpentinas“ (15) begonnen habe. Liest man die Beschreibung ihres aktuellen Lebens, so hat man den Eindruck eine zufriedene Frau vor sich zu haben.

 

Sonrío muy a menudo, como con apetito, disfruto de las copas y de la conver-sación, nunca he tenido una depresión, me gusta hablar por teléfono y tengo un orgasmo cada vez que me lo propongo, y eso significa la abrumadora mayoría de las veces. En genereal, no me molesta trabajar y ocuparme al mismo tiempo de los niños. (25)

 

Doch ihr selbst fällt auf, dass sie sich nicht dementsprechend verhält und sie fragt sich, „por qué me estaba convirtiendo, día a día, en una persona odiosa“ (16) und warum sie „un concepto tan pobre de mí misma“ (17) hat. Sie fühlt sich nicht wohl in ihrer Haut, kann aber den Grund dafür nicht finden bzw. will ihn sich nicht eingestehen (siehe weiter unten) und somit auch nicht dagegen vorgehen. Im letzten Drittel des Romans äußert Rosa die Vermutung, dass sie vielleicht sogar glücklich ist, dies aber nicht mehr spürt. Sie vergleicht das Glücklichsein mit der Wirkung von Drogen, was bei Gewöhnung dazu führt, dass der gewünschte Effekt ausbleibt, man gleichzeitig aber schon nicht mehr auf seine gewohnte Dosis verzichten kann. Sie geht sogar noch weiter und sagt, dass durch den permanenten Konsum der freie Wille für immer zerstört werde.

 

Als sie schon über dreißig war, hat sie über ihr Leben nachgedacht und kam zu dem Schluss, dass sie ihrer Meinung nach zwar nur wenig Positives angesammelt habe, dafür aber sehr viel Liebe empfinde.

 

Desde entonces, lo único que me compensa por las pocas cosas que hay dentro es la certeza del amor que siento por esas pocas cosas, una docena de luces de colores –dos niños, un par de libros que me pertenecieron un poco mientras los traducía, ciertos amigos, ciertas amigas, la memoria de un amante que se con-virtió en marido, el pequeño talento que hizo de mí una cocinera autodidacta, la asombrosa emoción que experimento todavía al hablar tres idiomas que no son el mío, algunos sabores, algunos olores, algunas noches memorables, algunas risas que aún no se han apagado del todo– que apenas lucen entre cuatro pare-des de cartón repletas de la nada negra y compacta de mi insatisfacción. (24f.)

 

Daran lässt sich schon erkennen, dass ihre Ansprüche an ein glückliches Leben sehr hoch sind, denn objektiv betrachtet geht es ihr gut.

 

Mit ihrer Zukunft beschäftigt sich Rosa nicht gern. Sie spricht von „todas esas preguntas intolerablemente cursis acerca del futuro, el destino al que se encamina mi vida y todo lo demás“ (25) und gibt sich einmal sogar der Vorstellung hin, gar keine Zukunft mehr zu haben.

 

Porque ya no habría futuro para mí, [...] ninguna meta que alcanzar en horas sucesivas, nada que esperar... Tardé un buen rato en sacudirme aquella confor-table borrachera seca. (23)

 

Das klingt so als wolle sie sich von ihren Verpflichtungen und aller Verantwortung lossagen. Vielleicht ist es ihr – entgegen ihrer eigenen Aussage – doch zu viel, neben der Arbeit noch für den Haushalt und die Kinder zu sorgen. Oder sie hat Angst davor, dass ihr Leben wie bisher weiter verläuft und sie sich dabei langweilt. Es wäre aber auch möglich, dass sie befürchtet in ihren Erwartungen enttäuscht zu werden und deshalb lieber gar nichts erwarten möchte. Am wahrscheinlichsten ist, dass sie der Routine ihres Lebens entfliehen möchte, denn über die Geschichte mit dem Fotografen Nacho Huertas, mit dem sie eine kurze Affäre in der Schweiz hatte, sagt sie:

 

Pero no tenía fuerzas para renunciar a mis propias fantasías, parecía tan fácil, enamorar otra vez, enamorarse otra vez y tirar de la manta, acabar con la vida gris, con el despilfarro de los años, con la nostalgia de tantas cosas que no he poseído jamás. (80)

 

Immer wieder betont sie „Yo sólo quiero flotar“ (80) und der Anflug einer neuen Liebe ließ sie auch den Boden unter den Füßen verlieren. Sie hatte eine so unstillbare Sehnsucht nach der großen Liebe („Te quiero más que a mi vida, dice la canción, y a mí me cuesta tanto pensar que voy a morirme sin habérselo dicho jamás a nadie.“ (78f.)), dass sie alles daran gesetzt hat, aus der kurzen Affäre mehr zu machen. Jedes seiner Worte legte sie auf die Goldwaage und interpretierte es so, wie sie es verstehen wollte. Sie rief ihn immer wieder an, obwohl nur der Anrufbeantworter ihre Äußerungen entgegennahm und Nacho nicht zurückrief. In den Augen ihrer Freundinnen hatte sie ein gutes Leben und hat sich in die Angelegenheit mit Nacho Huertas nur übermäßig hineingesteigert. Ana würde ihr gerne sagen, dass sich Rosa durch ihre Illusionen das Leben nur unnötig schwer macht, dass sie nach einem Jahr Funkstille akzeptieren sollte, dass die Affäre zu Ende...

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