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Das Handlungsverständnis Sozialer Arbeit in Anstalten für psychisch kranke Straftäter im Kontext des österreichischen Maßnahmenvollzugs

AutorCarina Bittner
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl52 Seiten
ISBN9783958206403
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Der 1975 implementierte österreichische Maßnahmenvollzug behandelt Straftäter, die aufgrund einer psychischen Erkrankung eine Straftat begehen bzw. als psychisch krank diagnostiziert werden. Diese werden größtenteils in der forensischen Psychiatrie - in eigens dafür errichteten Justizanstalten - behandelt. Hauptaugenmerk der vorliegenden Arbeit liegt in der Aufklärung über das Handlungsverständnis Sozialer Arbeit sowie ihre Möglichkeiten und Grenzen bei der Arbeit mit psychisch kranken Straftätern. Dazu werden das System des österreichischen Maßnahmenvollzugs, dessen Entwicklung und Entstehung, die rechtlichen Grundlagen und Rahmenbedingungen sowie beteiligte Institutionen, Professionen und die Zielgruppe aufgezeigt. Ein weiterer Fokus liegt auf der Betrachtung des Instrumentariums der Psychiatrie, da diese die Einweisungspraxis des Maßnahmenvollzugs entscheidend prägt. Um das Handlungsverständnis Sozialer Arbeit zu fundieren, werden ergänzend die Theorien abweichenden Verhaltens und das Konzept der Lebensbewältigung beleuchtet.

Carina Bittner, B.A., wurde 1990 in Lilienfeld in Niederösterreich geboren. Ihr Studium der Sozialen Arbeit an der Fachhochschule Kärnten schloss sie im Juli 2014 mit dem akademischen Grad Bachelor of Arts in Social Sciences erfolgreich ab. Bereits währe

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3.4, Beteiligte Institutionen und Professionen: 3.4.1, Übersicht primäre und sekundäre Institutionen im Kontext des österreichischen Maßnahmenvollzugs: Die primären Institutionen sind gekennzeichnet von einer Kombination aus Strafvollzug und Psychiatrie, d.h. dass die Klienten ihre Haftstrafe absitzen müssen, und gleichzeitig wegen ihrer psychischen Erkrankung behandelt werden. Nach der bedingten Entlassung, oder bei der Unterbrechung der Unterbringung werden die psychisch kranken Straftäter großteils in forensischen Nachbetreuungseinrichtungen (sekundäre Institutionen) untergebracht oder nachbetreut. Während des Aufenthalts müssen sie oftmals Bewährungshilfe in Anspruch nehmen oder es wird ihnen ein Sachwalter zur Seite gestellt. Nachfolgend werden zwei primäre und eine sekundäre Institutionen kurz vorgestellt: 3.4.1.1, Justizanstalt Wien Göllersdorf: Die Justizanstalt Wien Göllersdorf ist die zentrale Institution zur Behandlung zurechnungsunfähiger Straftäter und verfügt über eine Bettenkapazität von 136 in den Wohnstationen sowie 17 Akutbetten. Seit 1990 reichen die Plätze nicht mehr aus, weshalb nur mehr als ein Drittel dort behandelt werden kann. Die restlichen Insassen befinden sich in forensischen Abteilungen der psychiatrischen Krankenhäuser in den einzelnen Bundesländern sowie anderen justizeigenen Einrichtungen (Stompe 2013: 32). 3.4.1.2, Forensisches Nachbetreuungszentrum Asten: Im forensischen Nachbetreuungszentrum in Asten werden Klienten aufgenommen, bei welchen ein fortgeschrittener Abbau der Gefährlichkeit vorliegt. Die Betreuung durch ein multiprofessionelles Team (Ärzte/innen, Pfleger/innen, Psychologen/innen, Sozialarbeiter/innen, Sonder- und Heilpädagogen/innen, Ergotherapeuten/innen, Physiotherapeuten/inne, Justizwachebeamten/innen) soll den Klienten helfen, ihre Selbstständigkeit in Bezug auf lebenspraktische Kompetenzen wieder zu erlangen, um eine bedingte Entlassung durch das zuständige Gericht zu erreichen (Bundesministerium für Justiz 2013b: 62). 3.4.1.3, Justizanstalt Wien Mittersteig: Die Sonderanstalt Wien Mittersteig fungiert seit 1975 als primäre Institution für die Unterbringung zurechnungsfähiger psychisch kranker Straftäter und richtet den Fokus der Betreuung und Behandlung nach dem Risikolevel der Klienten (Bundesministerium für Justiz 2013b: 73). Die Justizanstalt Wien Floridsdorf ist die Außenstelle von Mittersteig, welche auch Alkohol- und Drogenabhängige entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher behandelt. 3.4.2, Behandlungsschwerpunkte und Professionsübersicht: 3.4.2.1, Schwerpunkte in der Behandlung psychisch kranker Straftäter: In der Anfangsphase nach der Aufnahme befinden sich die Klienten 6 Wochen in der Begutachtungsabteilung, wo ein Therapievorschlag entworfen wird. Hier werden alle Unterlagen besprochen, es wird eine Delikt- und Störungshypothese formuliert und im Anschluss daran wird eine Kriminalitätsprognose erstellt. Danach wird ein Behandlungs- und Klassifizierungsvorschlag angefertigt, darunter versteht man ein mehrseitiges internes Gutachten. Die Erklärung dieser Delikt- und Störungshypothese dient als Ausgangspunkt der Behandlung und als Aufklärung, um welche 'Störung' es sich handelt (Eckhart 2014: Gesprächsnotiz vom 19.02.). Im Vordergrund der Behandlung psychisch kranker Straftäter stehen spezifische psychotherapeutische Konzepte, wie tiefenpsychologische, gesprächs- und verhaltenstherapeutische Ansätze. Anzumerken ist in diesem Kontext, dass Medikamente in der Behandlung jedoch einen hohen Stellenwert einnehmen. Ergänzend werden ergotherapeutische Angebote mit kunst- und kreativtherapeutischen Ansätzen verknüpft. Die Angebotsvielfalt wird mit sport- und bewegungstherapeutischen Konzepten, wohn- und gruppendynamischen Prozessen sowie sozialtherapeutischen Verfahren vervollständigt (Dörner et al 2010: 349). In der Arbeit und im Umgang mit diesem 'schwierigen' Klientel steht die Behandlung der wesentlichsten Risikofaktoren, wie Alkohol- und Drogenproblematik sowie Non-Compliance, im Vordergrund. Klare Strukturen und Zielvereinbarungen sind erforderlich (Schanda 2005: 16). 3.4.2.2, Zusammensetzung des multiprofessionellen Teams: Die in der forensischen Psychiatrie Tätigen müssen immer wieder neu bestimmen, in welchem Namen sie handeln. Einerseits arbeiten sie für die Gesellschaft, da sie die Arbeits- sowie Sozialfähigkeit der Klienten wiederherstellen sollen, andererseits arbeiten sie für das Individuum. Eigene Erwartungen und Normen sowie die persönliche Auseinandersetzung damit, was er oder sie als normal oder sinnvoll hält, sind essentiell für einen handlungsfähigen Standpunkt seitens der Mitarbeiter/innen. Das Team muss oft eine Menge übertragene Spannungen, hauptsächlich von den Klienten, aushalten. 'Ein Team ist keine Kuschelgruppe' und kann nicht immer nur nett sein. Oft müssen sie in diesem Zwangskontext auch Macht ausüben. Sie sind der Wirkfaktor im psychiatrischen Alltag, ein 'Teil des Sozialen' (Dörner et al 2010: 40). Zum Personal zählen unter anderem: Sicherheitspersonal (Wachbeamte), Ärzte (Allgemeinmediziner, Psychiater), Pfleger/innen, Ergotherapeuten/innen, Psychologen/innen sowie Sozialarbeiter/innen. 4, Klientel des österreichischen Maßnahmenvollzugs: Die Klienten sind psychiatrienah, da sie meist zuvor schon in der Allgemeinpsychiatrie untergebracht waren. Zurechnungsunfähige psychisch kranke Straftäter (§ 21. Abs. 1 StGB) leiden eher an etwas Akutem, einer Schizophrenie im engeren Sinn. Psychosen können jedoch gut mit Medikamenten behandelt werden. Zurechnungsfähige Straftäter (§ 21 Abs. 2 StGB) leiden an überwiegend narzisstischen und antisozialen Persönlichkeitsstörungen. Sie erkennen keine Behandlungsbedürftigkeit, es gibt kaum Medikamente, um die psychische Erkrankung zu behandeln (Eckhart 2014: Gesprächsnotiz vom 19.02.). Etwa ein Drittel bis die Hälfte aller Patienten haben bereits vor Ausbruch der Erkrankung Gewalt erfahren beziehungsweise kennenglernt, der Rest kommt aus stabilen sozialen Verhältnissen und bei dieser Personengruppe wird eher aufgrund der psychotischen Symptomatik ein Delikt gesetzt. (Stompe 2013: 38-40). Unter psychotischer Symptomatik sind Halluzinationen, Wahn, wahnhafte Personenverkennungen sowie Beeinflussungserlebnisse zu verstehen. Der Betroffene fühlt sich in seiner Umwelt bedroht. (Stompe 2013: 47) Daraus kann resultieren, dass der Täter in der Psychose davon überzeugt ist, von einer äußeren Instanz beherrscht zu werden was wiederum zum vollkommenen Verlust der Kontrolle über eigene Handlungen führen kann (Stompe 2013: 51). Die Klienten wachsen häufiger in zerbrochenen Familienverhältnissen auf, und institutionelle Unterstützungssysteme können den Verlust der haltgebenden Kernfamilie oft nicht ausreichend kompensieren. Heimaufenthalte sowie die Übernahme der Verhaltensmuster von straffälligen Familienmitgliedern stellen auch eine Prädisposition dar. Substanzmissbrauch, vor allem Alkohol, stellen einen weiteren negativen Faktor dar (Stompe/Schanda 2010: 32). Das Erleben, Denken und Verhalten der forensisch-psychiatrischen Klienten ist oft nur begrenzt versteh- und einfühlbar. Durch Zwänge, Ängste, Wahnideen, Aggressionen, Antriebslosigkeit, selbstzerstörerische Sucht usw. haben sich die Klienten oft aus dem Bereich gesellschaftlicher Normalität entfernt (Kardorff 2005: 1434). Laut Stompe (2013: 175) wird nur ein geringer Anteil der entlassenen Gefängnisinsassen erneut rückfällig, deshalb ist die Behandlung im Maßnahmenvollzug als Erfolgsmodell zu betrachten. Trotzdem sollte folgendes nicht außer Acht gelassen werden: 'Wenn bereits im Vorfeld der Tat ähnlich viel Energie in die Behandlung von zugegebenermaßen sehr schwierigen Hochrisikopatienten gesteckt worden wäre, hätte wohl einiges Leid, vor allem auf Seiten der Opfer, aber auch auf Seiten der Täter, vermieden werden können' (Stompe 2013: 175). In vielen Fällen kommt es oft vor, dass Klienten viele Jahre über die Strafe hinaus, in der forensischen Psychiatrie angehalten werden, da ihre 'Gefährlichkeit' noch nicht ausreichend abgebaut wurde. Darauf bezugnehmend wird die Aussage einer nahestehenden Person eines Inhaftierten angeführt: 'Menschlich sehe ich es fast schon an Folter grenzend, dass man Menschen nach Ende ihrer Strafe ohne Perspektiven theoretisch bis an ihr Lebensende festhalten kann' (S. /Drechsler 2013: 17).
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