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Hashimoto und das Heilpotenzial der Ernährung
2009, nach meiner eigenen Hashimoto-Diagnose, wollte ich herausfinden, wie ich trotz Hashimoto so gesund wie irgend möglich sein konnte. Ich wollte wissen, ob ich irgendetwas tun könnte, um meine Symptome zu beeinflussen und die Krankheit in Remission zu bringen oder zumindest ihr Fortschreiten zu verhindern. So machte ich mich daran, der Ursache meiner Krankheit nachzuspüren – daraus wurde eine spannende Reise, die mich aus meiner Komfortzone holte (als schulmedizinisch ausgebildete Pharmazeutin war ich misstrauisch gegenüber allem Natürlichen) und mir den Weg zu robuster Gesundheit wies!
Während dieser Reise ist es mir gelungen, alle meine Symptome loszuwerden und die Krankheit in Remission zu bringen. Hierbei half mir eine Vielzahl von Maßnahmen; die meisten davon habe ich in meinen Büchern Hashimoto im Griff und Das Hashimoto-Programm beschrieben und diskutiert. Die wichtigsten dieser Maßnahmen waren diejenigen, die sich um Nahrungsmittel und Ernährung drehten, und obwohl es bei der Diagnose Hashimoto viele einzelne Komponenten zu berücksichtigen gilt, können wir doch immer damit anfangen, durch unser Essen gesünder zu werden!
Durch meine fortgesetzte Arbeit mit Tausenden von Hashimoto-Patienten, entweder im persönlichen Kontakt oder mithilfe meiner Programme (und auch durch das Feedback zu den in meinen ersten beiden Büchern beschriebenen Maßnahmen und zu meinem Blog), habe ich herausgefunden, dass die Ernährung immer eine unerlässliche Voraussetzung für ein verbessertes Wohlbefinden ist. In diesem Ratgeber verrate ich Ihnen, wie Sie das Essen als grundlegenden Baustein für den Heilungsprozess einsetzen. Doch bevor wir in die Ernährungsdetails einsteigen (und Spaß beim Kochen haben), möchte ich Ihnen einen Überblick über das Krankheitsbild Hashimoto-Thyreoiditis geben und erklären, warum die Ernährung einen so tiefgreifenden Einfluss auf diese Erkrankung hat.
WAS HAT ES MIT DER SCHILDDRÜSE AUF SICH?
Wenn Sie dieses Buch zur Hand nehmen, wissen Sie wahrscheinlich schon, was die Schilddrüse ist. Damit es aber keine Zweifel gibt, worüber wir reden: Die Schilddrüse ist ein schmetterlingsförmiges Organ, das sich im Hals unterhalb des Adamsapfels befindet. Sie produziert die Schilddrüsenhormone, die die Funktion nahezu aller Organsysteme in unserem Körper beeinflussen. Diese Hormone helfen auch bei der Verstoffwechselung der Nahrung, die wir zu uns nehmen, bei der Verwertung der Vitamine und beim Umwandeln unseres Essens in Energie. Des Weiteren sind die Schilddrüsenhormone entscheidend für die Produktion anderer Hormone sowie für Wachstum und Entwicklung unseres Nervensystems. Mitunter wird die Schilddrüse als »Thermostat« des Körpers bezeichnet, da sie unsere Körpertemperatur regelt. Indirekt beeinflusst die Schilddrüsenfunktion jede körpereigene Reaktion, da die Temperatur, unter der diese Reaktionen korrekt ablaufen, genau stimmen muss.
HASHIMOTO VERSTEHEN
Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Autoimmunerkrankung, was bedeutet, dass das Immunsystem körpereigene Zellen angreift. Bei Hashimoto sind die attackierten Zellen in der Schilddrüse lokalisiert, bei anderen Autoimmunerkrankungen befinden sich diese Zellen in unterschiedlichen Teilen des Körpers. Wenn das Immunsystem die Schilddrüse so angreift, als würde es sich um ein Bakterium, ein Virus, einen Krankheitserreger oder einen anderen schädlichen Eindringling handeln, fügt es der Schilddrüse Schaden zu. Daraus resultiert höchstwahrscheinlich eine reduzierte Produktion an Schilddrüsenhormonen – die Menge reicht nicht mehr aus, um den gesamten Körper zu versorgen. Dieses Krankheitsbild bezeichnet man als Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose).
In den Industrieländern gehen die meisten Fälle einer Schilddrüsenunterfunktion auf Hashimoto zurück. Hierzu zählen unter anderem die USA, Kanada, Europa und andere Länder, die ihr Salz mit Jod anreichern (in Entwicklungsländern, die auf diese Anreicherung verzichten, gilt Jodmangel als primäre Ursache der Schilddrüsenunterfunktion). Leider werden bislang nur sehr wenige von denjenigen, bei denen man eine Schilddrüsenunterfunktion diagnostiziert hat, überhaupt auf Hashimoto getestet oder zumindest darüber informiert, dass sie an einer Autoimmunerkrankung leiden könnten. Stattdessen rät man ihnen in der Regel zur Einnahme synthetischer Schilddrüsenhormone, um sie aus der Unterfunktion herauszuholen. Diese Maßnahme, obgleich notwendig und hilfreich, hat jedoch keine positiven Auswirkungen auf die zugrunde liegende Zerstörung der Schilddrüse. Da die Ursache unglücklicherweise nicht beseitigt wird, kann das Immunsystem ungehindert damit fortfahren, die Schilddrüse zu attackieren.
In vielen Fällen resultiert dieses Versäumnis aus dem Modell der Schulmedizin, das Ärzte dazu anhält, den Großteil der Schilddrüsenerkrankungen – ganz gleich, was die Ursache ist – mit synthetischen Schilddrüsenpräparaten zu behandeln. Ist dieser Weg einmal eingeschlagen, besteht der charakteristische Behandlungsablauf darin, den Spiegel der Schilddrüsenhormone regelmäßig zu überprüfen, die Medikation bei Bedarf anzupassen und auf weitere Autoimmunkrankheiten zu testen.
Problematisch bei diesem Behandlungsansatz ist jedoch, dass die pharmakologische Wiederherstellung normaler Thyreotropin-Spiegel (Thyreotropin wird auch als Thyreoidea-stimulierendes Hormon, TSH, bezeichnet) nicht in allen Fällen dazu führt, dass die Symptome verschwinden. Anders ausgedrückt: Die Verbesserung der gemessenen Werte führt nicht automatisch dazu, dass sich die Betroffenen auch besser fühlen. Einige Patienten haben mir anvertraut, dass dies für sie das Schlimmste war: Ihr Arzt zog am Ende die Schlussfolgerung, dass sich ihre Symptome lediglich im Kopf abspielten, da die Ergebnisse der Blutuntersuchung im Normbereich lagen. Bei diesem Szenario gibt es keine Gewinner. Der Patient wird zunehmend frustrierter und der Arzt, sogar ein wohlmeinender, erscheint immer herablassender. Und immer noch kommt höchstwahrscheinlich keine Diskussion über Hashimoto auf.
Wenn Sie unter einer autoimmunen Schilddrüsenerkrankung leiden, gibt es noch einen anderen Faktor, der zur Verwirrung beitragen kann: der Wechsel oder sogar das gleichzeitige Auftreten von Symptomen der Schilddrüsenunter- und Schilddrüsenüberfunktion. Da das Immunsystem die Zellen der Schilddrüse schädigt und zerstört, werden Schilddrüsenhormone, die normalerweise in diesen Zellen gespeichert sind, freigesetzt, was zu einem zu hohen Spiegel an Schilddrüsenhormonen führen kann. Hieraus resultiert eine vorübergehende oder zeitweilige Schilddrüsenüberfunktion, die Symptome wie Gewichtsverlust, Angst und Reizbarkeit hervorrufen kann. Im Anschluss daran (wenn die überschüssigen Schilddrüsenhormone den Körper verlassen haben) tut sich die geschädigte Schilddrüse schwer damit, eine ausreichende Menge an Schilddrüsenhormonen herzustellen – und die Symptome der Unterfunktion stellen sich ein. Hierzu gehören Erschöpfung, Kälteunverträglichkeit und Gelenkbeschwerden (weitere Symptome finden Sie im farbigen Kasten auf Seite 18).
Ergänzend zur klinischen Diskussion der Symptome gibt es noch einen weiteren Aspekt von Hashimoto, der zu wenig Aufmerksamkeit erfährt: wie es sich wirklich anfühlt, mit dieser Krankheit zu leben – welche Gedanken und Gefühle das Leben dominieren können und wie stark sich die Erkrankung auf den persönlichen Alltag auswirken kann. Ich weiß genau, wovon ich rede und möchte Ihnen durch meine Erfahrungen und die Erfahrungen anderer, die von Hashimoto betroffen sind, das Gefühl geben, dass Sie nicht allein sind und sich Ihr Wohlbefinden verbessern kann!
WIE ES SICH ANFÜHLT, HASHIMOTO ZU HABEN
Ich gestehe: Während meines Pharmaziestudiums hielt ich Schilddrüsenerkrankungen für alles andere als spannend. Entweder war der Hormonspiegel zu hoch oder zu niedrig, und in beiden Fällen konnten Medikamente die Störung wieder ins Lot bringen! Mein persönlicher Weg zu Gesundheit und Wohlbefinden hat mich jedoch eines Besseren belehrt: Hashimoto ist ganz und gar nicht langweilig und es geht dabei um viel mehr als nur um die Regulierung des Schilddrüsenhormonspiegels. Meine Arbeit mit Tausenden von Hashimoto-Patienten hat dies natürlich immer wieder bestätigt. Ich fand heraus, dass Hashimoto die Betroffenen nicht nur mit einer breiten Palette an Symptomen konfrontiert, sondern auch mit einer großen Bandbreite von Emotionen.
Im realen Leben sind Medikamente nicht immer das Allheilmittel für Schilddrüsenerkrankungen und führen auch nicht immer zum Verschwinden der Symptome. Die Betroffenen erleben dies mitunter als Kontrollverlust, der sowohl Körper wie auch Psyche in Mitleidenschaft zieht. Als ich meine...