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E-Book

Das Innere Land

Bewusstseinsreisen zwischen Leben und Tod

AutorJoachim Faulstich
VerlagVerlagsgruppe Droemer Knaur
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl320 Seiten
ISBN9783426414712
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Joachim Faulstich nimmt uns mit auf eine faszinierende Expedition in ein unbekanntes Reich - verwandelt kehren wir aus dem Inneren Land zurück. Durch Bewusstseinsreisen können wir die Grenze zwischen Leben und Tod überschreiten. Ob Nahtod-Erfahrungen oder Erlebnisse mit schamanischen Techniken zur Bewusstseinserweiterung - die Schilderungen ähneln sich auf verblüffende Weise und zeigen, dass wir das Grenzland zwischen Leben und Tod bewusst erfahren können.

Joachim Faulstich ist Buchautor und Regisseur wissenschaftlicher Fernsehdokumentationen. Für seine Arbeit wurden ihm zahlreiche Preise verliehen. Seit 20 Jahren beschäftigt er sich mit alternativen Heilverfahren und aktueller Bewusstseinsforschung.

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Leseprobe

Reisewege


Die frühen Wissenschaftler des Geistes, die Schamanen aller Völker, gingen empirisch vor, sie ließen nur gelten, was sie selbst erfahren hatten. Jeder Schritt in die weiten Landschaften der Seele war der vorsichtige, neugierige Schritt des Forschers, der nur seiner eigenen Wahrnehmung vertraut und seinem eigenen Weg folgt. Im Austausch, auch im Wettstreit und bisweilen im Kampf mit anderen Forschern stellten die Bewusstseinsreisenden ihre Sicht auf die Probe. Am Ende zählte nur, welcher Weg sich als hilfreich, als heilsam für die Lebenden erwies. So entdeckten die ersten Schamanen neue Pfade und lernten die Gefahren einzuschätzen, die jede Reise begleiten.

Für die Pioniere der frühen Zeit waren die Reisen ins Innere Land immer Reisen auf Leben und Tod, die Rückkehr war nicht gewiss. Tatsächlich erlebten sie die andere Wirklichkeit als gefährliche, vor allem aber unendlich verzweigte Region, in dem sich eine reisende Seele leicht verirren kann, für alle Zeit. Dann würde der Körper verloren sein, den sie auf dem Boden der Hütte, des Zeltes oder der Jurte zurückgelassen hatten. In den Landschaften der anderen Welt warteten aber auch Angreifer, die Seelen fremder Zauberer oder unberechenbare Geister, die den Weg versperrten. Tatsächlich begegneten viele Schamanen auf ihren ersten Reisen dem Tod, aber indem sie ihn als überwältigende Macht annahmen, kehrten sie als veränderte Menschen zurück ins Leben.

Für den Psychologen sind die Berichte von Tod und Wiedergeburt der Schamanen nur symbolisch, die Schamanen dagegen erlebten das Ende als wirklich, sie fanden sich, zerstückelt von Ungeheuern, in die Leere des Nichts geworfen, verirrt in fernen Welten ohne Wiederkehr, und am Ende doch gerettet, wiedergeboren, als neue Menschen zurückgekehrt. Für die archaischen Stämme aller Zeiten bis in unser Jahrhundert sind Schamanen deshalb Bezwinger des Todes, Menschen, die eine Grenze überschritten und Dimensionen jenseits der Vorstellungskraft erreicht haben. Wer vom Tod ins Leben zurückkehrt, ist ein Mensch mit besonderen Aufgaben für die Gemeinschaft, ein Wanderer zwischen den Welten, der künftig eine verirrte Seele im Jenseits aufspüren und dem Schwerkranken zurückbringen kann. Und er kann als Wissender die Seelen der Toten in die andere Welt geleiten.

 

Als die christlichen Missionare und später die Ethnologen das Universum der letzten Stämme erkundeten – die einen mit dem Ziel, es zu zerstören, die anderen, es zu sezieren –, fanden sie eine vollständige Kosmologie voller ähnlicher Erfahrungen, ganz gleich, welches Volk sie trafen. Aber erst im 20. Jahrhundert verstanden einzelne Ethnologen, dass hier kein Aberglaube seltsame Phantasien hervorbrachte, Zauberergeschichten, komponiert aus Wünschen, Ängsten und dem Willen zur Macht. Sie nahmen die Berichte ihrer Informanten als wirkliche Erfahrungen ernst. Und sie fanden einen Schlüssel für das Geheimnis, weil sie ihre Rolle als Beobachter aufgaben und bereit waren, Schüler zu werden. Statt die Berichte der Schamanen mit dem Fallbeil der Psychiatrie oder dem Messer der Psychoanalyse zu zerlegen, erklärten sie sich bereit, von den Zauberern zu lernen. Indem sie sich öffneten, erfuhren sie in kurzer Zeit mehr über das Innere Land als alle ihre analytischen Vorgänger zusammen. Sie verstanden, dass Wissen mehr ist als die Sammlung von Berichten über Erfahrungen, dass es vielmehr nur in der Erfahrung selbst wachsen kann. Einer dieser Pioniere ist der amerikanische Anthropologe Michael Harner, der in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts die Position des überlegenen Wissenschaftlers aufgab und in den Dschungeln Südamerikas Regionen des Bewusstseins betrat, die seit Jahrhunderten im Westen vergessen waren. Die Reise Harners war gefährlich, denn sein Fahrzeug war eine psychedelische Droge, ein Zaubertrank aus einer Liane des Regenwaldes. Der Ayahuasca-Trank, einmal eingenommen, schleudert den Geist aus dem Körper und überlässt ihn für viele Stunden den Gefahren der anderen Welt. Harners Experiment war also riskant, vielleicht sogar ein Risiko auf Leben und Tod. Er hatte keine Möglichkeit, die Zusammensetzung der Stoffe vorher zu prüfen, die richtige Dosierung zu erproben, die Nebenwirkungen zu studieren. Er vertraute seinen Reiseführern, Indianern vom Stamm der Shipibo-Conibo im Regenwald von Peru, an der Lagune Yarinacocha, dem See der ragenden Palmen.

Es war Nacht im Dorf, das nur aus wenigen Hütten bestand, Pfahlbauten ohne Wände, mit Palmblättern gedeckt. Die Zeremonien der Schamanen finden stets in völliger Dunkelheit statt, denn wer nach innen sieht, den stört das Licht der dreidimensionalen Wirklichkeit. Die Helligkeit des Tages lässt die Bilder verblassen, auch deshalb, weil der heute längst chemisch entschlüsselte Trank die Lichtempfindlichkeit des Auges steigert. Michael Harner berichtet:

Als ich in die Dunkelheit blickte, erschienen schwache Bänder aus Licht. Sie wurden langsam schärfer und verzweigter und explodierten in strahlenden Farben. Ein Geräusch kam aus weiter Ferne, wie ein Wasserfall, der immer stärker wurde. Dann sah ich zwei seltsame Schiffe, die durch die Luft auf mich zu schwebten. Sie vereinigten sich langsam und formten ein einziges Boot mit einem riesigen drachenköpfigen Bug.

Ich wurde mir des schönsten Gesanges bewusst, den ich jemals in meinem Leben gehört hatte, in hoher Tonlage und ganz ätherisch. Er kam von Myriaden Stimmen an Bord der Galeere. Als ich das Deck genauer betrachtete, erkannte ich eine große Zahl von Wesen, die menschliche Körper hatten und blaue Vogelköpfe, den Göttern der alten ägyptischen Grabmalereien ähnlich. Zur gleichen Zeit begann Lebenskraft aus meiner Brust in das Boot zu fließen. Obwohl ich mich für einen Atheisten hielt, war ich absolut sicher, dass ich starb und die vogelköpfigen Wesen gekommen waren, um meine Seele abzuholen. Während sich immer mehr von der Essenz meiner Seele aus meiner Brust löste, spürte ich, dass meine Körperteile gefühllos wurden.

Nun war ich wirklich sicher, dass ich im Sterben lag. Als ich mich bemühte, mein Schicksal anzunehmen, begann ein noch tieferer Teil meines Gehirns, neue Visionen und Informationen zu übermitteln. Mir wurde »gesagt«, dass dieses neue Material mir gereicht würde, weil ich im Sterben begriffen und deshalb berechtigt sei, diese Offenbarungen zu empfangen. Es seien die Geheimnisse, die für die Sterbenden und Toten aufbewahrt würden. Ich konnte die Wesen, die mir diese Gedanken schickten, nur sehr schwach wahrnehmen: riesige reptilienartige Geschöpfe, die träge in den finstersten Tiefen meines Gehirns ruhten. Plötzlich projizierten sie eine sichtbare Szene in den Raum vor mir. Zuerst zeigten sie mir den Planeten Erde, wie er vor Äonen war, als es noch kein Leben darauf gab. Ich sah ein Meer, ödes Land und einen strahlend blauen Himmel. Dann fielen schwarze Flecken vom Himmel und landeten vor mir in der Landschaft. Als ich genauer hinsah, bemerkte ich, dass diese Flecken in Wirklichkeit große, leuchtende, schwarze Geschöpfe mit kurzen, flugsaurierähnlichen Flügeln und riesigen walfischähnlichen Körpern waren.

Sie zeigten mir dann in der Sprache der Gedanken, wie sie auf dem Planeten Leben hervorgebracht hatten, um sich unter den vielfachen Formen zu verstecken und dadurch ihre Anwesenheit zu verschleiern. Sie seien in jeder Lebensform gegenwärtig, sie seien die wirklichen Meister der Menschheit und des ganzen Planeten, sagten sie mir.[3]

Die fremden Wesen wurden ihm unheimlich, Michael Harner begann, sich mit aller Kraft gegen die »Rückkehr zu den Urformen« zu wehren. Die Indianer, die seine Reise begleiteten, gaben ihm in diesem Moment ein Gegengift, und langsam verschwanden die Visionen.

Der junge Anthropologe kehrte von seiner Jenseitsreise mit vielen Fragen zurück. Hatte er Bilder gesehen, die in seinem eigenen Unbewussten verborgen lagen? Was würden die Experten des Regenwaldes von seinen Visionen halten? Er suchte einen blinden Schamanen auf, der als einer der mächtigsten Heiler der Shipibo galt. Harner wählte den Begriff »Riesenfledermaus«, um das Bild jener Reptilien zu beschreiben, die sich als Herren der Welt bezeichnet hatten. Der blinde Schamane lächelte und meinte: »Oh, das sagen sie immer. Doch sie sind nur die Herren der äußeren Finsternis.«[4]

Es war wohl dieser Moment, der das Weltbild des jungen Anthropologen veränderte und ihn auf neue Weise über die Natur der Wirklichkeit nachdenken ließ. Der blinde Schamane am Rio Ucayali war mit den Bildern vertraut, kannte die handelnden Figuren, er hatte sie selbst gesehen, immer wieder. War Harners Reise in das Innere Land also ein Blick in eine andere Ebene der Realität, so objektiv, wie uns die Alltagswirklichkeit erscheint? Oder löst die Droge bei allen Menschen dieselben Bilder aus, weil die chemischen Stoffe dieselbe Region des Gehirns verändern? Wenn dies so ist: Sind dann die Reisen der Schamanen nur Kunstbilder eines manipulierten Gehirns – oder öffnet der Trank mit chemischen Mitteln eine Pforte, die in denselben Ausschnitt einer anderen Wirklichkeit führt?

Tatsächlich sind viele Reisen in das Innere Land voller persönlicher Bilder, phantastische Schöpfungen des Geistes. Aber obwohl diese besonderen Bilder keine objektive Welt zeigen, wie sie im Alltag für jeden erkennbar scheint, sind sie doch nicht unbedingt nur subjektiv: Sie könnten eine allen Seelen gemeinsame grundlegende Wirklichkeit zeigen. Ist das Innere Land also für alle Menschen gleich, auch wenn es jeder aus unterschiedlichen Blickwinkeln und gefärbt durch unterschiedliche Vorerfahrungen, aus der Sicht seiner Kultur und seiner Herkunft...

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