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E-Book

Das Jazz-Gitarristen Buch

AutorCarsten Kutzner, Henning Dathe
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl248 Seiten
ISBN9783741277627
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Das Buch wurde geschrieben für fortgeschrittene Musiker/innen, deren Instrument die Jazz-Gitarre ist und welche sowohl ihre technischen Fertigkeiten ausbauen als auch ihren musiktheoretischen Horizont erweitern wollen. Beim Lesen oder Stöbern sind zur Erlangung des besten persönlichen Nutzens grundlegende Kenntnis elementarer musikalischer Begriffe sowie Banderfahrung hilfreich. Die präsentierten 80 Unterrichtseinheiten umfassen ein breites Spektrum von Gehörbildung über Technik, Akkorde und deren Verbindungen bis zur Theorie. Sie münden in die Praxis des Jazz: Der Improvisation und ihrer Begleitung. Über 100 aus der langjährigen Lehrtätigkeit des Erstautors hervorgegangene Übungen regen zum Erforschen des vorgestellten Materials an.

Dr. Henning Dathe, Jahrgang 1964, ist erfahrener Gitarrist und Lehrer für Jazz-Gitarre. Seit seinem 12. Lebensjahr spielt er Gitarre und kam schon zu Schulzeiten zum Jazz. Er spielte in diversen Bands unterschiedlicher Stilrichtungen etwa auf den Jazz-Festivals in Göttingen, Braunschweig und Hannover. Er ist Träger des Solistenpreises des Jazzclubs Hannover. Wie viele andere Musiker auch machte er die Erfahrung, dass es schwierig ist, in Deutschland von der Musik und insbesondere vom Jazz zu leben. Er arbeitet als Physiker an der Universitätsmedizin Göttingen und hat im Rahmen seiner dortigen Tätigkeit zwei weitere Fachbücher herausgegeben.

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Leseprobe

1 Gehörbildung


Abb. 1.1: Das »magische Viereck«. Ein Jazz-Solo zu spielen ist wie eine freie Rede zu halten. Ohne eine solide Basis aus Wissen und Können geht es nicht. Gehörbildung unterstützt beides. Komponieren entspricht hier dem systematischen Schreiben.

Gehörbildung dient der instantanen Orientierung beim Hören. Genau wie das Auge trainiert ist, Farben und Formen auf Anhieb zu erkennen, kann das Ohr trainiert werden, Intervalle, Tonleitern und Akkorde zu erkennen. Ziel der Gehörbildung ist es, jedem musikalischen Phänomen (Intervall, Harmonie, Rhythmus) eine Empfindung zuzuordnen:

musikalisches Phänomen ⇔ Empfindung

Die meisten dieser Übungen werden am Besten mit einem Übungspartner zusammen durchgeführt. Es gibt aber auch gute Computerprogramme zur Gehörbildung, wie etwa das freie »Solfege«.3 Auch konventionelle Lehrmedien6 sind hilfreich.

1.1 Unabdingbare Übungen


Nachsingen: Einer spielt eine Phrase vor, der Andere singt sie nach. Ohne Übungspartner behilft man sich und singt Phrasen von Aufnahmen nach. Das ist auch generell für das Heraushören von Themen oder Soli hilfreich.

Tab. 1.1: Die Intervalle auf dem Griffbrett und deren Bezeichnungen. Hier sind die Intervalle relativ zur Leersaite angegeben. Es ist üblich, die Intervalle in Akkordsymbolschrift in Zweierschritten anzuordnen, also als ungerade Zahlen 1, 3, 5, 7, 9, 11, 13. Daher die Darstellung in der Doppeloktave. Damit ist eine 7-tönige Skala definiert.

1 Oktave I

2 Oktave II

3 Quinte I

4 Quinte II

5 Quarte

6 große Terz

7 große Sexte

8 kleine Terz

9 große Sekunde

10 kleine Sexte I

11 kleine Sexte II

12 kleine Septime

13 große Septime

14 Tritonus

15 kleine Sekunde

Abb. 1.2: Die Intervalle wie man sie greift, ohne offene Saiten zu benutzen. Die Intervalle sind nach ihrem Grad der Konsonanz sortiert (s. Abb. 7.4): am Anfang steht die Oktave als konsonantestes Intervall, am Ende die kleine Sekunde als dissonantestes.

Mitsingen: beim Selber spielen. Da man ab und zu Luft holen muss, begrenzt das die Phrasenlänge nebenbei auf ein sinnvolles Maß. Bläser müssen das ohnehin, und diese waren meistens stilbildend im Jazz.

»Schneebälle zuwerfen«: Der Eine spielt eine kurze Phrase vor, der Andere spielt sie nach. Beim Solistenwechsel innerhalb eines Stückes kann das Nachspielen der letzten Phrase des vorangegangenen Solisten einen schlüssigen Übergang zum eigenen Solo knüpfen.

1.2 Intervalle hören


Ziel dieser Übungen ist es, ein Klangempfinden für Intervalle zu entwickeln. Man soll einfach »wissen«, wie sich eine große Terz, reine Quarte oder übermäßige None anhört. Die Intervalle sind samt Bezeichnungen und Spielweise in den Abbildungen 1.1 und 1.2 zusammengestellt. Am Wichtigsten sind natürlich die Intervalle innerhalb einer Oktave bzw. kurz darüber hinweg, also von der Prim bis etwa zur None. Ein nettes Vehikel, um sich Intervalle schneller einzuprägen, können bekannte Liedanfänge verschiedener Stilistiken sein, siehe z.B. im »ABC Musik«,57 Abschnitt 155, oder bei Aebersold.5 Die Übungen können wie folgt variiert werden:

Nacheinander oder gleichzeitig: Beide Intervalltöne werden nacheinander gespielt (»melodische Intervalle«). Einer spielt, der Andere hört heraus, um welches Intervall es sich handelt. In einer zweiten (schwierigeren) Übung werden beide Intervalltöne gleichzeitig gespielt (harmonische Intervalle).

Relativ zueinander oder zum Bezugston: Man kann die Töne relativ zueinander (etwa in ihrer Aufeinanderfolge) orten oder alle auf einen festen Bezugston beziehen (z. B. auf die auf das tiefe c oder d herunter gestimmte tiefe e-Saite).

Diatonisch oder chromatisch: Man kann sich auf eine Tonleiter (z. B. Durtonleiter) beschränken oder alle Töne zulassen.

Um den Schwierigkeitsgrad allmählich zu steigern, beschränkt man sich zuerst auf die wichtigsten Intervalle, bevor man mehr und mehr hinzunimmt:

  1. Nur sehr konsonante Intervalle: Oktaven, reine Quarten und reine Quinten
  2. . . . + kleine und große Terzen
  3. . . . + kleine und große Sekunden
  4. . . . + kleine und große Sexten (sind Kehrintervalle von Terzen)
  5. . . . + kleine und große Septimen und Tritonus
  6. . . . + Intervalle jenseits der Oktave

1.3 Dreiklänge und deren Bezeichnungen


Wir wollen uns hier auf die klassischen Dreiklänge beschränken, die aus einer Schichtung von Terzen (groß und klein) bestehen, siehe auch Kap. 4.4.1. Diese Dreiklänge befinden sich in Abb. 7.2 im inneren Fünfeck. Jeder Ton darf natürlich in jeder beliebigen Oktave erklingen!

Dreiklang als Ganzwort: Lerne, die Dreiklänge Dur, Moll (–), vermindert (○) und übermäßig (+) zu erkennen. »Als Ganzwort« bedeutet, dass jeder Dreiklang von Deinem Übungspartner (oder einem Computer) als Ganzes angeschlagen werden soll (und nicht als Arpeggio).

Als geordnete Tonmenge: Lasse Dir Dreiklänge vorspielen und erhöre, wo sich die Einzeltöne im Akkord befinden. Ist die Quinte ganz oben oder die Prim? Wo ist die Terz? Für jeden Akkord soll zugeordnet werden, wo die 1, 3, und 5 ist (unten, in der Mitte oder oben). Der tiefste Ton benennt die »Stellung«, der höchste die »Lage«.

Als Intervallstapel: Erkenne und benenne die Intervalle in vorgespielten Dreiklängen. Durch Umkehrungen und Oktavierungen entstehen in Dreiklängen Intervalle jenseits der Terz, z. B. Sext- oder Quartsextakkorde, siehe Tab. 4.2.

1.4 Stufen und Funktionen orten


Innerhalb von Kadenzen: Welcher Akkord in einer vorgespielten Kadenz ist die Tonika? Welcher die Dominante? Welche Funktionen können noch zugeordnet/erhört werden?

Im diatonischen Zusammenhang / Volkslieder begleiten nach Gehör: Versuche, ein Volkslied ausschließlich mit den Akkorden aus einer Tonleiter zu begleiten. Das ist bei den meisten Volksliedern problemlos möglich: Da ein beliebiger Ton einer gegebenen Tonleiter mindestens einmal in T, S oder D enthalten ist, lässt sich ein diatonisches Lied mit allein diesen drei Akkorden harmonisieren (vgl. auch Abschnitt 6.4):

Der Grundton (1) der Durtonleiter ist beispielsweise in der Tonika T als Prim sowie in der Subdominante S als Quinte enthalten. So kann jeder leitereigene Ton mit mindestens einem, manchmal sogar zwei verschiedenen Akkorden harmonisiert werden. Nicht-leitereigene oder sehr kurze Töne sind meist Durchgangstöne, die nicht extra harmonisiert werden.

1.5 Vierklänge erkennen


Vierklänge als Ganzwort: Erhöre und unterscheide die Qualitäten Δ, 7, –7, und ∅. Achtung, es gibt Mehrdeutigkeiten: –7/3 = 6, also z. B. A–7 = C6, oder, wenn man weitere Optionstöne hinzunimmt: Δ ≈ –7/9, also z. B. CΔ ≈ A–7/9, genauer CΔ = A–7/9 ohne Grundton, kurz A –7/9(1).

Vierklänge als zwei Dreiklänge: Jeden Vierklang kann man sich aus zwei Dreiklängen zusammensetzen, wobei zwei der Töne in jedem der Einzeldreiklänge enthalten sind. Beispiele: CΔ = C-Dur + E– oder E–7 = E– + G-Dur. Dies erschwert natürlich die Zuordnung Dur/Moll!

1.6 Tonleitern


Verschiedene Tonleitern sollen beim Hören erkannt werden. Die Einzeltöne sollten dabei natürlich nacheinander vorgespielt werden. Man beschränkt sich sinnvollerweise zuerst auf die gängigsten Tonleitern und nimmt, sofern diese mühelos erkannt und unterschieden werden, nach und nach weitere hinzu. Eine Zusammenstellung siebentöniger Skalen findet sich z. B. in Tab. 6.7.

  1. Starte z.B. mit Ionisch, Äolisch, Mixolydisch, Dorisch
  2. . . . plus restliche Kirchentonleitern
  3. . . . plus harmonisch und melodisch Moll
  4. . . . plus andere Modi aus harmonisch / melodisch Moll
  5. . . . plus exotische Skalen oder Modi, wenn man möchte.

Als Entscheidungshilfe zum Erkennen einer vorgespielten Skala beantworte man die Fragen

  1. Ist es eine Dur- oder Molltonleiter? Ist sie überhaupt tonal?
  2. Hat sie eine große oder kleine Septime?
  3. Welche Sexte? Groß oder klein?
  4. Welche None? Groß, klein oder gar übermäßig?

1.7 Rhythmus und Timing


Klopfübungen: Mache Dich mit binären, ternären und Polyrhythmen vertraut. Dazu sollen unterschiedliche...

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