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E-Book

Das Leben Albrecht Dürers

AutorWilly Pastor
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl253 Seiten
ISBN9783849645076
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Albrecht Dürer, in Nürnberg geboren und verstorben, gehört zu den bedeutendsten deutschen Künstlern. Darüber hinaus machte ersich auch als Mathematiker einen Namen und zählt heute zu den bedeutendsten Vertretern des Humanismus und der Reformation. Diese Biographie des bedeutenden Kunsthistorikers Pastor zeichnet seinen Werdegang und sein Schaffen nach.

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Leseprobe

 

Die Tat des Wohlgemut auf dem Gebiet der Formschneidekunst ist, daß er die Farbe entbehrlich machte. Noch war die Nachfrage nach farbigen Bildern so stark, daß man ihr das Zugeständnis doppelter Ausgaben machte; »rohe«, das heißt solche in einfachem Schwarz-Weiß, und um das Dreifache teurere »illuminierte«, die farbig ausgetuscht waren. An der sehr oberflächlichen und rohen Weise des Farbenauftrags (es war mehr ein Anstreichen als ein Tönen) ist leicht zu erkennen, wie sehr die Farbe sich überlebt hatte, die bei Dürer dann überhaupt nicht mehr in Frage kam.

 

Vergleichen wir einen ungetönten, aber noch bunt gedachten frühen Holzschnitt mit einem farblos-malerischen später, so ist auffallend zunächst, wieviel leere weiße Stellen der erste enthält. Der Formschneider konnte eben noch nicht mehr geben als Umrisse und die nötigste Schraffierung. Bei diesem Stand der Entwicklung war die Farbe wirklich kaum zu entbehren. Die Schnitte sind ohne diesen Zusatz nur erst halbfertig.

 

Ein erstes Mittel, malerisch zu wirken, fand man darin, daß man dem vielen Weiß der leeren Flächen mehr Schwarz gegenüberbrachte. Beim Schuhwerk, Fensterlöchern, dem Laub und Ähnlichem faßte man die dunkleren Stellen zu schwarzen Flocken zusammen, die schon ein gewisses Gegengewicht boten. Die neuere Kunstgeschichte hat im Fall Valloton erwiesen, daß man bei folgerechter Durchführung dieser Arbeitsweise tatsächlich stark malerisch sein kann. Indessen bleibt die Anwendungsmöglichkeit beschränkt, für das erzählende Bild ist sie zu schwerfällig. Da aber das Erzählen das Wesentliche war, geriet man hier auf einen toten Strang.

 

Viel wichtiger waren die gleichzeitig einsetzenden, nur nirgends recht zu Ende gebrachten Versuche, mit dünneren und dickeren Strichen abzuwechseln. Es war, als ob man in ein bis dahin gleichmäßig laut vorgetragenes Musikstück den Unterschied des piano und forte hineingebracht hätte. Die Möglichkeit war damit erreicht, den Blick auf das Wesentliche zu lenken, der starren Fläche Tiefen und Rundungen abzugewinnen, eben das, was man dem ergänzenden Illumimerer mit seiner Farbe hatte überlassen müssen.

 

Hier setzte Wohlgemut ein. Was er und seine Werkstatt dem Holzschnitt Neues gaben, das ist: das An- und Abschwellen der Linien, ihr Crescendo und Diminuendo. Indem der Formschneider sich gewöhnte, diesen Absichten zu entsprechen, konnte er auch der kleinsten noch leeren Flächen, wo es nötig war, malerisch (im Gegensatz zu farbig) Herr werden. Jetzt erst konnte der Holzschnitt Tiefe bekommen, konnte aus einem nur halbkünstlerischen Verständigungsmittel heranerzogen werden zu einem Kunstwerk.

 

In den 91 Tafeln des »Schatzbehalters« hat Wohlgemut sein Ziel erreicht. Das Buch steht in der deutschen Kunstgeschichte an einem Wendepunkt. Erst 1491, als Dürer schon bei Wanderung war, kam es heraus. Aber die Verbindungen Wohlgemuts mit Koburger reichen nachweisbar zurück bis 1483. Dürer kam also als Lehrling in einen vollen Betrieb hinein und ging die ersten Schritte aufwärts mit.

 

Wohlgemut blieb in der Ausnutzung seines Verfahrens nicht auf der Höhe des Schatzbehalters stehen. Zwei Jahre später konnte er mit Koburger die Schedelsche »Weltchronik« herausbringen. Der Vergleich mit einem ungefähr gleichzeitigen Holzschnitt Dürers zeigt, daß Wohlgemut dem Schüler auch zu jener Zeit noch etwas geben konnte. Auf eine sprechende Einzelheit wäre besonders hinzuweisen. Allgemeiner bekannt ist Dürers Mittel, den Glanz eines Auges dadurch anzudeuten, daß er ein Fensterkreuz im Augapfel sich spiegeln läßt. Das Mittel ist den Schnitten der »Weltchronik« entnommen. Eins der Leitstücke dort zeigt einen Reichsapfel, als glänzenden Gegenstand dadurch gekennzeichnet, daß er das Bild eines Fensterkreuzes in entsprechender perspektivischer Abrundung auffängt. Von Wohlgemut und den Seinen konnte also der Holzschneider Dürer noch nach 1493 lernen. Und das nicht nur in solchen Einzelheiten, sondern, wie wir noch sehen werden, im Ganzgroßen.

 

Dann freilich ging er selbständig weiter, in einem Schrittmaß, daß keiner der anderen ihm nachtun konnte.

 

4

 

Die Lehrzeit eines Malerknaben war nicht danach, sich viel in eigenen Werken auszusprechen. Das früheste Bildchen Dürers sahen wir. Nur weniges ist von da an bis zur Wanderzeit erhalten. Aus dem Jahre 1485 stammt die Zeichnung einer thronenden Maria mit dem Christkind, zwei musizierende Engel zu seiten des Thrones, im Vordergrund Andeutung von Rasenwerk. Eine Vorlage aus dem Schongauerkreis, vielleicht ein Kupferstich scheint bei dem Blatte anzunehmen. Es ist eine gewissenhafte Arbeit, etwas besonders Dürerisches aber enthält sie noch nicht.

 

Gleichfalls nach Vorlage gearbeitet ist wohl eine jetzt in London bewahrte Kreidezeichnung, eine stehende Frauengestalt mit einem Falken. Eine unbekannte Hand hat daruntergeschrieben: »Das ist och alt, hat mir Albrecht Dürer gemacht eh er zum Maler kam in des Wolgemuts Haus auf dem oberen Boden in dem hinteren Haus im Beisein Conrat Lomayers seligen.« Möglicherweise stammt das Bildchen, das so heimlich »auf dem oberen Boden« entstand, aus der Zeit, als der Vater mit solchen Versuchen »nit wohl zufrieden« war.

 

Damit setzt die Reihe der sicher beglaubigten Arbeiten aus bis 1489, dem Jahre, mit dem die Lehre bei Wohlgemut zu Ende ging. Zwei Zeichnungen, ein Reiterstück (jetzt in Bremen) und eine Landsknechtsszene (Berlin) sind Gelegenheitsarbeiten. Bemerkenswert ist einzig die scharfe, kupferstichartige Linie, die eine Andeutung gibt, wohinaus dieser Zeichner eigentlich wollte. Dann aber, kurz vor der Ausfahrt, nimmt Dürer zum erstenmal all seine Kraft zusammen für ein Bildnis seines Vaters (Florenz, Uffizien), ein richtiges Gemälde. Er wollte dem Vater doch zeigen, daß er seinen Entschluß nicht zu bereuen habe. Der alte Goldschmied konnte stolz sein auf die Tafel, denn sie war mehr als alles, was die Nürnberger Maler bis dahin im Bildnis erreicht hatten.

 

Das nordische Bildnis hat sich entwickelt aus jenen der Kirche geweihten Tafeln, auf denen sich die Stifter selbst in kniender Stellung vor ihrem Heiligen oder vor der Mutter Gottes abkonterfeien ließen. Wirklich charakterisiert sind bei diesen frühesten Bildnissen nur das fromm aufschauende Gesicht und die zum Beten erhobenen Hände. Es waren Gestalten, die nur aus »Kopf, Händen und Falten« bestanden. Kopf und Hände blieben das Wesentliche für die Bildnismaler auch dann noch, als das erwachende Persönlichkeitsbewußtsein nach Bildnissen ohne heilige Umgebung verlangte. Die Hände sollten mit, selbst wenn es nur ein Brustbild war. Sie beteten nicht mehr, sondern hielten irgend etwas in den Fingern oder legten sich auch ruhig übereinander. Aber fehlen ließ man sie nicht gern, denn sie wirklich gut schildern zu können, so persönlich wie auch das Gesicht, war der Stolz des Malers.

 

Wie einem Stifterbild entnommen scheint auch das Bildnis des alten Dürer. Er hält einen Rosenkranz in den Händen, dessen rote Kugeln der Sohn wohl oft durch diese Finger gleiten sah. Der Blick ist aufwärts gewendet. Man kann ihn sich gut auf ein Muttergottesbild gerichtet denken. Aber es ist doch noch etwas anderes in ihm als nur Andacht. Sehen wir zurück auf den Gesichtsausdruck des dreizehnjährigen Knaben: es ist eine Ähnlichkeit in beiden, die über das bloß Familienhafte hinausgeht. Dieselbe gedrückte, unfreie Stimmung, das Wesen von Menschen, die im Schatten leben. Dürer hat seine Eltern aufs innigste geliebt, in jedem Wort, das er von ihnen spricht, ist das zu fühlen. Und dennoch mag es ihm, dem Neunzehnjährigen, eine Erleichterung gewesen sein, als sich ihm die Tür des Vaterhauses und das Tor der Stadt öffneten und er ins Freie trat – seinem eigenen Schicksal entgegen.

 

 

 

V - Wanderjahre und Heimkehr


 

 

 

1

 

Und da ich ausgedient hatt, schickt mich mein Vater hinweg, und bliebe vier Jahr außen, bis daß mich mein Vater wieder fordert. Und als ich im 1490 Jahr hinwegzog nach Ostern, darnach kam ich wieder, als man zählt 1494 nach Pfingsten.«

 

Das ist alles, was der Chronist Dürer von seiner vierjährigen Wanderschaft zu sagen hat. Seine Wortkargheit grade an dieser Stelle muß Neuere befremden. Vier Jahre war er als Wanderbursch draußen, ganz auf sich selbst gestellt, ein junger Mann um die zwanzig. Man denkt sich, das müßten doch die großen Ferien seines Lebens gewesen sein, voll von Erlebnissen, die als Erinnerung ein Leben vorhielten.

 

Eine solche Vorstellung aber ist falsch. Zur Erholung schickte man die jungen Leute nicht auf die Fahrt, und Wandervogelstimmung kam nicht auf bei einem, der...

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