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Das Leben der Katharer im spätmittelalterlichen Frankreich: Forschungskontroverse zu den Inquisitionsakten zu Montaillou

AutorSaskia Bommert
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl39 Seiten
ISBN9783863417826
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Wie lebten die Menschen im Mittelalter? Wie fühlte es sich wohl an, von der Inquisition verfolgt zu werden? All diese Fragen wurden schon häufig von Historikern gestellt und von Emmanuel Le Roy Ladurie in seinem Werk Montaillou erstmals detailreich beantwortet. Ladurie widmet sich der Alltags- und Mentalitätsgeschichte eines kleinen Dorfes in Südfrankreich und kann aufgrund der angefertigten Inquisitionsakten im Fall Montaillou die Lebenswelt der Dorfbewohner bis ins kleinste Detail lebendig werden lassen. Im Zentrum dieser Inquisitionsprotokolle steht der Priester von Montaillou, Pierre Clergue, der mit seinen beschränkten Mitteln versuchte, den Einfluss der Inquisition in seinem Dorf zurückzudrängen, und dabei selbst in den Mittelpunkt der Verfolgungen rückte. Emmanuel Le Roy Ladurie erhielt für seine Studie sowohl Lob als auch Kritik. Einer seiner schärfsten Kritiker im deutschsprachigen Raum ist der Kirchenhistoriker Matthias Benad, der eine Reihe methodischer und schlussendlich auch inhaltlicher Korrekturen vornimmt. Diese Korrekturen sind Inhalt der vorliegenden Studie und sie zeigen, was wirklich im Jahr 1324 geschah.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3, Stand der Forschung: Bevor mit der eigentlichen Quellenanalyse begonnen werden kann, ist es unumgänglich, den Stand der Forschung zu beleuchten. Gerade zum Thema Katharismus wurde weitläufig geforscht, und es gibt - vor allem im französischsprachigen Raum - eine Fülle an Veröffentlichungen. Eine umfassende Forschungsanalyse würde daher den Rahmen dieser Arbeit sprengen, daher konzentriere ich mich besonders auf die deutschsprachigen und anglistischen Klassiker, sowie eine Auswahl an aktueller Forschungsliteratur als ergänzende Literatur zu den Werken Benads und Le Roy Laduries. Die Katharerforschung begann im Grunde bereits im Spätmittelalter, als die katholische Kirche anfing, die Katharer als Anhänger einer Irrlehre betrachten. In der Reformation erblühte das Interesse erneut, und man versuchte die Widersacher der Kirche zu frühen Reformatoren zu stilisieren. In diesem Kontext wurden die Katharer durch die Forschung erstmals positiv konnotiert. Diese positive Konnotation setzte sich innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte fort, wobei, wie bei Le Roy Ladurie und Benad, soziologische, politische und ökonomische Aspekte immer mehr in den Fokus der Forschung rückten. Auffarth stilisiert den Katharismus als Fluchtpunkt einer christlich-institutionellen Krise. Benad hat einen ähnlichen Standpunkt. Er sieht den Glauben als 'Ideologie der autonomen domus' , als Hafen der aufkommenden sozialen, ökonomischen und politischen Umstände in der Region. Er erweitert damit Auffarths Ansicht um weitere Lebensdimensionen und zeigt, dass die Motive für den Katharismus komplexer waren, als bisher in der Forschung angenommen. Auffarth und Borst sehen die Katharer als Menschen, die sich von der Kirche abgewandt haben, wobei Borst nur die perfecti als Katharer zählt, alle anderen hier genannten Forscher trennen weniger scharf. Borst sieht den Katharismus als 'fremde', aus dem Osten stammende Religion und sieht sie zerrissen durch Inquisition und innere Krisen. Er bezeichnet die Katharer als 'suchende Menschen' , deren wesentliche spirituelle Bedürfnisse nicht befriedigt wurden - gläubige Christen, die mit der katholischen Kirche unzufrieden waren und sich in ihrer Verzweiflung den Katharern anschlossen. Lamberts Werk Die Geschichte der Katharer zeichnet sich vor allen Dingen dadurch aus, dass er nicht nur den südfranzösischen Katharismus, zu dem es die meisten Quellen gibt, sondern auch den italienischen Katharismus betrachtet und ideologische Unterschiede skizziert. Lambert thematisiert dabei vor allen Herkunft und dualistische Traditionen des katharischen Glaubens. Pegg konzentriert sich wie viele andere Forscher auf die Verfolgung der Häretiker in Südfrankreich und beleuchtet dabei insbesondere geopolitische Voraussetzungen für die Entstehung von Häresien. Deggau schreibt eine Einführung in das Thema, die die Grundsätze des katharischen Glaubens zeigt. Die genannten Forscher haben den Katharismus 'mit der Mitte des 13. Jahrhunderts enden lassen und die nachfolgende Entwicklung bis ca. 1310 entweder gar nicht zur Kenntnis genommen oder als unwesentliches Nachspiel des 'eigentlichen' Katharismus behandelt.' Die Existenz der als Quelle dieser Arbeit dienenden Inquisitionsakten beweist allerdings, dass durchaus noch im 14. Jahrhundert im Languedoc Katharer lebten. Stoodt vermutet, dass die Quellenedition Duvernoys seit ihrer Veröffentlichung 1966 keine Beachtung gefunden hat, und daher die genannten Wissenschaftler zu diesem falschen Schluss gekommen sind. Durch die Auswertung des Quellenmaterials kommen auch Benad und Le Roy Ladurie zu neuen Erkenntnissen in Bezug auf den Katharismus insgesamt und zeigen deutlich, dass durch die Erkenntnisse im Fall Montaillou nachzuweisen ist, dass der Katharismus nicht nur weiterlebte, sondern auch wandelte. Dahingehend stimmen sie mit Stoodts These überein. Darüber hinaus kommen beide Historiker aber zu vollkommen unterschiedlichen Auffassung in Bezug auf die katharische Glaubensethik insgesamt. Während Benad im Katharismus eine dem Alltag angepassten Religion der credentes sieht , stilisiert Le Roy Ladurie den Katharismus als kirchenfeindliche Gruppierung einiger Bauern und Schäfer im Dorf.
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