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Das Osmanische Reich

AutorReinhard Pohanka
Verlagmarixverlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl256 Seiten
ISBN9783843805384
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Über viele Jahrhunderte hinweg war das Osmanische Reich die stärkste Macht im östlichen Mittelmeerraum. Nach der erfolgreichen ersten Schlacht unter der Führung Osmans I. gegen das Byzantinische Reich eroberten die Osmanen mehr und mehr Randgebiete des byzantinischen Reichs, bis sie dieses schließlich ganz aus Kleinasien verdrängten. Das Osmanische Reich wuchs trotz Rückschlägen kontinuierlich; 1683 stand die osmanische Armee sogar vor Wien. Reinhard Pohanka geht in 'Das Osmanische Reich' auf Kriegsführung der Osmanen ein und gibt einen Überblick über die Kultur dieses sagenumwobenen Volkes.

Dr. Reinhard Pohanka, Archäologe am Historischen Museum der Stadt Wien. Zahlreiche Veranstaltungen mit den Schwerpunkten Mittelalter und römische Zeit, über 15 Publikationen.

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Leseprobe

VORWORT


Betrachtet man die Geschichte von großen Reichen, Imperien und Dynastien auf dieser Welt, so war das Osmanische Reich eines der am längsten überdauernden Staatsgebilde. Seine Herrscherfamilie, die Osmanen, regierte mehr als 600 Jahre ununterbrochen, eine Leistung, die in Europa nur noch die Habsburger vollbrachten. Zunächst am Rande der islamischen Welt gelegen, wurde das Reich, das sich auf dem Höhepunkt seiner Macht von der Donau bis zum Nil erstreckte, zu deren Mittelpunkt und zum Sitz des Kalifates. Das Osmanische Reich und seine Hauptstadt Konstantiniyye1 waren von der Religion des Islam durchdrungen und beeinflusst.

Die osmanische Kultur entstand im Hochmittelalter, als ein zunächst unbedeutender, lokaler Emir namens Osman 1299 ein Gebiet in Anatolien eroberte, zu dem er und seine Nachfahren innerhalb weniger Jahrhunderte Stadt um Stadt und Land um Land hinzufügten. Auf dem Höhepunkt des Reichs herrschten die osmanischen Sultane vom Topkapi-Palast an den Ufern des Bosporus über Länder in Asien, Afrika und Europa und ihre Armeen waren gefürchtet auf den Schlachtfeldern von Kosovo Polje, Mohaçs und Nikopolis. Erst 1923 fiel das Reich endgültig seiner Unfähigkeit zum Opfer, sich selbst zu reformieren und weil es technologisch nicht mehr mit den übrigen europäischen Großmächten Schritt halten konnte. Seine Soldaten mussten besiegt die Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges verlassen. Was aber bis heute bleibt, sind die Leistungen der Osmanen in Kunst und Kultur und ein demokratischer Nachfolgestaat, die Republik Türkei.

Wer waren die Osmanen, die in Europa als Türken bezeichnet wurden und die für Jahrhunderte die Politik Europas mitbestimmten? Es gibt zahlreiche Reisebeschreibungen des Osmanischen Reichs von Europäern, die vom Luxus und den Ausschweifungen der Türken berichten, von Festen in mit Lampions und Tulpen geschmückten Gärten, von Palästen mit geheimnisvollen Serails und einem Harem mit den schönsten Frauen aus Abendland und Morgenland. Es gibt aber auch Berichte von der Grausamkeit der Sultane, die, nachdem sie auf den Thron gekommen waren, ihre Brüder und deren Familien zu ermorden pflegten, um keine Rivalen zuzulassen.

Geht man in der Geschichte zurück, so stößt man auf ein turkstämmiges Steppenvolk aus dem Inneren Asiens, das auf dem Rücken seiner Pferde nach Westen wanderte, dabei die Länder Vorderasiens durchquerte, Persien eroberte und sich dann in Anatolien im Sultanat von Rum niederließ. Hier gelang es einem kleinen türkischen Stamm unter seinem Anführer Osman sich im Gefolge der Rum-Seldschuken festzusetzen, dem Byzantinischen Reich die Stirn zu bieten und eine dauerhafte Herrschaft zu etablieren. In zahlreichen Feldzügen wurde von den Osmanen das Byzantinische Reich bezwungen und seine Hauptstadt Konstantinopel erobert, sie überquerten den Bosporus und die Dardanellen nach Europa, besetzten den Balkan und trugen zweimal Angriffe bis an die Mauern Wiens vor. Der Nahe Osten, die Arabische Halbinsel, Ägypten und fast der gesamte Südrand des Mittelmeers wurden erobert und auf dem Höhepunkt seiner Macht umfasste das Osmanische Reich etwa die selbe Fläche, die einst das Römische Reich besessen hatte und war damit einer der größten Flächenstaaten der frühen Neuzeit geworden.

Der Erfolg des Reichs beruhte auf Expansion. Solange sie anhielt konnten seine Soldaten, die gefürchteten Reiter der Sipahis und die Janitscharen mit ihren hohen Turbanen und ihrer wilden Musik, bezahlt werden. Daneben blühte aber auch die Kultur. Baumeister wie Sinan erdachten großartige Moscheen, deren Minarette in den Himmel ragten, geschickte Handwerker schufen Teppiche, Keramiken und Textilien von unvergleichlicher Farbenpracht. Dichter wie Yunus Emre schrieben Bücher zu Ehren des Sultans.

Das Osmanische Reich war am Höhepunkt seiner Macht ein Vielvölkerstaat, aber keine Kolonialmacht. Alle Untertanen wurden gleich behandelt, ob sie in Kostantiniyye, dem heutigen Istanbul2, oder an der osmanischen Militärgrenze in Europa lebten. Der Staat war religiös und dennoch tolerant, nichtmuslimische Religionen konnten ihre Synagogen, Kirchen und Klöster behalten und ihrem Kultus nachgehen, wenn sie eine geringe Kopfsteuer (Dschizya) bezahlten. Die Nicht-Muslime lebten unter ihren eigenen Kirchenfürsten und das Osmanische Reich nahm auch verfolgte Minderheiten wie die sephardischen Juden aus Spanien in seine Länder auf.

Das Osmanische Reich konnte sich über sechs Jahrhunderte als Großmacht behaupten und seine Nachbarn in Angst und Schrecken versetzen. Dennoch ging es zu Beginn des 20. Jahrhunderts zugrunde und wurde durch die moderne türkische Republik ersetzt. Die Gründe dafür waren vielfältig. Zum einen die Hybris seiner Sultane, die es lange Zeit nicht erlaubte, andere Herrscher als gleichwertig anzusehen, dazu ein Landverteilungssystem (timar-System), das nur solange funktionieren konnte, wie das Reich expandierte und am Ende der Verlust jedes Fortschrittsgedankens. Während die Länder des Westens die Zeiten der Renaissance, der Aufklärung und des Merkantilismus bis zur industriellen Revolution durchlebten, blieb das Osmanische Reich in seinen mittelalterlichen Traditionen verhaftet und geriet so immer weiter ins Hintertreffen gegenüber den christlichen europäischen Staaten. Innerhalb von drei Jahrhunderten, vom Beginn des 17. Jahrhunderts bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, wurde aus einer der stärksten Militärmächte der Welt und aus einem wirtschaftlich autonomen Staatswesen der »kranke Mann am Bosporus«, der zum Spielball der europäischen Mächte herabsank3. Zwar gab es hin und wieder den Willen zu Reformen, diese wurden aber meist zu spät oder nur halbherzig durchgeführt. Dennoch bleiben uns viele Dinge, die von den Türken auf uns gekommen sind, die Tulpen etwa, die Nationalblume der Osmanen, der Flieder, die »Türkenmanie« des Rokoko, für ewig festgehalten in Mozarts »Entführung aus dem Serail«, aber auch die zahlreichen Kunstwerke und Schriften der Antike, die in den Bibliotheken des Osmanischen Reichs durch die Toleranz der Sultane erhalten geblieben sind und über diesen Weg nach Europa gelangten.

Und dennoch bleibt das Osmanische Reich in vielerlei Hinsicht ein Rätsel. Es kontrollierte die Handelswege zwischen Europa und Asien, war aber selbst kaum am Handel interessiert und beteiligt. Es war ein Reich der Türken, aber dennoch kamen seine hohen Offiziere und Beamten zumeist vom Balkan wie auch seine Elitetruppen, die Janitscharen. Man pflegte das byzantinische Hofzeremoniell, die Literatur war persisch beeinflusst, der Reichtum kam aus Ägypten und man schrieb mit arabischen Buchstaben. Die Landwirtschaft blieb die längste Zeit auf einem primitiven Stand, blühte aber in den vom Reich eroberten Ländern auf. Die Osmanen waren keine fanatischen Muslime und folgten der moderaten Sunni-Schule der Hanafiten mit einer maßvollen Interpretation des Korans. So war das Osmanische Reich ein islamischer Staat, auch wenn die Mehrzahl seiner Untertanen oft keine Muslime waren und man nicht versuchte, sie zum Übertritt zum Islam zu bewegen.

Ihre Sultane wurden über das Leben von Alexander dem Großen unterrichtet, hatten aber sonst kaum Interesse an der Geschichte mit Ausnahme der ihrer eigenen Vorfahren. Dennoch waren sie Vorbilder. Der junge russische Zar Iwan IV. der Schreckliche studierte das Leben von Mehmed II. dem Eroberer und die Venezianer bewunderten ihr Regierungssystem. Die Osmanen waren große Baumeister und Architekten und einer ihrer Großwesire rühmte sich, dass er mehr Moscheen gebaut habe als Kaiser Justinian Kirchen.

Das osmanische Imperium überlebte seine Größe. Als Napoleon 1798 unter den Pyramiden stand und verkündete, dass 40 Jahrhunderte auf seine Soldaten herabblickten, war das Reich schon schwach und im Verfall begriffen. Wenige Türken konnten sich noch aufraffen um den Versuch zu wagen, zur alten Größe zurückzukehren. Daher kamen die besten Seeleute des Reichs am Ende aus Griechenland, die geschicktesten Händler waren Armenier und Juden. Die Soldaten aus allen Teilen des Reichs waren schlecht geführt, aber bekannt für ihre Tapferkeit und Hingabe an den Staat. Die Staatsmänner, besonders die Großwesire, lebten in ständiger Furcht vor dem Sultan und seinem Henker und unter dem Dauerverdacht der Korruption. Das Reich war geographisch nach allen Seiten offen und hatte keine natürlichen Verteidigungslinien, es gab keine gemeinsame Sprache und keine religiöse Einheit. Die Osmanen hatten niemals nach dem Gold anderer Erdteile gegriffen und besaßen am weltweiten Handel keinen Anteil. Lange Zeit verweigerten sie sich neuartigen Erfindungen wie der Dampfkraft oder der Telegraphie und der Staat war zur »orientalischen Frage« herabgesunken. In den letzten Jahren ihrer Herrschaft stand der Name der Osmanen für Verfall, für langwierige Verhandlungen ohne Ergebnisse statt Entscheidungen, für Bankrott und Korruption und die Welt ging über das Reich hinweg und reduzierte es auf einen anatolischen Rest und einen kleinen Teil, der die heutige Türkei auch zu einem europäischen Staat...

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