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Das politische Kapital der Angst. Politische Manipulation in den sozialen Medien

VerlagStudylab
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl110 Seiten
ISBN9783960954002
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Wer ängstlich ist, ist manipulierbar. Wenn man gezielt auf die Ängste einer Person einwirkt, so wirkt man unweigerlich auch auf deren Stimmung ein. Deshalb sind Ängste seit einiger Zeit zum politischen Faktor geworden. Diese Publikation verdeutlicht, wie die Politik sich die Angst zunutze macht und welche Mittel sie dabei verfolgt. Vor allem die sozialen Medien sind in diesem Zusammenhang ausschlaggebend. Immer mehr tragen sie zur politischen Meinungsbildung bei, eignen sich aber auch besonders, um Ängste und Gerüchte zu verbreiten. Welche Stilmittel verwenden lokale Politiker in ihren Wahlkampfreden und in welchem Verhältnis stehen ihre Aussagen zu Erhebungen der Polizeilichen Kriminalstatistik des Bundes von 2015 und 2016? In Zeiten der Angst gibt diese Publikation einen Überblick über aktuelle Fragen und Antworten. Aus dem Inhalt: - Chemnitz; - AfD; - Soziale Medien; - Meinungsbildung; - Manipulation

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Leseprobe

3 Angst als Potenzial für die Politik


 

Dieser Umstand ist nicht nur im Kleinen, sprich in direkter Interaktion mit dem Einzelnen, möglich, sondern kann ganze Gruppen erreichen.

 

Angst ist ein Affekt, welcher in einer Gesamtstimmung mitschwingt. Wenn man also gezielt auf die Ängste einwirkt, so wirkt man unweigerlich auch auf die Stimmung ein. „Während Emotionen dem Wetter gleichen, das kommt und geht, sorgen Stimmungen wie das Klima über längere Zeiträume hinweg für Grundtendenzen.“ (Schreiber, 2017) Menschen befinden sich immer in einer positiven oder negativen Stimmung. Es geschieht nie, dass sie sich in keiner oder einer neutralen Stimmung befinden, auch wenn sie dies vielleicht annehmen. Stimmung ist also immer da; positive oder negative Gefühle können in ihr mehr oder weniger in den Vorder- oder Hintergrund rücken (vgl. Eder, 2017).

 

Der Mensch braucht das Gespür für die ihn umgebenen Stimmungen. Eine soziale Interaktion funktioniert nur dann, wenn man sich (intuitiv) in andere hineinversetzt, deren Stimmung aufnehmen kann. Menschen fangen also unbewusst Stimmungen auf und passen sich an. Stimmungen erfüllen seit Urzeiten die Funktion, dass sie über aktuelle Ereignisse und wichtige Zusammenhänge in der Umwelt informieren und damit dem Individuum helfen, sich darin besser zurechtzufinden. Diese Fähigkeit, die Theory of Mind, ist so prägnant, dass diese bereits mit der Geburt vorhanden ist und sich im Laufe des Heranwachsens weiter herausbildet. Nur Menschen, die zu keiner Empathie fähig sind, können keine Stimmungen auffangen (vgl. ebd.).

 

Mit der Aufnahme der gesellschaftlichen Stimmung hat man also ein großes Kapital, diese nachhaltig zu beeinflussen.

 

Wer ängstlich ist, ist manipulierbar, stärker als der, der eine zuversichtliche Grundhaltung einnimmt. Deshalb sind Ängste unlängst zum politischen Faktor geworden. Heinz Bude verweist auf die Grundgedanken von Heidegger, dass jede Erkenntnis eine von außen gestimmte Erkenntnis ist, sowie jeder Weltbezug ein ebenso von außen gestimmter Weltbezug ist. Dadurch sind Stimmungen, die als unfokussierte Wertungszustände bezeichnet werden, bedeutender um kollektive Veränderungen zu erfassen, als harte Fakten: Enttäuschungen und Hoffnungen der Bürger beeinflussen politische Wahlen weitaus mehr als Argumente der Kandidaten (vgl. Bude, 2017). Wenn ein Mensch in negativer, besorgter Stimmung ist, dann wird er eher auf angstauslösende Dinge achten als auf diese, die Chancen eröffnen.

 

Wenn eine politische Wahl ansteht, ist deshalb für diesen besorgten Einzelnen von besonderem Interesse, wie Kandidaten mit Gefahren und Bedrohungen umgehen (vgl. Eder, 2017). Für das politische Kapital der Angst bedeutet das weiter, dass die ernst zu nehmenden Ängste der Bevölkerung aus parteitaktischem Kalkül bewirtschaftet und verstärkt werden können. Das derzeitige hohe Potenzial an Ängsten und Befürchtungen begünstigt daher auch eine „Politik der Angst“, welche beinhaltet den Kontinent stark vor Migration zu sichern, eine Verstärkung der Polizei gegen Kriminalität, Maßnahmen gegen die Ausnutzung des Sozialstaates und ein Kampf gegen die „Islamisierung des Abendlandes“ (vgl. Zulehner, 2016. S. 1f.).

 

Wer also vor einer Wahl in einer Zeit, in welcher sich die Bevölkerung Unsicherheiten und Ängsten gegenübersieht, Sicherheitsgefühl-schaffende Maßnahmen aufgreift und sein Wahlprogramm maßgeblich auf diesen aufbaut, ist potenziell dann erfolgreicher, wenn er parallel gezielt Ängste aufzugreifen – zu manipulieren – vermag.

 

3.1 Grundlegende Methoden der Manipulation


 

In der Politik sind ein ganzer Wirtschaftszweig und eine wissenschaftliche Disziplin, die politische Psychologie, entstanden, welche sich mit den Möglichkeiten und Umsetzung gezielter Manipulation der Massen zu politischen Zwecken beschäftigen.

 

Jeder ist diesen manipulativen Mechanismen ausgesetzt, doch sie sind kein Schicksal. Ein jeder hat die Freiheit und eigene Verantwortung ausgeblendete Zonen und Risse im propagandistischen System zu untersuchen und sich so fragen, wem er wie weit vertraut (vgl. Schilling, 2017. S. 3). Um diese Frage stellen zu können, ist es jedoch wichtig, um die Methoden zu wissen. Aus diesem Grund werden folgend einige ausgewählter dieser erläutert.

 

(Nicht nur) Propaganda

 

Propaganda ist der Versuch, „kollektive Überzeugungen und Emotionen zu formen, zu synchronisieren und für zielgerichtetes Handeln zu Motivieren.“ (Schilling, 2017. S. 3) Hierbei wird sie von verschiedensten Akteuren für ideologische Zielsetzungen eingesetzt, wobei ihnen gemein ist, dass sie instrumentenunabhängig immer der Akteure eigener Ziele dienen (vgl. ebd.). Charakteristisch für Propaganda ist, dass sie die verschiedenen Seiten einer Thematik nicht darlegt und Meinung und Information vermischt. Wer Propaganda betreibt, möchte nicht argumentativ oder im Diskurs überzeugen, sondern die Emotionen und das Verhalten der Menschen beeinflussen. Propaganda gibt dem Menschen das Gefühl, mit der übernommenen Meinung richtig zu liegen, ohne sich mit Fakten auseinandersetzen zu müssen (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.) 2011). Besonders in autoritären und totalitären Staaten wird Propaganda als Beeinflussungsstrategie verwendet. Dort ist sie meist verbunden mit anderen Formen staatlicher Informationskontrolle, Monopolisierung der Medien, Verfolgung Andersdenkender und direkter Zensur, um die staatliche Ideologie auf möglichst allen Ebenen gesellschaftlichen Lebens zu indoktrinieren (vgl. ebd.).

 

Es gibt Propagandaformen, die ohne den Einsatz von Medien auskommen. Dazu zählen vor Publikum gehaltene Reden, Lieder oder auch Predigten.

 

Die Möglichkeiten der, vor allem elektronischen, Medien, sowie deren Vorteile im Hinblick auf den Verbreitungsumfang und der Schnelligkeit der Übertragung, haben allerdings dazu geführt, dass Propaganda heute fast ausschließlich mithilfe von Medien erfolgt. „Häufig eingesetzte Formen sind schriftliche Dokumente wie Flugblätter, Zeitungs- und Internetartikel oder Plakate, fotografische Aufnahmen, Filmaufnahmen, Radiosendungen oder Computerspiele.“ (ebd.) Es gehören jedoch auch gezielte Falschinformationen dazu, welche mit dem Anglizismus des Jahres 2016 „Fake News“ neu in den öffentlichen Fokus rückten, ebenso wie manipulierte Statistiken.

 

Die Propaganda wird dabei auf verschiedenen Wegen weitergeben: persönlich, über Massenmedien und über das Internet.

 

Die genannten Methoden werden nicht ausschließlich propagandistisch verwendet, sondern dienen auch anderen, oft subtileren, Zielen des Einwirkens auf politische Meinungen. Die (staatlichen) Akteure verfolgen dabei die Zielsetzung, das eigene Handeln in der öffentlichen Wahrnehmung in einem positiven Licht erscheinen zu lassen. Die mediale Darstellung soll dabei gemäß ihrer Deutung erfolgen. Die Medien werden genutzt, um diese Bilder weiter zu transportieren (vgl. ebd.). Das erfolgt mittels verschiedener Strategien, wie der Durchführung von Medienevents und der Initiierung eines öffentlichen Austauschs über die Medien, der öffentlichen Reaktion auf wenig vorteilhafte Berichte oder der Verbreitung eigener Medienbeiträge (vgl. ebd.).

 

Ab von der Politik werden diese Vorgehensweisen vorrangig in der Werbung genutzt, um Produkte aller Art zu vermarkten. Auch das Akquirieren von Spenden funktioniert bisweilen über diese Prinzipien.

 

Immer dann, wenn ein Ziel, gleich welcher Intention, erreicht werden soll, werden beeinflussende Kanäle genutzt. Somit kann man über jene Wege auch Angstgefühle positiv wie negativ beeinflussen.

 

3.2 Digitale Methoden


 

Während in der Vergangenheit vornehmlich das Radio, Printmedien und Film, später das Fernsehen genutzt wurden, sind die Mittel der Meinungseinwirkung in den letzten Jahrzehnten deutlich vielfältiger geworden. Immer mehr Bedeutung gewinnen dabei die verschiedenen Netzwerke und Formate digitaler Plattformen. Über diese erschöpft sich die Beeinflussung nicht mehr nur über Worte, Bilder oder Zahlen, sondern auch über Algorithmen, Likes und Social Bots.

 

Die „Fake-News“ haben dabei mit dem „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ (NetzDG) sogar Einzug in die Gesetzgebung gefunden, da deren schädliche Auswirkungen nicht mehr nur für den Einzelnen, sondern teilweise bis auf Staatsebene reichen.

 

Nachfolgend eine Aufführung der momentan bekanntesten und wichtigsten Verfahrensweisen, welchen man in der Cyberwelt ausgesetzt ist und die kontinuierlich auf die Nutzer einwirken.

 

    

 

Es ist zu bedenken, dass es sich bei der Frage um Auswirkungen von False- Flag- und Honeypot-Aktionen, Social Bots und der Filterblasen um ein sehr junges Forschungsfeld handelt, in welchem man erst am Anfang der Untersuchungen steht. Eine umfassende empirische Datenerhebung ist notwendig, um gesicherte Erkenntnisse zu erlangen. „Es gehe darum, ein eigenes Ökosystem mit einem komplexen Wechselspiel maschineller und menschengemachter Tweets zu verstehen.“ (Bundeszentrale für politische...

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