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Das Rätsel der Arche Noah

Expedition zu den Bergen von Ararat

AutorTimo Roller
VerlagSCM R.Brockhaus im SCM-Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl264 Seiten
ISBN9783417227239
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis3,99 EUR
'Arche Noah auf dem Ararat gefunden' - oft schon gingen solche Meldungen durch die Presse. Meist war das nur Sensationsmache. Timo Roller berichtet fachkundig und unterhaltsam über frühere Expeditionen. Seine These: Man hat am falschen Ort gesucht! Er plädiert für den Berg Cudi im Südosten der Türkei als den richtigen Landeplatz der Arche und untermauert das mit zahlreichen Argumenten. Außerdem geht er den naturwissenschaftlichen und historischen Fragen nach, die durch die Sintflut aufgeworfen werden. Der Autor hat 2013 einige seiner Forschungsergebnisse auf einer internationalen wissenschaftlichen Konferenz vortragen können. Dabei hat er auch die Gegend am Berg Cudi bereist.

Timo Roller ist selbstständiger Medieningenieur, Regisseur und Buchautor. Seit einigen Jahren erforscht er historische, archäologische und geologische Hinweise auf die Sintflut und die Arche Noah. Im September 2013 nahm er als Referent an einer wissenschaftlichen Konferenz in der Südosttürkei am Fuße des 'Archebergs' Cudi teil.

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Leseprobe

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7. Die Besteigung des Ararat und erste Sichtungen der Arche


»Einen Augenblick hielten wir inne am Fuße der mächtigen Schneepyramide, die sich vor unserem Blicke an dem heiteren blauen Himmel wundervoll projizierte, trafen noch eine Auswahl der entbehrlicheren Gegenstände, die wir hinter einem Felsen zurückließen, und betraten nun ernst und still, nicht ohne einen gewissen heiligen Schauer die Region, in der sicher seit Noahs Zeiten kein menschlicher Fuß geweilt hatte. Am Anfang war das Fortkommen leicht, weil der Abhang nicht sehr steil und überdies mit einer Lage frischen Schnees bedeckt war, auf der sich’s behaglich wanderte; auch konnten die wenigen Querspalten im Eise wegen ihrer geringen Breite leicht überschritten werden. Diese Freude währte aber nicht lange, denn nach ein paar hundert Schritten vermehrte sich schon die Neigung dergestalt, dass wir im Schnee nicht mehr festen Fuß fassen konnten, sondern, um nicht auf der darunterliegenden Eisfläche zu gleiten, unsere Zuflucht zu dem Hilfsmittel nehmen mussten, auf dessen Gebrauch ich mich und alle meine Begleiter gefasst gemacht hatte, nämlich das Aushauen von Stufen.«1

Dr. Friedrich Parrot (1792–1841), ein deutschbaltischer Forschungsreisender, war der erste, der mit einer Bergsteigergruppe den Gipfel des Ararat erreicht hat. Der Berg galt zuvor als unbezwingbar. Aufgrund der zurückhaltenden – nach Parrots Ansicht abergläubischen – Angaben seiner armenischen Begleiter wurde seiner Erstbesteigung immer wieder misstraut. Obwohl Parrot heute offiziell als Ararat-Pionier gilt und seine Besteigung »kaum noch angezweifelt werden« kann2, neigen Schriftsteller wie Frank Westerman nach wie vor dazu, seine Berichte »mit großer Vorsicht zu genießen«3.

Zwar liegt der Ararat in der heutigen Türkei, er gilt aber doch vor allem den Armeniern als heiliger Berg und Wahrzeichen ihrer nationalen Identität. Er ist dort allgegenwärtig auf Flaggen, Wappen und Münzen. Der Anblick des Ararat von der Hauptstadt Eriwan aus ist das bekannteste Postkartenmotiv des Landes. Obwohl unerreichbar jenseits der Grenzlinie, gilt der Ararat, von den Einheimischen »Masis« genannt, als der Mittelpunkt Armeniens.

Eine alte Legende besagt, dass einst der Heilige Jakob die Arche auf dem Gipfel des Ararat suchen wollte. Doch ein Engel habe ihn zurückgedrängt und ihm schließlich als Lohn für seine Bemühungen ein Stück der Arche geschenkt. Bis heute wird diese Reliquie in der Kathedrale von Etschmiadsin aufbewahrt. Doch die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass sich das in der Legende beschriebene Ereignis am Großen Ararat abgespielt hat.4 Trotzdem begründete es den Mythos der Unbesteigbarkeit des heiligen Berges.

Auch wenn Parrot nicht nach der Arche suchte, war seine Erstbesteigung wohl der wichtigste Auslöser für einen regelrechten Arche-Boom in der folgenden Zeit: Es war möglich geworden, diesen Berg zu besteigen, und vielleicht befanden sich – wie von Parrot angedeutet – unter dem Eis noch Überreste des uralten Schiffes:

»Fragt man nun nach der Möglichkeit von Überresten der Arche auf dem Ararat, so kann die Physik eine solche Möglichkeit nicht verwerfen, falls wir nur annehmen, dass der Gipfel des Ararat bald nach der Sündflut wieder angefangen habe, sich mit unvergänglichem Eis und Schnee zu bedecken, was zu bezweifeln kein triftiger Grund vorhanden ist, besonders wenn man erwägt, dass Eis- und Schneedecken von hundert und mehr Fuß Tiefe in großen Gebirgen gar nichts Ungewöhnliches sind, also wohl auch in der Vertiefung auf dem Gipfel des Ararat leicht so viel Eis liegen mag, als nötig ist, die 30 Ellen hohe Arche zu bedecken.«5

Wie es das beschriebene Aushauen von Stufen vermuten lässt, war es kein leichtes Unterfangen, den 5137 Meter hohen Gipfel zu besteigen. Das erste Vortasten bis zur Schneegrenze begann am 12. September 1829 (nach dem julianischen Kalender) und endete mit einem schmerzhaften Sturz Parrots. Der zweite Versuch vom 18. bis 20. September musste auf knapp 4200 Metern Höhe aufgegeben werden. Zum dritten Anlauf machte sich Parrots Gruppe am 26. September in aller Frühe auf, um recht schnell die Schneegrenze zu erreichen und von dort aus am nächsten Tag auf anderer Route zum Gipfel und wieder zurück zu gelangen.

Parrot beschreibt die Ankunft auf dem Ararat überschwänglich:

»Wir überschritten ohne Aufenthalt noch ein paar Hügel; da wehte Gipfelluft; ich trat hinter einem der Schneebuckel des Abhanges hervor und – der äußerste Kegel, die höchste Kuppe des Ararat lag unverkennbar vor meinen freudetrunkenen Blicken. Noch ein letztes Aufgebot unserer Kräfte war nötig, nur noch eine Eisfläche mittels Stufen zu ersteigen, und wir standen auf dem Gipfel des Ararat um ein Viertel nach 3 Uhr des 27. Septembers 1829!

Mein erstes Streben und Genießen war Ruhe; ich breitete meinen Mantel unter mir aus und setzte mich nieder. Ich befand mich auf einer schwach gewölbten, fast kreisförmigen Fläche von ungefähr 200 Schritt im Umkreise, die am Rande nach allen Seiten hin ziemlich steil abfiel; besonders aber gegen Süd- und Nordost; es war das starre, von ewigem Eise gebildete, durch keinen Felsen, keinen Stein unterbrochene Silberhaupt des alten Ararat. […] Wenn irgendein Punkt des Gipfels dafür angenommen werden soll, derjenige zu sein, auf welchem Noahs Arche sich niedergelassen hat, dann diese Vertiefung; denn an Raum würde es daselbst nicht gefehlt haben, da die Arche, wenn sie auch nach Genesis 6,15 dreihundert Ellen lang und fünfzig Ellen breit gewesen ist, noch nicht den zehnten Teil ihrer Oberfläche eingenommen hätte.«6

Folgende fünf Personen waren neben Parrot die Ersten auf dem Gipfel des höchsten Berges der heutigen Türkei: »Chatschatur Abowian, Diakon in Etschmiadsin, Sohn eines Landmannes aus Kanakir bei Eriwan, Alexej Sdrowenko und Matwej Tschalpanow vom 41. [russischen] Jägerregimente sowie Owannes Aiwassian und Murat Pogossian, Bauern aus Arguri.«7 Die Datumsangaben Parrots beziehen sich auf den julianischen Kalender; nach der gregorianischen Zeitrechnung war der Tag der Erstbesteigung der 9. Oktober 1829.

Eine Zeichnung des Berges von Friedrich Parrot. Es ist noch das St.-Jakob-Kloster zu sehen, das durch den Bergsturz im Jahr 1840 zerstört wurde.

Weitere Besteigungen folgten. 1835 bezwang Karl Behrens den Ararat, Wilhelm Hermann Abich erreichte 1845 als erster den östlichen, zehn Meter tiefer gelegenen Gipfel, der nun seinen Namen trägt. 1846 war H. Danby Seymour auf dem Berg.

Eine größere russische Expedition machte sich 1850 zum Ararat auf. Schwere Unwetter verhinderten jedoch die geplanten ausführlichen Vermessungsarbeiten.8

»Entdeckungen«


Als die »früheste bekannte Entdeckung der Arche Noah in moderner Zeit«9 gilt im Arche-Noah-Bestseller von Balsiger und Sellier ein Ereignis, das wohl »irgendwann zwischen 1850 und 1880 stattfand: Ein Armenier namens Haji Yearam berichtete von ›alljährlichen Wallfahrten hinauf zur Arche‹ und dem ›Bug eines riesigen Schiffes‹«10, der in einem Gletschersee aus dem Eis ragen würde. Nur einem kleinen Kreis habe Yearam die Geschichte weitererzählt, da ihm für den Fall des Verrats der Beobachtung Folter und Tod angedroht worden sei. Im Jahre 1918 habe dann in London ein Wissenschaftler die Geschichte bestätigt, als er auf seinem Sterbebett den damals geleisteten Schwur brach. Überliefert hat die Anekdote ein Adventistenpastor namens Harold W. Williams.

Etwas glaubwürdiger als diese ominöse Geschichte ohne handfesten Beleg ist der Bericht des britischen Juristen, Historikers und Politikers James Bryce (1838–1922), der 1876 auf dem Ararat war. Er behauptete, auf 4000 Metern Höhe »ein Stück bearbeitetes Holz«11 gesehen zu haben. Er habe sogar ein Fragment davon mitgenommen, machte aber kein großes Aufheben darum, da er sich persönlich gut vorstellen konnte, »dass ihm für die Existenz dieses Holzstücks auf den Felsen in so großer Höhe durchaus auch eine andere Erklärung einfallen könnte«12.

Bryce erwähnt auch die Katastrophe, die im Jahr 1840 das Dörfchen Arguri und das Kloster St. Jakob zerstörte, in dem Parrot untergekommen war. Beschreibungen und Zeichnungen Parrots sind somit die einzigen überlieferten Erinnerungen an das Kloster. »Das kleine Kloster, wo Parrot von den Mönchen, die sich vor den Störnissen der Welt zu dieser heiligen Stätte zurückgezogen hatten, so freundlich aufgenommen worden war, ist für immer dahin; auf dem Berge der Arche Noah ertönt kein Glockengeläut mehr, wird kein christlicher Gottesdienst mehr abgehalten«13, schreibt James Bryce.

»Augenzeugen«


Als die bis heute zuverlässigsten Augenzeugenberichte gelten die unabhängigen und doch auffällig übereinstimmenden Erzählungen des Armeniers George Hagopian, des russischen Fliegers Wladimir Raskowitskis und des US-Soldaten Ed Davis. An diesen drei Zeugen hielt zuletzt im Oktober 2011 Rick Lanser fest, um den Ararat als Landeplatz gegenüber der später noch ausführlich zu diskutierenden Alternative, dem 300 km südwestlich gelegenen Berg Cudi, zu untermauern.14 Er führt das biblische Prinzip (Matthäus 18,16; 5. Mose 19,15) der zwei oder drei Zeugen an, die man nicht so einfach als unglaubwürdig beiseite wischen könne, wie dies die Vertreter der Cudi-These – namentlich Bill Crouse – machen würden.

Hagopians Geschichte lautet wie folgt:

»Mein Großvater war der Priester der großen armenischen Kirche in Wan [am Wan-See], und er hatte mir oft von dem...

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