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E-Book

Das Ziel ist der Gipfel

AutorPeter Habeler
VerlagTyrolia
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783702236847
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Peter Habeler wurde im Jahr 1978 weltbekannt, als ihm gemeinsam mit Reinhold Messner die erste Besteigung des Mount Everest ohne zusätzlichen Sauerstoff gelang. Weitere erfolgreiche Achttausenderexpeditionen, z. B. zum Nanga Parbat, Cho Oyu oder Kangchendzönga folgten. Schon zuvor machte sich Habeler mit frühen, teils unglaublich schnellen Wiederholungen extremer Routen einen Namen in der internationalen Bergsteigerszene. Und auch heute noch knüpft er an seine Erfolge von damals an: Zusammen mit David Lama durchstieg er im Frühjahr 2017 - 42 Jahre nach seinem 10-Stunden-Rekord mit Reinhold Messner - die berüchtigte Eigernordwand und stellte damit einen Altersweltrekord auf. Zum 75. Geburtstag wurde nun die Biografie des sympathischen Spitzenbergsteigers aus dem Zillertal neu aufgelegt - erweitert um acht Seiten mit einem neuen Text von Peter Habeler und einem Interview mit der renommierten Alpinjournalistin Karin Steinbach. Im Rückblick auf sein aufregendes Leben mit und in den Bergen berichtet Peter Habeler in persönlichen Texten und vertiefenden Interviews von seinen großen Leistungen und lässt ein halbes Jahrhundert Alpinismus Geschichte lebendig werden. Das Buch ermöglicht aber auch die persönliche Begegnung mit dem Menschen Peter Habeler, mit der Landschaft und den Leuten, die ihn geprägt haben. Ehrlich und offen erzählt er von Grenzerfahrungen, Triumphen und Niederlagen, von wichtigen Erfahrungen und Freundschaften, von notwendiger jugendlicher Frechheit, von der Kunst, als Bergsteiger älter zu werden, und warum es ihn immer noch, immer wieder gipfelwärts zieht.

PETER HABELER, geboren 1942 in Mayrhofen im Zillertal, galt schon vor der sensationellen ersten Everest-Besteigung ohne Flaschensauerstoff als einer der besten Bergsteiger Österreichs. Er leitete jahrelang die österreichische Berg- und Skiführerausbildung. 1999 wurde ihm für seine Verdienste im alpinen Sicherheitswesen der Professorentitel zugesprochen. KARIN STEINBACH, 1966 geboren und bei München aufgewachsen, war von Jugend an in den Bergen unterwegs. Im Deutschen Alpenverein erhielt sie mit 22 Jahren die Lizenz als Fachübungsleiterin Hochtouren. Die Literatur- und Kommunikationswissenschaftlerin hat in 15 Verlagsjahren in München und Zürich mit zahlreichen Alpinisten und Bergbuchautoren zusammengearbeitet. Sie lebt als freie Journalistin und Autorin in St. Gallen.

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Leseprobe

Reinhold Messner in der steilen Nordwestwand des Hidden Peak

Ihr seid dann in einem Zug bis ins Lager 1 abgestiegen und wart am nächsten Tag wieder im Basislager. Vier Tage für einen Achttausender – wirklich eine elegante Geschichte.

Ich bin davon ausgegangen, dass wir das schaffen. Ich war sehr motiviert. Und abgesehen von meinen Migräneanfällen in Skardu und im Lager 1 ging es mir ausgezeichnet. Auch Reinhold war in Bestform, außerdem hatte er schon die Erfahrung vom Nanga Parbat und vom Manaslu. Nach unserem Erfolg am Hidden Peak lag es nahe, weitere Achttausender zu besteigen, und Reinhold schlug für 1977 den Dhaulagiri vor.

Warum seid ihr am Dhaulagiri gescheitert?

Das hatte mehrere Gründe. Zum einen das Wetter: Es schneite dauernd, die Verhältnisse waren schlecht. Außerdem hat unser Viererteam mit Otto Wiedmann und Mike Covington nicht ganz harmoniert. Für eine Wand wie die Dhaulagiri-Südwand, die mehr als 4000 Meter hoch ist, muss alles optimal stimmen. Sie wurde erst 1999, mehr als 20 Jahre nach uns, von Tomaž Humar erstbegangen.

Humar hat dem Alpinstil noch eins draufgesetzt, indem er allein ging. Reinhold Messner und du, ihr wart frühe Anhänger des Alpinstils im Himalaja. War das damals schon Strategie? Oder hat sich das einfach aus der Not ergeben, weil ihr euch eine große Expedition mit all diesem Aufwand an Organisation und Trägern gar nicht leisten konntet?

Das war schon Strategie. Wir wollten aus zweierlei Gründen klein bleiben. Erstens ist die Organisation bei einer kleinen Mannschaft leichter und zweitens die menschliche Seite unproblematischer. Wenn du dir die großen Expeditionen aus den Sechziger- und Siebzigerjahren anschaust, bei denen gab es doch fast jedes Mal Zores. Der eine will das, und der andere will das nicht, und der Dritte will überhaupt nicht, und der Vierte möchte es in einem Tag machen. Wir haben uns gesagt: Wir sind zwei, wir sind beide eigenständig, wir sind gut. Wir haben die Möglichkeit, diese hohen Berge zu besteigen, und zwar ohne Sauerstoff. Wir wussten, dass wir uns gegenseitig total aufeinander verlassen können. Die Kleinstexpedition mit Partnern, die ich gut kenne, hat sich als das am besten Machbare gezeigt. Nach dem Everest war ich nur noch in Kleinstexpeditionen unterwegs – außer 1984 am K2, und da hat es auch nicht funktioniert. Eine kleine Expedition ist schlagkräftig, aber die Teilnehmer müssen natürlich harmonieren.

Wieder zurück im Basislager – die Besteigung des Hidden Peak war einer der größten Erfolge von Peter Habeler und Reinhold Messner.

Am Everest wart ihr aber in eine größere Expedition eingebunden?

Ja, denn so schnell hätten wir für ihn gar keine Genehmigung bekommen. Deswegen schlossen wir uns einer bereits genehmigten Expedition an, der des Österreichischen Alpenvereins. Reinhold kannte Wolfgang Nairz, den Leiter, gut, mit ihm war er 1972 am Manaslu gewesen. Reinhold war auch die treibende Kraft bei der Everest-Besteigung ohne Sauerstoff, er war der Stratege. Und er wusste, in mir hat er einen kongenialen Partner, der mitmacht.

Allen Zweifeln zum Trotz: Am 8. Mai 1978 wird der Gipfel des höchsten Berges der Welt erstmals ohne künstlichen Sauerstoff erreicht.

Der aber nicht nur „mitmachte“, sondern, nachdem er seine Zweifel überwunden hatte, genauso zum Gipfel wollte wie er.

Genau. Ich war mir aber bis zum Südgipfel nicht sicher, ob wir es schaffen würden oder nicht. Es war neblig, es hat geweht, und vor allem mussten wir wahnsinnig viel spuren. Das Spuren war die Hölle. Wenn du bei jedem Schritt in diesem windgepressten Schnee bis zum Knie einbrichst, das kostet unheimlich viel Kraft. Vom Südgipfel an war ich dann überzeugt, ja, jetzt werden wir es machen. Reinhold kletterte den Hillary Step als Erster, weil er von oben filmen wollte. Der Grat ist steil, ausgesetzt, es geht sowohl nach Südwesten steil hinunter als auch nach Osten, auf die Kangshungseite. Das sind fast 3000 Meter bis auf den Kangshunggletscher. Wenn du da ausrutschst, bist du weg, und deinen Partner ziehst du mit.

Zu der Zeit war der Hillary Step ja nicht versichert – ihr seid also in Seilschaft geklettert und habt euch gegenseitig gesichert?

Nein, wir waren mit dem Seil verbunden und sind gleichzeitig gegangen. Wenn einer gefallen wäre, hätte der Zweite in die andere Seite des Grates springen müssen. Das wäre die einzige Rettung gewesen. Eine sehr theoretische. Heute ist das am Hillary Step kein Thema mehr, heute gehen da Fixseile hinauf, in die sich jeder einhängt. Wir hatten einen tief verschneiten Grat vor uns, wir wussten nicht, ob rechts eine Lawine abbricht oder links. Das war damals ganz anders. Kein einziges Fixseil. Nichts.

Deine Rutschpartie im Abstieg, Peter, war die wirklich so harmlos, wie du sie darstellst?

In meinen Augen war sie harmlos, weil es ein langsames, kontrolliertes Rutschen war, abgesehen vielleicht vom Schluss, als ich das letzte Stück mit dem kleinen Schneebrett hinaustransportiert wurde. Der Schneekeil, der sich zwischen meinen Beinen gebildet hatte, bremste mich. Ein Kind würde das vermutlich genauso machen.

War das eine bewusste Entscheidung oder eher etwas Instinktives?

Ich glaube, ich habe da ganz instinktiv gehandelt. Ich wollte so schnell wie möglich hinunter ins Lager, und auf diese Weise kam ich am schnellsten und am sichersten nach unten. Ich habe das in den Zillertaler Alpen auch manchmal so gemacht, habe mich einfach hingesetzt und bin langsam abgerutscht. Wichtig war nur, dass ich die Richtung zum Südsattel erwischte und nicht auf die Ostseite abdriftete, wo diese riesigen Mengen verfrachteten Schnees waren. Ich rutschte also in der Falllinie ab, stand auf, querte ein bisschen nach rechts, wo teilweise noch unsere Aufstiegsspuren sichtbar waren, setzte mich wieder hin, fuhr ein paar Meter ab, ging wieder Richtung Spur. Das war dieser einstündige Abstieg, der natürlich schon sehr schnell war.

Was hat euch die Sicherheit gegeben, dass ihr in dieser extremen Höhe ohne künstlichen Sauerstoff keine Schäden davontragen würdet?

Na ja, Sicherheit gab es da keine. Das waren ja genau unsere Bedenken: dass wir ohnmächtig werden, dass es irgendwo im Hirn einen Riegel umlegt und wir den Verstand verlieren. Das wusste man ja nicht, das mussten wir ausprobieren. Reinhold flog 1977, nach unserem Versuch am Dhaulagiri, mit dem Schweizer Piloten Emil Wick über den Everest, bis auf 9000 Meter hinauf, und setzte dabei keine Sauerstoffmaske auf. Das ging, und das machte uns Mut. Und wir wussten – Reinhold vom Nanga Parbat und vom Manaslu, ich vom Hidden Peak –, dass wir auch oberhalb von 8000 Metern noch Reserven hatten.

War der Everest der Beginn deiner Karriere, weil du durch diese Besteigung weltbekannt wurdest, oder war er ihr Höhepunkt?

Der Everest war noch lange nicht mein Höhepunkt. Am Everest war ich längst nicht so leistungsfähig wie bei meinen späteren Expeditionen. Aber natürlich verdanke ich ihm viel. Unsere Besteigung hat mir gezeigt, dass alle anderen Achttausender ohne Sauerstoff zu machen sind. Am Everest war ich durch die Ungewissheit noch gehandicapt, danach war ich freier. Er hat mir sozusagen die Angst vor weiteren Achttausender-Besteigungen genommen. Auf der anderen Seite hat er meine Karriere, wenn man das so sagen will, für etwa sechs Jahre unterbrochen. Ich war bis 1984 auf keinem Achttausender mehr. Ich habe sehr viele Vorträge gehalten, ich habe mein Buch „Der einsame Sieg“ geschrieben, ich habe meine Alpinschule ausgebaut, mein privates Leben orientiert – habe ein Haus gebaut, war für die Familie da. Reinhold machte nach dem Everest sofort weiter, nutzte seine gute Akklimatisation, um im gleichen Sommer den Alleingang am Nanga Parbat zu machen. Und hatte im Jahr 1986 alle 14 Achttausender bestiegen.

Du dagegen hast das Publikumsinteresse nach eurer Besteigung ohne Sauerstoff genutzt, um mit deinen Vorträgen und dem Buch Geld zu verdienen.

Da darf man natürlich nicht vergessen, dass ich in relativ armen Verhältnissen aufgewachsen bin. Das Geld, das ich verdiente, steckte ich in Alpinausrüstung und Expeditionen. Mein Familienleben mit Regina und Christian begann in einer kleinen Wohnung mit einem Zimmer und einer Wohnküche. Ich habe doch nie geglaubt, dass ich einmal in der Lage bin, in Finkenberg ein Haus zu bauen. Das war dann eben auch wichtig für mich, und das hat der Everest ermöglicht. Ein Haus bauen, einen Buben haben wir, einen Baum pflanzen. Das sind doch letzten Endes wichtigere Dinge als das Bergsteigen. Man macht sich ja auch über die Zukunft Gedanken. Die Nachfrage war da, und ich habe den Leuten gern meine Bilder gezeigt und von unseren Erfahrungen berichtet.

Du bist 1990 noch einmal an den Everest gefahren und hast den Nordgrat probiert. Du warst 2000 mit der Amerikanerin Christine Boskoff auf der Südseite. Was war deine...

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