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Dead Aid

Warum Entwicklungshilfe nicht funktioniert und was Afrika besser machen kann

AutorDambisa Moyo
VerlagHaffmans Tolkemitt Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl236 Seiten
ISBN9783942989718
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis11,99 EUR
Afrika ist ein armer Kontinent. Ein Kontinent voller Hunger, blutiger Konflikte, gescheiterter Staaten, voller Korruption und Elend. Um zu helfen, adoptieren Prominente afrikanische Halbwaisen und flanieren durch Flüchtlingslager, laden die Gutmenschen unter den Popstars zu Benefiz-Konzerten, und westliche Staaten haben in den letzten 50 Jahren eine Billion Dollar an afrikanische Regierungen gezahlt. Aber trotz Jahrzehnten von billigen Darlehen, nicht rückzahlbaren Krediten, Schuldenerlassen, bilateraler und multilateraler Hilfe steht Afrika schlimmer da als je zuvor. Mit Dead Aid hat Dambisa Moyo ein provokatives Plädoyer gegen Entwicklungshilfe und für Afrika geschrieben. Knapp, faktenreich und zwingend legt sie ihre Argumente dar. Entwicklungshilfe, im Sinne von Geld-Transfers zwischen Regierungen, macht abhängig. Sie zementiert die bestehenden Gegebenheiten, fördert Korruption und finanziert sogar Kriege. Sie zerstört jeden Anreiz, gut zu wirtschaften und die Volkswirtschaft anzukurbeln. Entwicklungshilfe zu beziehen ist einfacher, als ein Land zu sanieren. Im Gegensatz zu Bono und Bob Geldoff weiß Moyo, wovon sie spricht. Die in Sambia geborene und aufgewachsene Harvard-Ökonomin arbeitete jahrelang für die Weltbank. In Dead Aid erklärt sie nicht nur, was die negativen Folgen von Entwicklungshilfe sind und warum China für Afrika eine Lösung und nicht Teil des Problems ist; sie entwirft zudem einen Weg, wie sich Afrika aus eigener Kraft und selbstbestimmt entwickeln kann. In den USA und Großbritannien löste Dead Aid eine hitzige Debatte aus. Es stand mehrere Wochen auf der New York Times Bestsellerliste und wurde vom Sunday Herald zum Buch des Jahres gewählt. Das Time Magazine wählte Dambisa Moyo 2009 zu einer der 100 wichtigsten Persönlichkeiten der Welt.

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Leseprobe

Kapitel 1: Mythos Entwicklungshilfe

Die Lage in Afrika

Noch vor einem Jahrzehnt drängte sich beim Stichwort »Afrika« ein weitgehend trostloses Bild auf. Die wirtschaftlichen Aussichten waren düster, despotische Regime an der Tagesordnung, die Korruption grassierte, das soziale Kapital war aufgezehrt, und die Infrastruktur lag in Trümmern. Der Schwarze Kontinent galt als Kontinent der Hoffnungslosigkeit.

Doch im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends ist es zu Entwicklungen gekommen, die ein wenig hoffen lassen. Viele afrikanische Volkswirtschaften können jährliche Wachstumsraten um die fünf Prozent vorweisen, und immer mehr Länder werden mittlerweile demokratisch regiert.

Drei Faktoren sind für diesen Aufschwung verantwortlich.

Erstens hat in den letzten Jahren der Anstieg der Rohstoffpreise – Öl, Kupfer, Gold und Nahrungsmittel – die afrikanische Exportwirtschaft angetrieben und die entsprechenden Einkünfte steigen lassen. Zweitens haben afrikanische Länder in Folge der marktwirtschaftlichen Reformen der späten 80er Jahre von einer positiven politischen Dividende profitiert, in -dem sich seither ihre makroökonomischen Fundamentaldaten verbessert haben (steigendes Wachstum, sinkende Inflation, eine transparentere, umsichtigere und stabilere Geld- und Steuerpolitik). Trotz aller negativen Schlagzeilen hat es in einigen Ländern bemerkenswerte Verbesserungen der sozialen Indikatoren gegeben. So ist etwa in Kenia die HIV-Infektionsrate von 15 Prozent im Jahr 2001 auf sechs Prozent Ende 2006 gesunken. Und drittens hat sich die politische Landschaft Afrikas insgesamt positiv entwickelt, und das nicht nur auf dem Papier. Beispielsweise finden in der Hälfte der 48 subsaharischen Staaten Afrikas regelmäßig demokratische Wahlen statt, die als fair und frei bezeichnet werden können. Demokratische Wahlen sowie der Rückgang augenfälliger Korruption weisen u. a. in Angola, Ghana, Senegal, Tansania, Uganda und sogar in Nigeria auf ein deutlich verbessertes Investitionsklima hin.

Wer nur den Schlagzeilen glaubt und sich von überkommenen Vorurteilen beeinflussen lässt, dem dürfte wahrscheinlich der bedeutende Fortschritt in der Finanzentwicklung des Kontinents entgangen sein.

Die Johannesburger Börse – die älteste des subsaharischen Afrikas – wurde bereits 1887 gegründet. Ihr folgten 1896 die Bulawayo Exchange in der damaligen Kolonie Rhodesien und 1910 die Börse im damaligen Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia. Heute rühmen sich 16 afrikanische Staaten funktionierender und transparenter Aktienmärkte (Botswana, Kamerun, Ghana, Kenia, Malawi, Mauritius, Mosambik, Namibia, Nigeria, Südafrika, Swasiland, Ruanda, Tansania, Uganda, Sambia und Simbabwe). Die Börsenwerte der hier notierten Unternehmen beliefen sich im Jahr 2008 auf ungefähr 200 Milliarden US-Dollar (ohne Südafrika). Das entsprach etwa der Hälfte des Bruttoinlandsprodukts (BIP) des gesamten Teilkontinents.

Zwar ist die Liquidität der Aktienmärkte an den meisten afrikanischen Börsen mit einer Umschlagsquote von sechs Prozent im Jahr 2008 nach wie vor relativ gering (in Schwellenländern wie Brasilien, Russland, Indien und China liegt der Durchschnittswert bei 85 Prozent), doch wuchsen die Umsätze zwischen 2005 und 2006 um mehr als 50 Prozent. Wenn nichts Gegenläufiges passiert, wird sich diese Tendenz in nächster Zeit weiter fortsetzen.1

In drei der letzten fünf Jahre gehörten die afrikanischen Börsen zu den besten Anlagemärkten mit durchschnittlichen Kursgewinnen von über 40 Prozent. Das sambische Agrarunternehmen ZamBeef Products (einer der größten afrikanischen Anbieter von Eiern, Rindfleisch-, Hühnerfleisch- und Milchprodukten) verzeichnete 2007 eine preisbereinigte Rendite von 150 Prozent. Der nigerianische Banksektor legte zwischen 2005 und 2008 um 300 Prozent zu.

Auch die Ergebnisse der afrikanischen Rentenmärkte sind beeindruckend. Nationale Schuldverschreibungen brachten den Investoren 15 Prozent im Jahr 2006 und 18 Prozent 2007. In den letzten fünf Jahren fielen die Risikoprämien für afrikanische Staatsanleihen auf durchschnittlich 250 Basispunkte. Und außerbörsliche Investitionen in Afrika haben sich ebenfalls ordentlich rentiert, mit angeblich 30 Prozent über die letzten zehn Jahre.

Doch jenseits dieser bedeutsamen aktuellen Fortschritte in der wirtschaftlichen und politischen Landschaft ist das Gesamtbild der Entwicklung in Afrika weiterhin problematisch.

Mit einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen von knapp einem Dollar pro Tag ist Schwarzafrika immer noch die ärmste Region der Welt. Das reale Pro-Kopf-Einkommen liegt in vielen subsaharischen Ländern heute sogar niedriger als in den 70er Jahren. Nirgendwo ist der Anteil der Armen so hoch wie hier, und die 350 Millionen Afrikaner, die am Rande des Existenzminimums leben, stellen gut 50 Prozent aller Armen weltweit. 1990 waren es nur 20 Prozent, und 2015 werden es, einer Prognose des Human Development Report der Vereinten Nationen zufolge, immer noch ein Drittel sein. Und während rund um den Globus nach 1980 der Anteil der Menschen in extremer Armut gesunken ist, ist er im subsaharischen Afrika weiter angestiegen. Zwischen 1981 und 2002 hat sich die Anzahl der Armen auf dem Kontinent fast verdoppelt, wodurch der Durchschnittsafrikaner heute ärmer ist als zwei Jahrzehnte zuvor.

Die Lebenserwartung stagniert bestenfalls, teils sinkt sie auch. Während sie in allen anderen Kontinenten bei mindestens 60 Jahren liegt, sind es in Afrika aktuell nur 50 Jahre. In manchen Ländern ist sie sogar auf den Stand der 50er Jahre zurückgefallen (in Swasiland beträgt sie armselige 30 Jahre). Die abnehmende Lebenserwartung ist vor allem auf die HIV-/ Aids-Pandemie zurückzuführen. Von sieben afrikanischen Kindern stirbt eines vor dem fünften Lebensjahr.2 Das ist eine bedrückende Quote und deshalb besonders gravierend, weil die afrikanische Bevölkerung (wie die in vielen anderen Entwicklungsregionen der Welt) sehr jung ist. Ungefähr 50 Prozent sind jünger als 15 Jahre.

Die Lese- und Schreibfähigkeit der Erwachsenen ist in den meisten afrikanischen Ländern wieder unter das Niveau von vor 1980 gesunken. Die niedrige Alphabetisierungsrate, die prekären Gesundheitsindikatoren (Malaria und durch verunreinigtes Wasser übertragene Krankheiten wie Bilharziose und Cholera) und die Einkommensunterschiede sind insgesamt besorgniserregend. Und auch bei anderen wichtigen Indikatoren ist der Trend negativ: Afrika nimmt an den Fortschritten, die sich weltweit verzeichnen lassen, nur unzureichend teil. Die ökonomischen Wachstumsraten lagen in den vergangenen Jahren durchschnittlich bei fünf Prozent pro Jahr, aber nötig wären sieben Prozent, um substanzielle Erfolge bei der Armutsbekämpfung zu erzielen.3

Nur die Hälfte des afrikanischen Kontinents wird demokratisch regiert. Der Demokratieindex Polity IV des Center for Systemic Peace an der Colorado State University, der alljährlich über die Regimecharakteristika von mehr als 150 Staaten informiert4, weist für Afrika mindestens elf autokratische Regime aus (Republik Kongo, Äquatorialguinea, Eritrea, Ga bun, Gambia, Mauretanien, Ruanda, Sudan, Swasiland, Ugan da und Simbabwe). Zwei afrikanische Staatsoberhäupter (José Eduardo dos Santos in Angola und Teodoro Obiang in Äquatorialguinea) sind seit den 70er Jahren an der Macht. Omar Bongo Ondimba brachte es als Präsident von Gabun bis 2009 sogar auf mehr als 41 Amtsjahre. Fünf weitere Präsidenten regieren bereits seit den 80er Jahren (Blaise Compaoré in Burkina Faso, Paulo Biya in Kamerun, Sékouba Konaté in Guinea, Yoweri Museveni in Uganda und Robert Mugabe in Simbabwe). Seit 1996 kam es in elf Ländern zu Bürgerkriegen (Angola, Burundi, Tschad, Demokratische Republik Kongo, Republik Kongo, Guinea-Bissau, Liberia, Ruanda, Sierra Leone, Sudan und Uganda).5 Der Global Peace Index, herausgegeben von einem internationalen Gremium von Friedensforschern, rechnete im Mai 2008 vier afrikanische Nationen (der Reihenfolge nach Zentralafrikanische Republik, Tschad, Sudan und Somalia) zu den zehn gewalttätigsten Ländern der Welt – das sind mehr als auf jedem anderen Kontinent.

Warum scheint Afrika, im Gegensatz zu allen anderen Kontinenten, in einem Kreislauf der Dysfunktionen gefangen zu sein? Warum ist der Kontinent, im Gegensatz zu allen anderen der Erde, anscheinend außerstande, einen Fuß auf die ökonomische Leiter zu bekommen? Warum gehören, einer kürzlich erschienenen Studie zufolge, sieben afrikanische Länder zu den Top Ten der »gescheiterten Staaten«? Sind die Afrikaner grundsätzlich unfähiger? Ist ihre politische und wirtschaftliche Elite von Haus aus bestechlicher, skrupelloser, korrupter und inkompetenter? Was hält Afrika zurück, was macht es allem Anschein nach unfähig, dem Rest des Planeten ins 21. Jahrhundert zu folgen?

Die Gründe dafür finden sich in der Entwicklungshilfe.

Was ist Entwicklungshilfe?

Im Großen und Ganzen gibt es drei Arten von...

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