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E-Book

Deep Web - Die dunkle Seite des Internets

AutorAnonymus
VerlagAufbau Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783841207579
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
--- Hier beginnt die Welt von morgen --- Willkommen im Deep Web! Julian Assange und Edward Snowden, die NSA, das BKA, die Dissidenten des arabischen Frühlings - hier waren sie alle. Und hier gibt es alles: Waffen, Drogen, Pornographie. Aber es geht vor allem um eins: Freiheit durch Anonymität. Anonymus nimmt uns mit auf seine Reise ins atemberaubende Wunderland des Deep Web. Er trifft Geheimdienstvertreter und Hacker und gerät mitten hinein in den Kampf um die Säulen unserer Zukunft. Hautnah, hochspannend, topaktuell. ----

'Das Deep Web [...] ist ein schwindelerregend vollständiges Bild des menschlichen Geistes in unserem Jahrhundert.' Clemens J. Setz, Die Zeit -----

'Eine heiße Gonzo-Story über schwierige Kompromisse, üble Burschen und die Lücken der totalen Überwachung. [...] In diesem Buch wird sinnlich spürbar, wie ein Autor an die Grenzen der persönlichen Belastbarkeit gehen muss, um etwas über die Geheimnisse des Internets zu erfahren.' Martin Zähringer, Deutschlandradio Kultur

Das Deep Web ist eine digitale Parallelwelt. Es ist sehr viel größer als das sichtbare Internet, das Meiste ist endlose Datenödnis. Mittendrin aber befindet sich eine digitale Enklave, die denjenigen Schutz bietet, die die Öffentlichkeit scheuen oder fürchten müssen: Hacker, Dissidenten, Verirrte, Leidende, Gefährliche und Agenten. Menschen, die unerkannt bleiben wollen. Und jedes Recht dazu haben. Wenn das Internet ein gläserner Kasten ist, dann ist das Deep Web ein dunkler Keller. Doch die Anonymität hat ihren Preis. Sie macht verdächtig und weckt das Interesse der Geheimdienste und Cyber-Crime-Polizisten. Denn hier werden auch Kriegswaffen und Drogen verkauft, Kinderpornos getauscht. Anonymus steigt mit uns hinab ins Deep Web, erklärt im Selbstversuch, wie man hineinkommt, er trifft sich mit Insidern wie Bernd Fix, Moritz Bartl, Stephan Urbach, Daniel Domscheit-Berg. Er ist dabei, als das FBI Silk Road hochnimmt, den größten illegalen Warenhandelsplatz. Und er gerät unvermeidlich zwischen die Fronten. Auf der einen Seite das Streben der westlichen Staaten, ihre Bürger zu schützen, auf der anderen Seite der Kampf der Hacker gegen die totale Überwachung und für den letzten freien Raum unserer Welt, das Deep Web. Ein Kampf um unsere Zukunft, der längst öffentlich geführt werden müsste. ------ 'Ich bekomme immer wieder die Frage gestellt: Soll ich meine Notebook-Kamera abkleben? Sie sollten nicht nur ihre Kamera abkleben. Sie sollten auch ihr Mikrofon aus dem Rechner ausbauen.' Florian Walther, IT-Sicherheitsexperte

Anonymus studierte Journalismus und ist spezialisiert auf Reportagen in kriminellen und schwierigen Milieus. Er ist kein Teil des gleichnamigen Hackerkollektivs und braucht den Schutz des Pseudonyms, um gefahrlos und ungehindert seinen Recherchen nachgehen zu können.

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Leseprobe

PROLOG


»Eigentlich mag ich solche Bücher«, sagt Frank Puschin und macht ein mitleidvolles Gesicht. Dabei lehnt er sich bequem in seinem Stuhl zurück. »Wenn sie spannend sind, Neues bieten und der ganzen Komplexität gerecht werden. Dann ja.« Er nimmt einen Schluck Kaffee. »Können sie das aber nicht, und versuchen das nur, dann finde ich solche Bücher oberflächlich«, sagt er, während sein Mund für eine Sekunde hinter dem Tassenrand verschwindet. »Und überflüssig.«

Frank Puschin hat dunkles Haar, eine sportliche Statur, ein schmales Gesicht und kräftige Oberarme. Sein Blick ist durchdringend, wenn er spricht. Er fühlt sich an wie der Blick eines Röntgenapparats, den die Krankenschwester einem gerade vors Gesicht zieht und sagt: »Beim Röntgen kann heutzutage überhaupt nichts mehr passieren, das ist absolut ungefährlich.« Dann geht sie sicherheitshalber selbst vor die Tür. Und man möchte eigentlich mitgehen, kann aber nicht.

»Ich glaube, es ist sehr schwer, so ein Buch nur über das Tor-Netzwerk zu schreiben«, sagt Puschin. »Wäre natürlich gut, wenn man das schaffen würde«, fährt er fort und stellt seine Tasse zurück auf die weiße Tischplatte. »Aber wir vom LKA werden den Leuten hier sicher keine Anleitung geben, wie man im Internet unentdeckt bleibt – und dann krumme Dinger dreht. Und wir verraten auch keine Fahndungsgeheimnisse, wie man sich schützt und wie wir vorgehen. Das muss ganz klar rausbleiben aus dem Buch.«

Frank Puschin sieht aus wie Anfang 30, benimmt sich wie Mitte 30 und vermutlich ist er 38 oder so. Für sich und seine Familie baut er ein Haus. Im Grünen, wo es schön ist, nicht in der Stadt. Und vermutlich geistern in seinem Kopf deshalb gerade dringendere Dinge umher als das Tor-Netzwerk und die Arbeit mit einem Journalisten. Vielleicht denkt er in diesem Moment an die richtige Dämmung im Dach, die Badezimmerarmaturen oder die Vorteile einer kreditfinanzierten Solaranlage.

Frank Puschin arbeitet als leitender Ermittler beim Landeskriminalamt Hannover. Zentralstelle für Internetkriminalität. Das Meiste, was er im Büro macht, nennt man »anlassunabhängige Recherche«. Anlassunabhängig meint, dass Frank Puschin und seine Leute keinen konkreten Tat- bzw. Anfangsverdacht brauchen, um tätig zu werden. Wenn eine Polizeistreife jemanden anhält, der in Schlangenlinien fährt, dann ist das ein Anfangsverdacht – dass der Fahrer betrunken ist nämlich. Hält die Streife aber jeden zur turnusmäßigen Routinekontrolle an, dann ist das anlassunabhängig. Wenn Puschin das tut, fährt er aber nicht mit dem Auto raus, sondern er sitzt am Computer, immer eigentlich. Frank Puschin ist so etwas wie ein Hacker in Polizeiuniform.

»Unsere Aufgabe ist die digitale Polizeiarbeit«, sagt er in geschliffenem Beamtendeutsch. »Wir unterstützen unsere Kollegen quasi mit technischen Mitteln, die mit dem Internet oder sozialen Netzwerken zu tun haben. Haben wir eine potenzielle Entführung oder ein Mädchen ist verschwunden, ermitteln wir im Netz: Mit wem hatte sie Kontakt, mit wem hat sie gechattet? Was wissen wir über Freunde, gab es vielleicht Selbstmordgedanken, die sie bei Facebook hinterlassen habe könnte?«, erklärt Puschin und nimmt einen Schluck. »Wozu braucht man da Spezialisten?«, frage ich etwas irritiert. »Sind Ihre Kollegen nicht fit in Sachen Internet, können die nicht auch selbst bei Facebook nachgucken?« Puschin überlegt kurz. »Ja«, sagt er dann. Es ist ein Ja, das ebenso gut auch ein Nein sein könnte.

Denn in Deutschland gibt es nicht viele wie Frank Puschin. Zwar haben heute einige Landeskriminalämter und Staatsanwaltschaften sogenannte »Schwerpunktdezernate« für Internetkriminalität, aber das ist noch nicht lange so; der Bereich Cybercrime ist jung und rückt erst langsam in den Fokus der Politik. Während viele klassische Delikte »auf der Straße« längst stagnieren oder zurückgehen, haben sich Betrügereien, der Handel mit geklauten Kreditkarten und andere Bereiche der digitalen Kriminalität fast explosionsartig entwickelt. Nur – viele Leute, die täglich im Internet surfen, wissen das gar nicht. Oder sie denken nicht darüber nach.

»Dann sitzen bei Ihnen vermutlich die ganzen 30-Jährigen und senken den Altersschnitt, oder?«, versuche ich es erneut. »Wir sind schon alle ein bisschen jünger, ja«, sagt Puschin und grinst. »Eine gewisse Vorkenntnis sollte man auch haben. Es ist ja so, dass im Internet eine andere Sprache, eigentlich sogar mehrere Sprachen gesprochen werden. Es wird viel Insider-Slang benutzt, Abkürzungen aus Computerspielen und Begriffe aus dem Internet«, erklärt Frank Puschin und kramt irgendetwas aus seiner schwarzen Tasche. »Wenn man die nicht kennt und auch intuitiv nicht richtig anwenden kann, dann fällt man auf. Dann spricht man die Sprache nicht. Das merken die Leute und werden ganz schnell hellhörig. Für unsere Ermittlungsarbeit ist es wichtig, dass kein Beamter im Chat fragt, ob es Windows auch auf Diskette gibt. Sie wissen schon, wie ich das meine…«, sagt er, nimmt noch einen Schluck aus der Tasse, lehnt sich im Stuhl zurück und schaut kurz aus dem Fenster. »Schön haben Sie’s hier.«

Stille.

»Finden Sie?«, frage ich und tippe meine Adresse in das Bestellfenster des Pizza-Lieferservices, in dessen Warenkorb sich schon eine Pizza Hawaii mit Pilzen (Puschin) und eine Chili-Salami-Pizza befindet, während es sich Frank Puschin auf meinem Sofa bequem macht.

»Gefällt mir ausgesprochen gut, könnte ich mir auch für unser Haus vorstellen, das mit den Wänden«, sagt Puschin und reicht mir einen USB-Stick. »Ist das altes Mauerwerk, das da blank aus der Wand guckt, oder wurde das irgendwie nachträglich gemacht?«

Meine linke Hand schickt die Bestellung ab, während die rechte Puschins leere Kaffeetasse am Henkel packt und über den Tisch zieht. »Alles echt, glaube ich. Aber ich kann unseren Vermieter fragen, der weiß es vermutlich besser«, ergänze ich und deute auf die Tasse. »Noch einen?« Puschin nickt und blickt zurück an die Wand. »Gerne.«

Ich schiebe den USB-Stick in den Computer und betrachte sein Etikett: Ein kleines Tastenfeld ist auf dem Speichermedium angebracht. »Das ist so ein Sicherheitsstick«, sagt Puschin, meine Blicke deutend. »Man kommt nur mit dem Kennwort über das Tastenfeld an den Speicher. Gibt man das Passwort falsch ein, löscht sich der Stick. Gibt es mittlerweile eigentlich in jedem Geschäft zu kaufen«, sagt er noch, während sich auf dem Computer das Fenster mit den Daten öffnet. »Ich hab ihn schon entsperrt, man kann also alles sehen. Aber ganz nett, wenn man Sachen aufheben und unter Verschluss halten möchte. Im normalen E-Mail-Postfach ist das ja heutzutage nicht mehr möglich«, fügt er hinzu. »Die meisten können ja nicht mal richtige Passwörter verwenden, die heißen dann alle Steffi24 und gelten für E-Mail, Bankkonto, Computer und Handy. Das ist in wenigen Minuten geknackt«, seufzt er. »Und wie macht man es besser?«, frage ich und überlasse Puschin den Vortritt an meinem Computer. »Naja, mit Groß- und Kleinschreibung, Zahlen, Buchstaben und Sonderzeichen. Am besten die volle Länge ausnutzen oder es per Maschine kreieren lassen«, sagt Puschin und nimmt noch einen Schluck, während er sich seinen Daten auf meinem Rechner zuwendet. »Meine Mutter hatte mal das Kennwort ›einkaufen‹ für ihr Amazon-Konto«, sagt Puschin und schüttelt den Kopf: »Das ist so gefährlich, und gerade sein E-Mail-Postfach, in dem ja alle anderen Anmeldeinformationen von Diensten wie Amazon und Twitter aufschlagen, sollte man besonders sichern. Dafür gibt es ziemlich gute Internetseiten. Da kommt dann keiner mehr ran und man muss nicht ständig fürchten, dass einer mitliest.«

Im Internet ungesehen zu bleiben, jedenfalls größtenteils, ist dabei denkbar einfach: über das sogenannte Tor-Netzwerk. Dieses Netzwerk funktioniert im Grunde wie ein alternatives Internet. Ein Browser, ein kleines Programm, und man kann fast genauso surfen wie im »normalen« Netz. Man wird dazu Teil eines globalen Netzwerks, des Tor-Netzwerks. Das Programm, der sogenannte Tor-Client, leitet meine Daten, zum Beispiel wenn ich eine Internetseite öffnen will, über viele verschiedene und zufällig ausgewählte Computer, die Teilnehmer dieses Netzwerks sind. Man kann sich das so vorstellen: Sie überfallen ganz traditionell eine Bank, steigen in den davor geparkten Fluchtwagen und fahren geradeaus die Straße runter in Ihr Versteck, stellen den Wagen vor der Tür ab, nehmen sich eine Cola, werfen die Beute lässig aufs Bett und dann klingelt es auch schon und zwei Beamte fragen Sie kopfschüttelnd, ob das gerade Ihr erster Überfall war – schließlich hätte man Sie meilenweit sehen können. Und auch, wo das Versteck ist. Handschellen klicken. Im Tor-Netzwerk funktioniert das anders: Da Ihre Daten mehrfach umgeleitet worden sind, sind Sie mit Ihrem Fluchtwagen Zickzack gefahren, haben hier eine Abkürzung genommen, dort den Wagen umlackiert, und bei Sonnenuntergang, lange nach dem Überfall, sind Sie am Versteck angekommen – lange, nachdem die Beamten die Spur Ihres Wagens im Gewirr verloren haben. Ganz konkret heißt das: Wenn die Polizei am Ende nicht mehr weiß, wer etwas hoch- und runtergeladen hat, dann hat sie auch keinen Täter. Und der Täter selbst hat alle Freiheiten, die man sich vorstellen kann. Bei dem Vergleich gilt es aber zu bedenken: Tor ist nicht nur Tarnung für Straftäter, sondern auch Schutz vor der Polizei, denn nicht immer und nicht überall agiert diese ja nach rechtstaatlichen Prinzipien.

Es gibt Seiten, die nur im Tor-Netzwerk zu erreichen sind. Und Seiten, die man auch im normalen...

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