Sie sind hier
E-Book

Dein Crack ist in der Post

Wie das Internet die Welt der Drogen revolutioniert

AutorMike Power
VerlagEichborn AG
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl400 Seiten
ISBN9783838758350
Altersgruppe16 – 
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis6,99 EUR

Noch vor ein paar Jahren wurden Drogengeschäfte auf den Straßen oder in Clubs abgewickelt. Heute kann sich jeder seinen Stoff mit einem Mausklick bestellen. Von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt kommt es durch die Anonymität des Internet zu einer Revolution im Drogengeschäft. Dazu gehört auch, dass dubiose Hersteller aus Osteuropa oder China ständig neue Drogen entwickeln, die legal über das Internet gekauft werden können.

Der Journalist und Drogenexperte Mike Power hat sich tief in diese abgeschottete Welt begeben und mit Herstellern, Dealern und Konsumenten gesprochen. Seine Erkenntnisse sind alarmierend. Alles, was es derzeit legal an Designerdrogen zu kaufen gibt, ist potenziell gefährlicher als verbotene Drogen wie Kokain oder Ecstasy. Der Kampf gegen die Internet-Drogenmafia scheint aussichtslos, denn Hersteller und Dealer sind den Gesetzeshütern immer einen Schritt voraus und nicht zu fassen.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

Einleitung: Drogen in den Zeiten des Internets


Im Jahre 2011 sind 49 brandneue psychoaktive Drogen erfunden und im Internet zum Verkauf angeboten worden, wo sie auf vollkommen legale Weise von neugierigen Kunden erworben wurden. 2012 gab es 57 neue Drogen, die man im Onlinehandel kaufen konnte. Die empfohlene Dosierung war nicht immer genau angegeben und manchmal wesentlich geringer als bei den Partydrogen, die die Käufer sonst zu sich nahmen; die Wirkung war nicht erforscht – und trotzdem gab es kein Gesetz, mit dem sich der Verkauf dieser Drogen verhindern ließ. Kaum mehr als zehn Jahre zuvor sind neue psychoaktive Drogen noch nicht auf diese Weise erhältlich gewesen. Es handelte sich dabei um ganz andere Drogen als jene, die Konsumenten bisher gewohnt waren – wie Heroin, Kokain und Ecstasy. Ihre Namen bestanden aus verwirrenden Abfolgen von Zahlen und Buchstaben, wie 6-APB, 5-MeO-DMT oder 3-MeO-PCP, die nicht nach Partydrogen, sondern eher nach Laborchemikalien klangen. Doch sie wurden von ganz normalen Leuten genommen, und auf der ganzen Welt tauschte man sich auf ebenso unverhohlene Weise über die eigenen Erfahrungen mit den Stoffen aus, wie sie verkauft wurden.

Wie nahezu jede andere Branche ist auch der Drogenhandel durch das Internet revolutioniert worden. Für eine wachsende Zahl von Menschen stellt es heute den ersten Anlaufpunkt dar, wenn es darum geht, an Freizeitdrogen oder an Informationen über solche Drogen zu gelangen – besonders wenn sie angesichts der rasanten Vermehrung neuer Substanzen den Überblick verloren haben. Chemiker, Konsumenten und Kriminelle verwenden allesamt das Internet, um riesige Informationsmengen miteinander auszutauschen und die Möglichkeiten globalisierter Herstellungsprozesse für sich zu nutzen. Die in der Regel vollkommen unerprobten Substanzen sind Teil eines internationalen Onlinemarkts, dessen Abläufe zu schnell und zu komplex geworden sind, als dass sie von irgendeinem Staat der Erde noch wirklich kontrolliert werden könnten. Willkommen bei Drogen 2.0, der schönen neuen Welt der unkontrollierbaren Substanzen – einem anarchisch freien Markt, auf dem die Gesetzgeber dem Einfallsreichtum der Drogenköche und Internethändler immer einen Schritt hinterher sind. Wie ist es zu alldem gekommen?

Zu einem gewissen Teil wurde die Entwicklung durch eine Story beschleunigt, die ich 2009 in der britischen Presse herausbrachte. In meinen Artikeln berichtete ich als Erster über das Aufkommen und die Ausbreitung von Mephedron, einem Ersatzstoff für Ecstasy und Kokain, der aus der alternativen Drogenszene hervorgegangen war, die sich im Internet gebildet hatte. Mephedron wurde zur ersten neuen Droge seit Ecstasy, die in den Schlagzeilen der Weltpresse landete und sowohl im britischen und amerikanischen Parlament als auch in vielen anderen Ländern zu Anfragen führte.

Illegale Drogen, einschließlich LSD in den 1960ern, Heroin in den 1980ern und Ecstasy in den 1980ern und 1990ern, sorgen immer wieder für Beunruhigung in der Öffentlichkeit, wobei die mit ihrem Konsum verbundenen Freuden und Gefahren für gewöhnlich dazu führen, dass sich Konsumenten und Gesetzgeber in einander entgegengesetzten Lagern wiederfinden. Mephedron jedoch war vollkommen legal. Toxikologen zufolge war die neue Droge »zwei winzige chemische Veränderungen von Ecstasy entfernt«. Diese Veränderungen waren absichtlich vorgenommen worden, nämlich zur Umgehung der Drogengesetze. Mephedron stellte alle gewohnten Hierarchien auf den Kopf und sorgte bei vielen Konsumenten für beträchtliche Verwirrung, weil sie aufgrund der Legalität der Droge annahmen, sie müsse harmlos sein.

Die mühelos erhältliche und enorm populäre Substanz stellte in dem Sinne die erste Massendroge »zum Downloaden« dar, dass sie anfänglich ausschließlich übers Internet bezogen werden konnte, was für einen Massenartikel ungewöhnlich ist. Sie verbreitete sich auf die gleiche Weise wie ein virales Video, eines jener amüsanten YouTube-Filmchen, das man durch einen Mausklick weiterleitet – nur handelte es sich in diesem Fall um eine Designerdroge. Durch das Aufkommen der Substanz wurden die Karten in jeder Hinsicht neu gemischt. Mephedron war der Scheidepunkt, an dem sich die lichtscheue Onlinedrogenszene plötzlich mit weit aufgerissenen Augen und vom Konsum verspannten Kiefern mitten auf den Straßen Großbritanniens wiederfand, von wo sie sich in die ganze Welt ausbreitete. Das schnelle und über jede politische Etikette hinweggehende Verbot der neuen Droge in Großbritannien bewirkte keineswegs, dass sie dort, im Rest der EU oder in den USA verschwand; es sorgte einfach nur dafür, dass das Geschäft von Gangstern übernommen wurde, die die Droge nur zu gern in ihr Sortiment aufnahmen, und trieb die heimlichen Drogenchemiker zu weiteren Erfindungen an.

Aufgrund der großen Medienaufmerksamkeit, die Mephedron auf sich zog, und der dadurch ausgelösten Massenhysterie dauerte es nur ein paar Wochen, bis auf sämtlichen Kanälen über den neuen Drogentrend der sogenannten »Legal Highs« berichtet wurde. Die Zeitungsredakteure und Abgeordneten waren schockiert, doch die Situation war ebenso absehbar wie unausweichlich gewesen – wenn man wusste, wo und wonach man suchen musste, und wenn man schon lange genug mit der Suche beschäftigt war.

Die Onlineszene um die »Research Chemicals« bildet den Ausgangspunkt dieser Geschichte, und aus ihr ging auch Mephedron hervor. Während Ecstasy, Kokain, Amphetamine, Marihuana und Beruhigungsmittel seit Jahrzehnten, Jahrhunderten oder, im Fall von Cannabis, seit Jahrtausenden von Menschen konsumiert werden und bereits häufig Gegenstand teurer Tierversuche und klinischer Studien waren, gibt es bei Research Chemicals keine oder höchstens eine verschwindend kurze Tradition menschlichen Gebrauchs. Diese neuen Drogen wirken in der Regel bereits ab winzigen Dosen, die sich im einstelligen oder zweistelligen Milligrammbereich bewegen (zum Vergleich: Eine übliche Dosis Ecstasy wiegt ein Achtel Gramm, also 125 Milligramm).

Bis ungefähr zum Jahr 2007 wurden solche Substanzen nur von ein paar Tausend selbst ernannten »Psychonauten« konsumiert, die sie zur Erforschung ihres »inneren Raums« einsetzten. Diese Kenner stöberten in wissenschaftlicher Literatur oder warfen manchmal auch nur einen Blick auf molekulare Strukturformeln, um mehr über die Wirkung der Stoffe herauszufinden, und tauschten sich dann in Onlineforen über ihre Erlebnisse aus. Heute werden Research Chemicals vermutlich von mehreren Hunderttausend Menschen konsumiert. Mephedron hat gezeigt, wie unter den richtigen sozialen, kulturellen und technischen Bedingungen eine dieser neuen und vollkommen unerprobten Substanzen aus der Sphäre der Psychonauten in den Mainstream hinüberschwappen kann, um dort Millionen begeisterte, wenn auch wesentlich schlechter informierte Konsumenten zu gewinnen.

Am Sonntag, dem 17. Juni 2012, postete ein Teilnehmer namens Clapham Boy im Drogenforum der Londoner Szenewebsite urban75.com unter der Überschrift »6-APB-Pulver und etwas MXE« folgende Zeilen:

»Was ich so unglaublich finde, ist, dass man heute einfach nur ins Internet gehen muss, sich dieses Zeug vollkommen legal bestellen kann (ich habe gerade noch zehn Gramm MXE bekommen, bevor Einfuhr und Verkauf verboten wurden, und in ein Gramm 6-APB investiert, nachdem ich [hier] einen Beitrag darüber gelesen hatte) und es am nächsten Tag mit Zustellbescheinigung geliefert bekommt. Das macht das Ganze so viel einfacher, als wenn man sich erst einen halbwegs anständigen Dealer suchen muss, der einen nicht komplett verarscht, wie es in meinen jüngeren Tagen der Fall war. Lustigerweise hatte ich schon vor ein paar Jahren von »Legal Highs« gehört, aber gedacht, sie würden nichts taugen, und mich nicht weiter damit beschäftigt. Erst als ich vor ein paar Monaten einen Artikel in der i-Zeitung* gelesen habe, dachte ich: ›Das hört sich spaßig an‹, und habe auf Google danach gesucht … Die ganze Situation erscheint total verrückt und lässt die Drogengesetze ganz schön alt aussehen … Ich gehe davon aus, dass 6-APB bald verboten wird, daher werde ich vorher besser noch einen kleinen Vorrat anlegen und mich dann zurücklehnen und abwarten, welche neuen Legal Highs hergestellt werden, um die verbotenen zu ersetzen.«1

Die lockere, fast schon ex-und-hopp-artige Haltung, mit der Clapham Boy an den Konsum von neuen, wirkstarken Drogen herangeht, ist heute weitverbreitet, dennoch ist es eine Sichtweise, mit der die Vertreter von Polizei und Politik nur selten in Berührung kommen. Durch die zentrale Rolle, die soziale Netzwerke im Alltag der neuen Generation von Drogenkonsumenten spielen, werden herkömmliche Studien und staatlich finanzierte Umfragen zu Einstellungen und Konsummustern in ihrer Aussagekraft immer mehr durch die unvermittelten Stimmen der Konsumenten selbst infrage gestellt.

Die von Clapham Boy erwähnten chemischen Substanzen, MXE und 6-APB, sind erst seit wenigen Jahren auf der Straße erhältlich, und beide wurden im Internet zum Leben erweckt. MXE steht für Methoxetamin, das eng mit dem illegalen Anästhetikum Ketamin verwandt ist: Ein paar kleine Veränderungen an der Molekülstruktur von Ketamin haben genügt, um daraus eine Substanz zu machen, die in den meisten Ländern legal ist. Beide Drogen sind in der Lage, die Konsumenten auf eine bizarre innere Reise zu schicken und sie in imaginäre Sphären abtauchen zu lassen, in denen sich Geist und Körper voneinander trennen und die Grenzen der gemachten Erfahrungen nur durch die eigene Vorstellungskraft definiert werden. Methoxetamin mag vielleicht körperlich nicht zur Abhängigkeit führen, kann jedoch so verlockend auf die Psyche wirken, dass manche...

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Internet - Intranet - Webdesign - Security

Internet für Psychologen

E-Book Internet für Psychologen
Format: PDF

Das Internet kurz zu erklären und gleichzeitig einen aktuellen Überblick über psychologische Themen und Forschungsschwerpunkte zu geben, ist wohl ein hoffnungsloses Unterfangen. Zu…

Internet für Psychologen

E-Book Internet für Psychologen
Format: PDF

Das Internet kurz zu erklären und gleichzeitig einen aktuellen Überblick über psychologische Themen und Forschungsschwerpunkte zu geben, ist wohl ein hoffnungsloses Unterfangen. Zu…

Internet für Psychologen

E-Book Internet für Psychologen
Format: PDF

Das Internet kurz zu erklären und gleichzeitig einen aktuellen Überblick über psychologische Themen und Forschungsschwerpunkte zu geben, ist wohl ein hoffnungsloses Unterfangen. Zu…

Internet für Psychologen

E-Book Internet für Psychologen
Format: PDF

Das Internet kurz zu erklären und gleichzeitig einen aktuellen Überblick über psychologische Themen und Forschungsschwerpunkte zu geben, ist wohl ein hoffnungsloses Unterfangen. Zu…

Texten für das Web

E-Book Texten für das Web
Erfolgreich werben, erfolgreich verkaufen Format: PDF

Dieses Buch bietet das nötige Handwerkszeug, um die Qualität der eigenen Web-Texte zu verbessern bzw. eingekaufte Texte sicherer beurteilen zu können. Es liefert klare Kriterien für die Textanalyse,…

Texten für das Web

E-Book Texten für das Web
Erfolgreich werben, erfolgreich verkaufen Format: PDF

Dieses Buch bietet das nötige Handwerkszeug, um die Qualität der eigenen Web-Texte zu verbessern bzw. eingekaufte Texte sicherer beurteilen zu können. Es liefert klare Kriterien für die Textanalyse,…

Texten für das Web

E-Book Texten für das Web
Erfolgreich werben, erfolgreich verkaufen Format: PDF

Dieses Buch bietet das nötige Handwerkszeug, um die Qualität der eigenen Web-Texte zu verbessern bzw. eingekaufte Texte sicherer beurteilen zu können. Es liefert klare Kriterien für die Textanalyse,…

TCP/IP-Praxis

E-Book TCP/IP-Praxis
Dienste, Sicherheit, Troubleshooting Format: PDF

Netzwerke modernen Standards verlangen weniger nach Rezepten für Neu - Design als vielmehr nach Wegen, Maßnahmen zur Integration in eine bestehende Infrastruktur aufzuzeigen. Diesem Aspekt trägt TCP/…

E-Learning

E-Book E-Learning
Einsatzkonzepte und Geschäftsmodelle Format: PDF

Der vorliegende Band ist dem Lernen und Lehren auf der Basis moderner Informations- und Kommunikationstechnologien gewidmet. Das Buch fasst die wichtigsten Ansätze zur Einführung, Umsetzung und…

E-Learning

E-Book E-Learning
Einsatzkonzepte und Geschäftsmodelle Format: PDF

Der vorliegende Band ist dem Lernen und Lehren auf der Basis moderner Informations- und Kommunikationstechnologien gewidmet. Das Buch fasst die wichtigsten Ansätze zur Einführung, Umsetzung und…

Weitere Zeitschriften

Atalanta

Atalanta

Atalanta ist die Zeitschrift der Deutschen Forschungszentrale für Schmetterlingswanderung. Im Atalanta-Magazin werden Themen behandelt wie Wanderfalterforschung, Systematik, Taxonomie und Ökologie. ...

cards Karten cartes

cards Karten cartes

Die führende Zeitschrift für Zahlungsverkehr und Payments – international und branchenübergreifend, erscheint seit 1990 monatlich (viermal als Fachmagazin, achtmal als ...

Das Grundeigentum

Das Grundeigentum

Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft. Für jeden, der sich gründlich und aktuell informieren will. Zu allen Fragen rund um die Immobilie. Mit ...

Das Hauseigentum

Das Hauseigentum

Das Hauseigentum. Organ des Landesverbandes Haus & Grund Brandenburg. Speziell für die neuen Bundesländer, mit regionalem Schwerpunkt Brandenburg. Systematische Grundlagenvermittlung, viele ...

dental:spiegel

dental:spiegel

dental:spiegel - Das Magazin für das erfolgreiche Praxisteam. Der dental:spiegel gehört zu den Top 5 der reichweitenstärksten Fachzeitschriften für Zahnärzte in Deutschland (laut LA-DENT 2011 ...

elektrobörse handel

elektrobörse handel

elektrobörse handel gibt einen facettenreichen Überblick über den Elektrogerätemarkt: Produktneuheiten und -trends, Branchennachrichten, Interviews, Messeberichte uvm.. In den monatlichen ...

Evangelische Theologie

Evangelische Theologie

Über »Evangelische Theologie« In interdisziplinären Themenheften gibt die Evangelische Theologie entscheidende Impulse, die komplexe Einheit der Theologie wahrzunehmen. Neben den Themenheften ...