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In den Mühlen der Dienste

33 Schicksale des Kalten Krieges

AutorKlaus Behling
VerlagBerlin Story Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl214 Seiten
ISBN9783863687106
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Geheimdienste gedeihen im Schatten der Nacht. Sie produzieren Misstrauen, Lüge und Verrat. Um ihre verdeckten Kriege zu führen, brauchen sie Menschen. Manche werden in ihren Mühlen zermahlen, denn ob Freund oder Feind, immer geht es um mächtige Interessen. Wer in das Gespinst aus Lügen und Intrigen, Verrat und Erpressung gerät, bleibt schnell auf der Strecke. Klaus Behling erzählt Schicksale von Menschen, denen genau das geschehen ist. Auch sie sollten ihren Platz in den Geschichtsbüchern finden.

Klaus Behling (*1949) studierte an der HU Berlin Asienwissenschaften. Von 1972 bis 1977 war er als Diplomat in Laos und Kambodscha, von 1981 bis 1987 Kulturattaché in Rumänien. Bis zur Wendezeit arbeitete Behling als Oberassistent am Institut für Internationale Beziehungen in Potsdam. Von 1991 bis zu seiner Pensionierung war er als Journalist für den Springer Verlag tätig. Behling publizierte u.a. zu den Themen DDR-Spionage und kriminelle Aktivitäten des MfS.

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Leseprobe
BIERCHEN MIT MOLLE
Vom Bier spricht Werner Henze wie von einem guten Freund. Er nennt ihn "Bierchen". Beide wohnen in "Molles Bierstube" in Andernach. Sie sind ständig beieinander. Zapft Werner den
Gerstensaft und irgendjemand - es kann nur ein Ignorant sein - hat tatsächlich nur "ein Bier" bestellt, murmelt er spätestens dann, wenn der Strahl ins Glas vom gelben Getränk zu dessen weißen Schaum wechselt, sein "chen" dazu. Und beim Servieren hat er dann ohnehin wieder das Sagen: "Ein Bierchen, der
Herr!" Früher hieß das Bierchen Molle. Damals. In Berlin.
Werner Henze ist fünfzehn, als er in die zerbombte einstige Reichshauptstadt kommt. Den Krieg und das Kriegsende hat er im Dörfchen Belitz im Landkreis Güstrow erlebt. Er sah, wie sein Großvater den russischen Zwangsarbeitern Essen zusteckte, weil er den Rassenwahn der Nazis ablehnte. Und er war Zeuge, wie russische Soldaten ein zwölfjähriges Mädchen, das auf dem Hof half, immer und immer wieder vergewaltigten.
Wie soll ein junger Mann mit solchen Erfahrungen ins Leben starten und wo? Werner Henze will es beim Ost-Berliner Zirkus "Barlay" schaffen. Er hat sich seine ersten Meriten als Rummel-Boxer verdient, ist geschickt und anstellig und nicht der einzige Entwurzelte im bunten Artistenvölkchen. "Damals wollte ich unbedingt Geld verdienen und auf eine Boxschule gehen. Noch'n Bierchen?", sagt Molle. "Den Namen hamse
mia späta in Balin jejeben, jefiel ma."
Barlay, Boxen, Berlin? Aus dem Jahr 1954 stammt der Defa-Film "Alarm im Zirkus." Die Story: Klaus und sein Freund, beide so um die sechzehn, kommen aus ärmlichen Verhältnissen
und träumen von einer Boxer-Karriere. Um sich Boxhandschuhe fürs Training kaufen zu können, lassen sie sich von einem Kneipenwirt aus West-Berlin für ein krummes Geschäft anheuern - dem Zirkus Barlay sollen die Pferde gestohlen werden. Dort im Zirkus hat Klaus aber gerade neue Freunde gefunden. Er will deshalb nicht mitmachen, und die
tapfere Volkspolizei verhindert das Schlimmste. All das basiert auf einer wahren Geschichte.
War Werner Henze damals Vorbild für die Filmstory? "Kann sein, kann nicht sein - weeß ick nich. Aba uff jeden Fall war ick Widastandskämpfa. Natürlich nich für die Ssone, für die Freiheit!" Molle schüttelt energisch seinen dünnen Pferdeschwanz.
Er erzählt von seiner Zeit beim Zirkus. Erst Barlay, später dann Busch. Da kamen sie überall in der DDR herum, und überall waren die Russen. "Ick hab die Nummern von den
Fahrzeugen aufgeschrieben, die Achsen gezählt und solche Sachen." Unwillkürlich spricht Werner Henze hochdeutsch.
Er scheint zu spüren, dass das in jenen Jahren doch wohl irgendwie eine ernste Sache war. Damals rollten Köpfe, wenn jemand selbst bei solch banaler Spionage erwischt wurde. Dann zischt wieder ein Bierchen ins Glas, und Molle wiegelt ab: "Kindakacke war det, nüscht als Kindakacke." Wer der Auftraggeber war? "Sare ick nicht, haick für unterschrieben.
Aba ick war Widastandskämpfa, haick schriftlich." Er holt aus dem Schrank hinter der Theke ein speckiges Album, in dem ein im Laufe der Jahre braun gewordenes DINA4-Blatt liegt, an den Falträndern gebrochen. Darauf bestätigt ihm "Der Leiter des Notaufnahmeverfahrens in Uelzen" am 31. August 1955, dass er ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet nehmen könne, weil er im Osten "aktive Widerstandsarbeit" geleistet habe.
Das ist ein weiteres Bierchen wert. Wie war Werner Henze eigentlich in den Westen gekommen?
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