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E-Book

Auf den Winter folgt der Frühling

Erinnerungen

AutorSiegfried Kynast
VerlagTWENTYSIX
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl260 Seiten
ISBN9783740755461
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,49 EUR
Es war in einem Traum, in dem ich an einem warmen Sommertag gedankenlos eine Landstraße entlanglief. Den Duft von frisch gemähtem Heu genießend, geschah etwas Ungewöhnliches. Dort wo ich hinsah, verschwand ein Teil meines Traumes und am Ende der Straße befand ich mich plötzlich in einem dunklen Raum. In der Mitte des Raumes stand ein weißer Tisch, davor ein weißer Stuhl und auf dem Tisch, ebenfalls in Weiß, lag ein Buch mit einem Stift daneben. Ich setzte mich und blickte auf das Buch herunter, welches keinen Titel trug und inhaltslos war. Dann nahm ich den Stift in die Hand und wollte beginnen, in das leere Buch zu schreiben. Als ich das Buch aufschlug, fiel plötzlich ein Lichtkegel, wie aus einer Taschenlampe auf das Buch, und ich wurde aus dem Schlaf gerissen. Von den durchdringenden Sonnenstrahlen des nicht ganz zugezogenen Vorhanges meines Schlafzimmerfensters geblendet, dachte ich noch ein wenig darüber nach, ob ich schon wach sei oder noch träumte. Den Rest des Traumes vergaß ich. Nach einem ausgiebigen Frühstück am Morgen und der Befürchtung, zu viele Erinnerungen meines bisherigen Lebens zu vergessen, beschloss ich dieses Buch zu schreiben.

Meister Siegfried Kynast, 51 Jahre, 6. Dan in Kung Fu, geb. am 22.02.1965, Vize-Weltmeister (Seoul Korea), Europameister, mehrfacher Deutscher- und Berliner Meister. Angefangen mit Judo und Karate, sowie dem Studium anderer Kampfkünste, betreibt er seit über 25 Jahren asiatische Kampf- und Bewegungskünste. Seit 1995 gibt er sein Wissen weiter. Unterrichtet wird Meister Siegfried Kynast von Großmeister Hong Thay Lee 10. Dan in Tai-Chi-Chuan, Qi Gong und im Ching Wu Men Kung Fu. Im Jahre 2001 gründete er seinen eigenen Kampfkunststil und nannte ihn das She-Kwan-Dao Kung Fu.

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Leseprobe

Kindheitstage


Neben den vielen schönen Zeiten als kleiner Junge, habe ich auch Erinnerungen an Kindheitstage die ich manchmal gerne für immer vergessen hätte, weil diese auch heute noch, Wut und Traurigkeit hervorrufen. Damals wie heute hatte und habe ich keine Bindung zu den anderen Geschwistern. Warum das so war, ist schwer zu sagen.

Wolf-Gerhard (Romeo) der älteste Halbbruder, arbeitete viele Jahre als Bergmann in Sangerhausen und wohnt jetzt in Cottbus. Der Vater ist unbekannt. Thomas, der zweitälteste Halbbruder, hatte in der Landwirtschaft gearbeitet und lebt jetzt irgendwo in einem Dorf. Wohnort und Vater sind unbekannt. Svantge, meine älteste Halbschwester, studierte Sportwissenschaften und wohnt in Leipzig. Der Vater, wahrscheinlich russischer Herkunft, ist unbekannt. Mein Halbbruder Bodo zog ebenfalls in ein Dorf und hat sich als Bauer versucht. Heidrun, meine zweite Halbschwester und die Schwester von Bodo, arbeitete einige Jahre als gelernte Schäferin. Heiko war Bergmann in Zielitz und er wohnt in Oldenburg. Der Vater ist unbekannt. Dann komme ich. Meine Mutter sagte mal, wenn sie nicht genau wüsste, dass ich ihr Kind sei, würde sie meinen, ich wäre der Familie untergejubelt worden.

Die Berufe meiner Geschwister Ingo, Stephan und Fridtjof sind mir nicht bekannt. Alle drei, leben vermutlich noch in Neumünster.

Gardelegen, so heißt die Stadt, in der ich geboren wurde, meine Kindheit verbrachte und größtenteils aufwuchs. Es war eine kleine Stadt mit ländlichem Charakter. Die Innenstadt des ursprünglich mittelalterlichen Ortes war von einem kreisförmigen Wall aus Bäumen umgeben und die Randgebiete wurden von kleinen Gärten geprägt. Zwischen den einzelnen Ortschaften erstreckten sich kilometerlange Wälder und flache, schon fast unendliche Landschaften. Das Haus, in dem ich geboren wurde und bis zu meinem achten Lebensjahr aufwuchs, befand sich genau in diesem naturgeprägten grünen Randgebiet meiner Heimatstadt.

Mein Geburtshaus in Gardelegen.

In einer Zeit, in der die Öfen der heimischen Räume noch mit Kohle beheizt wurden, war es nicht ungewöhnlich, dass Hausbesitzer hinter ihrem Haus einen größeren Garten besaßen, in dem so allerlei Obst und Gemüse angebaut wurde. Auch wir besaßen so einen Garten. Neben dem Anbau von Erdbeeren, Kartoffeln, Schoten und Stachelbeeren gab es einen Kirschbaum, einen Apfelbaum und einen Birnbaum, um nur einiges zu nennen. In dem kleinen Garten vor unserem Haus befanden sich ausschließlich Blumen und andere Pflanzen. Nicht ganz so üblich war die Tierhaltung. Nur wenige, so wie wir, hielten sich auch Hühner, Enten, Ziegen, Tauben oder andere Tiere, von Katzen und Hunden einmal abgesehen.

Hinter dem Haus und noch vor dem Garten war ein kleiner Hof. Umgrenzt von der Mauer des Nachbargrundstücks zur linken Seite befand sich zur rechten Seite die gläserne Diele unseres Hauses, von der man direkt in den Keller für Kohlen und Kartoffeln gelangte. Auch das eingeweckte Obst und Gemüse befanden sich im Keller, fein sortiert in Regalen. Der mit weißem Salpeter und Schimmel getränkte Putz an den feuchten Kellerwänden blätterte ab und hielt mehr schlecht als recht. Einen richtigen Fußboden gab es nicht, denn dieser bestand überwiegend aus Erde. Nur an Stellen, wo wir die Kartoffeln lagerten und die Regale standen, gab es eine kleine Betonfläche. Durch die feuchten, schimmligen Wände und das Herumliegen einzelner vergammelter Kartoffeln roch es immer modrig. Wann immer ich konnte, umging ich diesen Keller. Jeder von uns Kindern bekam von Zeit zu Zeit die Aufgabe, Kohlen für die Öfen und Kartoffeln oder Eingewecktes für das Essen zu holen. Als kleiner, fünfjähriger Junge blieb ich nicht verschont. Meine Halbgeschwister besaßen viel Spaß daran, die gruseligsten Geschichten zu erzählen, was in diesem Keller alles passierte, und sie ließen keine Gelegenheit aus, um sich neue Geschichten auszudenken.

Die im Keller wohnhaften Mäuse und Spinnen trugen ihren Teil dazu bei, alles noch etwas schauriger zu gestalten. Wenn die Tage länger waren und das Tageslicht noch gerade so durch die tief am Erdreich liegenden, kleinen Kellerfenster drang, um den Raum zu erhellen, war es noch halbwegs erträglich, seinen Pflichten nachzukommen. In den Wintermonaten jedoch, wenn es schon früh dunkel wurde, leuchteten nur schwache Glühbirnen die Kellertreppe und den Keller aus. Das schwache Licht der Glühbirnen ließ die Schauergeschichten meiner Halbgeschwister noch gruseliger erscheinen. Wenn der eisige Wind dann noch das lose, mit fehlendem Fensterkitt im Rahmen lagernde Fensterglas klirren lies, zitterte ich am ganzen Körper. An der Kellertreppe tief durchatmend, rannte ich so schnell ich konnte in den Keller, holte, was benötigt wurde und erst als ich durch die Diele zurück in die sichere Küche kam, konnte ich wieder einatmen.

Betend, es möge das nächste Mal jemand anderes dran sein, kam ich langsam zur Ruhe. Gott sei Dank war nur einmal im Jahr Weihnachten, denn die gleiche Vorgehensweise wie mit den gruseligen Geschichten um den Keller wurde von meinem ältesten Halbbruder Romeo mit einer Weihnachtsmannmaske zu den Feiertagen praktiziert. Romeo war nicht sein richtiger Name. Eigentlich hieß er Wolf-Gerhard. Wir nannten ihn Romeo, weil er als Jugendlicher unsterblich in ein hübsches Mädchen namens Angela verliebt war. Wann immer es Romeo möglich war, packte er während der Weihnachtszeit die Gelegenheit beim Schopfe, mich mit dieser Maske zu erschrecken.

Schon Tage vorher fürchtete ich mich vor den Feiertagen und dem Keller. Wenn mein Vater am Heiligen Abend auf dem Hof den Stamm des Tannenbaumes mit der Axt bearbeitete, um ihn für den Tannenbaumständer anzupassen, dann war das schon meine einzige schöne Erinnerung an Weihnachten. Sehr gerne hätte ich meinem Vater beim Schmücken des Baumes geholfen, doch meiner Mutter war der Baumschmuck zu kostbar und so durfte ich leider nur zusehen.

Ebenfalls auf den Hof befand sich eine kleine Werkstatt mit einem Gerätehaus - die heiligen Hallen meines Vaters. Die Werkstatt und das Gerätehäuschen waren in penibler Ordnung gehalten, alles, aber auch wirklich alles befand sich an einen bestimmten Platz, sei es der Schraubenschlüssel oder eine einzelne Schraube.

Es gab nichts, was unsortiert irgendwo herumgelegen hätte. Hin und wieder benötigten meine Halbgeschwister ein Werkzeug, entweder um das Fahrrad zu reparieren oder für etwas Anderes. Mein Vater bemerkte das Fehlen des Werkzeuges sofort. Bei der nächstbesten Gelegenheit, meistens beim Essen, bemerkte er nur beiläufig, aber mit Nachdruck, dass ihm das Fehlen des Werkzeugs auffiel. Meinem Vater war egal, wer das Werkzeug nahm, und er wies eindeutig an, dass sich das fehlende Werkzeug am nächsten Tag wieder an seinen Platz befinden sollte. Ich kann mich an keinen Tag erinnern, an dem mein Vater je die Stimme erhob oder schimpfte. Meine Halbgeschwister behandelte er liebevoll und war ihnen ein guter Vater.

Einmal im Jahr nahmen meine Eltern ihren Urlaub in den Sommermonaten, meistens dann, wenn die Sommerferien der Schulen waren. Wenn mein Vater begann, auf den Hof das Moped zu inspizieren und notwendige Reparaturen durchführte, wusste ich, dass es wieder Zeit wurde, in den Wald zu fahren, um Heidelbeeren zu pflücken. Gerne sah ich meinem Vater bei der Arbeit zu, denn es war immer spannend, wenn er an etwas herumbastelte und die Maschinen benutzte. Die ganze Zeit hielt ich mich dann an seiner Seite auf und meinem Vater war klar, was ich wollte.

„Na, möchtest du wieder mitkommen?“ fragte mein Vater. Er wusste genau, dass ich das wollte.

„Gehe rein zu Mutter und sage Bescheid, dass ich dich mitnehmen werde.“

Wenn es dann losging, war meine Aufgabe klar vorgegeben. Ich musste das kleine Tor, zwischen der Werkstatt und der Diele, welches den Zugang zum dahinterliegenden Garten und den Ställen ermöglichte, öffnen, so dass mein Vater mit dem Moped durchfahren konnte.

Das gleiche galt für das Tor am Ende des Gartens. Erst dann durfte ich mich auf den extra angebrachten Sitz auf das Moped setzen. Damals war noch keine Helmpflicht und es kümmerte niemanden, dass auf einem einsitzigen Moped noch eine zweite Person mitfuhr. Mit dem Moped mitzufahren, war so ziemlich das Größte, was ich an Spaß haben konnte.

Bevor mein Vater als Kranfahrer in einem Betrieb arbeitete, half er in einer Försterei aus und kannte die Wälder der Umgebung genau. So wusste er die geheimsten Plätze im Wald, an denen man die Heidelbeeren und im Herbst die Pilze sammeln konnte.

Jeder von uns hatte einen Sammelkorb dabei. Mein Korb war selbstverständlich etwas kleiner als der meines Vaters. Irgendwie bekam ich jedes Jahr dieselben Schwierigkeiten mit den Heidelbeeren, denn der Korb, wollte und wollte nicht voller werden.

„Du musst die Beeren in den Korb packen und nicht in deinem Mund stecken!“ sprach mein Vater und lächelte, als er die blaue Farbe vom Beerennaschen in meinem Gesicht sah.

Wenn die Körbe voll genug waren, ging es auf die Heimreise. Mit den Heidelbeeren backte meine Mutter leckeren Kuchen und die restlichen...

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