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E-Book

Der angewandte Pflegeprozess

AutorClaudia Leoni-Scheiber
VerlagFacultas
Erscheinungsjahr2004
Seitenanzahl199 Seiten
ISBN9783990308998
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Der korrekte Vollzug des Pflegeprozesses gemäß den gesetzlichen Vorschriften stößt in der Praxis auf schier unüberwindliche Schwierigkeiten. Nur allzu oft werden Pflegeprozess und Pflegedokumentation nicht als das Hilfsmittel empfunden, als das sie ursprünglich konzipiert wurden, sondern als lästige und vor allem überflüssige Pflicht. Die Autorin dieses Buches hat sich diesem Phänomen in der Praxis gestellt und ein Modell entwickelt, das zur Umsetzung eines sinnvollen und auch sinnvoll erlebten Pflegeprozesses anleitet. In diesem Werk, das gleichzeitig Lehr- und Lernbuch ist, vermittelt sie zunächst einführend die Grundlagen des Pflegeprozesses und widmet sich danach in besonderer Weise der Pflegedokumentation, die sich in der Folge als zentraler Begriff herausstellt. Dabei bleibt stets der Bezug zur Praxis mit ihren Rahmenbedingungen und Grenzen, aber auch der Blick auf die Entwicklungsmöglichkeiten und Potenziale gewahrt, die sie enthält. Diesem Konzept folgend, wird dem Leser abschließen die Pflegevisite als Evaluierungsinstrument und Mittel zur Qualitätssicherung vor Ort näher gebracht. In einem Begleitheft zum Buch erläutert Leoni-Scheiber ein in der Praxis erprobtes didaktisches Modell, das es erlaubt, den Schülerinnen und Schülern Sinn und korrekte Umsetzung des Pflegeprozesses erfolgreich zu vermitteln. Sowohl Buch als auch Begleitheft orientieren sich an der österreichischen Gesetzeslage und an den Vorgaben des österreichischen Curriculums der Gesundheits- und Krankenpflege.

Claudia Leoni-Scheiber, DGKS, Universitätslehrgang für lehrendes Krankenpflegepersonal an der Uni Wien, Pflegelehrerin an der Gesundheits- und Krankenpflegeschule am Krankenhaus St. Vinzenz in Zams/Tirol. Seminar- und Vortragstätigkeit

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Leseprobe

2Qualitätsstandards für die Pflegedokumentation


Lernziele

Nach dem Studium dieses Kapitels sollten Sie …

…die gesetzlichen Anforderungen aus dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz sowie dem Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz zur Durchführung des Pflegeprozesses und zur Dokumentation kennen.

…wissen, wie die Dokumentation urkundengerecht zu führen ist.

…einen Überblick über das Arbeiten mit Formblättern zur Pflegedokumentation erhalten haben.

…die Systematik der Pflegedokumentation verstehen und die Konsequenzen einer unsystematischen Vorgehensweise einschätzen können.

2.1Gesetzliche Grundlagen


Gesetzliche Basis für die Durchführung des Pflegeprozesses ist das Berufsrecht der Pflegenden, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG). Die einzelnen Schritte werden konkret im § 14, eigenverantwortlicher Tätigkeitsbereich, aufgeführt:

Erhebung der Pflegeanamnese,

Feststellung der Pflegediagnose,

Planung der Pflege durch Festlegung von Pflegezielen,

Entscheidung über die zu treffenden pflegerischen Maßnahmen,

ihre Durchführung und

die Auswertung der Resultate der Pflegemaßnahmen.

Eigenverantwortung bedeutet einerseits, fachlich weisungsfrei zu agieren, also selbst Entscheidungen zu treffen, wobei natürlich organisatorische Anordnungen durch das Pflegemanagement (z.B. Pflegestandards) zu berücksichtigen sind, andererseits bedeutet Eigenverantwortung im rechtlichen Sinn auch, dass man persönlich für seine Handlungen haftet. Wesentlich erscheint es mir zu betonen, dass die Eigenverantwortlichkeit nicht als Recht zu sehen ist, das man in Anspruch nehmen kann oder nicht, sondern dass sie eine Pflicht innerhalb der Berufsausübung ist, die erfüllt werden muss (vgl. Weiss-Faßbinder/Lust, 2000).

Eigenverantwortliche Tätigkeiten wie die Durchführung des Pflegeprozesses und die -dokumentation sind kein verzichtbares Recht, sondern eine unverzichtbare Pflicht der Pflegepersonen.

Die rechtlichen Grundlagen der Pflegedokumentation gehen auch auf das GuKG zurück. In § 5 und § 14 (2) 8., Dokumentation des Pflegeprozesses, ist festgehalten, dass es eine Berufspflicht ist, die durchgeführten gesundheits- und krankenpflegerischen Maßnahmen zu dokumentieren, insbesondere die einzelnen Schritte des Pflegeprozesses.

Gemäß § 84 (3) 6. müssen die Handlungen, die der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege im Rahmen des Pflegeprozesses anordnet, von der Pflegehilfe, die die Handlungen durchführt, bestätigt werden.

Analog zum GuKG geht auch aus dem Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz die Verpflichtung hervor, Krankengeschichten anzulegen, in denen unter anderem die pflegerischen Leistungen beschrieben sind. Die Krankengeschichte muss von der Person geführt werden, die für die erbrachten Leistungen verantwortlich ist – hinsichtlich des medizinischen Prozesses ist das der Arzt oder die Ärztin, hinsichtlich des Pflegeprozesses der gehobene Dienst f. Gesundheits- und Krankenpflege (KAKuG § 10 (1)).

Die gesamte Krankenakte muss in Krankenhäusern mindestens dreißig Jahre aufbewahrt werden (vgl. KAKuG § 10 (1)). Bei freiberuflicher Berufsausübung sind sämtliche Dokumente zehn Jahre zu archivieren (vgl. GuKG § 5 (4)).

Pflegepersonen müssen ihre PatientInnen, die von ihnen benannten Vertrauenspersonen oder den gesetzlichen Vertreter über alle gesetzten gesundheits- und krankenpflegerischen Maßnahmen informieren (vgl. GuKG § 9, Auskunftspflicht). Diese Personen müssen, wenn sie es verlangen, auch Einsicht in die Pflegedokumentation erhalten (vgl. GuKG § 5 (3), vgl. Patientenrechte Artikel 19).

Vorsicht! Sie dürfen patientInnenbezogene Geheimnisse, die Ihnen in Ausübung Ihres Berufes anvertraut oder bekannt geworden sind, nicht in die Krankenakte aufnehmen (vgl. KAKuG § 10 (4)). Hingegen müssen Sie sicherstellen, dass Willensäußerungen des bzw. der Betroffenen festgehalten werden (vgl. Patientenrechte Artikel 21). Der Patient oder die Patientin hat auch das Recht, gegen angemessenen Kostenersatz Kopien der Pflegedokumentation zu erhalten (vgl. Patientenrechte Artikel 22).

2.2Formale Kriterien


Formal wird im Fremdwörterbuch als „die äußere Form betreffend“ definiert. Die formalen Kriterien der Pflegedokumentation stellen die Rahmenbedingungen für eine urkundengerechte Dokumentation dar. Die Pflegedokumentation ist so zu führen, dass für sachkundige Dritte in angemessener Zeit nachvollziehbar ist, wer hier was, wann, warum angeordnet und durchgeführt hat (vgl. Allmer, 1999, S. 11).

Um urkundengerecht zu sein, muss eine Pflegedokumentation folgende Kriterien erfüllen:

Sie muss zeitgerecht erfolgen,

wahrheitsgetreu,

vollständig und

übersichtlich sein,

in lesbarer Schrift und mit

schwer löschbaren Schreibmaterialien wie Faser- oder Kugelschreiber (keine Tinte, kein Bleistift) geschrieben sein,

eine entsprechende Korrektur aufweisen und

alle Einträge müssen unterschrieben sein.

Ob die Unterschrift durch die Pflegeperson mit vollständigem Namen oder beispielsweise mit „Handzeichen“ erfolgen muss (Weiss-Faßbinder et al., 2000, S. 29), regelt das GuKG nicht. Allerdings muss gewährleistet sein, dass sämtliche Einträge (Anordnungen etc.), auch über den Zeitraum der Aufbewahrungsfristen von bis zu 30 Jahren zweifelsfrei einer bestimmten Person zuordenbar sind. Das Handzeichen sollte jeweils aus den ersten beiden Buchstaben des Nachnamens bestehen, da Vornamen keine Urkundengültigkeit haben. Es ist darauf zu achten, dass nicht zwei Personen gleiche Handzeichen innerhalb einer Station verwenden. Die aktuell datierten und geführten Listen der Handzeichen aller PflegemitarbeiterInnen (auch der SchülerInnen, PraktikantInnen etc.), die auch die volle Unterschrift enthalten sollen, müssen archiviert werden.

Zur Korrektur darf kein Tippex®, Korrekturstreifen oder ähnliches Material verwendet werden, es dürfen auch keine Einträge überklebt oder mehrfach durchgestrichen werden. Die zu korrigierenden Wörter oder Sätze müssen mit einem einzigen waagrechten Strich so durchgestrichen werden, dass noch lesbar ist, was darunter stand. Zusätzlich sollten unmittelbar neben der Korrektur ein entsprechendes Korrekturzeichen, das Datum und ein Handzeichen angebracht werden. Diese Vorgaben entsprechen einer ordnungsgemäßen Buchführung, wie sie insbesondere aus dem Handelsgesetzbuch (§§ 189 und 190) hervorgeht (vgl. Nowotny/Zettner, 2003).

2.2.1Die richtige Führung einer Pflegedokumentation


Zeitgerechte Dokumentation bedeutet, unmittelbar nach getaner Arbeit, direkt am Krankenbett und nicht erst später am Schreibtisch die patientInnenbezogenen schriftlichen Aufzeichnungen zu führen. So ist auch eher gewährleistet, dass der bzw. die Betroffene in die Pflege mit einbezogen wird. Haben Sie einmal einen Eintrag vergessen, fallen Ihnen weitere wichtige Details ein o.ä. und Sie möchten diese Informationen zu einem späteren Zeitpunkt nachholen, dann tun Sie das mittels Nachtrag. Notieren Sie das aktuelle Datum und die Uhrzeit des Nachtragezeitpunktes und geben Sie den Grund für die Verspätung an (z.B.: die Krankenakte war nicht verfügbar, die Dokumentation wurde versehentlich vergessen etc., vgl. Schnabel/Krämer, 2003, S. 319).

Der Nachweis einer zeitgerechten, kontinuierlichen Pflegedokumentation gelingt nicht immer: Nur 56 % von insgesamt 44 untersuchten Pflegeplanungen in unterschiedlichen Akutkrankenhäusern waren datiert, in 26 % der Fälle fehlten die Eintragungen vom Vortag (Flumeri et al., 1997).

Leer gebliebene Zeilen und/oder Spalten sollten mit einem Querstrich entwertet werden, um Nachträge, Hinzufügungen etc. auszuschließen. Verwenden Sie nur standardisierte Abkürzungen und Symbole Ihrer Institution, um Unklarheiten zu vermeiden. Diese sollen in aktuellen Abkürzungslisten aufscheinen und ebenso wie die Handzeichenliste archiviert werden. Die Übersichtlichkeit kann durch Unterstreichungen, Großbuchstaben, die Verwendung unterschiedlicher Farben u. dgl. verbessert werden.

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