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Der Biafrakrieg als Medienereignis

AutorGerrit Hinnen
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl57 Seiten
ISBN9783958206045
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Der afrikanische Kontinent gilt heute weiterhin als 'fremd', 'triebhaft', 'kulturlos' und 'vernunftlos'. Diese Argumentationen dienten in der Vergangenheit zur Legitimierung, Unterdrückung und Kolonisierung eines ganzen Kontinents. Der 'Schwarze Kontinent' wird durch eine diskreditierende Berichterstattung seiner Würde beraubt. Unsere Wahrnehmung des afrikanischen Kontinents wird weniger durch die Wirklichkeit als durch die Repräsentation in den vermittelten Medien bestimmt. In dieser Form entfachen Medien Feindbilder und erweitern die Kluft zwischen den Kulturen. Der Rezipient der Massenmedien wird tagtäglich mit Bildern und Informationen über den Zusammenbruch von Staaten in der 'Dritten Welt' konfrontiert. In der Vergangenheit gab es immer wieder Phasen, in denen Bilder und Informationen im Überfluss über uns hineinbrechen. Durch das plötzliche Verschwinden der Berichterstattung wird dem Konsumenten nicht deutlich, wieso es zu derartigen Katastrophen und Kriegen gekommen ist und worin die Ursachen dafür lagen.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 4.1, Ursachen des Bürgerkrieges: Die Geschichte Nigerias in seinen heutigen Grenzen beginnt im Jahre 1914 mit der Errichtung britischer Protektorate über Nord- und Südnigeria und deren spätere Zusammenlegung. Während der Norden Nigerias als Provinz bestehen blieb, wurde der Süden in eine Ost- und Westregion unterteilt. Infolge dessen entstand ein Gebiet mit einer ausgesprochen heterogenen Ethnizität. Bis auf die Hauptstadt Lagos, die eine Sonderstellung hatte, gab es drei Regionen, in denen eine Vielzahl von Ethnien mit unterschiedlichen Kulturen, Sprachen und Regierungsformen zusammenlebte. In den drei Regionen dominieren jeweils eine der großen drei Ethnien Nigerias: im Norden die Hausas/Fulani, im Südwesten die Yoruba und im Südosten die Igbo. Insgesamt machen diese großen Ethnien ca. 60 % der Gesamtbevölkerung aus. Daneben gibt es eine Vielzahl von Minderheiten. Im damaligen Norden, der flächenmäßig größten Region, lebt rund die Hälfte der Gesamtbevölkerung Nigerias. Die Verwaltung der britischen Kolonie basierte auf dem System der 'indirect rule', welches so angelegt ist, dass es sich der Macht der traditionellen Herrscher bedient und sich so durch sie etabliert. Die bereits angesprochene Dreiteilung in autonome Regionen, welche jeweils durch ein Mehrheitsvolk beherrscht wurde, sorgte für eine gesellschaftliche Polarisierung. Die gesellschaftlichen Minoritäten, ca. 40% der Gesamtbevölkerung, wurden in diesem System benachteiligt, denn ihnen standen der Verfassung nach zu urteilen weder Rechte noch besonderer Schutz zu. Mit der Unabhängigkeit Nigerias im Jahr 1960 und der Errichtung einer parlamentarischen Demokratie, war die regionale Autonomie bereits tief in der Gesellschaft verankert. Innerhalb der Regionen vertraten die jeweiligen Parteien die Interessen der Eliten, die damit einen Anspruch auf die Macht erhoben und somit Einfluss auf die Verteilung des Staatshaushaltes nehmen konnten. Auf föderaler sowie auf regionaler Ebene bildete sich eine neue politische Klasse heraus. Deren Interesse bestand darin, sich im Kampf um Privilegien und dem Zugriff auf staatliche Ressourcen Vorteile zu verschaffen. Um diese Privilegien zu erhalten war ihnen jedes Mittel recht: Amtsmissbrauch, Korruption und Manipulation der politischen Institution zur Selbstbereicherung. Politische Spielregeln wurden kaum eingehalten, so dass es besonders vor und während verschiedener Wahlen zu militanten Ausschreitungen kam. Der Kolonialismus in Nigeria bewirkte nicht nur die Integration der Ökonomie in den Welthandel, oder einen Verstädterungsprozess, sondern schuf eine 'politische Zwangsintegration' von Gruppen mit unterschiedlichen kulturellen, religiösen und ethnischen Differenzen. Die Spannungen aus Inklusion und Differenz verstärkten die ethnisch-regionalen Unterschiede. Mit der Einführung des Protektorates in Nigeria, sollte eine stärkere Selbstverwaltung der indigenen Bevölkerung vorangetrieben werden. Die koloniale Herrschaft Nigerias war eng verbunden mit der direkten politischen Verbindung von Kolonialbeamten und lokalen, traditionellen Herrschern. In Folge der Kolonialherrschaft und der damit verbundenen politischen Zusammenarbeit von Kolonialherren und lokalen Autoritäten bildeten sich ethnische Disparitäten aus. '[e]ine kollektive Identität ´der´ Yorubas, ´der´Igbo usw. als voneinander unterschiedene ethnische Gruppen hatte in der vorkolonialen Periode nicht existiert. Identität war - jedenfalls außerhalb der islamischen Welt - vor allem kommunal definiert [...]. Die Instrumentalisierung der ethnischen Identität wurde spätestens ab den 1950er Jahren politisiert. Um Wähler zu akquirieren, die politische Unabhängigkeit zu legitimieren und im späteren Verlauf die Kontrolle des politischen Systems zu gewinnen, benötigten die nigerianischen Eliten eine breite Masse der Bevölkerung. Die zunehmend ethnische Dimension der Politik wurde über Appelle der regionalen und ethnischen Zugehörigkeit, bzw. über Drohungen und Marginalisierungen vorangetrieben. Der Ethnonationalismus wurde durch die Wahlkämpfe der Parteichefs bis in die kleinsten Kommunen transportiert, wo sie als Verteidiger und Beschützer stilisiert wurden. Die Diversität der Ethnien wurde von den Politikern instrumentalisiert und galt als probates Mittel zur Rekrutierung von Wählern, wenn andere Argumente der Wählermobilisierung ihre Wirkung verfehlten. Es ist davon auszugehen, dass der Grundstein der ethnisch-kulturellen Differenzen bereits 'die wichtigste Determinante im entstehenden politischen System Nigerias' war.
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