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Der Buddhismus in Süd- und Südostasien

Geschichte und Gegenwart

AutorHeinz Bechert
VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl308 Seiten
ISBN9783170294677
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis32,99 EUR
Der Buddhismus hat sich im Laufe seiner langen Geschichte über den größten Teil von Süd-, Südost-, Zentral- und Ostasien ausgebreitet und ist bis heute in vielen Ländern Asiens die bedeutendste Religion geblieben. In dieser Vielfalt von Kulturen hat sich der Buddhismus dank seiner großen Anpassungsfähigkeit entwickeln und erhalten können. So sucht man an der Oberfläche oft mit Mühe die Einheitlichkeit, die sich in Christentum und Islam in Grundzügen findet. Gleichwohl gibt es so etwas wie eine 'Welt des Buddhismus', in der gemeinsame Grundsätze Geltung haben. Bechert stellt dies am Beispiel des Theravada-Buddhismus mit seinen Entwicklungen von den Anfängen bis in die Gegenwart meisterlich dar. Der vorliegende Text basiert auf einer in den Jahren 2004 und 2005 von Heinz Bechert an der Universität Wien gehaltenen Vorlesung, bearbeitet und herausgegeben von Ernst Steinkellner.

Heinz Bechert (1932-2005) war von 1965 bis 2000 Professor für Indologie an der Universität Göttingen.

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Leseprobe

Kapitel 2
Frühe Begegnungen des Buddhismus mit dem Abendland


Im Allgemeinen beginnen unsere Darstellungen der Forschungsgeschichte auf dem Gebiet des Buddhismus mit dem 19. Jahrhundert. Dem sind meist nur kurze Anmerkungen über die ältere Zeit vorangestellt. Soweit ich sehe, fehlt aber bisher eine wirklich umfassende Darstellung dessen, was man vor der Zeit des Beginns der wissenschaftlichen Buddhismusforschung der Neuzeit über den Buddhismus wusste. Dabei ist die Bezeichnung „wissenschaftliche Buddhismusforschung“ ein Synonym für die auf der Auswertung von Primärquellen, d. h. in diesem Fall vor allem der Heiligen Schriften der Buddhisten beruhende Forschung. Im Allgemeinen gilt das zweibändige Werk von Eugène Burnouf (1801–1852) zuletzt Lehrer am Collège de France und Mitglied der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres, als Anfang der modernen Buddhologie: „Introduction à l’histoire du bouddhisme indien“. Teil 1: Paris 1844 (Darstellung) und Teil 2: Paris 1852 („Le Lotus de la Bonne Loi“, Saddharmapuṇḍarīkasūtra-Übersetzung). Es lohnt sich aber, einen Blick auf die Geschichte der älteren Kontakte der Buddhisten mit dem Abendland zu werfen.

Ob die Antike etwas über den Buddhismus gewusst hat, ist umstritten. Das große Indien-Werk des Megasthenes ist nicht als Ganzes erhalten; wir kennen es nur aus Zitaten in Werken anderer antiker Autoren. Megasthenes war etwa im Jahr 302 v. Chr. als Gesandter des Diadochenkönigs Seleukos Nikator an den Hof des Begründers der Maurya-Dynastie, Candragupta Maurya (321– ca. 297), in Pāṭaliputra gelangt. In den erhaltenen Fragmenten seines ausführlichen Berichtes werden Brahmanen und σαμανoι d. h. śramaṇas, erwähnt. Der Terminus śramaṇa bezeichnet jedoch nicht nur buddhistische Mönche, sondern ganz allgemein Wanderasketen im alten Indien.

Sehr umstritten ist auch, ob sich buddhistische Einflüsse auf das Neue Testament nachweisen lassen. Dies ist ebenso nachdrücklich behauptet wie entschieden bestritten worden. Das klassische Werk zu dieser Frage verdanken wir Richard Garbe: „Indien und das Christentum“ (Tübingen 1914). In zahlreichen Abhandlungen sind viele Argumente pro und contra vorgetragen worden; hier sei noch hingewiesen auf N. Klatt: „Literaturkritische Beiträge zum Problem christlich-buddhistischer Parallelen“ (Bonn 1982). Nach meiner Überzeugung darf man vom Vorliegen indischer Einflüsse, wenn auch in sehr beschränktem Umfang, ausgehen, kann aber nicht nachweisen, dass diese speziell buddhistisch gewesen sind.

Auch ist behauptet worden, dass Plotin „wesentliche Elemente seiner Philosophie“ aus Indien übernommen habe, nach neueren Thesen durch Vermittlung seines Lehrers Ammonios Sakkas. Dieser u. a. von Ernst Benz in seiner Abhandlung „Indische Einflüsse auf die frühchristliche Theologie“ (Wiesbaden 1951) behauptete intensiven Gedankenaustausch zwischen der hellenistischen Welt und indischem, auch buddhistischem Denken, ist von anderen Gelehrten als „voreilige Schlussfolgerung“ bezeichnet worden, aber dies war vielleicht auch wieder etwas voreilig geurteilt.

Um 200 n. Chr. begegnen wir bei dem christlichen Theologen Clemens von Alexandrien einem Hinweis auf den Buddha: „Es gibt in Indien diejenigen, die den Geboten des Buddha (Boutta) folgen, den sie wegen seiner Heiligkeit wie einen Gott verehren“ (Stromata 1,15).

Sicher ist auch, dass der Religionsstifter Mani (3. Jh. n. Chr.) etwas über den Buddhismus gewusst hat. So sind bestimmte Lehren des Buddha und auch sein Name in den Manichäismus eingegangen, der bekanntlich in der Spätantike eine zeitlang ein ernstzunehmender Konkurrent für das Christentum gewesen ist. Es ist aber insgesamt überraschend, wie wenig Konkretes der westlichen Antike über Indiens Religionen, speziell über den Buddhismus, bekannt war.

Umgekehrt war es auch nicht viel anders. Indische Quellen berichten wenig historisch Brauchbares über die Yonas (Griechen) und über andere Völker des Westens, obwohl wir bereits in der Zeit des Aśoka griechische Inschriften im äußersten Nordwesten des indischen Kulturgebiets finden, und obwohl griechische Siedler die Entwicklung der indischen Kunst tiefgehend beeinflusst haben. Auf dem Gebiet der Philosophie ist der Milindapañha ein Sonderfall. Dieses Werk, „Fragen des Milinda (Menandros)“, enthält philosophische Gespräche zwischen dem König Menandros und dem buddhistischen Mönch Nāgasena. Menandros regierte ein indo-griechisches Königreich im Nord-Westen des Subkontinents. Ohne auf dieses höchstinteressante Dokument an dieser Stelle näher einzugehen, sei es als Beleg dafür angeführt, dass in jener Zeit tatsächlich ein geistiger Austausch der hellenistischen und der buddhistischen Welt stattgefunden hat. Erwähnt werden soll ferner, dass Hieronymus (ca. 347–419) berichtet, dass der Buddhas aus der Seite einer Jungfrau geboren worden sei („Traditur quod Buddam, principem dogmatis eorum, e latere suo virgo generavit“).

Aus mittelalterlichen literarischen Quellen des Westens erfahren wir nicht viel über den Buddhismus. Christliche Missionare, und zwar Nestorianer, gelangten zwar im 7. und 8. Jahrhundert bis nach Ostturkestan und China, aber auf diesem Weg scheinen keine genauen Informationen über den Buddhismus in den Westen gedrungen zu sein.

Erwähnt werden soll hier ferner die Heiligenlegende von Barlaam und Josafat. Dies ist eine christianisierte Version der Buddha-Legende. Josafat wurde sogar als christlicher Heiliger verehrt, ist aber der Entrümpelung der katholischen Heiligenregister in jüngster Zeit zum Opfer gefallen. Auch zu diesem Thema gibt es eine unübersehbare Fülle von Literatur. Man glaubt heute, dass die älteste erhaltene Version dieser Legende eine georgische Fassung des 9. oder 10. Jahrhunderts ist, und dass diese wiederum auf einer arabischen, inzwischen ebenfalls veröffentlichten Rezension der Erzählung beruht. Diese soll auf eine mittelpersische, möglicherweise manichäische Fassung der Geschichte zurückgehen. Jedenfalls ist die Erzählung in der hoch- und spätmittelalterlicher Zeit in alle Kultursprachen des damaligen Europa übersetzt und sehr viel gelesen worden, nachdem sie ca. 1000 ins Griechische und 1048 ins Lateinische übersetzt worden war.

Für den Kulturaustausch des Abendlandes mit Zentral- und Ostasien hat die Seidenstraße zentrale Bedeutung gehabt. Einige unerwartete Zeugnisse des Buddhismus in Nordeuropa geben davon Kunde, dass auch auf den Handelsstraßen der Wikinger indisches Kulturgut in den Westen gelangt ist. Bei den Ausgrabungen in Haithabu wurden zwei indische Buddha-Figuren ausgegraben; die erste wurde unverständlicherweise in den Kunsthandel gegeben, ohne dass man sie vorher fotografierte. Erst bei dem zweiten Fund merkte man, dass es sich um eine sensationelle Entdeckung handelte. Zunächst hatte man nämlich gemeint, die Figur sei zufällig und später an den Fundort gekommen. Außerdem hat man eine aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. stammende nordindische Buddha-Figur in Helgö im schwedischen Uppland ausgegraben. Es besteht kein Zweifel, dass auf dem Weg über Russland auch Elemente indischer Kunst ins mittelalterliche Europa gelangten.

Die Ausbreitung des Islam hat über mehrere Jahrhunderte den direkten Kontakt des Abendlandes mit den buddhistischen Ländern unterbrochen. Dies änderte sich mit der Entsendung von Dominikanern und Franziskaner an den mongolischen Hof unter dem Papst Innozenz IV. und dann mit dem Reisebericht von Marco Polo. Die damals vermittelten Informationen beziehen sich jedoch auf den Lamaismus, nicht auf den Südlichen Buddhismus.

Seit Vasco da Gama’s Indienreise (1497/8) war der Weg für direkte Kontakte offen. Bereits im 16. Jahrhundert haben Missionare die buddhistischen Länder Südostasiens und Japan besucht. Seit 1624 sind Missionare auch nach Tibet gelangt. Ihre Berichte sind von Luciano Petech in 7 Bänden ediert worden („I missionari Italiani nel Tibet e nel Nepal“, Roma 1954–56). Die Masse der frühen Berichte von Reisenden, seit dem 17. Jahrhundert erweitert durch Berichte von Gesandten, ist fast unübersehbar und bisher nur zu einem kleinen Teil ausgewertet.

Zu den berühmtesten Berichten gehört die „Description du royume de Siam“ (Paris 1691) von Simon de la Loubère. Er war 1687–1688 vom König Ludwig XIV. als außerordentlicher Gesandter nach Siam geschickt worden. La Loubère gibt eine für die Verhältnisse seiner Zeit sehr gute Beschreibung des Buddhismus, aus der ich hier einige Auszüge zitiere. Es handelt sich dabei um die erste genauere Beschreibung des Theravāda-Buddhismus in der europäischen Literatur überhaupt.

Ich zitiere hier einige Auszüge aus diesem Gesandtschaftsbericht nach einer im Jahr 1752 erschienenen deutschen Bearbeitung (Die von H. Bechert angeführte deutsche Bearbeitung war nicht zugänglich, daher vgl. eine spätere und etwas abweichende deutsche Übersetzung des Werkes von Simon de la Loubère: Loubère 1800), die im Band 10 des Sammelwerkes „Allgemeine Historie der Reisen zu Wasser und zu Lande, oder Sammlung aller Reisebeschreibungen … durch eine Gesellschaft gelehrter Männer … zusammen getragen und … übersetzt“ enthalten sind; die auf La Loubère zurückgehenden Informationen sind darin einer Bearbeitung durch Guido Tachard entnommen und stehen auf den Seiten 295–297 (hier in der sprachlichen Form des Originals zitiert). Der Wiedergabe der Darstellung der Religion der Siamesen seien einige erläuternde Bemerkungen vorausgeschickt:

Die „balische“ Sprache ist nichts anders als das Pāli,...

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