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Der Erste Kaiser von China

Mythen, Märchen und Legenden um den sagenumwobenen Qin Shihuangdi

AutorHeide-Renate Döringer
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl148 Seiten
ISBN9783741259517
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Die Beurteilungen des Ersten Kaisers waren zu allen Zeiten zwiespältig. Zum einen sieht man in ihm den bewundernswerten Staatsmann, der den Bau der Großen Mauer veranlasste und der das Reich einte. Er ernannte sich zum alleinigen Gottkaiser, schaffte die zersplitterte Feudalherrschaft ab, leitete weitreichende Reformen ein, und vereinheitlichte die Schrift, die Maße und das Geld. Andererseits gilt er als strenger Legalist und Despot, dem man grausame Kriegsführung, unzählige Massaker, die Bücherverbrennung und den gewaltsamen Tod von mehr als 400 Gelehrten anlastet. Er gilt als äußerst schwierige Persönlichkeit, jähzornig, überheblich, von Verfolgungswahn geprägt und Zeit seines Lebens auf der Suche nach Unsterblichkeit. Zu Zeiten von Mao Zedong erscheint Qin Shihuangdi plötzlich in einem positiven Licht. Mao sieht in dem Ersten Kaiser sein Vorbild und bringt dessen Namen immer wieder in die Öffentlichkeit. Die Entdeckung der Terrakotta-Armee im Jahre 1974 und ständig neue Funde von Archäologen und Wissenschaftlern bringen schließlich eine weitere Facette dieses erstaunlichen Mannes zutage. All das ist Stoff für unzählige interessante Mythen, Märchen und Legenden.

Heide-Renate Döringer, Dr. phil., ist promovierte Linguistin und Poesiepädagogin. Sie unterrichtete während vieler Jahre Deutsch und Englisch an der Frankfurt International School in Oberursel /Taunus. Die Begegnung mit Menschen verschiedener Nationalität hat sie immer fasziniert und dazu inspiriert, die Welt zu erkunden. Ihre Erlebnisse und Empfindungen auf Reisen hält sie in Tagebüchern und Gedichten fest. Ein Gastsemester als Dozentin an der Fremdsprachenuniversität in Xi'an/China im Jahre 2008 bot ihr Gelegenheit, die Menschen und die Geschichte des faszinierenden Landes näher kennenzulernen. Seitdem befasst sie sich intensiv mit verschiedenen Aspekten dieser jahrtausendealten Kultur und sammelt dazu Mythen, Märchen und Legenden.

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Leseprobe

III. Auf dem Weg zur Macht


Der Knabenkönig und seine Berater

Im Jahre 249 v. Chr. übernimmt Yiren schließlich unter dem Namen König Zuang Xiang die Macht, bestimmt Lü Buwei zum Kanzler und verleiht ihm den Titel „Marquis von Wenxin“. Mit dem Titel unterstehen diesem 100.000 Haushalte in Henan und Luoyang, und er erhält die anfallenden Staatsabgaben. Doch schon zwei Jahre später, im Jahre 247 v. Chr., verstirbt der König und sein erst 12jähriger Sohn Ying Zheng (der spätere Erste Kaiser) wird zum Nachfolger ernannt. Nach chinesischem Brauch erfolgt im Jahr darauf die Thronbesteigung. Lü Buwei hat erreicht, was er plante, und übernimmt zusammen mit der Königinwitwe stellvertretend die Staatsgeschäfte bis zu Ying Zhengs Volljährigkeit.

Während dieser Zeit tritt Li Si in das Leben des Prinzen. Li Si wird ungefähr im Jahre 280 v. Chr. im Staat Chu geboren. Als junger Mann findet er eine Anstellung als Sekretär am Hofe seines Königs. Aufgeweckt und ehrgeizig beobachtet er das Geschehen und bildet sich weiter. Nach einiger Zeit erkennt er jedoch, dass er in seinem Heimatstaat keine Karriere machen kann, und beschließt, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Ratten verhelfen ihm zu einer Erkenntnis:

Kluge Tiere


Eines Morgens beobachtet Li Si die mageren Ratten in den Latrinen der Angestellten. Diese wühlen im Dreck und verkriechen sich ängstlich, sobald sich ein Mensch oder ein Hund nähert. Am gleichen Tag noch muss Li Si in den Kornspeicher und ist erstaunt, als er auch dort auf Ratten trifft. Die Nagetiere hier sind jedoch wohlgenährt und verhalten sich vollkommen unbekümmert; sie fürchten weder Mensch noch Tier. Li Si denkt nach und zieht seine Schlüsse. Er sagt sich: „Eines Mannes Status hängt nur davon ab, wo er lebt und für wen er arbeitet. Ich werde nicht in Chu bleiben, sondern mich in die Dienste von Qin stellen, denn dessen König ist stark und er will alle anderen Reiche erobern.“

So macht sich Li Si im Jahre 247 auf den Weg in das aufstrebende Reich Qin. Der Zeitpunkt ist günstig, denn Lü Buwei, der augenblicklich die Staatsgeschäfte führt, sucht einen Lehrer für den minderjährigen Prinzen Zheng. Dieser junge, ehrgeizige Mann aus Chu scheint ihm der richtige Kandidat zu sein, und so überlegt er nicht lange und stellt ihn ein.

Was der Kanzler nicht voraussehen kann ist, dass Li Si die Zuneigung des Thronerben Ying Zheng gewinnt und später dessen engster Vertrauter wird. Li Si ist Anhänger des Legalismus, einer Philosophie, die auf der Idee basiert, dass der Mensch von Natur aus böse und undiszipliniert ist. Er kann deshalb nur mit Gesetzen und strengen Strafen geführt werden. Der Herrscher hat alle Macht und muss nicht auf den Rat anderer hören. Durch Li Si wird der Legalismus zum Fundament der Herrschaft des Ersten Kaisers gemäß der These: „In einem geordneten Reich gibt es viele Strafen, aber nur wenige Belohnungen!“

Lü Buwei und Li Si, die einflussreichen Berater

Lü Buwei hat zu diesem Zeitpunkt andere Probleme: Die Ernte ist schlecht, eine Heuschreckenplage kommt über das Land und als Folge bricht eine große Hungersnot aus.

Ein Plan


Lü Buwei überlegt: Die Versorgung der Truppen ist gefährdet. Ich muss ungewöhnliche Maßnahmen ergreifen, damit die Soldaten, die Stütze unseres Staates, stark bleiben und kämpfen können. Ich biete jedem Landbesitzer, der 1000 Maß Getreide an die Staatslager liefert, einen Adelstitel an, das wird die erste Not lindern; gleichzeitig muss ich aber noch Wege finden, wie eine sichere Ernte in Zukunft gewährleistet wird. Da fällt mir ein, dass ein Wasser-Ingenieur um eine Audienz gebeten hat. Ich werde ihn empfangen.

„Welchen Vorschlag habt Ihr zu machen?“

„Ich plane ein neues Bewässerungssystem anzulegen. Dabei denke ich an den Bau eines Kanals zwischen den Flüssen Jing und Luo. Mit Hilfe dieses Kanals könnten viele neue Gebiete bewässert werden und ein regelmäßiges Wachstum der Pflanzen wäre gesichert!“

Der Kanzler denkt nach und stimmt dann dem Vorhaben zu. Er weiß nicht, dass der Ingenieur ein Agent aus dem Reich Han ist, den man geschickt hat, den König von diesem Plan zu überzeugen. Hintergedanke ist, dass für den Bau des Wasserwegs sehr viele Menschen benötigt werden und somit dem Qin-Reich nicht genügend Krieger zum Angriff auf Nachbarstaaten zur Verfügung stehen würden.

Der Kanal wird gebaut, erhält den Namen „Zheng-Kanal“ und die Gegend, durch die er führt, wird die Kornkammer des Landes. Die wohlversorgten Soldaten können mit ihrem Siegeszug fortfahren, und auch das Reich Han wird besiegt.

Inzwischen baut Lü Buwei seine Machtposition aus und häuft aufgrund seiner kaufmännischen Fähigkeiten enorme Reichtümer an. In den eroberten Gebieten kauft er wertvolles Land mit Bodenschätzen zu einem niedrigen Preis. Bald ist er Besitzer von Eisen- und Kupferminen, und da diese beiden Metalle zur Waffenherstellung gebraucht werden, macht er große Gewinne. Außerdem blüht sein Handel mit Pferden, Holz, Salz, Juwelen und anderen Gütern. Nun möchte er seine Position festigen.

In jener Zeit gilt es als ein Zeichen von Macht und Größe, Gelehrte und Künstler in sein Haus einzuladen, und Lü Buwei ruft nun Gelehrte aus dem ganzen Reich in der Hauptstadt zusammen. Da er ein sehr vermögender Mann und großzügiger Gastgeber ist, kommt man gerne zu ihm, und er kann sich die klügsten Denker aussuchen. Zeitweise beherbergt und bewirtet er bis zu 3000 Gäste in seinen Anwesen. Diese gebildeten Männer lässt er Texte zu Philosophie, Sitten und politischer Theorie verfassen. Alle Arbeiten überwacht er mit größtem Interesse und äußerster Strenge. Schließlich ist das Werk vollendet und Lü Buwei unendlich stolz. Er lässt eine Kopie an eines der Haupttore Xianyangs hängen zusammen mit einem Beutel, der mit 1000 Goldstücken gefüllt ist. Dazu kommt folgende Notiz:

„Wer auch immer nur ein einziges Schriftzeichen verbessern kann, der erhält diese Belohnung!“

Niemand wagt es. Die Schriften beruhen auf der Lehre vom „Mandat des Himmels“, was besagt, dass der Himmel die Autorität des Herrschers billigt, solange dieser weise, gütig und fürsorglich regiert und für das Wohlergehen seines Volkes sorgt. Einem schlechten Regenten erweist der Himmel sein Missfallen durch Naturkatastrophen, Sonnenfinsternisse, Kometen oder andere Himmelszeichen. Auch feindliche Überfälle, Niederlagen, Seuchen und Unfruchtbarkeit des Herrschers werden als Zorn des Himmels angesehen und können zu einem Sturz der Dynastie führen. „Die Analen des Lü Buwei“, auch „Frühling und Herbst des Lü Buwei“ genannt, gehen in die Geschichte ein und bilden für mehr als 2000 Jahre die philosophische Grundlage des chinesischen Reiches.

König Zheng von Qin


Im vierten Monat des Jahres 238 v. Chr. wird Ying Zheng 22 Jahre alt. Nun reist er nach der Stadt Yong, wo sich der Ahnentempel der Qin befindet. In einer feierlichen Zeremonie erhält er den prächtigen Hut mit den Perlenschnüren. Ein solch symbolträchtiges Kleidungsstück haben schon die antiken Kaiser Yun und Yao getragen, wie auf ausgegrabenen Steinbildern zu erkennen ist. Ying Zheng ist nun auch legitimiert, die königlichen Insignien zu empfangen: das Schwert und den Gürtel aus wertvoller Jade.

Während Zhengs Abwesenheit macht sich Lü Buwei Sorgen um die eigene Zukunft. Auf dem Gipfel seiner Macht und seines Ruhms wird ihm Zhao Ji, die ehemalige Geliebte, zum Verhängnis.

Eine schöne, junge Königinwitwe


Die Königinwitwe Zhao Ji ist eine bildschöne Frau in den dreißiger Jahren mit starken sexuellen Begierden. Einst die Lieblingskurtisane von Lü Buwei, hat dieser sie schweren Herzens an Yiren abgegeben, in der Hoffnung, dadurch politische Vorteile zu erlangen. Auch als die beiden verheiratet sind und Yiren als König Zhuang Xiang regiert, erhält Lü Buwei das Verhältnis heimlich weiter aufrecht.

Nun macht er sich Sorgen, dass das Verhalten der Frau und ihre Beziehung miteinander bekannt werden, und er versucht, ihr sexuelles Interesse auf jemand anderen zu lenken. So schaut er nach einem Mann mit einem riesengroßen Penis aus. Schließlich findet er Lao Ai, der gut ausgestattet ist und den er deshalb in seinem Haushalt anstellt. Jetzt muss nur noch die Königinwitwe von dieser außergewöhnlichen Erscheinung erfahren. Als sich die Gelegenheit ergibt, lässt Lü Buwei verführerische Musik spielen, Lao Ai muss seinen Penis durch ein Loch in einer runden Scheibe aus Holz stecken und dann über den Hof wandeln. Das erregt natürlich Aufsehen und die Dienerschaft tratscht. So hört auch die Königinwitwe von dem Geschehen und will Lao Ai mit eigenen Augen sehen. Das Problem ist nur, dass es Männern verboten ist, die Gemächer der Frauen zu betreten.

Da greift Lü Buwei zu einem neuen Trick. Er beschuldigt Lao Ai eines Verbrechens, das Kastration zur Folge hat. Den Chirurgen, der die Operation ausführt, besticht er mit einer großen Summe und lässt ihn nur die Augenbrauen und Barthaare entfernen, so dass der Mann wie ein Eunuch aussieht. Als solcher darf er nun der Königinwitwe...

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