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Der Impairment Test gemäß IAS 36: Ermessensspielräume und bilanzpolitische Gestaltungsmöglichkeiten in der Praxis

AutorFurat Al-Obaidi
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl106 Seiten
ISBN9783656336389
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Sachanlagevermögen, die immateriellen Vermögenswerte und der derivative Geschäfts- oder Firmenwert stellen wesentliche Vermögenswerte einer Bilanz dar und haben oft einen maßgeblichen Anteil an der Bilanzsumme der Unternehmen. Dabei gewinnt der goodwill bei den Gesellschaften, die nach International Financial Reporting Standards (IFRS) bilanzieren, zunehmend an Bedeutung. Die Firmenwertrestbuchwerte deutscher kapitalmarktorientierter Unternehmen sind aufgrund erhöhter Akquisitionstätigkeiten im Zeitraum zwischen 2005 und 2010 von 133,6 Milliarden Euro auf 201,7 Milliarden Euro gestiegen. Auch der relative Anteil des goodwill an der Bilanzsumme ist in diesem Zeitraum etwa um die Hälfte von 8,7 % auf 11,9 % gestiegen. Damit bedarf es an Regelungen für die Folgebewertung, um die Werthaltigkeit der oben genannten Vermögenswerte sicherzustellen. Diese finden sich in IAS 36 wieder, einem Standard, der die Folgebewertung des langfristigen operativen Vermögens verdeutlicht und somit einen zentralen Aspekt der IFRSRechnungslegung bildet. Diese Ansicht vertritt auch die deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR), die seit 2005 Jahres- und Konzernabschlüsse deutscher kapitalmarktorientierter Unternehmen prüft. Dabei führt sie keine vollständigen Prüfungen durch. Die Prüfungen beschränken sich eher auf vorher festgelegte Prüfungsschwerpunkte. Seit 2005 gehört dazu die Wertminderung von Vermögenswerten inkl. des Geschäfts- oder Firmenwertes. Auch in 2011 ist der Impairment Test ein Prüfungsschwerpunkt der DPR. Auf den ersten Blick erscheint der Standard IAS 36 sehr umfangreich und detailliert. Deshalb ist zu erwarten, dass der Impairment Test dort so angemessen geregelt ist, dass sich keine Interpretationsspielräume ergeben. Für die Unternehmen ist es häufig von Interesse, dass sie den Jahresabschluss durch geeignete Bilanzpolitik in ihre gewünschte Richtung lenken, um den Investoren ein 'entsprechendes' Bild über die Unternehmenslage zu präsentieren. In diesem Zusammenhang ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, zu untersuchen, welche Wahlrechte und Ermessensspielräume den Bilanzierenden angeboten werden und wie die Unternehmen sie bilanzpolitisch ausüben. Dazu werden empirische Studien aus dem Zeitraum von 2005 bis 2011 analysiert, um das Jahresabschlussverhalten von kapitalmarktorientierten Unternehmen in Bezug auf die Anwendung des Werthaltigkeitstests gemäß IAS 36 zu hinterfragen.[...]

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Leseprobe

3 Bestimmung des erzielbaren Betrages


 

3.1 Konzept des erzielbaren Betrages (recovarable amount)


 

Ein Vermögenswert ist nach IAS 36.8 wertgemindert, wenn sein erzielbarer Betrag (recovarable amount) geringer ist als sein Buchwert (carrying amount). Der erzielbare Betrag hat keinen werttheoretischen Hintergrund, sondern ergibt sich gemäß IAS 36.6 stets aus dem höheren Betrag zwischen beizulegendem Zeitwert abzüglich der Veräußerungskosten und dem Nutzungswert.[37] Somit wird die interne Weiternutzung mit der externen Marktperspektive verglichen. Daher sind zur Ermittlung des erzielbaren Betrages zwei verschiedene Wertmaßstäbe – der Nettoveräußerungswert und der Nutzungswert – maßgeblich. Der value in use spiegelt die interne Unternehmensperspektive wider. Demzufolge ist der Nutzungswert mit wesentlich mehr Subjektivität verbunden, weil er auf internen Annahmen beruht und nur Faktoren berücksichtigt, die für das bilanzierende Unternehmen von Bedeutung sind. Diese Faktoren können vom Bilanzleser jedoch nur schwierig nachvollzogen werden.[38] Der Nutzungswert ergibt sich nach IAS 36.BCZ11 (c) aus den Barwerten der künftigen Cashflows des Vermögenswertes aus der betrieblichen Nutzung und seinem Veräußerungswert am Ende der Nutzungsdauer. Demgegenüber ergibt sich der Nettoveräußerungswert aus dem Betrag, der für einen Vermögenswert oder einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit zwischen sachverständigen, vertragswilligen und unabhängigen Geschäftspartnern erzielt wird. Dabei sind die Veräußerungskosten abzuziehen. Auf der Grundlage dieser Definition könnte der Eindruck entstehen, dass sich der fair value nur aus Marktwerten ableiten lässt. Er sollte zwar vorrangig durch marktbezogene Parameter (z. B. durch Marktpreise, Kapitalmarktdaten, Analystenreports) ermittelt werden.[39] In IAS 36.BCZ.11 ist jedoch klar geregelt, dass nicht nur der Nutzungswert, sondern auch der beizulegende Zeitwert über ein Barwertkalkül bestimmt werden kann, da sich der fair value anhand der Erwartungen des Marktes hinsichtlich seines Barwertes bildet.[40]

 

Für die Bewertung des fair value wird ein fiktiver Verkauf unterstellt, bei dem ein potenzieller Käufer den Vermögenswert erwirbt, in sein Unternehmen integriert und betrieblich nutzt. Der Käufer bemisst den Kaufpreis danach, welchen zusätzlichen Barwert der Vermögenswert generiert.[41] Durch den fiktiven Verkauf wird ein Marktbezug für den fair value hergestellt. Genau in diesem Punkt unterscheiden sich der fair value und value in use. Der Nutzungswert geht – im Gegensatz zum Nettoveräußerungswert – von einer Weiternutzung aus und verneint einen Marktbezug. Es sind lediglich die Zahlungsmittelflüsse relevant, die durch die betriebliche Nutzung des Vermögenswertes generiert werden.[42] Beiden Wertmaßstäben ist jedoch gemeinsam, dass die Basis für deren Wertbestimmung der künftige Barwert ist. Sie folgen damit der allgemeinen Bewertungstheorie, nach der sich der Preis eines Vermögenswertes nach seiner Fähigkeit, künftige Nutzenzuflüsse zu erzielen, richtet. Während die Bemessung der Cashflows beim Nutzungswert auf unternehmensinternen Prämissen beruht, basiert die Bewertung der Cashflows für den fair value marktbezogen durch potenzielle Käufer, die jedoch wiederum von einer betrieblichen Nutzung im eigenen Unternehmen ausgehen.[43]

 

Die Wertermittlung des erzielbaren Betrages hat gemäß IAS 36.66 grundsätzlich für einen einzelnen Vermögenswert zu erfolgen. Es kann allerdings der Fall eintreten, dass sich kein erzielbarer Betrag für einen Vermögenswert finden lässt, wenn keine unabhängigen Cashflows und kein aktiver Markt vorliegen, so dass der erzielbare Betrag auf der Ebene einer CGU herzuleiten ist, die den Vermögenswert beinhaltet.[44] Deshalb ist zunächst die Ebene zu identifizieren, für die der erzielbare Betrag ermittelt wird. Dafür kommen grundsätzlich vier Ebenen in Betracht:

 

Ein einzelner Vermögenswert,

 

eine CGU ohne zugeordnetem Geschäfts- oder Firmenwert,

 

eine CGU mit zugeordnetem Geschäfts- oder Firmenwert oder

 

Gruppen von zahlungsmittelgenerierenden Einheiten.[45]

 

Ist der erzielbare Betrag auf der Basis eines einzelnen Vermögenswertes nicht bestimmbar ist, kann vom Einzelbewertungsgrundsatz abgewichen werden. Der erzielbare Betrag ist dann auf der Ebene einer Cash Generating Unit abzuleiten. Dabei werden mehrere Vermögenswerte zusammengefasst, bis sie im Verbund Cashflows erzielen, die unabhängig von anderen Vermögenswerten sind.[46]

 

3.2 Nutzungswert (value in use)


 

3.2.1 Konzept des Nutzungswertes


 

Der Nutzungswert ergibt sich gemäß IAS 36.6 aus den Barwerten der künftigen Cashflows, die das Unternehmen aus der Nutzung des Bewertungsobjektes erzielen kann. Dabei sind nach IAS 36.31 (a) sowohl die Mittelzuflüsse aus der betrieblichen Nutzung, als auch aus der Veräußerung nach Ende der Nutzungsdauer einzubeziehen. Für die Bestimmung des value in use ist lediglich das kapitalwertorientierte Verfahren anwendbar, die Anwendung des marktpreisorientierten Verfahrens ist hingegen ausgeschlossen.[47] Der Nutzungswert spiegelt die Verwertungsabsichten des steuernden Managements wider. Daher erfolgt die Bewertung des value in use nicht aus der Sicht eines neutralen Gutachters. Es ist vielmehr ein Wert abzuleiten, der eine subjektive und individuelle Nutzenvorstellung zulässt.[48] Aufgrund der Kenntnis unternehmensinterner Aspekte und betriebsspezifischer Vorteile ermöglicht der value in use den Einbezug unternehmensinterner Ressourcen, Synergien und Wachstumserwartungen. Dabei werden auch außerbilanzielle Faktoren, wie z. B. das Knowhow der Mitarbeiter oder konzernspezifisches Wissen der jeweiligen Einheit, berücksichtigt.[49] Für die Bewertung des Nutzungswertes sind gemäß IAS 36.30 fünf Elemente entscheidend:

 

Die Schätzung der Cashflows, die das Unternehmen durch die betriebliche Nutzung und den Abgang des Vermögenswertes wahrscheinlich erzielen wird,

 

Erwartungen im Hinblick auf Veränderungen über die Höhe oder den zeitlichen Anfall der Cashflows,

 

der Zeitwert des Geldes, der durch den aktuellen risikolosen Zinssatz dargestellt wird,

 

der Preis für die im Vermögenswert enthaltende Unsicherheit (ausgedrückt durch den Risikozuschlag) und

 

andere Faktoren, wie z. B. Illiquidität, die die anderen Marktteilnehmer bei der Ermittlung und Bewertung der künftigen Nutzenzuflüsse heranziehen würden.

 

Für die Ableitung des Nutzungswertes sind nach IAS 36.31 zwei grundlegende Schritte zu befolgen. Zum einen sind die Cashflows aus der betrieblichen Nutzung und dem Abgang des Vermögenswertes notwendig. Zum anderen ist ein angemessener Diskontierungszins zu ermitteln, um die abgeleiteten Cashflows abzuzinsen. Die in IAS 36 enthaltenen Regelungen zur Bestimmung des Nutzungswertes wirken im Vergleich zu den Regelungen des Nettoveräußerungswertes sehr detailliert, da die Herleitung der Cashflows und des Diskontierungszinssatzes sehr ermessensbehaftet sind und so versucht wird, die bilanzpolitischen Gestaltungsspielräume einzugrenzen. Insbesondere bei der Cashflow-Ermittlung hat sich das IASB zum Ziel gesetzt, die subjektiven Cashflow-Werte durch detailliert wirkende gesetzliche Regelungen zu objektivieren.[50] Die Bewertung des Nutzungswertes erfolgt auf einer Vorsteuerbasis, d. h. dass sowohl die Cashflows als auch der Diskontierungszins keine Wirkungen von Steuern enthalten dürfen. Das IASB verlangt diese Vorgehensweise, um eine Doppelerfassung von Steuern und ein Zirkularitätsproblem zu vermeiden. In der Praxis werden jedoch vornehmlich Nachsteuerwerte ermittelt, die dann für Zwecke der Anhangangaben in Vorsteuerwerte transformiert werden.[51] Während die Mittelzuflüsse gemäß IAS 36.33 auf unternehmensinternen, subjektiven Einschätzungen des Managements beruhen, ist der Diskontierungszinssatz marktbasiert und damit nicht unternehmensintern abzuleiten, weil das IASB die Ansicht vertritt, dass es nur schwierig möglich ist, einen unternehmensinternen Diskontierungszinssatz zu verplausibilisieren.[52]

 

3.2.2 Planungsmodelle für die Ermittlung der Cashflows


 

Um der zeitlichen Fälligkeit und der allgemeinen Unsicherheit der Cashflows Rechnung zu tragen, werden in IAS 36.A2 zwei Methoden erläutert.[53] Es handelt sich hierbei um den traditionellen Ansatz (traditional approach) und den erwarteten Cashflow-Ansatz (expected cashflow approach). Während bei der ersten Methode der wahrscheinlichste Cashflow durch einen angepassten, risikoadjustierten Zinssatz zu diskontieren ist, werden beim expected cashflow approach verschiedene Cashflow-Szenarien simuliert und durch einen risikoneutralen Diskontierungsfaktor abgezinst.[54] Welche...

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