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Der Internationalisierungsprozess von ALDI SÜD: Eine Überprüfung des Uppsala Modells

AutorClemens Erath
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl49 Seiten
ISBN9783863417093
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Die Homogenisierung der Welt durch technologischen Fortschritt, Deregulierung des Welthandels und schnelleren Zugriff auf Wissen bringt neben anderen Aspekten eine verstärkte internationale Expansion vieler Unternehmen mit sich. So sind Unternehmen nicht mehr ausschließlich in ihren Heimatmärkten tätig, sondern suchen vermehrt ausländische Märkte, die sie erfolgreich bearbeiten können. Aus diesem Grund hat die Wirtschaftsforschung in der Vergangenheit zahlreiche Modelle entwickelt, die die voranschreitende Internationalisierung von Unternehmen zu erklären versuchen. Einen der bekanntesten Ansätze stellt dabei das von JAN JOHANSON und JAN-ERIK VAHLNE entwickelte Uppsala Modell des Internationalisierungsprozesses von Unternehmen dar, welches 1977 vorgestellt wurde. Außerdem lässt sich beobachten, dass der Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland einem Wandel unterliegt. So ist ein zunehmender Konzentrationsprozess hin zu oligopolistischen Marktverhältnissen festzustellen. Immer weniger und größere Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen kontrollieren immer weniger und größere Geschäfte. Die zehn größten Lebensmitteleinzelhändler vereinen bspw. ca. 89% des gesamten Branchenumsatzes, während die Anzahl von Geschäften in den vergangenen Jahrzehnten um 105.000 auf 55.000 im Jahr 2007 sank. Der Wandel wurde zudem durch das Aufkommen von Lebensmitteldiscountern wie Aldi verstärkt, die das Konsumverhalten der Verbraucher änderten, den Wettbewerbsdruck steigerten und so zu einer weiteren Branchenkonsolidierung beitrugen. Der deutsche Markt hat somit aufgrund der Existenz weniger großer Unternehmen, des hohen Preiskampfes und einer hochkompetitiven Wettbewerbssituation einen hohen Sättigungsgrad erreicht. Infolgedessen suchen deutsche Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels vermehrt nach neuen Wachstumspotentialen im Ausland. Aldi Süd kommt dabei durch den frühen Beginn seiner Internationalisierung im Jahr 1968 eine klare Pionierstellung zu. Das Buch behandelt daher den Internationalisierungsprozess des Lebensmitteleinzelhändlers Aldi Süd und überprüft dabei den Erklärungsgehalt des Uppsala Modells.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 2.4, Grenzen des Uppsala Modells und Kritik: Obwohl das Modell viel Zustimmung in der Wissenschaft bekam, gibt es auch einige kritische Stimmen. JOHANSON/VAHLNE selbst weisen darauf hin, dass ihr Modell bezüglich einiger Faktoren nur begrenzte Aussagekraft besitzt. So lässt das ursprüngliche Uppsala Modell bewusst die Entscheidungseigenschaften unterschiedlicher Entscheidungsträger außer Acht. Auch werden spezielle Umstände verschiedener Entscheidungssituationen ausdrücklich ausgeklammert (vgl. Forsgren, 2002, S. 270; Johanson/Vahlne, 1977, S. 23). Im Weiteren werden nun zwei zentrale Kritikpunkte genauer dargelegt. Dabei handelt es sich zum einen um den Determinismusvorwurf. Zum anderen soll die Problematik der psychischen Distanz genauer betrachtet werden. 2.4.1, Determinismus des Modells: Einer der Hauptkritikpunkte am Internationalisierungsmodell VON JOHANSON/VAHLNE ist der Vorwurf, dass es zu deterministisch sei (vgl. Johanson/Vahlne, 1990, S. 14). Bereits REID (1983) und TURNBULL (1987) kritisieren deren Annahme, dass der Internationalisierungsprozess fortläuft, sobald er einmal begonnen hat, und zwar streng nach den postulierten Internationalisierungsstufen und unabhängig davon, ob strategische Entscheidungen getroffen werden oder nicht (vgl. Johanson/Vahlne, 1990, S.14). Kritisiert wird dabei das starre Festhalten am Prozess und die Vernachlässigung voluntaristischer Gestaltungsspielräume der Entscheidungsträger (vgl. Bäurle, 1996, S. 72). REID argumentiert weiter, dass Unternehmen Auswahlmöglichkeiten haben und strategische Entscheidungen treffen, welche von der Umwelt, ihren Ressourcen oder der Marktstruktur mitbestimmt werden. Das ursprüngliche Uppsala Modell nennt im Gegensatz dazu lediglich Erfahrungswissen und psychische Distanz als Haupteinflussgrößen (vgl. Reid, 1983, S. 44 f.). Im Zusammenhang mit Wahlmöglichkeiten von Entscheidungsträger wird außerdem kritisiert, dass das Uppsala Modell Möglichkeiten, bestimmte Stufen der Establishment Chain bzw. Psychic Distance Chain zu überspringen und den Ablauf des Internationalisierungsprozesses zu beschleunigen, außer Acht lässt. Empirische Studien konnten den strikten, graduellen Ablauf der Internationalisierung dagegen nicht vollständig bestätigen. Studien von HEDLUND/KVERNELAND (1985) und TURNBULL (1987) über die Internationalisierungsstrategien schwedischer Unternehmen in Japan bzw. britischer Unternehmen in Europa konnten etwa nachweisen, dass Unternehmen unter bestimmten Umständen Stufen der Establishment Chain überspringen. Dies ist laut HEDLUND/KVERNELAND der Tatsache geschuldet, dass Branchen immer internationaler werden und der Mangel an Marktwissen dementsprechend nicht länger als ein Hemmfaktor der Internationalisierung angesehen werden kann (vgl. Bäurle, 1996, S. 71 f.; Johanson/Vahlne, 1990, S. 14 f.). Auch konnten Studien belegen, dass Unternehmen schon früher den Sprung in weiter entfernte Märkte wagen, wenn dort ein großes Marktpotential erwartet wird. In einer Studie von SULLIVAN/BAUERSCHMIDT (1990) über europäische Forsterzeugnisunternehmen konnten bspw. keine signifikanten Unterschiede in der Wahrnehmung von Internationalisierungsbarrieren auf verschiedenen Entwicklungsstufen der Psychic Distance Chain bestätigt werden (vgl. Sullivan/Bauerschmidt, 1990, S. 19). Ähnlich kritisch sieht auch der GAINS-Ansatz (Gestalt Approach to International Bussiness Strategies) von MACHARZINA/ENGELHARD (1991) den inkrementellen Charakter des Internationalisierungsprozesses des Uppsala Modells. Der GAINS-Ansatz geht davon aus, dass sich der Internationalisierungsprozess durch abwechselnde Phasen der Veränderung und Phasen der Ruhe auszeichnet. Dementsprechend vollzieht sich die Internationalisierung von Unternehmen nicht anhand einzelner kleiner Schritte, sondern erfolgt durch revolutionäre größere Sprünge (vgl. Kutschker/Schmid, 2011, S. 471). Schlussendlich gibt auch das Fehlen anderer als der auf der Establishment Chain postulierten Internationalisierungsformen sowie die Überschätzung der Faktoren Wissen und Erfahrung, Anlass zur Kritik. Demnach werden Marktbearbeitungsformen wie Joint Ventures, Übernahmen, Kooperationen oder Franchising überhaupt nicht in Betracht gezogen. Auch die Möglichkeit sog. 'Born Globals', also Unternehmen, die von Beginn ihrer Unternehmenstätigkeiten ohne großes Erfahrungswissen international tätig sind, wird außer Acht gelassen (vgl. Bäurle, 1996, S. 73; Kutschker/Schmid, 2011, S. 471). Dies ist womöglich der Tatsache geschuldet, dass zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung 1977 derartige Formen weittgehend unbekannt bzw. noch gar nicht existent waren. 2.4.2, Problematik der psychischen Distanz: Ein weiterer häufiger Kritikpunkt ist die Schwierigkeit der Beurteilung und Messung der psychischen Distanz. Der Begriff wurde erst von BECKERMANN (1956) und später von JOHANSON/VAHLNE (1977) maßgeblich geprägt und popularisiert (vgl. Dow, 2000, S. 51 f.). Obwohl der Begriff in der Wissenschaft weitverbreitet ist, gibt es kein genaues und verlässliches Instrument sie zu messen. Außerdem existiert keine allgemeingültige Definition. JOHANSON/WIEDERSHEIM-PAUL (1975) beschreiben diese zwar als die Summe jener Faktoren, die den Informationsfluss vom und zum Markt unterbinden, merken aber selbst an, dass ihre Bewertungskriterien relativ grob sind. Die Bewertung von Indikatoren wie Kultur-, Religions- und politischer Unterschiede zwischen Ländern werden bspw. nicht miteinbezogen (vgl. Johanson/Wiedersheim-Paul, 1975, S. 307 f.). Auch weitere Versuche psychische Distanz fassbar zu messen, hatten nur begrenzten Erfolg. Sowohl SETHIS Clusterbildung der Weltmärkte (1971) als auch HOFSTEDES Kulturdimensionen (1980) ließen einige Faktoren psychischer Distanz außen vor (vgl. Dow, 2000, S. 51 f.). Grundsätzlich ist es möglich, psychische Distanz anhand bestimmter Faktoren bzw. Dimensionen zu bestimmen. Problematisch ist allerdings, dass bei der Bewertung oft subjektive Kriterien, Einstellungen, Erfahrungen und Wahrnehmungen ausschlaggebend sind, die die psychische Distanz des Entscheidungsträgers beeinflussen (vgl. Dow, 2000, S. 51 f.). STÖTTINGER/SCHLEGELMILCH (1998) konnten in einer Studie z.B. nachweisen, dass das Empfinden psychischer Distanz z.T. stark davon abhing, wie gut oder schlecht die Geschäftsbeziehungen zu verschiedenen Ländern waren (vgl. Schöttinger/Schlegelmilch, 1998, S. 363 f.). Schließlich wendet NORDSTRÖM (1990) ein, dass die psychische Distanz zwischen verschiedenen Ländern sinkt und infolgedessen die Annahmen der Psychic Distance Chain heutzutage nur noch eingeschränkten Erklärungsgehalt aufweisen. Die Gründe für eine solche Entwicklung werden in der Homogenisierung der (Geschäfts-) Welt gesehen. Außerdem trägt das Aufkommen großer Unternehmen, welche die Welt als einen einzigen, zusammenhängenden Markt betrachten, zu dieser Entwicklung einer homogenen Welt bei. Auf diese Weise ist es Unternehmen zudem möglich, Wissen über fremde Märkte schneller und einfacher zu erlangen, da immer mehr Menschen über Erfahrung in anderen Ländern verfügen (vgl. Bäurle, 1996, S. 73; Nordström, 1991, S. 28 ff.).
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