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Der Kaiser und sein Gott

Das Christentum im Denken und in der Religionspolitik Konstantins des Großen

AutorKlaus M. Girardet
VerlagWalter de Gruyter GmbH & Co.KG
Erscheinungsjahr2010
ReiheMillennium-Studien / Millennium StudiesISSN 27
Seitenanzahl222 Seiten
ISBN9783110227895
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,00 EUR

Die Einstellung Konstantins des Großen zum Christengott und die Motive und Ziele der Politik des Kaisers gegenüber den Christen und ihrem Klerus sind bis heute umstritten. In Auseinandersetzung mit der Forschung der letzten 150 Jahre bietet der Autor zunächst eine in verschiedenen Einzelaspekten neue Rekonstruktion der Abwendung Konstantins vom Paganismus und seiner Hinwendung zum Christentum in den Jahren 310 bis 312. Analysiert werden sodann im Kontext des Aufstiegs zur Alleinherrschaft seine frühesten Selbstzeugnisse als Christ, seine 312 massiv einsetzende ideelle und materielle Förderung von christlichem Klerus und Kirchengemeinden und seine Rolle als 'Bischof der Bischöfe' (episcopus episcoporum, pontifex maximus) bis zu seinem Tod 337. Dabei kommt auch seine Politik gegenüber den nichtchristlichen Religionen zur Sprache. Maßgebend war, so zeigt sich, nicht der Gedanke der 'Toleranz', sondern angesichts der überwältigend großen Mehrheit der Nichtchristen in den Führungsschichten von Armee und Gesellschaft und in der Reichsbevölkerung insgesamt der Gesichtspunkt der ordnungspolitischen Opportunität. Konstantin strebte keine Parität, keinen Pluralismus, keine Koexistenz der Religionen an: das Christentum sollte zur alleinigen Reichs- und Weltreligion werden.



Klaus Martin Girardet, Universität des Saarlandes, Saarbrücken.

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Leseprobe

VIII. Der neue Herr – Kaiser und Konzil (S. 140-141)

Das Kirchenbauprogramm sowie die Privilegierung von Klerus und Kirchengemeinden und deren materielle Unterstützung waren aber nicht die einzige Form, in der Konstantin sein officium des Dankes an den Christengott erfüllte. Auch das Herbeiführen und das Sichern der Einheit des christlichen Kultus gehörten dazu. Das erwies sich als dringend notwendig. Der Kaiser wird nämlich anfangs kaum geahnt haben, daß seine Politik der Förderung des Christentums auch höchst problematische Begleiterscheinungen bei den Christen selbst haben könnte. Denn an verschiedenen Stellen des Reiches – so in Nordafrika (Donatisten) und, von Ägypten ausgehend, im ganzen Osten (Arianer) – herrschten bei den Christen theologisch begründete Konflikte, die unter wechselseitigen Exkommunikationen mit gewalttätigen Auseinandersetzungen und dem Aufbau konkurrierender Christengemeinden und Klerikerhierarchien einhergingen. Außerdem existierte seit frühester Zeit eine nicht unerhebliche Anzahl von christlichen Gemeinschaften, die den meisten Christen als häretisch und damit nicht-christlich galten. Wer aber war wirklich ,rechtgläubig‘? Wer also beanspruchte zu Recht das Prädikat ,katholisch‘, und wer konnte daher der rechtmäßige Empfänger der kaiserlichen Fürsorge sein?

1. ,Reichskonzilien‘ – ,Kaiserkonzilien‘ im Westen und im Osten des Imperiums


In Nordafrika war es über der Frage nach den Modalitäten der Integration von Christen, die in der Verfolgungszeit auf die eine oder andere Art ,zu Fall gekommen‘ waren (lapsi), zu erbittertem Streit in Episkopat und Gemeinden gekommen. Die standhaft Gebliebenen, die im Gegensatz zu der dortigen Minorität von Andersdenkenden gegenüber den lapsi eine strenge Bußpraxis mit Wiedertaufe vertraten, wurden nach einem ihrer prominenten Bischöfe, Do-natus von Karthago, ,Donatisten‘ genannt. Sie waren Gegner des Caecilianus, ebenfalls Bischofs in Karthago, den sie wegen seiner aus ihrer Sicht ungültigen Weihe, die von einem traditor – einem ,Auslieferer‘ von heiligen Büchern und Gegenständen in der Verfolgung – vollzogen worden sein sollte, nicht anerkannt bzw. sogar in aller Form auf einem großen afrikanischen Konzil exkommuniziert hatten. Die westlichen Kirchen außerhalb Africas hielten jedoch aus theologischen Gründen, u. a. wegen ihrer milderen Bußpraxis und Ablehnung der Wiedertaufe, an der communio mit Caecilianus fest. Als Konstantin nun 312/13 Gemeindeeigentum restituierte, Geldzuwendungen verteilte, Kirchen bauen ließ und das Privileg der Immunität des Klerus vergab, waren, vermutlich auf Grund von Hinweisen des Bischofs Miltiades von Rom, der im Streit um lapsi und traditores die mildere Bußpraxis befürwortete, nur die Caecilianer bedacht, die Donatisten hingegen übergangen worden. Sie erhoben daher über den Prokonsul Anullinus beim Kaiser Klage gegen Caecilianus als einen ehemaligen Bischof, der als Exkommunizierter widerrechtlich von der kaiserlichen Förderung profitiert habe.

Konstantin indessen sah diesen Schritt, im Einklang mit der Position Roms und des außerafrikanischen Episkopats im Westen, als einen Angriff auf einen amtierenden Bischof an. Für ihn aber war die Frage der Einheit des christlichen Klerus und Kultus wegen der Abhängigkeit der salus imperii und imperatoris von der Gunst des Christengottes ein Politikum ersten Ranges.

Inhaltsverzeichnis
Vorwort6
Inhalt8
I. Das Thema13
II. Voraussetzungen21
III. Die Jahre von 306 bis 31037
IV. Trier 311 – Die Entscheidung für den Gott der Christen55
V. Rom 312 – Die Bestätigung74
VI. Frühestes Selbstzeugnis des christlichen Kaisers – Taten, Gesten, Bilder, Worte (312 bis 314)100
VII. Der neue Kurs – Förderung von christlichem Klerus und Kirchengemeinden135
VIII. Der neue Herr – Kaiser und Konzil151
IX. Die neue Perspektive – Christianisierung der Menschheit als politisches Ziel Konstantins161
Verzeichnis der zitierten Literatur175
Zeittafel 272/73 bis 337198
Register203

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