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Der 'Lebensbrunnen' in Lissabon und das Spätwerk von Hans Holbein d.Ä.

AutorKatharina Hense
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl110 Seiten
ISBN9783640511006
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis17,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Kunst - Malerei, Note: 1,7, Ludwig-Maximilians-Universität München (Institut für Kunstgeschichte), Sprache: Deutsch, Abstract: Auffällig ist bei den letzten Werken des spätgotischen Malers Hans Holbein d.Ä. eine Zunahme der 'welschen' Formen, die seit 1509 mit dem durch eine Modellzeichnung überlieferten Hochaltar für den Augsburger Dom regelmäßig auftauchen. Der 'Lebensbrunnen' nimmt mit seiner komplexen Architektur, seiner ungewöhnlichen Ikonographie und gleichzeitig als letztes großes Gemälde des Künstlers einen besonderen Stellenwert im Oeuvre ein. Durch eine ausführliche Anschauung dieses Gemäldes und anhand der weiteren Spätwerke im Vergleich wird die Charakteristik des Spätwerkes und seiner ausgeprägten Verwendung von Renaissance-Elementen erörtert.

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Leseprobe

1. Einleitung mit Forschungsbericht


 

Das Spätwerk Hans Holbein d.Ä. (um 1465-1524) ist immer wieder umkreist worden, doch rückte stets die stilistische Entwicklung des Frühwerks und der darauf folgenden Zeit in den Forschungsfokus. Die Zeit nach dem Wegzug Holbeins aus Augsburg im Jahre 1515[1] stellt für die Kunsthistoriker bis heute ein Rätsel dar, da nach dem Aufenthalt in Isenheim die Weiterreise und eventuelle Rückkehr in die Heimatstadt quellentechnisch nicht gesichert sind. Ab dieser Zeit nimmt auch die Produktivität Holbeins im Bereich der Altartafelmalerei erheblich ab. Gleichzeitig ist aber eine quantitative Steigerung der Porträtkunst in seinem Oeuvre zu verzeichnen. Damit bleibt dem Betrachter des Spätwerks kein großes Vergleichsspektrum.

 

Auffällig ist aber bei den späteren Werken eine Zunahme der „welschen“ Formen, die seit 1509[2] mit dem durch eine Modellzeichnung überlieferten Hochaltar für den Augsburger Dom (Abb. 1a) regelmäßig auftauchen. Zunächst, bis zum Katharinenaltar von 1512[3], dienen sie jedoch nur als dekorative Rahmenornamentik anstelle der bisherigen gotischen Gitterwerke. Im „Fischwunder des hl. Ulrich“ (Abb. 2a), am rechten Innenflügel des Katharinenaltars, werden welsche Formen bereits ins Bild selbst integriert, wie es am Thron und an den dahinter stehenden renaissanceartigen Säulen zu sehen ist. Letztere hatte Holbein bei Hans Burgkmairs „Allerheiligenaltar“ abgeschaut. Sie dienen hier als trennendes Element zur Hintergrundszene, sind dabei aber noch etwas wirklichkeitsfremd angeordnet. Mit dem „Bildnis eines Herrn mit Pelzmütze“ (Abb. 3a) aus dem Jahr 1513[4] setzt der Meister erstmals die italienischen Formen als realitätsnahe architektonische Elemente ein. In ähnlicher Weise gestaltet er das „Bildnis eines Patriziers“ (Abb. 4a) um 1517[5]. Als drei gesicherte Spätwerke Holbeins gelten die „Madonna Böhler“ (Abb. 5a), deren Datierung bis heute umstritten ist, der Sebastiansaltar (Abb. 6a u. 7a) von 1516[6] und der „Lebensbrunnen“ (Abb. 8a) von 1519[7]. Sie alle weisen in zunehmendem Maße architektonische und dekorative Renaissanceformen auf. Ein weiteres Gemälde, die „Madonna Montenuovo“ (Abb. 9a) gilt als gut gelungene Fälschung aus humanistischem Kreis und auch die Madonna der Veste Coburg (Abb. 10a) wurde von Krause[8] vor einigen Jahren als zeitnahe Fälschung eingestuft[9]. Während die Erstgenannte eine Zusammenfügung von der „Madonna mit den Maiglöckchen“[10] (Abb. 11a) in Wien und dem architektonischen Rahmen des „Herrn mit der Pelzmütze“ darstellt, wurden bei der zweiten vermeintlichen Fälschung das Motiv der „Glykophilousa“ (Abb. 12a) aus einem früheren Bild Holbeins d.Ä. in Wien und das etwas abgewandelte Bogenmotiv des „Lebensbrunnen“ kombiniert[11]. Sie sollen hier nicht weiter berücksichtigt werden. Dafür werden mit dem Kriterium der Anwendungsform von welschen Elementen und anderer Renaissancemerkmale die drei letzten gesicherten Werke und die zwei genannten Porträts für die Erörterung des Spätwerks herangezogen.

 

Die frühe Diskussion zum Spätwerk von Reinhardt aus dem Jahre 1954 möchte die Lücken vorangegangener Arbeiten, den Dissertationen von Stoedtner 1896[12] und Glaser 1908 sowie dem Werk Schmids[13], bezüglich der letzten zehn Jahre des Künstlers schließen. Dabei verlagert sich der Aufsatz mehr auf biographische Probleme bei Holbein d.Ä. und dessen Abgrenzung des Oeuvres von dem Holbeins d.J., was mit damals noch aktuellen Zuschreibungsfragen zusammenhängt. Er schreibt die umstrittenen Außentafeln des Sebastiansaltars, die bis dato als Werk des Sohnes galten, dem Älteren zu. Für den „Lebensbrunnen“ stellt er eine Entstehung in Luzern in den Raum. Vier Jahre später, 1958, wird der Aufsatz von Landolt publiziert, der sich mit der Renaissancefrage bei Holbein d.Ä. auseinandersetzt und diese folgerichtig in Zusammenhang mit dem Spätwerk verknüpft. Dennoch geht die Betrachtung nicht über den Sebastiansaltar hinaus. Zum „Lebensbrunnen“ äußert sich Landolt nur in Bezug auf die zweifelhafte Signatur, derentwegen er nicht nur die Datierung, sondern auch die Zuschreibung an Holbein d.Ä. in Frage stellt. Einen ersten ausführlichen Überblick über Holbeins spätere Gemälde geben Lieb/ Stange in ihrem Katalogwerk von 1960, die in der Zuschreibungsfrage der Außentafeln des Sebastiansaltars Reinhardt zustimmen. Mit dem Gesamtwerk dieses Altars setzen sie auch das Spätwerk um 1515/ 1516[14] an. Holbein selbst bezeichnen sie als „Humanisten“, der „den Mensch als individuelle Persönlichkeit“[15] erfasst hat. Als weitere Argumente für seine Verkörperung eines Renaissancekünstlers rechnen sie nicht nur sein fortschrittliches Kolorit, sondern auch sein „sicheres Gefühl für Maß und Ordnung“[16]. Mit der möglichst vollständigen Erfassung seines Oeuvres soll die Wandlung vom „Spätgotiker zum Renaissancekünstler“[17] aufgezeigt werden. Ausdrücklich weisen Lieb/ Stange darauf hin, dass der „Lebensbrunnen“ nicht aufgrund der sich als falsch erwiesenen Signatur dem Künstler abgesprochen werden dürfe und vermuten seine Entstehung in Basel[18]. Hier soll er auch 1520/ 21[19] seinem Sohn an den Arbeiten für den Oberried-Altar geholfen haben, da in den Köpfen der Stifter die Hand des Älteren erkennbar sei und sich diese den weiblichen Heiligenköpfen im „Lebensbrunnen“ zuordnen ließen. Für die Architektur verweisen sie zwar auf das Relief Hans Dauchers der „Heiligen Familie“ von 1518[20] in Wien, gehen aber davon aus, dass beiden Künstlern das Grabmal des Dogen Vendramin (Abb. 13a) aus Venedig als Vorlage in Form von Zeichnungen diente. Ebenfalls im Jahre 1960 erscheint der Ausstellungskatalog in Basel zur Malerfamilie Holbein mit Reinhardt als Herausgeber, in dem die Urheberschaft Holbeins d.Ä. für den „Lebensbrunnen“ ein weiteres Mal bestätigt wird. Reinhardt regt hier wegen der niederländischen Manier in diesem Gemälde Überlegungen für eine zweite Niederlandreise in der Spätzeit Holbeins d.Ä. an und ist, anders als seine Vorgänger, überzeugt, dass die Architektur aus dem Daucher-Relief der „Heiligen Familie“ (Abb. 14a) übernommen wurde. 1965 findet eine Ausstellung zu Holbein d.Ä. in Augsburg statt. Der Herausgeber des Ausstellungskataloges war Bushart. In diesem ist der Aufsatz von Hannelore Müller bedeutend, welcher anhand quellenorientierter Forschungen die Biographie des Malers durchleuchtet. In der Annahme, das Datum auf dem Rahmen markiere das Aufstellungsjahr und nicht das Jahr der Fertigstellung, datiert Müller den Sebastiansaltar ins Jahr 1515[21], da sie von seiner Entstehung in Augsburg und einer Abreise Holbeins im Sommer desselben Jahres ausgeht. Zwar bestätigt sie den Aufenthalt Holbeins in Isenheim und Luzern, weiß aber bezüglich der Entstehungsfrage des „Lebensbrunnens“ auch keine Lösung und verlegt den Ort des Schaffens mit einem Fragezeichen ebenfalls nach Luzern. Auch sie erwähnt die Vermittlung des Architekturmotivs durch Daucher. Bezüglich des Sterbeortes des Künstlers kann Müller nur Vermutungen anstellen, die in Richtung Basel weisen. Von einer zweiten Niederlandreise ist hier nicht die Rede. Somit bringt der sehr gewissenhaft recherchierte Bericht keine neuen, handfesten Erkenntnisse für das Spätwerk. Bushart stimmt in dem Beitrag „Holbein d.Ä. als Maler und Entwerfer“ mit der Annahme einer Zusammenarbeit am Oberried-Altar 1521/22[22] mit Lieb/ Stange und in dem Hinweis auf die ausgeprägte Gabe Holbeins d.Ä., Menschen als Individuen aufgefasst und dargestellt zu haben, überein. Der „Lebensbrunnen“ wird hierbei noch nicht thematisiert, da das Spätwerk nicht Teil der Ausstellung war. Zum „Porträt eines Patriziers“ hat Pfeiffer 1966 einen kurzen, aber wichtigen Aufsatz geschrieben, in dem er vorrangig Zuschreibung, Datierung, Entstehungsort und Vorzeichnungen hinsichtlich vorangegangener Meinungen, u.a. von Landolt, diskutiert. Dabei geht er auf die Zusammenhänge der Renaissance-Rahmung jedoch nur am Rande ein. Er sieht hierin besonders in Verbindung mit dem „Lebensbrunnen“ und dem „Bildnis eines Herrn mit Pelzmütze“ den Beweis erbracht, dass das Bildnis „trotz“ der welschen Architekturrahmung dem älteren Hans Holbein und nicht dem jüngeren zuzuordnen sei[23]. Er nahm wie einige seiner Kollegen an, das Gemälde sei einst gemeinsam mit der „Madonna Montenuovo“ als Diptychon angelegt worden. In dem Herrenporträt entdeckt er das Bildnis eines Mannes der Familie Haugg, die in Augsburg ansässig war, womit der Entstehungsort auch die Heimatstadt des Malers gewesen sein müsste. Erst elf Jahre später erscheint Busharts Aufsatz zum „Lebensbrunnen“ in der Festschrift für Braunfels, in dem er seine Aufmerksamkeit allein auf dieses Gemälde richtet. Er gibt hierin einen ausführlichen Überblick zu sämtlichen Entstehungs- und Provenienzfragen und entschlüsselt anhand der Wappen im Bilde die Auftraggeber. Neben ikonographischer und figurenbezogener Ausführungen geht Bushart auch auf die Vorbilder ein. Er widerspricht der Meinung von Müller, Reinhardt und Baldass[24], Holbein habe das Architekturmotiv direkt von Daucher übernommen. Lieb/ Stange bekräftigend weist er...

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