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Der Nahostkonflikt in den Schulbüchern der BRD und DDR

Ein historischer Vergleich

AutorJulian Grasser
VerlagStudylab
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl100 Seiten
ISBN9783668498709
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Dieses Buch befasst sich mit der Darstellung des Nahost-Konflikts in Schulbüchern der Bundesrepublik Deutschland und der DDR. Anlass der Untersuchung ist die Beobachtung, dass israelische und palästinensische Geschichtsbücher die andere Perspektive vollständig ausblenden und die Geschichte nur aus ihrer jeweiligen Sicht beschreiben. Aufgrund der Tatsache, dass die Geschichte der Juden durch Nationalsozialismus und Holocaust eng mit der deutschen Geschichte verknüpft ist, ist zu erwarten, dass auch die deutsche Sicht auf Israel eine besondere sein könnte und sich dieses Verhältnis in ihrer Darstellung des Nahost-Konflikts in Schulbüchern widerspiegelt. Daher wurde in diesem Buch eine historische Schulbuchanalyse durchgeführt. Ausgewählte Schulbücher aus der BRD wurden dabei mit Schulbüchern aus der DDR in den Sekundarstufen I und II verglichen werden, um etwaige Gemeinsamkeiten oder Unterschiede festzustellen. Die Fragestellung lautet: Wie hat sich die historische Narration des Nahost-Konflikts in den Jahren zwischen 1949 bis 1990 verändert? Gibt es Unterschiede zwischen der historischen Narration des Nahost-Konflikts der BRD und der DDR? Da der Nahost-Konflikt im 'Teilthema 1: Internationale Beziehungen im Umbruch' im neuen Lehrplan von Rheinland-Pfalz für die Jahrgangsstufe 13 beispielshaft genannt wird, wurde das Thema Nahostkonflikt im vierten Kapitel dieses Buchs auch in einem konkreten Unterrichtsvorhaben für die Oberstufe umgesetzt. Dazu wurde eine Unterrichtsreihe konzipiert und innerhalb dieser exemplarisch zwei Unterrichtseinheiten in einem Unterrichtsentwurf vorgestellt. Aus dem Inhalt: - Nahostkonflikt; - Schulbücher; - historische Narration; - Schulbuchanalyse; - Israel; - Palästinenser

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Leseprobe

2 Sachanalyse[22]


 

Wie bereits aus der thematischen Hinführung zu entnehmen ist, soll diese Arbeit den Nahostkonflikt behandeln. Um das Thema ganzheitlich zu verstehen und im Schulunterricht einführen zu können, bedarf es einer Sachanalyse. Ziel dieses Kapitels ist es, nun darzulegen, worum es bei diesem Konflikt geht, welche Dimensionen er hat und welche Themeneinheiten im Schulunterricht behandelt werden sollten. Eine vollständige Analyse des Konflikts von Anfang bis heute in allen Bereichen ist aufgrund der vorliegenden Komplexität und dem inhaltlichen Umfang dieser Arbeit nicht möglich. Vielmehr sollen an dieser Stelle in chronologischer Abfolge thematische Schwerpunkte skizziert werden, welche im Schulunterricht umgesetzt werden sollen. Die Analyse soll sich jedoch nicht auf den chronologischen Verlauf beschränken, sondern zusätzlich auch die Konfliktdynamik darstellen. Dazu sollen neben Streitfragen auch unterschiedliche Konfliktebenen sowie Konfliktakteure erläutert werden.

 

Generell ist zunächst der Begriff Nahostkonflikt zu klären. Bei dieser Arbeit geht es um den Konflikt, der in der Region Palästina[23] zu lokalisieren war und der in der Folgezeit bis heute den kompletten Nahen Osten sowie die internationale Politik beeinflusst hat. Die sich gegenüberstehenden Gruppierungen im Kern-Konflikt waren Juden und Araber in Palästina. Bei Palästina handelt es sich um eine Region am südöstlichen Teil des Mittelmeers, die zwischen der südlichen Levanteküste und dem Fluss Jordan liegt.[24] Beim Begriff „Naher Osten“ wiederum handelt es sich um eine geographische Bezeichnung, welche sowohl im historischen Verlauf als auch heutzutage unterschiedlichen Definitionen unterlag. Für diese Arbeit sollen dem Begriff die Länder südlich der Türkei und westlich des Irans untergeordnet werden. Dazu zählen Israel sowie die arabischstämmigen Länder Syrien, Libanon, Jordanien, Irak sowie die Länder der arabischen Halbinsel um Saudi-Arabien sowie Ägypten als Grenze im Westen.[25]

 

Palästina war aufgrund seiner Lage und der günstigen klimatischen, geographischen aber auch geopolitischen Vorrausetzungen schon seit der Antike im Interesse unterschiedlicher Herrschaftsdynastien und im weiteren Verlauf einem steten Wechsel unterzogen.[26] Dazu zählen beispielsweise die Perser, die Assyrer oder auch die Römer. Der genaue Verlauf soll aufgrund der Fülle an unterschiedlichen Ereignissen nicht thematisiert werden. Was für den späteren Konflikt aus dieser Epoche zentral erscheint, ist die religiöse Bedeutung Palästinas für Juden- und Christentum aber auch den Islam. Alle drei Religionen berufen sich auf Heiligtümer, welche sich in der Stadt Jerusalem befinden.[27] Laut Bibel hat Gott Abraham und seinen Nachfolgern das Gebiet als Heimat versprochen und dort wurde schließlich auch das Judentum durch die Stämme Israels begründet. Die Juden mussten nach dem jüdischen Bar-Kochba-Aufstand gegen die römische Herrschaft im Jahr 135 n. Chr. Palästina verlassen und lebten fortan in Diaspora-Gemeinden auf der ganzen Welt.[28] In der Region selbst ließen sich während der muslimischen Expansion arabische Stämme nieder, welche diese bis zur Neuzeit dauerhaft besiedelten.

 

Im 19. Jahrhundert kam es dann jedoch zu einer Abfolge von Ereignissen, welche als Beginn des Nahostkonflikts angesehen werden kann: Im Jahr 1881 erfolgte in Russland und Polen eine Serie von Übergriffen und Morden gegen die dort lebenden Juden.[29] Ausgelöst waren diese durch den wachsenden Antisemitismus, welcher überall auf der Welt in unterschiedlicher Intensität anzutreffen war. Viele Juden flohen nach Westeuropa und einige von ihnen nach Palästina. Insgesamt wanderten zwischen 1882 und 1903 ca. 25.000 bis 30.000 osteuropäische Juden nach Palästina ein.[30] Damit kam es auch zum Ende des fast 2000 Jahre andauernden jüdischen Exils in dieser Region. Hierbei dürften vor allem religiöse Gründe eine zentrale Rolle gespielt haben. Als Verstärker für diese Einwanderungswelle ist Theodor Herzls Veröffentlichung „Der Judenstaat“[31] aus dem Jahr 1896 zu nennen. Es handelt es sich dabei um eine wissenschaftliche Abhandlung über die Notwendigkeit zur Errichtung einer jüdischen Heimstätte.[32] Darin erklärte Herzl zum einen, weshalb die Juden einen eigenen Staat bräuchten, zum anderen aber auch, wie dieser Staat aus seiner Sicht konkret umzusetzen sei. Wo dieser Staat aufgebaut werden sollte, spielte für ihn zunächst nur eine untergeordnete Rolle, dennoch war Palästina für ihn aufgrund der religiösen Verflechtung mit dem Judentum das Wunschziel. Durch Herzls Ideen entwickelte sich fortan der bereits bestehende politische Zionismus weiter und die zionistische Weltorganisation als Vereinigung aller Zionisten wurde geschaffen[33]. Der Zionismus als Bewegung ging schon vorher aus dem europäischen Nationalismus und Antisemitismus hervor und nannte eine jüdische Heimstätte in Palästina als politisches Ziel.[34] Damit ist er im engeren Sinne einem jüdischen Nationalismusbestreben gleichzusetzen. Ebenso muss jedoch an dieser Stelle erwähnt werden, dass es verschiedene Formen des Zionismus gab, der politische Zionismus von der Mehrheit der Juden zunächst aber auch abgelehnt wurde. Gerade die westeuropäischen Juden galten als assimiliert und standen daher auch dem Zionismus kritisch gegenüber.

 

In Palästina wiederum siedelten immer mehr Juden an, dazu zählten neben geflüchteten ostereuropäischen Juden auch religiös und politisch motivierte Zionisten aus ganz Europa. Diese trafen dort jedoch auf die bereits ansässige arabische Bevölkerung. Die Araber waren eine ethnisch-nationale Gruppierung mit gemeinsamer Kultur und Sprache, welche sich aus alten Stammesgruppierungen von der arabischen Halbinsel aus entwickelt hat.[35] Das Ziel der neuen jüdischen Siedler bestand darin, Boden zu erwerben und ein neues Leben aufzubauen. Das politische Ziel der Zionisten wiederum war es, in Palästina durch Einwanderung irgendwann eine jüdische Mehrheit in der Bevölkerungsverteilung zu erhalten, um dadurch einen eigenen Nationalstaat zu erreichen.[36] Im weiteren Verlauf kam es dann auch zu ersten kleineren Spannungen zwischen einzelnen Juden und Arabern in Palästina. Eine Rekonstruktion der Ereignisse ist nicht mehr möglich, ebenso kann nicht nachvollzogen werden, wie es dazu kam. Kleinere und vereinzelte Konflikte zwischen beiden Volksgruppen führten dazu, dass sich aus diesen Streitigkeiten ein kleinerer regionaler Konflikt entwickelte. Nach Krell begann damit gegen Ende des 19. Jahrhunderts der eigentliche Nahostkonflikt als „quasi-kolonialer Siedlungskonflikt“[37]. 1914 lebten in Palästina insgesamt ca. 39.000 Juden bei einer Gesamtbevölkerung von 722.000 Menschen.[38]

 

An dieser Stelle muss nun weiterhin die Lage in Palästina skizziert werden: Nachdem der afrikanische Kontinent größtenteils unter den europäischen Großmächten aufgeteilt war, begannen sich diese gegen Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts für die Region des Nahen Ostens zu interessieren. Dazu zählten vor allem die Staaten Großbritannien, Frankreich, Italien und Russland.[39] Palästina befand sich zu diesem Zeitpunkt unter osmanischer Herrschaft, wobei das Osmanische Reich sich in einer strukturellen Krise befand und dadurch als schwach erschien. In Teilen der arabischen Bevölkerung lag zu diesem Zeitpunkt ebenfalls schon ein Bestreben vor, einen eigenen panarabischen Nationalstaat aufzubauen.[40] Dies war zu diesem Zeitpunkt jedoch noch wenig ausgeprägt und nicht flächendeckend vorhanden.

 

Es waren schließlich die beiden Großmächte Großbritannien und im kleineren Umfang auch Frankreich, welche sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts und während des Ersten Weltkriegs machtpolitisch im Nahen Osten durchsetzen konnten. Ausgehend von deren Kolonien in Ägypten (Großbritannien) und Syrien (Frankreich) übernahmen beide Staaten die politische Kontrolle im Nahen Osten. Die Zielsetzung deren Außenpolitik bestand darin, die eigenen machtpolitischen und ökonomischen Interessen durchzusetzen, auf die Interessen der ansässigen Bevölkerung wurde kaum Rücksicht genommen. Dies änderte sich auch während des Ersten Weltkriegs nicht. Das Hauptinteresse beider Großmächte bestand darin, diesen Krieg auf allliierter Seite zu gewinnen sowie ihre eigenen Kolonien zu erhalten. Gerade der See- und Landweg nach Indien, welcher durch die Küstenregionen und Gebiete des Nahen Ostens verlief, war für die Briten von zentraler Bedeutung und dieser sollte mit allen Mitteln gesichert werden.[41] Des Weiteren galt die Region des Nahen Ostens durch die dortigen Erdölvorkommen als strategisch und ökonomisch wertvoll. Neben militärischer Durchsetzung auf den Kriegsschauplätzen im Mittelmeerraum sowie im Nahen Osten nutzen die Briten dazu auch diplomatische Verhandlungen. Die diplomatische Lage im Nahen Osten zwischen den jeweiligen Akteuren erscheint dabei als komplex und unübersichtlich:

 

„Bei Kriegsende standen die Ententemächte mit einem Geflecht, ja Gestrüpp von Abmachungen da, die dem Kriegsverlauf gefolgt waren und ihn beeinflussen sollten, aber kaum miteinander vereinbar waren“[42].

 

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