Sie sind hier
E-Book

Der 'Neue Bayerische Heimatfilm' im 21. Jahrhundert

Dargestellt am filmischen Werk von Marcus H. Rosenmüller

AutorElisabeth Huber
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl108 Seiten
ISBN9783656101635
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Magisterarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Ethnologie / Volkskunde, Note: 1,3, Universität Augsburg, Sprache: Deutsch, Abstract: Heimatfilm: Kitsch, 'heile-Welt', Schwarzwald, Folklorismus, Heide, idyllische Natur, Heimat, Trivialität, Provinz 'Zieprack' , Happy End. Dies sind Assoziationen, die mit dem Wort Heimatfilm in Verbindung gebracht werden. In den 1950er Jahren entstand dieses erste genuin deutsche Genre, das durchaus grob gekürzt mit diesen Vokabeln definiert werden kann. Bis zum Ende der 1960er Jahre konnte der traditionelle Heimatfilm große kommerzielle Erfolge feiern. Doch der Beigeschmack der Trivialität blieb die Jahrzehnte hindurch an diesem Genre haften. Kein Regisseur, der als Künstler ernst genommen werden wollte, beschäftigte sich mit dieser Filmgattung. Vereinzelt wurden in den 1970er Jahren Heimatfilme produziert, die solche Begriffe, wie oben genannt, als zynisches Zitat aufnahmen und gesellschaftskritisch auftraten. Doch diese Filme blieben die Minderheit. Im Jahr 2001 schließlich kam der Film DIE SCHEINHEILIGEN in die Kinos, gefolgt von HIERANKL 2003 und 2005 GRENZEVERKEHR. Plötzlich gab es Regisseure, die sich wieder dem Thema Heimat und der Provinz zuwandten. Der 'Charme des Regionalen' hielt wieder Einzug in die bayerische Kinolandschaft und das mit Erfolg. Maßgeblich dazu beigetragen haben auch die Filme von Marcus H. Rosenmüller. Allen voran sein Erstlingswerk WER FRÜHER STIRBT IST LÄNGER TOT, der in etwa 2 Millionen Zuschauer bundesweit verzeichnen konnte. Damit haben die Regisseure Hans Steinbichler (HIERANKL), Thomas Kronthaler (DIE SCHEINHEILIGEN), Stefan Betz (GRENZVERKEHR) und Marcus H. Rosenmüller (WER FRÜHER STIRBT IST LÄNGER TOT) eine Entwicklung angestoßen, die Kritiker und Filmtheoretiker mit der 'Neue Bayerische Heimatfilm' betiteln. Die 'Neuen Wilden', wie es in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung hieß, gehen sorglos mit ihren bayerischen Wurzeln um. Heimat ist bei ihnen keine kitschig-heile Welt, aber auch nicht das 'Schreckbild-Land', wie einst kritische Heimatfilme wie von Volker Schlöndorff das Bild Heimat zeichneten. Diese Arbeit geht nun der Frage nach, wie die 'Neuen Bayerischen Heimatfilme' in die Tradition der klassischen Heimatfilme eingeordnet werden können. Außerdem betrachtet die Arbeit die Filme von Marcus H. Rosenmüller genauer, um herauszufinden, was die Besonderheiten der Filme sind und warum sie dem 'Neuen Bayerischen Heimatfilmen' zugeordnet werden können.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

II. Marcus H. Rosenmüller und sein filmisches Werk


 

1 Die Biographie


 

Marcus Rosenmüller wurde 1973 in Hausham bei Tegernsee geboren. 1995 ging er auf die Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) in München. Diese renommierte Schule brachte viele erfolgreiche Regisseure hervor, wie Florian Henckel von Donnersmark, der für seinen Abschlussfilm DAS LEBEN DER ANDEREN einen Oscar gewann. Rosenmüller studierte dort bis 2003 das Fach Film/Fernsehspiel. Während seines Studiums machte er schon mit seinen Kurzfilmen auf sich aufmerksam. Er bekam 1999 den Deutschen Filmschulpreis in Gold für NUR SCHREINER MACHEN FRAUEN GLÜCKLICH. Da es auf der Filmbühne einen weiteren Regisseur mit dem Namen Marcus Rosenmüller gab, fügte er seinen Geburtsort als Zweitnamen ein, so wurde er zu Marcus Hausham Rosenmüller. Im Februar 2008 gründete er mit den Regisseuren Stefan Betz und Johannes Schmid sowie den Produzenten Phillip Budweg und Thomas Blieninger die Produktionsfirma SCHLICHTUNDERGREIFEND FILM GMBH.[255]

 

Rosenmüller nennt als sein Vorbild den Regisseur Helmut Käutner und als seinen Lieblingsfilm Käutners UNTER DEN BRÜCKEN von 1944.[256] Helmut Käutner war während der Zeit der Nationalsozialisten ein eher unpolitischer Regisseur. Er passte sich nicht dem Regime an, emigrierte aber auch nicht. UNTER DEN BRÜCKEN wurde im Dritten Reich nicht mehr freigegeben und erst danach veröffentlicht. Die meisten Filme drehte Käutner in den 1950er Jahren.[257]

 

2 Die Filmographie


 

Sein erster Kurzfilm NUR SCHREINER MACHEN FRAUEN GLÜCKLICH drehte er 1998. Der Film handelte von Schreinermeister Georg, der mit seiner Frau die Hochzeitsfeier eines Lehrlings besuchte. Die Braut war schwanger, aber es wurde gemunkelt, dass der Bräutigam nicht der Vater war. Georg glaubte, ihm könne so etwas nie passieren. Da betrügte ihn seine Frau mit einem seiner Gesellen. Der Film wurde in Form eines Singspiels gedreht.[258]

 

Nach seinem ersten Kurzfilm 1998 drehte er KÜMMEL UND KORN im Jahr 2000. Der Film spielte in Niederbayern und handelte von der ersten Liebe und von bäuerlichen Traditionen.[259]

 

HOTEL DEEPA drehte Rosenmüller 2001 in Indien. 2003 machte Rosenmüller den Kurzfilm CEST LA VIE in Zusammenarbeit mit Arte und dem Bayerischen Rundfunk. Hier besuchte der Tod die Jurastudentin Isabel um sie zu holen. Beide gerieten daraufhin in einen Dialog, in dessen Verlauf Isabel hoffte, dem Tod doch noch zu entkommen. Für CEST LA VIE bekam Rosenmüller den Max Ophüls Preis in Saarbrücken.[260]

 

Neben den Kurzfilmen drehte Rosenmüller mehrere Folgen der Dokumentarreihe IRGENDWO IN BAYERN. 2003 machte er als Co-Regisseur von Jospeh Vilsmaier DEN FRIEDEN IN DER HAND und 2004 folgte DRACHEN UND ANDERE ORIGINALE und im selben Jahr auch ALMRAUSCHEN – LEBEN UND LIEDER AUF DER ALM.

 

Sein Kinofilmdebüt absolvierte er mit WER FRÜHER STIRBT IST LÄNGER TOT 2006, den gut 1,8 Millionen Zuschauer im Kino sahen.

 

Im Rahmen des Filmfestes München bekam Rosenmüller 2006 den ‚Förderpreis Deutscher Film‘ für seine Regiearbeit. Außerdem bekam er den Deutschen Filmpreis 2007 für ‚Beste Regie‘. Zudem erhielt der Film den Deutschen Filmpreis für das ‚Beste Drehbuch‘ von Christian Lerch und Rosenmüller und den Preis für die ‚Beste Filmmusik‘ von Gerd Baumann. 2007 bekam der erste Kinofilm von Rosenmüller auch den Hauptpreis des Bayerischen Filmpreises für den ‚Besten Film‘ und den Preis für ‚Beste Regie‘ als Nachwuchsregisseur. 2007 bekam er ebenfalls den New Faces Award für ‚Beste Regie‘. Der Hauptdarsteller von WER FRÜHER STIRBT IST LÄNGER TOT, Markus Krojer, bekam den New Faces Award in der Kategorie ‚Sonderpreis‘.[261]

 

3 Die Filme: Beschreibung des Inhalts, Darstellung der vorhandenen Genremerkmale und Besonderheiten, Untersuchung der Rezensionen


 

3.1 Wer früher stirbt ist länger tot


 

3.1.1 Allgemeines zum Film

 

Die Idee zu diesem Film kam Marcus H. Rosenmüller, als er mit seiner Band einen Ausflug zum Wendelsteinsender des Bayerischen Rundfunks machte. Dort wollte ein Bandkollege die Songs einspeisen, um so möglicherweise doch noch eine Rockkarriere starten zu können. So kam ihnen der Einfall, einen Film zu machen, bei dem ein Radiosender in einer Bergstation eine Rolle spielt.[262]

 

Markus Krojer gab in WER FRÜHER STIBRT IST LÄNGER TOT sein Hauptrollendebüt in einem Kinofilm. Zum Zeitpunkt der Dreharbeiten war er erst zwölf Jahre alt. Fritz Karl spielte den Vater von Sebastian, den Kandlerwirt Josef Kandler. Jule Ronstedt war als Lehrerin Veronika Dorstreiter zu sehen und Jürgen Tonkel als dessen Ehemann und Radiomoderator Alfred Dorstreiter. Sepp Schauer verkörperte den Stammtischler Proske, Johann Schuler spielte Sepp Gaudinger und Heinz-Josef Braun war als Gumberger zu sehen.[263]

 

Das Drehbuch zum Film schrieb Christian Lerch, der unter anderem als Drehbuchautor für Cafe Meineid und Franzi tätig ist. Er spielte auch selbst einige kleine Rollen in Kino- und TV-Produktionen: Cafe Meineid, die Rosenheim-Cops oder München 7. Die Kamera führte Stefan Biebl, der schon bei den Kurzfilmen von Rosenmüller mit diesem zusammenarbeitete. Die Musik zum Film lieferte Gerd Baumann, der seit 1997 der Produzent von Konstantin Wecker ist.[264]

 

Produziert wurde WER FRÜHER STIRBT IST LÄNGER TOT von Roxy Film.

 

Die Szenen im Wald und bei dem Madonna-Marterl wurden in Ruhpolding gedreht. Die Schule stand in Brannenburg. Die übrigen Szenen wurden ebenso in Bayern gedreht. Kinostart des Films war am 17. August 2006.

 

3.1.2 Inhalt

 

Sebastian Schneider ist elf Jahre alt und lebt mit seinem Vater und seinem Bruder Franz zusammen in Germeringen. Sein Vater betreibt den Kandlerwirt, der seine besten Zeiten schon gesehen hat. Nur der Stammtisch und die Heimatbühne sind regelmäßige Gäste in dem Gasthof.

 

Sebastian ist ein echter Lausbub. Mit seinem Fahrrad samt Radio fährt er wie wild durch die Gegend. So passiert es eines Tages, dass ihn der LKW mit der Bierlieferung übersieht und über den Haufen fährt. Sebastian hat noch Glück gehabt und übersteht den Unfall unbeschadet. Doch nun klemmt sein Fahrrad unter dem LKW fest. Um es wieder herauszubekommen steigt Sebastian kurzerhand in den LKW und fährt los. Die Fahrt dauert nicht lange und endet ein paar Meter weiter durch eine Kollision mit dem Hasenstall von Sebastians Bruder Franz. Als dieser merkt, dass Sebastian sieben seiner Hasen getötet hat, bindet er ihn kurzerhand im Keller mit den Händen auf dem Rücken an ein Regal. In dieser Haltung zwingt er Sebastian sich einzeln bei jedem seiner Hasen mit Namen zu entschuldigen und zu sagen: „Es tut mir leid, dass du wegen mir nicht mehr auf dieser schönen Welt bist!“. Widerwillig gehorcht Sebastian ihm und entschuldigt sich reumütig bei den sieben toten Hasen. Franz erzählt ihm jedoch, dass Sebastian aufgrund seiner vielen Sünden sowieso im Fegefeuer schmoren muss, wenn er einmal stirbt. Die schlimmste Sünde die er begangen hat, ist der Tod seiner Mutter, die bei seiner Geburt gestorben ist.

 

In der Nacht wird Sebastian daraufhin von Alpträumen geplagt. Er steht vor dem jüngsten Gericht, der Richter verliest seine zahlreichen Sünden und verurteilt ihn schließlich zu mehreren Jahren Fegefeuer. Schweißgebadet wacht Sebastian auf. Er sieht keinen anderen Ausweg aus dieser Misere, als unsterblich zu werden. Denn wenn er nicht stirbt, muss er auch nicht ins Fegefeuer. Doch wie wird man unsterblich?

 

Er sucht Rat bei dem örtlichen Pfarrer und bei den Männern vom Stammtisch. Der Pfarrer scheint ihm nicht weiterhelfen zu können, da hört sich der Ratschlag von den Stammtischlern schon plausibler an: Um unsterblich zu werden, muss man sich fortpflanzen und seine Gene seinen Kindern weitergeben, um in ihnen weiterzuleben. Leichter gesagt als getan. „Wie pflanzt man sich fort ?“, fragt Sebastian den Stammtisch. Die Männer geben ihm daraufhin den Tipp, sich ein schönes Mädchen zu suchen, ihr sanft am Ohrläppchen zu knabbern und zu fragen, ob sie mit ihm vögeln wolle. Daraufhin geht Sebastian zu seiner Lehrerin und will den Rat gleich in die Tat umsetzen: „Dad’n sie eventuell mit mir vögeln?“, fragt er die Lehrerin Frau Dorstreiter. „Oiso ned, oder?“, gibt er sich selbst als Antwort, als ihn die Lehrerin fassungslos und verdutzt ansieht. Das Thema Fortpflanzung schlägt sich Sebastian deshalb wieder aus dem Kopf.

 

 Als die ganze Klasse auf dem Wendelstein bei Alfred und seiner Radiostation zu Besuch sind, erfährt Sebastian, dass auch Musik unsterblich machen kann....

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Anthropologie - Das Wesen des Menschen

Weitere Zeitschriften

FREIE WERKSTATT

FREIE WERKSTATT

Die Fachzeitschrift FREIE WERKSTATT berichtet seit der ersten Ausgaben 1994 über die Entwicklungen des Independent Aftermarkets (IAM). Hauptzielgruppe sind Inhaberinnen und Inhaber, Kfz-Meisterinnen ...

cards Karten cartes

cards Karten cartes

Die führende Zeitschrift für Zahlungsverkehr und Payments – international und branchenübergreifend, erscheint seit 1990 monatlich (viermal als Fachmagazin, achtmal als ...

Das Hauseigentum

Das Hauseigentum

Das Hauseigentum. Organ des Landesverbandes Haus & Grund Brandenburg. Speziell für die neuen Bundesländer, mit regionalem Schwerpunkt Brandenburg. Systematische Grundlagenvermittlung, viele ...

Gastronomie Report

Gastronomie Report

News & Infos für die Gastronomie: Tipps, Trends und Ideen, Produkte aus aller Welt, Innovative Konzepte, Küchentechnik der Zukunft, Service mit Zusatznutzen und vieles mehr. Frech, offensiv, ...

SPORT in BW (Württemberg)

SPORT in BW (Württemberg)

SPORT in BW (Württemberg) ist das offizielle Verbandsorgan des Württembergischen Landessportbund e.V. (WLSB) und Informationsmagazin für alle im Sport organisierten Mitglieder in Württemberg. ...

DSD Der Sicherheitsdienst

DSD Der Sicherheitsdienst

Der "DSD – Der Sicherheitsdienst" ist das Magazin der Sicherheitswirtschaft. Es erscheint viermal jährlich und mit einer Auflage von 11.000 Exemplaren. Der DSD informiert über aktuelle Themen ...

elektrobörse handel

elektrobörse handel

elektrobörse handel gibt einen facettenreichen Überblick über den Elektrogerätemarkt: Produktneuheiten und -trends, Branchennachrichten, Interviews, Messeberichte uvm.. In den monatlichen ...

Euro am Sonntag

Euro am Sonntag

Deutschlands aktuelleste Finanz-Wochenzeitung Jede Woche neu bietet €uro am Sonntag Antworten auf die wichtigsten Fragen zu den Themen Geldanlage und Vermögensaufbau. Auch komplexe Sachverhalte ...