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E-Book

Der neue deutsche Kapitalismus

Republik im Wandel

AutorThomas Hanke
VerlagCampus Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl230 Seiten
ISBN9783593401560
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Das Land steht still, der Wandel bleibt aus, der Reformstau wächst - so unkt es allenthalben. Aber die Bürger erfahren es täglich ganz anders: Deutschland wandelt sich, und zwar schnell.

Thomas Hanke ist Journalist mit den Schwerpunkten Gesellschaft, Wirtschaft, Politik. Nach Stationen bei der ZEIT und der Financial Times Deutschland ist er heute Leiter des Ressorts 'Meinung' beim Handelsblatt und arbeitet in der Berliner Redaktion der Zeitung.

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Leseprobe
Einleitung Deutschland, das Land, das Veränderungen nicht hinbekommt, das den Anschluss verpasst hat: Wie haben wir uns an diese Darstellung gewöhnt. Zahllose Ökonomen, Talkmaster, Politiker und Autoren haben sie uns so lange vorgehalten, bis wir uns und unser Land darin wiederzuerkennen glaubten. Dabei ist es das falsche Bild - auch wenn die Rentenreform noch nicht weit genug gegangen ist, auch wenn die Krankenversicherung nicht mehr trägt, auch wenn die Arbeitsmarktpolitik Milliarden in falsche Maßnahmen und sich selbst verwaltende Bürokratien leitet. Die Bundesrepublik, das haben wir in den vergangenen Jahren vergessen, besteht nicht nur aus ihrem Sozialsystem, sie hat auch eine der leistungsfähigsten Wirtschaften der Welt. Manche Ökonomen kommen zu einem bizarren Zirkelschluss: Man dürfe nicht so laut darüber reden, dass Deutschland der Exportweltmeister ist, das könne den Reformdruck mindern. Wer so argumentiert, wird vom nüchternen Analytiker zum belehrenden Mandarin, der um die Ecke denkt. Und er übersieht nebenbei, dass die Bundesrepublik seit den neunziger Jahren im permanenten Umbruch steckt. Die Veränderungen, die das Land erschüttern, gehen an kaum einem Teil der Gesellschaft vorbei. Sie betreffen das Finanzsystem ebenso wie die Beziehungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, das Verhältnis von Inländern und Zuwanderern ebenso wie die Außenpolitik. Deutschland mag in einer Krise stecken, was seine ökonomischen und politischen Strukturen angeht - aber es ist keine Stagnationskrise, sondern eine Wachstumskrise. Selten sind in diesem Land innerhalb so kurzer Zeit so viele Gewissheiten, vertraute Institutionen, Werte und Verhaltensmuster in Frage gestellt, verworfen oder durch neue ersetzt worden wie in den vergangenen acht bis zehn Jahren. In mancher Beziehung ist das Land in dieser Zeit gerade erwachsen geworden. Das gilt bis hin zu den Werten, mit deren Hilfe wir uns als Deutsche identifizieren. Mangels anderer Alternativen waren es in der Nachkriegszeit der Mythos vom Wirtschaftswunder und die D-Mark. Als Bundeskanzler Helmut Kohl und Außenminister Hans-Dietrich Genscher Kurs auf die Einführung des Euro nahmen, empfanden nicht nur konservative Deutsche das als Angriff auf die eigene Identität. Die D-Mark als ebenso solide wie unverdächtige Bezugsgröße hat mit der Europäischen Währungsunion ausgedient. Das Land hat es erstaunlich leicht weggesteckt. Die Bundesbank, jahrzehntelang ein über den politischen Niederungen schwebender unantastbarer nationaler Rat der Weisen, ist in kürzester Zeit auf Normalmaß gebracht worden. Das haben nicht zuletzt die einschlägigen Spesen- und Immobilienskandale bewirkt, die uns Deutschen dabei helfen, uns der Fehlerhaftigkeit herausgehobener Funktionsträger zu vergewissern. Trotz dieser Welle an Veränderungen lähmt einer verbreiteten Analyse zufolge eine irgendwie typisch deutsche Furcht vor Wandel das Land. Ich bezweifele diese simple Erklärung schon deshalb, weil sich die deutsche Marktwirtschaft und mit ihr die Politik seit einigen Jahren in einer so vielseitigen Transformation befinden. Eine tiefe Skepsis oder die Ablehnung von Reformen gründen sicherlich auf der immer vorhandenen Befürchtung, man werde eher zu den Verlierern als zu den Gewinnern des Prozesses zählen. Beide Einstellungen können aber darüber hinaus einen ganz rationalen Kern haben: 'Reformer' und das breite Publikum reden aneinander vorbei wie zwei Funker, die nicht dieselbe Frequenz benutzen. Die 'Reformer' scheinen nicht wahrzunehmen, dass die gesellschaftliche Wirklichkeit der Bundesrepublik seit Jahren im Umbruch ist. So kommen bei denen, die selber diese Umbrüche erleben, Zweifel an der Realitätsnähe von Reformprogrammen auf, selbst wenn sie durchaus vernünftig sein mögen. Es ist wie bei einer Wanderung: Wer als Scout offensichtlich die ihn umgebende Landschaft nicht erkennt, dem traut man gewiss nicht die Führung der Gruppe zu, auch wenn er perfekt erklären kann, wie ein Kompass funktioniert. Damit aber stehen wir vor einem viel fundamentaleren Problem als der oft diagnostizierten Empfindung breiter Schichten, es gehe nicht mehr gerecht zu: Viele Menschen müssen das Gefühl haben, es gehe nicht mehr realistisch zu. Wer das feststellt, erntet schnell spöttische Blicke und die vorwurfsvolle Bemerkung: 'Dann meinen Sie also, alles komme schon von selbst in Ordnung und wir müssten uns nicht mehr anstrengen.' Weit gefehlt. Dies ist kein Plädoyer gegen Reformen. Es ist der Versuch, endlich ein wenig Realismus einkehren zu lassen. Das könnte so manchem die Augen öffnen: Deutschland ist kein Brachland, das seit Jahren vom Wind des Wandels nicht mehr erreicht wird und vor sich hinwelkt. Das Land wandelt sich mit hohem Tempo. Es wird marktwirtschaftlicher und profitiert von dieser Umwandlung. Wenn es sich der Veränderungen bewusst würde, könnte es noch gezielter vorangehen, Orientierung und damit Vertrauen gewinnen und besser die Früchte des Wandels ernten.
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