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Der Product Carbon Footprint

Von Nachhaltigkeit über grüne Logistik zum CO2- Fußabdruck und der Bewertung in der Praxis

AutorSteffen Wütz
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl141 Seiten
ISBN9783640677931
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich BWL - Beschaffung, Produktion, Logistik, Note: 1,0, Technische Universität München, Sprache: Deutsch, Abstract: Der Klimawandel ist heute eine der 'zentralen Herausforderungen, der sich Industrie und Gesellschaft gegenübersehen.' Nach wissenschaftlichen Untersuchungen gelten dabei die an die Umwelt abgegebenen Treibhausgase als Auslöser der Erderwärmung, die wiederum den Klimawandel beeinflussen - 'eine verhängnisvolle Kettenreaktion.' [....] Die anhaltende Diskussion über den Klimawandel weckte in der Bevölkerung das Interesse, den individuellen Einfluss auf das Klima zu erfassen. 'Allein in Deutschland zeigen sich über 80 % der Bundesbürger davon überzeugt, durch ihr Konsumverhalten wesentlich zum Umweltschutz beitragen zu können.' Kunden achten 'auf die Umsetzung von Umweltstandards und Investoren sowie Medien bewerten Unternehmen zunehmend anhand ihrer Strategien beim Klima- und Umweltschutz.' Themen wie Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility (CSR) - 'die freiwillige Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung' durch Unternehmen - rücken daher im Unternehmensumfeld immer mehr in den Blickpunkt. Zudem erwächst für Unternehmen durch die Nachfrage von Produkten und Dienstleistungen mit einer geringeren Emissionsbilanz die Bedeutung, Treibhausgasemissionen wie Kohlenstoffdioxid (CO2) und Methan (CH4) entlang des kompletten Lebenszyklusses (Life Cycle Assessment - LCA) eines Produktes oder einer Dienstleistung zu erfassen. Die Klimaverträglichkeit kann dabei mittels eines sog. CO2-Fußabdrucks, auch Product Carbon Footprint (PCF) genannt, aufgezeigt werden. Dies bedeutet u.a. für die Logistik eine große Herausforderung. Wissenschaft und Praxis sehen das vorrangige Problemen im Fehlen einer international anerkannten, standardisierten Vorgehensweise zur Erfassung von Treibhausgasemissionen. Eine globale Bewertung der Nachhaltigkeit kann nur gewährleistet werden, wenn eine gleich gewichtete Betrachtung aller Dimensionen der Nachhaltigkeit erfolgt. Dies beinhaltet neben den Treibhausgasemissionen weitere Aspekte auf die im Folgenden detailliert Bezug genommen wird. Um Unternehmen dennoch die Möglichkeit zu geben, ihre Logistikkette in Bezug auf Nachhaltigkeitsanforderungen bewerten zu können, wird in dieser Arbeit ein entsprechender Handlungsleitfaden entwickelt. Hierdurch soll schon vor der Veröffentlichung internationaler Normen eine optimale Ausgangssituation zur Bilanzierung der Nachhaltigkeit ermöglicht werden. [....]

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Leseprobe

2 Konzeptioneller Bezugsrahmen


 

Bei dem für diese Arbeit relevanten, theoretischen Hintergrund wird auf die in Kapitel 1.2 erörterten Thematiken „Nachhaltigkeit", „(grüne) Logistik" und „Messung von Nachhaltigkeit" Bezug genommen.

 

2.1 Nachhaltigkeit


 

Bereits im 13. Jahrhundert wurde für die deutsche Forstwirtschaft die Menge an zu schlagendem Holz festgelegt, um die Regeneration des Forstbestands nicht zu gefährden.[66] Der Gedanke der Nachhaltigkeit war geboren. Anfang des 19. Jahrhunderts wurden zu der rein ökonomischen Sichtweise ökologische und soziale Aspekte hinzugefügt. Durch diese „globalere" Betrachtung näherte sich der Nachhaltigkeitsgedanke langsam dem Charakter des Sustainable Development (vgl. Kap. 1.2.2).[67]

 

Im Jahr 1987 setzte die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung in ihrem Abschlussbericht „Our Common Future" einen wichtigen Grundstein zur Internationalisierung des Sustainable Development-Begriffs. Das Ziel der 1983 gegründeten Kommission bestand in der Erarbeitung eines weltweiten Programms des Wandels für eine gemeinsame Zukunft der Menschheit (vgl. Kap. 1.2.1).[68]

 

Eine weitere wichtige Etappe auf dem Weg zur Etablierung der nachhaltigen Entwicklung war die als „Earth Summit" bekannte Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) 1992 in Rio de Janeiro. Primärer Punkt der Agenda war die Erarbeitung eines Aktionsplans für Umwelt und Entwicklung, welcher u.a. in der Agenda 21 als Pflichtenheft beziehungsweise Aktionsprogramm zur Lösung der globalen Entwicklungs probleme des 21. Jahrhunderts verabschiedet wurde.[69] In der Folge wurden auch andere Institutionen auf die Sustainable Development-Diskussion aufmerksam. So haben sich neben vielen Nicht-Regierungs-Organisationen (NGO) auch zahlreiche Unternehmen für die Realisierung des Nachhaltigkeitsgedankens eingesetzt.[70]

 

Die Vertragsstaaten der Agenda 21 setzten 1997 mit dem ,,Kyoto-Protokoll" den bislang größten Meilenstein. Darin wurden in einstimmiger Übereinkunft erstmals verbindliche Emissionsziele für die Industrieländer vereinbart, wodurch einer zukünftigen internationalen Klimapolitik der Weg geebnet wurde.[71] Leider haben sich bis heute einige wichtige Industriestaaten, darunter auch China als einer der größten CO2-Emittenten, einer quantitativen Festlegung entzogen (vgl. Abb. 1 und Kap. 1.2.1).[72]

 

In den Verträgen der Europäischen Union wurde am 7. Februar 1992 das Sustainable Development als gemeinsame Zielsetzung niedergeschrieben. Artikel 2 dieser Übereinkunft sieht vor, ,,eine harmonische und ausgewogene Entwicklung des Wirtschaftslebens[...], ein beständiges, nichtinflationäres und umweltverträgliches Wachstum zu fördern."[73]

 

2.1.1 Definition der Nachhaltigkeit


 

Allgemein bedeutet Nachhaltigkeit heutige Bedürfnisse zu befriedigen ohne die Bedürfnisse zukünftiger Generationen zu gefährden. Tabelle 1 beinhaltet weitere Definitionen.

 

 

Tab. 1: Definitionen der Nachhaltigkeit[74][75][76][77]

 

Das Begriffsverständnis ist Basis konzeptioneller Ansätze zur Klärung ökonomischer, ökologischer und sozialer Probleme, deren gegenseitige Beeinflussung wesentlich für nachhaltige Ansätze ist. Aus diesem Kontext erwuchs auch das "magische Dreieck der Nachhaltigkeit", das ökonomische, ökologische und soziale Ziele miteinander vereint.[78]

 

2.1.2 Das magische Dreieck der Nachhaltigkeit


 

Sustainable Development bezeichnet in der Betriebswirtschaftslehre die ebenbürtige Behandlung ökonomischer, ökologischer und sozialer Ziele (vgl. Kap. 1.2.1).[79] Diese, mit jeweils eigenen Problemen behafteten Zielsetzungen, stellen die Gesellschaft vor Herausforderungen, auf die eingegangen werden muss, um die gegenwärtigen Strukturen und deren Fortbestehen zu sichern.[80]

 

Das econsens - Forum nachhaltiger Entwicklung der deutschen Wirtschaft - hat folgendes Verständnis zur nachhaltigen Entwicklung: „Nachhaltige Entwicklung strebt die Balance ökonomischer, gesellschaftlicher u. ökologischer Ziele an. [...] Die Umsetzung des Nachhaltigkeitsprinzips in der Praxis erfordert die ausgewogene Berücksichtigung dieser Ziele. Im konkreten Einzelfall wird nachhaltige Entwicklung immer aushandeln müssen, wie ökologisch verträglich, wirtschaftlich profitabel und sozial förderlich in Einklang gebracht werden können. Dabei wird es nicht immer möglich sein, für alle Bedürfnisse eine vollständig befriedigende Lösung zu finden."[81]

 

Das Verständnis des Nachhaltigkeitsgedankens umfasst hiernach weit mehr als nur das reine Umweltthema und lässt sich daher nicht auf einen ökologischen Aspekt beschränken. Es geht vielmehr darum, die Entwicklung aller wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Potenziale zu nutzen und Nachhaltigkeit als übergreifende Konzeption zur Optimierung aller drei Dimensionen -Ökonomie, Ökologie und Soziales - zu verstehen (vgl Abb. 7).

 

 

Abb. 7: Das magische Dreieck der Nachhaltigkeit[82]

 

Ökonomische Nachhaltigkeitsanforderung

 

Die ökonomische Nachhaltigkeitsanforderung sieht sich in der Aufgabe, die Wettbewerbsfähigkeit aufrecht zu erhalten, sowie die langfristige Existenzsicherung des Unternehmens unter Berücksichtigung ökologischer und sozialer Faktoren zu gewährleisten.[83] Dabei können als mögliche Ziele die Optimierung der Geschäftsprozesse, Sicherung von Know-how, Vermögens- und Kapitalerhalt für nachfolgende Generationen und ein Ausgleich von Individual-und Gemeinschaftsinteressen genannt werden.[84]

 

Ökologische Nachhaltigkeitsanforderung

 

Die ökonomische Größe kann auch als Wertschöpfung bezeichnet werden (vgl. Kap. 2.3). Dem gegenüber steht die ökologische Determinante, welche als ÖkoEffizienz bzw. als „Schadschöpfung" oder „ökologischer Schaden" betrachtet wird[85]. Sie kann dabei als „das Verhältnis zwischen einer ökonomischen, monetären und einer physikalischen (ökologischen) Größe" gedeutet werden (vgl. Abb. 8).[86]

 

 

Abb. 8: Beispiele für die Öko-Effizienz[87]

 

Als Hauptverursacher von Umweltproblemen gelten Unternehmen, die durch ihre hohe Belastung der Umwelt aufgefordert sind, das Ausmaß an Umweltwirkungen ihrer Prozesse, Produkte, Dienstleistungen usw. zu reduzieren. Den Kernpunkt ökologischer Anforderungen bildet die Frage, wie mit den wirtschaftlichen Aktivitäten eine Reduzierung der Umweltverschmutzung erreicht werden kann.[88] Dieser Verantwortungsgedanke erstreckt sich für Unternehmen über den gesamten Produktlebenszyklus von der Entstehung bis zur Beseitigung.[89] Ziel der ökologischen Nachhaltigkeitsanforderung ist es, den gesamten Zyklus unter Zuhilfenahme der Bewertung von Umweltwirkungen zu optimieren. Dabei können als mögliche Ziele die Erhaltung natürlicher Ressourcen, der minimale Einsatz von Material und Energie, das Ersetzen nicht erneuerbarer Ressourcen und Emissionsminderungen genannt werden.[90]

 

Soziale Nachhaltigkeitsanforderung

 

Als sozial agierende Einrichtungen sind Unternehmen auf gesellschaftliche Akzeptanz angewiesen. Mit dem Schlagwort „Corporate Citizenship" wird insbesondere auf Großunternehmen, die eher im öffentlichen Interesse stehen, zunehmend Druck auf Übernahme sozialer Verantwortung erzeugt. Unter Corporate Citizenship können dabei alle sozialen Leistungen des Unternehmens gesehen werden, da Unternehmen nach der Definition „selbst in ihr gesellschaftliches Umfeld investieren und ordnungspolitische Mitverantwortung übernehmen."[91]

 

Die Sozial-Effizienz berechnet sich analog zur Öko-Effizienz. Sie stellt das Verhältnis der ökonomischen Wertschöpfung zur sozialen Schadschöpfung dar. Die soziale Schadschöpfung oder der „soziale Schaden" ist die Summe aller negativen sozialen Auswirkungen des Unternehmens, die bspw. von einem Produkt, Prozess oder einer Aktivität ausgehen (vgl. Abb. 9).[92]

 

 

Abb. 9: Beispiele für die Sozial-Effizienz[93]

 

Dabei können als mögliche Ziele die Entwicklung und Nutzung von Humanressourcen, die Einhaltung von Standards wie bspw. der Menschenrechte, die Sicherung von Arbeitsplätzen, die Berücksichtigung der Stakeholder-interessen und die Chancengleichheit aller Mitarbeiter gesehen werden.[94]

 

2.1.3 Wettbewerbsvorteile nachhaltiger Unternehmen


 

Durch eine nachhaltige Unternehmensstrategie können u.a. die im Folgenden aufgeführten Wettbewerbsvorteile erzielt...

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