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Der religionspädagogische Einsatz von Popmusik im Religionsunterricht

AutorJoana Busch
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl67 Seiten
ISBN9783668084230
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2014 im Fachbereich Theologie - Religion als Schulfach, Note: 1,7, Technische Universität Dortmund (Institut für Evangelische Theologie/Religionspädagogik), Sprache: Deutsch, Abstract: Populäre Musik bzw. Popmusik ist ein wichtiger kultureller Bestandteil der Heranwachsenden. Lebensfragen, Sinn- und Identitätssuche, die Frage nach einer höheren Macht, die nicht greifbar ist, so viele Unsicherheiten denen die Heranwachsenden in der Jugendphase ausgesetzt sind. Das oben genannte Zitat spiegelt genau diese Unsicherheit wider. Nun handelt es dabei nicht einfach um eine Aussage, die ein Jugendlicher im Rahmen eines Interviews oder des Schulunterrichts getätigt hat, sondern um einen Ausschnitt aus einem Songtext des Rappers Marteria, der sich mit dem Lied erfolgreich in den deutschen Charts platzieren konnte. Die Popmusik greift Themen auf, die in der Lebenswelt der Jugendlichen eine wichtige Rolle spielen. Umso weniger verwundert es, dass Heranwachsende, sei es auf dem Schulhof, im privaten Bereich alleine oder im Freundeskreis, in Bus und Bahn (etc.) Musik rezeptieren. Dem Songtextausschnitt ist zu entnehmen, dass der Text religiöse Motive aufweist. An dieser Stelle gelingt es, etwas zusammenzuführen, das völlig gegensätzlich zu sein scheint, nämlich Popmusik mit ihrer wichtigen kulturellen Bedeutung für die Jugendlichen auf der einen Seite und die sittlich und traditionell behaftete Religion, von der es heißt, Jugendliche haben sich von ihr abgewandt, auf der anderen Seite. Religion und Musik ist das Thema, worum es sich in dieser Arbeit handelt. Genauer formuliert geht es um den religionspädagogischen Einsatz von Popmusik im Religionsunterricht. Denn bei genauerer Betrachtung der Popmusik und des Erfolges von Popsongs lässt sich erkennen, dass religiöse Fragestellungen wie etwa nach dem Sinn des Lebens oder die Frage nach einer höheren Wirklichkeit immer noch für Jugendliche relevant sind, auch wenn diese selber nicht mehr direkt die religiösen Fragen wahrnehmen. Welche Chancen und Herausforderungen sich bei der Verwendung populärer Musik im Religionsunterricht ergeben, soll im Verlauf der Arbeit herausgestellt werden.

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Leseprobe

4. Musik in der Religion


 

„Ich liebe die Musik. [ ...] Denn die Musik ist

 

1. ein Geschenk Gottes und nicht der Menschen;

2. sie macht das Gemüt froh

3. sie verjagt den Teufel

4. sie bereitet unschuldige Freude.

 

Darüber vergehen Zorn, Begierden, Hochmut. Den ersten Platz nach der Theologie gebe ich der Musik. Das lässt sich ersehen aus dem Beispiel

Davids und aller Propheten, die alles, was sie zu sagen hatten, in Metren und Gesängen ausdrückten […]."[45]

 

Schon Luther erkannte, dass die Musik ein wichtiger Bestandteil des Lebens, eine kulturelle Ausdrucksform ist, die durchaus religiöse Dimensionen hat. Inwieweit diese religiösen Dimensionen in der Popmusik anzutreffen sind, soll im weiteren Verlauf der Arbeit herausgestellt werden. Dafür ist es notwendig, die Geschichte der Popmusik in ihren wesentlichen Zügen nachzuzeichnen.[46]

 

4.1 Die Wurzeln der Popmusik


 

Die Wurzeln von Rock- und Popmusik finden sich in der afroamerikanischen Musik. Dabei handelt es sich nicht um importierte afroamerikanische Musik, sondern um die Ausdrucksform eines unterdrückten Sklavenvolkes in Amerika im 17. Jahrhundert. Die Musik, in der das alltägliche Leben der Unterdrückten zum Ausdruck kam, war Musik, die von der Verzweiflung und Hoffnung auf ein besseres Leben handelte. Seit 1619 wurden Sklaven in die Vereinigten Staaten gebracht, denen die Pflege ihrer heimischen kulturellen Traditionen streng untersagt wurde. Das musikalische Instrumentarium der afroamerikanischen Bevölkerung, zu dem vor allem Blas- und Schlaginstrumente gehörten, diente in der Heimat als Kommunikationsmittel untereinander und wurde deshalb im Sklavenstaat als Gefahr der verschlüsselten Kommunikation unter den Sklaven angesehen, die zu Aufständen führen könnte. So konnten die Sklaven ihre religiösen Rituale, wie die „rhythmische Beschwörung der Götter“ oder das „ekstatische Tanzen des Saut“ (Kreistanz) nicht praktizieren. Die Christianisierung der Sklaven Ende des 17. Jahrhunderts durch Puritaner, Anglikaner, Methodisten und Baptisten zeigte den Sklaven eine völlig andere Frömmigkeits- und religiöse Ausdrucksform auf. Aufgrund dieses Hintergrundes entstand die afroamerikanische Musiktradition, in der das afrikanische Erbe weiterlebte, wenn auch in anderer Form.[47]

 

Die Erweckungsbewegungen in Amerika zwischen 1733 und 1815, an denen afroamerikanische und weiße Amerikaner an Camp Meetings teilnahmen, waren geprägt von langen Gottesdiensten mit Massentaufen, „ekstatischen Zusammenbrüchen“, „emotionalen Hymnen-Gesängen“ sowie „Zungenreden von baptistischen oder methodistischen Missionaren“.[48] Durch die Missionierung wurden die Sklaven mit dem europäischen „Liedgut“ vertraut, das sich vor allem durch die Form der „English Hymns“ auszeichnete. Die Sklaven begannen, diese Form im Gesang auf ihre eigene Art, die von der abendländisch-musikästhetischen Tradition geprägt war, zu interpretieren und auszudrücken.[49] Der Begriff „Hush harbours“ steht für die Zusammenkunft der Sklaven, die heimlich stattfinden musste und ganz im Zeichen der Religion stand. Die afroamerikanischen Prediger führten die Sklaven an andere Texte der Bibel heran, die sie in den Gottesdiensten ihrer Sklavenhalter nicht kennenlernten.[50]

 

1794 wurde die erste unabhängige afroamerikanische Kirche (African Methodist Episcopal Church) gegründet, wodurch ihre Mitglieder mehr Unabhängigkeit erfahren durften und das auch in Bezug auf ihre geistliche Ausdrucksweise. Während die geistlichen Lieder „Spirituals“[51] sich überwiegend recht eng an den Kirchenliedern der Weißen anlehnten, zeichneten die Jubilees sich durch einfache Gesänge und ihre bewegte Rhythmik aus. Die Christianisierung der Sklaven machte sie selbstverständlich mit den biblischen Geschichten vertraut, in denen sie ihr eigenes Leben, das zum einen durch Unterdrückung gekennzeichnet und zum anderen von der Hoffnung auf Befreiung geprägt war, wiedererkannten. Damit wurden biblische Erzählungen (Exil und Exodus) zum Inhalt ihrer Musiktexte, in denen sie nicht traditionsgebunden ihre afrikanischen Götter anriefen, sondern biblische Gestalten wie u. a. Mose, David oder Jesus. Zentrales Motiv dieser Musiktexte der Spirituals war die Erlösung, die sich auf augenblickliche Momente in der Ekstase, in der Gemeinschaft vollzog und nicht auf ein jenseitiges Leben oder politische Veränderung hoffte. Die Musiktitel der Spirituals spielten im Befreiungskampf der afroamerikanischen Bevölkerung eine wichtige Rolle.[52]

 

Mit dem Ende der Sklaverei im Jahr 1867 wurde eine neue Epoche in der afro-amerikanischen Kultur eingeleitet. Weiterhin unter miserablen Umständen lebend, verdienten einzelne Afroamerikaner ihr Brot mit dem Musizieren. Die Entstehung des Blues fällt vermutlich in den Bereich der Südstaaten der USA. Neben dem vorerst unbegleiteten Gesang kamen im weiteren Verlauf Banjo, Gitarre oder Piano hinzu. Der Blues wurde nicht der geistlichen Musik zugeschrieben, sondern den „work songs“ und „field hollers“. Dabei handelte es sich um musikalische Formen, die während der Plantagenarbeit entstanden sind. Auch bei der Musikform des Blues war die Ausdrucksform die Reflexion afroamerikanischer Lebenserfahrung, die durch einen „Sprecher“ dargestellt wurde, der stellvertretend für die Gemeinschaft sprach. In der Auseinandersetzung mit der Religion fand neben Gott auch der Teufel Einzug in die Texte des Blues. Gott und Teufel waren im Blues eins, wo Gott auch „blues god“ genannt wurde. Gott umfasste nicht nur das Gute, sondern auch das Böse. Die Vorstellung von einem bösen Gott in der afroamerikanischen Bevölkerung Amerikas gründete auf dem Gedanken, dass ein Gott, der gut war, ihr Volk nicht einem solchen Elend, wie man es seit der Sklaverei vorfand, aussetzen würde. Während der Blues kaum Einfluss auf die kirchenmusikalischen Traditionen der Afroamerikaner hatte, weil diese die Blasphemie in den Texten dieser Musikrichtung ablehnten, hat er umso stärker die Entwicklung der populären Musik Nordamerikas geprägt.[53] „Elemente seiner musikalischen Gestaltung wurden im Jazz, im Gospel, im Rhythm&Blues und im Rock' n 'Roll aufgenommen.“[54]

 

Die sich mit der Zeit verändernden Musikformen, bedingt durch die sich verändernden Lebensumstände der Afroamerikaner, umfassten auch die kirchliche Musik. Mitte der 1920er Jahre ging der „Gospel“[55] aus der geistlichen Musik hervor. Die Texte dieser Musikform wurden hauptsächlich für die in den amerikanischen Großstädten lebenden afroamerikanischen Ghettobewohner komponiert, die ihren Gottesdienst meist in Läden feierten, die zur Kirche umgestaltet wurden. Die Stile der Jubilees und Spirituals wurden mit anderen Musikformen wie dem Blues, Jazz und Boogie Woogie vereint. Das alltägliche Leben der Afroamerikaner, das sich vor allem durch Härte auszeichnete, sowie die „religiöse Inbrunst“, waren Inhalt und Verkörperung dieser Musik, in der Christus als Retter der Gemeinde beschworen wurde. Neben der Etablierung des Gospels gab es in dieser Zeit die „singing preachers“. Sie rhythmisierten die Predigt und beteiligten die Gottesdienstbesucher durch chronische Affirmationen an der Verkündigung. Der Gospel fand nach anfänglicher Skepsis auch Einzug in die Kirchen, als erkannt wurde, welche religiöse Ausdruckskraft in ihm steckte. Während die religiösen Aussagen bei den Spirituals zu Beginn ihrer Entstehung vom Befreiungsaspekt bestimmt waren, änderten sich diese mit den Rahmenbedingungen zugunsten einer stärkeren „Transzendentalisierung“, wodurch Gottes Heilshandeln in Christus in den Fokus der afroamerikanischen Musik rückte.[56]

 

Auf die Epoche des Gospels folgte nach dem 2. Weltkrieg die Epoche des Rhythm&Blues, der sich durch neue Gestaltungsmöglichkeiten wie z. B. den Einsatz der elektrischen Gitarre auszeichnete. Die Livemusik nahm aufgrund wirtschaftlicher Einschränkungen, die unter anderem auch die Produktion von Schallplatten betraf, deutlich zu. Die kleinen Bands griffen auf Gitarre, Bass, Schlagzeug, Trompete, Saxophon und Klavier zurück und kamen dem Bedürfnis der Bevölkerung nach Zerstreuung in den amerikanischen Städten nach. Diese Blues-Variante war laut, aggressiv, rhythmisch, einprägsam und hatte eine swingende Backbeat-Betonung, die sich später auch im Rock 'n' Roll wiederfand. In den 1950er Jahren wurden Elemente des Gospels ebenfalls in den Rhythm&Blues übernommen. Die Motive des Gospels wurden u. a. vom Godfather of Soul (James Brown) in weltliche Kategorien übertragen. So kam es z. B. zur Synthese von Erotik und Religion. Diese Synthese prägte die afroamerikanische Popularmusik ungemein und beeinflusste auch weiße Popmusiker sowohl in ihrem Leben als auch bezüglich ihres Wirkens.[57]

 

Am Ende der 1960er Jahre bezeichnete die Schallplattenindustrie eine Mischung der Stilformen als Soul, ein wichtiger Begriff für die Black-Power-Bewegung[58] in diesem Jahrzehnt. Im Soul kam das erstarkende Selbstbewusstsein der...

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