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E-Book

Mit der Sonne um die Welt

Der Jahrhundertflug der SolarImpulse

AutorAndré Borschberg, Bertrand Piccard
VerlagPiper Verlag
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl416 Seiten
ISBN9783492979054
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Die Schweizer Pioniere Bertrand Piccard und André Borschberg heben ab zu einer visionären Mission: Zum ersten Mal in der Geschichte der Luftfahrt umrunden sie die Erde ganz ohne Treibstoff, nur mit Sonnenenergie. Mit ihrem eigens konstruierten Flugzeug SolarImpulse gelingt ihnen dabei nicht nur der Weltrekord; sie ebnen auch den Weg für einen neuen, ressourcenschonenden Luftverkehr. In »Mit der Sonne um die Welt« erzählen die beiden die ausführliche Geschichte ihres spektakulären und viel beachteten Fluges, mit allen Höhen und Tiefen, Startschwierigkeiten und emotionalen Bruchlandungen. Der mitreißende Erlebnisbericht eines Jahrhundertprojekts.

Bertrand Piccard, geboren 1958, stammt aus der berühmten Forscher-Dynastie der Piccards. Er selbst umrundete 1999 zusammen mit Brian Jones als erster Mensch die Welt in einem Ballon. Ihr Buch »Mit dem Wind um die Welt« wurde ein internationaler Bestseller. Heute hält der gelernte Facharzt für Psychiatrie weltweit Vorträge über Kommunikationspsychologie, Krisenmanagement und Stressbewältigung. Dabei betont er stets, wie wichtig die Bereitschaft zum Abenteuer ist, um die eigenen Lebensziele zu verwirklichen. 2015-2016 gelang Piccard zusammen mit André Borschberg die Umrundung der Erde in einem Solarflugzeug - ein Meilenstein in der Energietechnik.

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Leseprobe

1

Der innere Kompass

Bertrand

Die Sonne geht gerade unter, der Wind nimmt langsam ab. Der Flugplatz von Lausanne ist menschenleer. Die Zuschauer haben ihre Dosis Lärm und Emotionen bekommen. Für mich ist noch nichts zu Ende. Ich warte noch auf das Spektakulärste, das bei Weitem Wichtigste. Und auch das Unscheinbarste. Am Ende der Piste, im Schatten, mahnen die riesigen Tragflächen zur absoluten Stille. Günter Rochelt hat im winzigen Cockpit seines mit Pedalen betriebenen Ultraleichtflugzeuges Platz genommen, um die achthundert Meter Piste zu überfliegen. Sein Abheben verzögert sich. Ich betrachte die überdimensionale Spannweite der Maschine. Ist dies die Zukunft der Luftfahrt? Eine derartige Konstruktion vor mir zu sehen bringt mich plötzlich zurück zu jenem Traum der Luftfahrtpioniere, die ich in meiner Kindheit am Cape Kennedy kennenlernen durfte. In der aufsteigenden Dunkelheit prägt sich die disproportionale Silhouette in mein Gedächtnis ein. Seit jenem 24. Juni 1984 hat sie mich nicht mehr losgelassen.

Vierzehn Jahre später erwacht sie mit voller Kraft wieder zum Leben durch das Foto einer Solardrohne, die der geniale Wissenschaftler Paul McCready im Auftrag der NASA konstruiert hat. Als ich mir Bilder der Pathfinder ansehe, mit ihren sechs Elektromotoren, die entlang ihrer siebenunddreißig Meter Spannweite angebracht sind, staune ich, dass ihr niemand ein Cockpit und einen Piloten hinzufügen will. Ziel jenes NASA-Programms ist es, fliegende Telekommunikationsplattformen herzustellen, die monatelang in extremer Höhe fliegen können. Die könnte man doch auch für etwas anderes gebrauchen …

Ich komme gerade mit einem Flugzeug von Breitling aus Bristol, wo der Heißluftballon hergestellt wird, mit dem ich die Weltumrundung versuchen werde. Ich flüstere Stefano Albinati neben mir zu: »Hast du die Bilder von der Pathfinder-Drohne gesehen? Sag es noch niemandem, aber mit so etwas würde ich gerne die Weltumrundung versuchen, wenn es mir mit dem Heißluftballon gelingt.« Ist Solar Impulse an jenem Tag im September 1998 geboren worden, als die Sonne die Kumuluswolken entlang unserer Route in ihr Licht tauchte? Das Hirngespinst, ja. Der Traum noch nicht.

Ich musste den Erfolg des Breitling Orbiter 3 im März 1999 abwarten. 45000 Kilometer in einem Flug von zwanzig Tagen ohne Unterbrechung, gemeinsam mit Brian Jones. Die erste Weltumrundung im Heißluftballon, erfolgreich absolviert unter Aufbietung all unserer Kräfte. Nach einundzwanzig fehlgeschlagenen Versuchen von einem Dutzend Teams über neunzehn Jahre hinweg. Zwei misslungene Versuche gingen dabei auf mein eigenes Konto. Bei der Landung in der ägyptischen Wüste waren von den 3700 Kilo Propangas, mit denen wir gestartet waren, nur noch 40 übrig: kaum fünf Stunden Autonomie nach 477 Stunden. Und jeden Tag, bei jedem neuen Stoß des Gasbrenners, um den Ballon neu zu beheizen, diese stillschweigende Angst davor, wegen einer Treibstoffpanne abbrechen zu müssen, bevor die Weltumrundung gelungen ist.

Wenn man von der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen spricht, in unserer heutigen Welt, in der wir an jedem Tag eine Million Tonnen Erdöl pro Stunde verbrauchen, ganz zu schweigen von Erdgas und Kohle, scheint das Ganze reine Theorie zu sein. Aus Gewohnheit verbrauchen wir die natürlichen Ressourcen unseres Planeten. Wie viel schwarzes Gold bleibt uns noch? Kaum noch etwas, sagen die einen, reichlich, sagen die anderen. Tatsächlich wissen wir es nicht. Doch hier, in meiner Gondel, wo die Brenner in regelmäßigen Intervallen ihre Propanflammen ausspucken, ist das kein theoretisches Konzept, sondern die permanente Angst, vom Himmel zu fallen. Einige meiner Konkurrenten mussten bereits wegen einer Treibstoffpanne frühzeitig notlanden, mal auf dem Wasser, mal auf dem Land. Bei jeder der zweiunddreißig Gasflaschen, die nach und nach leer werden, träume ich plötzlich von durchgängigen Flügen ohne Treibstoff, von der Möglichkeit, einfach so lange in der Luft zu bleiben, wie ich will, ohne Grenzen.

Bei der erfolgreichen Landung in der ägyptischen Wüste, mit Blick auf die letzte, von Raureif überzogene Titankapsel, weiß ich, was ich gerne tun würde. Alle Puzzleteile passen plötzlich zusammen: der Umriss des pedalenbetriebenen Flugzeugs, der Prototyp der NASA, mein Hirngespinst von einem ununterbrochenen Flug ohne Treibstoffsorgen, aber auch ein unauslöschlicher Entdeckergeist und die Sorge um die Umwelt, die mir mein Vater vererbt hat.

Alles ist da, doch ich weiß nicht, wie ich das alles in die Tat umsetzen soll. Bis zum September 1999. Die orangefarbene Gondel des Breitling Orbiter 3 thront mittlerweile im Smithsonian-Museum für Luft- und Raumfahrt in Washington, neben jenen Flugzeugen und Raketen meiner Kindheitshelden. Von 1968 bis 1970 verfolgte meine gesamte Familie die Vorbereitungen meines Vaters bei den Vorbereitungen für seine Erforschung des Golfstroms. Er hatte eigens dafür ein U-Boot gebaut, finanziert von der Grumman-Gesellschaft, die bereits die Mondkapsel hergestellt hatte. Wir waren am Puls des amerikanischen Raumfahrtprogramms. An einem Tag las ich in einem Buch von der Eroberung des Weltraums, am nächsten Tag lernte ich die Akteure kennen. Wernher von Braun, der Vater der Apollo-Rakete, war zum Freund der Familie geworden. Er war es, der uns zu den sechs Raketenstarts von Apollo 7 bis 12 einlud und der es mir ermöglichte, die meisten Astronauten der Programme kennenzulernen, von Apollo, Gemini und Mercury, die später im Film Der Stoff, aus dem die Helden sind verewigt wurden. Einige von ihnen kamen sogar, um sich das U-Boot meines Vaters anzusehen, sie kamen zu uns nach Hause und sahen mein mit Flugzeug- und Raumschiffpostern übersätes Kinderzimmer. Auch Charles Lindbergh kam, ich erinnere mich, wie eingeschüchtert ich von seiner riesigen Statur und seinen weißen Haaren war.

Binnen weniger Tage wurde ich Zeuge, wie mein Vater für einen Monat in den Golfstrom abtauchte und wie die Mannschaft Armstrong-Aldrin-Collins abhob, um zum Mond zu fliegen. Es gab zwischen meiner kindlichen Lektüre und den Erfahrungen, die ich machte, keinen Unterschied mehr; keine Grenze zwischen Traum und Realität. Dieser Eindruck, dass alles möglich ist, beeinflusste mein ganzes Leben. Alles, was man liest, träumt und sich vorstellt, kann zum Ziel werden, zu einem Lebensprojekt, zur Realität. Hatte Wernher von Braun uns nicht anvertraut, seine Entscheidung, eine Rakete zum Mond zu schicken, sei nach einem Konferenzvortrag meines Großvaters zu stratosphärischen Aufstiegen von 1931 und 1932 gefallen?

Und so träumte auch ich von Entdeckungsreisen, von wissenschaftlichen Abenteuern und Umweltschutz. Nichts anderes zählte mehr für mich. Als Jugendlicher ist es nicht leicht, mit dem öffentlichen Erwartungsdruck zu leben, wenn einem zwei Entdeckergenerationen vorausgegangen sind. Ich spürte eine enorme innere Energie, die drauf und dran war zu explodieren, doch ich wusste nicht, was ich mit ihr anfangen sollte. Alles schien bereits erreicht, es gab nichts mehr zu entdecken. Ich musste erst verstehen lernen, dass eine Entdeckungsreise keine Handlung ist, sondern eine Lebenseinstellung. Sie ist die Nadel unseres inneren Kompasses, die systematisch aufs Unbekannte zeigt, auf das, was noch nie zuvor getan worden ist, was als unmöglich angesehen wird. Sie ist in allen Bereichen – nicht nur im Spektakulären, sondern vor allem auch im »Außergewöhnlichen« – das, was uns aus unserer Komfortzone herauszieht. Der Mensch ist auf dem Mond umhergelaufen und hat den Sinn seiner irdischen Existenz noch immer nicht begriffen. Sowohl in der Psychologie als auch in der Spiritualität gilt es noch immer viele geheimnisvolle Dimensionen zu entdecken. Um die Innenwelt und das menschliche Verhalten besser zu verstehen, bin ich also Psychiater geworden und habe mich in der Hypnose und ihren Geheimnissen ausbilden lassen.

Im Alter von sechzehn Jahren begeisterten mich auch das Deltafliegen und der Umgang mit Ultraleichtflugzeugen, die zu dieser Zeit in Europa zunehmend beliebter wurden. Noch bevor ich Autofahren durfte, absolvierte ich Sprünge ins Leere, nur von einem Stoffdreieck gehalten. Mich faszinierte die zunehmende Erkenntnis darüber, wie sehr mir die Konfrontation mit dem Unbekannten dabei half, mein eigener Herr zu werden. Auf meine Art konnte ich so ein wenig vom Pioniergeist kosten; lernen, mit Risiken umzugehen und zu versuchen, was fast noch niemand vor mir gewagt hatte: Deltaflüge von einem Heißluftballon aus, gefolgt von Loopings und anderen akrobatischen Figuren; Expeditionen zu fernen Inseln im Ultraleichtflugzeug mit Kufen; die erste Atlantiküberquerung im Heißluftballon mit dem Belgier Wim Verstraeten, ein Schlüsselerfolg.

Nun war ich bereit für meinen persönlichen Traum, die erste Nonstop-Erdumrundung im Heißluftballon, die mir im dritten Versuch gelang. Und heute steht die Gondel ebenjenes Ballons neben der Mercury-Rakete von John Glenn, neben der Apollo 11, deren Start ich miterlebt hatte, neben der Spirit of St. Louis von Lindbergh, der X1, mit der Chuck Yeager die Schallmauer durchbrochen hatte, ganz zu schweigen von den Flugzeugen der Brüder Wright.

Ein erster Kreis hatte sich geschlossen. Dies hätte die Erfüllung meines Lebenstraumes bleiben können. Auch ich hatte nun ein historisches erstes Mal erreicht, wie andere Entdecker, wie die Piloten und Astronauten, die mich in meiner Kindheit so sehr inspiriert hatten. Doch ganz im Gegenteil war ich motivierter denn je. Was nützt der Erfolg, wenn man sich auf ihm ausruht? An diesem Punkt kristallisierte sich der neue Traum: in dieses Museum, dieses Heiligtum der Entdeckungsreisen, ein...

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