3.1.1 Party-Drogen
Unter den Oberbegriff Party-Drogen fallen laut KUNTZ jene Substanzen, die in der Regel auf Techno-Parties oder in deren Umfeld konsumiert werden. Es handelt sich dabei überwiegend um Ecstasy, Amphetamine, Halluzinogene, Kokain und andere synthetische Drogen mit bewusstseinsverändernder Wirkung. (vgl. KUNTZ 1998, 61)
Obwohl Cannabis die gebräuchlichste Droge der Partybesucher ist (vgl. TÖPPICH/CHRISTIANSEN/STANDER 2002, 56ff) und auf Techno-Veranstaltungen, vor allem zusätzlich zu anderen Substanzen, Alkohol (vgl. TOSSMANN 2001, 29) und Nikotin (vgl. FLÜSMEIER/RAKETE 1999, 93) konsumiert wird, werden diese für gewöhnlich nicht unter den Begriff Party-Drogen subsummiert.
3.1.2 Designer-Drogen
Obwohl er in der öffentlichen Diskussion immer wieder auftaucht, existiert zur Zeit keine eindeutige Definition dieses Begriffs.
Er wurde ursprünglich von Dr. Gary Henderson (University of California) geprägt und bezeichnet Substanzen, deren Molekularstruktur geringfügig von einem betäubungsmittelrechtlich erfassten Wirkstoff abweicht, aber dennoch ähnliche psychoaktive Eigenschaften besitzt. Das Ziel der Synthese solcher Stoffe ist die Umgehung strafrechtlicher Verfolgung. Herstellung, Handel und Besitz einer solchen Droge sind also erst strafbar, wenn sie dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt wurde. Das kann aber erst nach Beschlagnahmung durch die Polizei und erfolgreicher chemischer Analyse geschehen. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die entsprechende Substanz straffrei in Umlauf gebracht werden, während der Hersteller an einer erneuten Modifikation des Wirkstoffes arbeitet. (vgl. SCHMIDT-SEMISCH 1997, 22)
Demnach ist es also nicht richtig, die in der Techno-Party-Szene benutzten Drogen, über die wir Aussagen machen können, als Designer-Drogen zu bezeichnen, da sie ja bereits bekannt sind und dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) unterliegen.
Wenn man jedoch den Begriff Designer-Drogen wie KUNTZ
„... etwas anders faßt und darunter auch Drogen versteht, die nicht nur zur Umgehung des BtMG umgebaut, sondern auch neu kombiniert und abgestimmt werden, um ihre Wirkung zu optimieren, dann kann man auch Ecstasy als Designerdroge bezeichnen.“ (KUNTZ 1998, 61)
SCHMID, SCHULER und RIEGER behaupten sogar:
„Designerdrogen werden aus Chemikalien „designed“ (engl.: entworfen) und als Pulver, Kapseln oder Tabletten verkauft. Auch Ecstasy ist eine Designerdroge ... Jeder Hobby-
Chemiker kann die Grundstoffe ganz legal einkaufen und im illegalen Heimlabor zusammenrühren.“ (KEINE MACHT DEN DROGEN FÖRDERVEREIN E.V. 1999, 34)
Neben diesen gibt es noch andere mögliche Definitionen des Begriffs Designer-Drogen, welche meines Erachtens auch nicht zu einem besseren Verständnis führen. Daher möchte ich auf die Bezeichnung von Techno-Party-Drogen als Designer-Drogen verzichten.
Die Klassifikation der in Party-Drogen enthaltenen Substanzen gestaltet sich als schwierig, da viele chemisch verwandte Stoffe unterschiedliche pharmakologische Effekte verursachen. Umgekehrt lassen sich nahezu gleiche pharmakologische Wirkungen mit Substanzen von unterschiedlicher Molekülstruktur erzielen. Eine zweckmäßigere Klassifikation als die Einteilung der Stoffe nach ihrer chemischen Struktur geht von ihren jeweils vorherrschenden Wirkungen auf Denkprozesse, die Stimmung oder das Verhalten des Konsumenten aus. (vgl. JULIEN 1997, 1)
Nach JULIEN kann man die Wirkstoffe der Party-Drogen folgendermaßen einordnen:
- herkömmliche, nichtselektive zentralnervös dämpfende Substanzen: Alkohol
- psychomotorische Stimulantien (Psychostimulantien): Kokain, die Amphetamine, Nikotin und Koffein
- psychedelische Substanzen und Halluzinogene: DOM (STP), MDA, MMDA, TMA, DMA, Lysergsäurediethylamid, Psilocybin, Psilocin und Tetrahydrocannabinol (vgl. ebd. 2f).
Hier werden also die Ecstasy-Wirkstoffe, LSD, die Wirkstoffe von psychoaktiven Pilzen und der von Marihuana bzw. Haschisch unter dem Sammelbegriff psychedelische Drogen zusammengefasst, obwohl sich die Wirkungen der einzelnen Substanzen erheblich von einander unterscheiden, wie ich bei der Charakterisierung der verschiedenen Party-Drogen herausstellen werde.
Eine differenziertere Einteilung nimmt WIRTH vor:
- Stimulantien: Amphetamin und Kokain
- Halluzinogene: LSD, Pilze, DOM, DOB, 2-CB und Cannabis
- Entaktogene: MDMA, MBDB, MDE und MDA (vgl. WIRTH 1997, 42)
An dieser Stelle möchte ich einige Erläuterungen zu den oben genannten Begrifflichkeiten geben:
Substanzen mit dämpfender Wirkung auf das Zentralnervensystem (ZNS) sind dazu in der Lage, in Abhängigkeit von der eingenommenen Dosis, Angstlösung, Enthemmung, Sedierung, Schlaf, Bewusstlosigkeit, Narkose, Koma und schließlich den Tod zu verursachen. (vgl. JULIEN 1997, 53)
Zu den Wirkungen von Psychostimulantien zählen erhöhter Wachheitsgrad, vermindertes Schlafbedürfnis, psychische Erregung, Euphorie und gesteigerte motorische Aktivität. (vgl. ebd. 133)
Der Begriff Halluzinogene geht auf die Eigenschaft zurück, Trugwahrnehmungen, also Halluzinationen des Gesichts- und Gehörsinnes zu erzeugen. Diese auch als psychedelische Wirkstoffe bezeichneten Substanzen können die Wahrnehmung und das Erkennungsvermögen beeinträchtigen, den Anwendenden von der Wirklichkeit entfernen und mitunter Verhaltensweisen hervorrufen, wie man sie ähnlich auch bei psychotischen Patienten beobachtet. Der Begriff Halluzinogen ist zwar der gebräuchlichere, trifft allerdings nur bedingt zu, da die üblichen Dosen nur selten echte Halluzinationen auslösen und da Verzerrungen und Umdeutungen von Sinneseindrücken mit realem Hintergrund typischer sind. (vgl. ebd. 321)
Auch WIRTH bezeichnet nur Wahrnehmungen, „... die aus dem „Nichts“ kommen und in keinem Bezug zur Realität stehen ...“ als echte Halluzinationen und beschreibt weiter:
„Halluzinogene Drogen „erschaffen“ normalerweise nichts, sondern sie verzerren – teilweise extrem – schon bereits vorhandene Wahrnehmungen, wobei in erster Linie innere Bilder sichtbar gemacht werden.“ (WIRTH 1997, 43)
Da die Substanzen aus der Ecstasy-Gruppe die aufputschende Wirkung von Stimulantien mit Wahrnehmungsveränderungen ähnlich der von psychedelischen Drogen kombinieren und deren Hauptwirkung auf der Gefühlsebene liegt, war man sich lange nicht schlüssig, ob man sie den Psychostimulantien oder den Halluzinogenen zuordnen könne. (vgl. ebd.)
Mitte der 80er Jahre bildete dann der amerikanische Chemiker NICHOLS den Terminus Entaktogen, der sich aus den griechischen Wurzeln „en“ (= innen) und „gen“ (= entstehen lassen) und der lateinischen Wurzel „tactus“ (= berührt) zusammensetzt, und frei als „das Ermöglichen einer Berührung des eigenen Inneren“ übersetzt werden kann. (vgl. GOUZOULIS-MAYFRANK 1999, 43)
Die Empfindung und die Wahrnehmung des eigenen Selbst werden durch entaktogene Stoffe geöffnet und das Erleben von Ganzheitserfahrungen gefördert. (vgl. KUNTZ 1998, 63)
KUNTZ bevorzugt eine noch feinere Differenzierung der Wirkweisen von psychoaktiven Substanzen und unterscheidet zwischen entaktogenen und empathischen Stoffen.
Empathische Drogen „... steigern in hohem Maße die Wahrnehmungsfähigkeit und das Einfühlungsvermögen in die affektive Befindlichkeit anderer Menschen.“ (ebd.)
Das Gemeinschaftsgefühl wird erheblich gesteigert, Kommunikationsschranken herabgesetzt und der Konsument fühlt sich sozial...