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E-Book

Der Umgang mit Drogen innerhalb der Jugendkultur Techno in der Goa-Trance-Szene. Möglichkeiten Sozialer Arbeit

AutorCarsten Möller
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2006
Seitenanzahl97 Seiten
ISBN9783638575591
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,0, Universität Duisburg-Essen, 67 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit einem der größten jugendkulturellen Phänomene des ausgegangenen 20. Jahrhunderts. Europaweit besuchen schätzungsweise 20 Millionen Jugendliche mehr oder weniger regelmäßig Tanz-Veranstaltungen (Partys) auf denen Techno-Musik gespielt wird. Nicht allein die Musik, die ausschweifenden Partys und der lustbetonte Lebensstil der Techno-Anhänger haben dafür gesorgt, Techno regelmäßig in die Schlagzeilen der Medien zu bringen, sondern in erster Linie die mit dieser Musik- und Tanz-Kultur offenbar eng verbundene Vorliebe der Party-Besucher für bestimmte illegale Drogen. Verharmlosende Berichte einerseits, sowie Schreckensmeldungen über die unterschätzten Gefahren des Konsums dieser Drogen andererseits, scheinen dabei gleichermaßen vorzukommen und machen es dem interessierten Leser unmöglich, sich ein einigermaßen realistisches Bild von der Problematik zu machen. Ein Anliegen dieser Arbeit ist es daher, den aktuellen Wissensstand der Techno- und Drogen-Forschung hinsichtlich der thematischen Vorgaben und unter Berücksichtigung eigener Erfahrungen mit der Techno-Kultur zu rekonstruieren. Bei dem verwendeten Material handelt es sich zum Großteil um Ergebnisse von Forschungsarbeiten bzw. um Fachbücher, deren Autoren und Herausgeber sich aus verschiedenen Blickwinkeln mit der Thematik auseinandergesetzt haben, sowie um einige wenige Internetquellen und szeneinterne Publikationen. Speziell der Bereich der so genannten 'Goa-Trance-Szene' war meines Wissens bisher noch kein Gegenstand von Forschungsarbeiten, sodass ich hier nur bedingt auf wissenschaftliches Material zurückgreifen kann. Stattdessen sollen an den entsprechenden Stellen dieser Arbeit meine eigenen Beobachtungen und Erlebnisse in Form von Erfahrungsberichten dargestellt werden. Ziel dieser Untersuchung ist es, Zusammenhänge zwischen den einzelnen Aspekten von Techno als Jugend-, Tanz- und Ausgeh-Kultur zu finden, um ein Verständnis für die Ursachen und Folgen des Konsums von Drogen in diesem Bereich zu entwickeln. Dabei möchte ich die aus dem Partydrogenkonsum resultierenden Gefahren und Risiken, sowie Möglichkeiten zur Vermeidung bzw. Verminderung derselben, herausarbeiten und schließlich mögliche Handlungsfelder für die soziale Arbeit mit Technopartygängern aufzeigen.

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Leseprobe

3. Techno-Party-Drogen


 

3.1 Begriffsbestimmungen


 

3.1.1 Party-Drogen

 

Unter den Oberbegriff Party-Drogen fallen laut KUNTZ jene Substanzen, die in der Regel auf Techno-Parties oder in deren Umfeld konsumiert werden. Es handelt sich dabei überwiegend um Ecstasy, Amphetamine, Halluzinogene, Kokain und andere synthetische Drogen mit bewusstseinsverändernder Wirkung. (vgl. KUNTZ 1998, 61)

 

Obwohl Cannabis die gebräuchlichste Droge der Partybesucher ist (vgl. TÖPPICH/CHRISTIANSEN/STANDER  2002, 56ff) und auf Techno-Veranstaltungen, vor allem zusätzlich zu anderen Substanzen, Alkohol (vgl. TOSSMANN 2001, 29) und Nikotin (vgl. FLÜSMEIER/RAKETE 1999, 93) konsumiert wird, werden diese für gewöhnlich nicht unter den Begriff Party-Drogen subsummiert.

 

3.1.2 Designer-Drogen

 

Obwohl er in der öffentlichen Diskussion immer wieder auftaucht, existiert zur Zeit keine eindeutige Definition dieses Begriffs.

 

Er wurde ursprünglich von Dr. Gary Henderson (University of California) geprägt und bezeichnet Substanzen, deren Molekularstruktur geringfügig von einem betäubungsmittelrechtlich erfassten Wirkstoff abweicht, aber dennoch ähnliche psychoaktive Eigenschaften besitzt. Das Ziel der Synthese solcher Stoffe ist die Umgehung strafrechtlicher Verfolgung. Herstellung, Handel und Besitz einer solchen Droge sind also erst strafbar, wenn sie dem Betäubungsmittelgesetz unterstellt wurde. Das kann aber erst nach Beschlagnahmung durch die Polizei und erfolgreicher chemischer Analyse geschehen. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die entsprechende Substanz straffrei in Umlauf gebracht werden, während der Hersteller an einer erneuten Modifikation des Wirkstoffes arbeitet. (vgl. SCHMIDT-SEMISCH 1997, 22)

 

Demnach ist es also nicht richtig, die in der Techno-Party-Szene benutzten Drogen, über die wir Aussagen machen können, als Designer-Drogen zu bezeichnen, da sie ja bereits bekannt sind und dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) unterliegen.

 

Wenn man jedoch den Begriff Designer-Drogen wie KUNTZ

 

„... etwas anders faßt und darunter auch Drogen versteht, die nicht nur zur Umgehung des BtMG umgebaut, sondern auch neu kombiniert und abgestimmt werden, um ihre Wirkung zu optimieren, dann kann man auch Ecstasy als Designerdroge bezeichnen.“ (KUNTZ 1998, 61)

 

SCHMID, SCHULER und RIEGER behaupten sogar:

 

„Designerdrogen werden aus Chemikalien „designed“ (engl.: entworfen) und als Pulver, Kapseln oder Tabletten verkauft. Auch Ecstasy ist eine Designerdroge ... Jeder Hobby-

 

Chemiker kann die Grundstoffe ganz legal einkaufen und im illegalen Heimlabor zusammenrühren.“ (KEINE MACHT DEN DROGEN FÖRDERVEREIN E.V. 1999, 34)

 

Neben diesen gibt es noch andere mögliche Definitionen des Begriffs Designer-Drogen, welche meines Erachtens auch nicht zu einem besseren Verständnis führen. Daher möchte ich auf die Bezeichnung von Techno-Party-Drogen als Designer-Drogen verzichten.

 

3.2 Klassifikation der Substanzen


 

Die Klassifikation der in Party-Drogen enthaltenen Substanzen gestaltet sich als schwierig, da viele chemisch verwandte Stoffe unterschiedliche pharmakologische Effekte verursachen. Umgekehrt lassen sich nahezu gleiche pharmakologische Wirkungen mit Substanzen von unterschiedlicher Molekülstruktur erzielen. Eine zweckmäßigere Klassifikation als die Einteilung der Stoffe nach ihrer chemischen Struktur geht von ihren jeweils vorherrschenden Wirkungen auf Denkprozesse, die Stimmung oder das Verhalten des Konsumenten aus. (vgl. JULIEN 1997, 1)

 

Nach JULIEN kann man die Wirkstoffe der Party-Drogen folgendermaßen einordnen:

 

- herkömmliche, nichtselektive zentralnervös dämpfende Substanzen: Alkohol

 

- psychomotorische Stimulantien (Psychostimulantien): Kokain, die Amphetamine, Nikotin und Koffein

 

- psychedelische Substanzen und Halluzinogene: DOM (STP), MDA, MMDA, TMA, DMA, Lysergsäurediethylamid, Psilocybin, Psilocin und Tetrahydrocannabinol (vgl. ebd. 2f).

 

Hier werden also die Ecstasy-Wirkstoffe, LSD, die Wirkstoffe von psychoaktiven Pilzen und der von Marihuana bzw. Haschisch unter dem Sammelbegriff psychedelische Drogen zusammengefasst, obwohl sich die Wirkungen der einzelnen Substanzen erheblich von einander unterscheiden, wie ich bei der Charakterisierung der verschiedenen Party-Drogen herausstellen werde.

 

Eine differenziertere Einteilung nimmt WIRTH vor:

 

- Stimulantien: Amphetamin und Kokain

 

- Halluzinogene: LSD, Pilze, DOM, DOB, 2-CB und Cannabis

 

- Entaktogene: MDMA, MBDB, MDE und MDA (vgl. WIRTH 1997, 42)

 

An dieser Stelle möchte ich einige Erläuterungen zu den oben genannten Begrifflichkeiten geben:

 

Substanzen mit dämpfender Wirkung auf das Zentralnervensystem (ZNS) sind dazu in der Lage, in Abhängigkeit von der eingenommenen Dosis, Angstlösung, Enthemmung, Sedierung, Schlaf, Bewusstlosigkeit, Narkose, Koma und schließlich den Tod zu verursachen. (vgl. JULIEN 1997, 53)

 

Zu den Wirkungen von Psychostimulantien zählen erhöhter Wachheitsgrad, vermindertes Schlafbedürfnis, psychische Erregung, Euphorie und gesteigerte motorische Aktivität. (vgl. ebd. 133)

 

Der Begriff Halluzinogene geht auf die Eigenschaft zurück, Trugwahrnehmungen, also Halluzinationen des Gesichts- und Gehörsinnes zu erzeugen. Diese auch als psychedelische Wirkstoffe bezeichneten Substanzen können die Wahrnehmung und das Erkennungsvermögen beeinträchtigen, den Anwendenden von der Wirklichkeit entfernen und mitunter Verhaltensweisen hervorrufen, wie man sie ähnlich auch bei psychotischen Patienten beobachtet. Der Begriff Halluzinogen ist zwar der gebräuchlichere, trifft allerdings nur bedingt zu, da die üblichen Dosen nur selten echte Halluzinationen auslösen und da Verzerrungen und Umdeutungen von Sinneseindrücken mit realem Hintergrund typischer sind. (vgl. ebd. 321)

 

Auch WIRTH bezeichnet nur Wahrnehmungen, „... die aus dem „Nichts“ kommen und in keinem Bezug zur Realität stehen ...“ als echte Halluzinationen und beschreibt weiter:

 

„Halluzinogene Drogen „erschaffen“ normalerweise nichts, sondern sie verzerren – teilweise extrem – schon bereits vorhandene Wahrnehmungen, wobei in erster Linie innere Bilder sichtbar gemacht werden.“  (WIRTH 1997, 43)

 

Da die Substanzen aus der Ecstasy-Gruppe die aufputschende Wirkung von Stimulantien mit Wahrnehmungsveränderungen ähnlich der von psychedelischen Drogen kombinieren und deren Hauptwirkung auf der Gefühlsebene liegt,  war man sich lange nicht schlüssig, ob man sie den Psychostimulantien oder den Halluzinogenen zuordnen könne. (vgl. ebd.)

 

Mitte der 80er Jahre bildete dann der amerikanische Chemiker NICHOLS den Terminus Entaktogen, der sich aus den griechischen Wurzeln „en“ (= innen) und „gen“ (= entstehen lassen) und der lateinischen Wurzel „tactus“ (= berührt) zusammensetzt, und frei als „das Ermöglichen einer Berührung des eigenen Inneren“ übersetzt werden kann. (vgl. GOUZOULIS-MAYFRANK 1999, 43)

 

Die Empfindung und die Wahrnehmung des eigenen Selbst werden durch entaktogene Stoffe geöffnet und das Erleben von Ganzheitserfahrungen gefördert. (vgl. KUNTZ 1998, 63)

 

KUNTZ bevorzugt eine noch feinere Differenzierung der Wirkweisen von psychoaktiven Substanzen und unterscheidet zwischen entaktogenen und empathischen Stoffen.

 

Empathische Drogen „... steigern in hohem Maße die Wahrnehmungsfähigkeit und das Einfühlungsvermögen in die affektive Befindlichkeit anderer Menschen.“ (ebd.)

 

Das Gemeinschaftsgefühl wird erheblich gesteigert, Kommunikationsschranken herabgesetzt und der Konsument fühlt sich sozial...

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