3. WAHL DES SACHVERSTÄNDIGEN UND AUFTRAGSERTEILUNG
3.1 ERTEILUNG DES AUFTRAGS
Die Grundlage eines Schadensgutachtens ist immer der dazu gehörige Auftrag. Die Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen kann schriftlich oder mündlich erteilt werden. Auftraggeber kann die Versicherung, demrGeschädigten oder ein Gericht sein. Entsprechend unterscheiden sich die Abläufe, die Entschädigung und die allgemeine Stellung des Gutachtens im Verfahren. Bei einer gerichtlichen Beauftragung des Sachverständigen stellt das Gutachten keinen Parteivortrag dar und nimmt damit eine gesonderte Stellung im Verfahren ein.
3.1 / 1 AUFTRAGSERTEILUNG DURCH ABTRETUNG
Die wohl häufigste Form der Auftragserteilung ist die Beauftragung eines Sachverständigen durch einen privaten Auftraggeber. Dies wird in der Regel der Geschädigte sein. Die Beauftragung wird in der Regel mit einer Abtretung der Ansprüche gegenüber der Versicherung begleitet. In einem solchen Fall tritt der Geschädigte seine Ansprüche auf Erstattung der Gutachtenkosten in der entsprechenden Höhe an den Gutachter ab. Diese Abtretung löst für den Sachverständigen gegenüber der Versicherung eine Zahlungspflicht aus. Damit wird verhindert dass der Geschädigte im Haftpflichtfall in Vorkasse treten muss. Andererseits müsste der Geschädigte nicht nur die Werkstattrechnung und den Anwalt sondern auch das Honorar des Kfz-Sachverständigen übernehmen. Dies würde dazu führen, dass ein Geschädigter, der nicht über die entsprechenden liquiden Mittel verfügt, seine Ansprüche nur mit großen Schwierigkeiten geltend machen könnte. Um dies zu vermeiden wurde die Abtretungserklärung eingeführt. Mit Hilfe dieser kann der Sachverständige nach Erbringung seines Gutachtens die Rechnung direkt an die Versicherung richten, die dann auch direkt an den Sachverständigen überweist. Dies setzt jedoch voraus, dass die Rechnung korrekt erstellt und das Gutachten fehlerfrei ist. Ein praktisches Beispiel für einen Auftrag mit Sicherungsabtretung finden Sie unter 16.1.4. Laut gültiger Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), gehört das Schadensgutachten genauso zum Schaden wie die Unfallrechnung und der Mietwagen und verpflichten die regulierende Versicherung im Haftpflichtfall zur vollständigen Bezahlung.
Sofern keine Abtretung vorliegt muss die Versicherung direkt an den Anspruchsteller überweisen. In diesem Fall muss auch der Sachverständige seine Forderungen direkt gegenüber seinem Auftraggeber geltend machen. Der Preis des Gutachtens richtet sich hier meist nach der Schadenshöhe und wird daher erst häufig erst nach der Kalkulation ersichtlich.
Diese gängige Abrechnungspraxis in Form einer Abtretung wurde bereit im Jahre 2001 durch eine Entscheidung des OLG Celle (25.11.2001) bestätigt. Bei der Entscheidung des OLG Celle hatte der Kfz-Sachverständige eine Sicherungsabtretung vorliegen mit der er über ein Inkassounternehmen Ansprüche gegenüber der Versicherung geltend machen wollte. Die Versicherung ihrerseits wandte ein, dass der Sachverständige auf Unterlassung zu verklagen sei, da der Sicherungsabtretung eine verbotene Rechtsberatung zugrunde läge und daher die Abtretung unwirksam sei.
Das Gericht gab dem Sachverständigen recht und begründete seinen Urteilsspruch damit, dass es sich beim Sachverständigenhonorar um eine nachträglich entstandene Helferforderung handeln würde, die die eigentlich Hauptforderung auf Ersatz der beschädigten Sache gar nicht betreffe. Der Geschädigte sei nämlich, so das Gericht, in erster Linie am Ersatz seines Schadens interessiert. Darin liege sein Hauptinteresse. Denn selbst wenn die Gutachtenkosten beglichen würden, wäre die eigentlich Regulierung des Schadens noch in keinster Weise gelöst oder erledigt. Der Sachverständige sei derjenige, der in erster Linie an der Begleichung seiner Rechnung beziehungsweise an der Erstattung seines Aufwands interessiert sei. Damit läge, so das Gericht, kein Inkassovorgang vor und damit auch keine erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung.
3.1 / 2 ABTRETUNGSERKLÄRUNG
Eine Abtretungserklärung wird meist für Gutachten im Haftpflichtund Kaskofall verwendet. Bei Abtretungserklärungen werden die Ansprüche des Geschädigten an den Sachverständigen abgetreten. Damit ist der Weg des Geldes für die Bezahlung des Gutachtens vorgezeichnet. Autovermietungen, Werkstätten oder Sachverständige lassen sich häufig Teile der Ersatzansprüche abtreten, indem eine Abtretung in Höhe der Mietgebühr, Reparaturkosten bzw. Gutachtengebühren vereinbart wird. Die Abtretungserklärung sollte sofort an die Versicherung geschickt werden, da diese in der Reihenfolge des Eingangs bei der Versicherung berücksichtigt werden. Bei Vorlage einer Abtretung kann sich der Sachverständige bezüglich der Bezahlung seiner Rechnung direkt an die Versicherung wenden. Was jedoch, wenn die Versicherung die Bezahlung verweigert?
Grundsätzlich gilt, dass die Abtretung der Ansprüche den Sachverständigen nicht berechtigt, die an ihn abgetretenen Forderungen im Wege einer Klage bei Gericht durchzusetzen. Verweigert die Versicherung die Bezahlung, so kann der Sachverständige nicht gegen die Versicherung vorgehen. Dies erscheint zwar auf den ersten Blick unverständlich, resultiert jedoch durch den reduzierten Sicherungscharakter der Abtretung. Das heißt nichts anderes, dass im Falle einer Sicherungsabtretung die Ansprüche weiterhin bestehen bleiben. Das heißt, der Geschädigte hat - trotz der Abtretung seiner Ansprüche einen Anspruch gegenüber dem Unfallverursacher bzw. dessen Versicherung. Auf der anderen Seite hat der Gutachter - trotz der Abtretung des Geschädigten - einen Anspruch gegen den Auftraggeber auf Bezahlung des Gutachtens. Erhält der Sachverständige von Seiten der Versicherung kein Honorar, so wird er gezwungen sein, seine Ansprüche direkt gegenüber dem Auftraggeber, also seinem Kunden, geltend zu machen. Die einzige Möglichkeit die dem Sachverständigen bleibt ist die so genannte „Streitverkündung”, welche in den §§ 72 bis 77 ZPO geregelt ist.
Eine weitere Gesetzmäßigkeit der Abtretung besteht darin, dass eine Versicherung, die trotz Abtretung an den Geschädigten bezahlt, dennoch verpflichtet ist an den Sachverständigen zu bezahlen. Dies bedingt jedoch, dass die Versicherung zuvor Kenntnis von der Abtretung der Ansprüche hatte und die Abtretung den gültigen rechtlichen Vorgaben entspricht. Schlussendlich wird es dem Sachverständigen egal sein, ob er die Gebühren direkt von der Versicherung bezahlt bekommt, oder ob dies über den Auftraggeber erfolgt, der in diesem Fall die Gebühren der Versicherung an den Gutachter weiterleitet. Eine Rolle spielt es jedoch dann, wenn der Auftraggeber das Geld von der Versicherung erhält, sich jedoch weigert die Rechnung des Gutachters zu bezahlen. In einem solchen Fall kann der Gutachter von der Versicherung die Zahlung verlangen. Wenn diese die Zahlung verweigert, bleibt nur noch die Klage gegen den Auftraggeber selbst.
3.1 / 3 FORMVORSCHRIFTEN EINER ABTRETUNGSERKLÄRUNG
Nach der geltenden Rechtsprechung ist es erforderlich, dass die Abtretung nicht nur als einseitige Willenserklärung erfolgt, sondern als Vereinbarung geschlossen wird. Es bedarf nicht nur einer Willenserklärung des Kunden, dass er seine Ansprüche abtreten möchte, sondern auch der Annahme dieser Willenserklärung durch den Sachverständigen. Eine nur vom Kunden unterschriebene Abtretung ist daher nicht gültig. Damit die Abtretung auch wirksam wird ist es erforderlich, dass der Betroffene, also die Versicherung auch Kenntnis von der Abtretung erlangen kann. Hier empfiehlt es sich, die Abtretung mit dem Gutachten an die Versicherung zu übermitteln.
Achten Sie auch darauf, dass die Abtretung von der berechtigten Person unterzeichnet wird und nicht vom Ehepartner oder der Reparaturwerkstatt. Eine Abtretung ist nicht gültig, so lange die Person, die unterschrieben hat nicht tatsächlich bevollmächtigt war für den Berechtigten zu zeichnen.
Um Probleme bei der Auszahlung zu vermeiden sollten diese Formfehler tunlichst vermieden werden.
In den meisten Fällen wird die Abretungserklärung und die Beauftragung zur Erstellung eines Gutachtens in einem Formular geregelt, welches vor Beginn der Gutachtenerstellung durch den Auftraggeber unterschrieben werden muss.
3.1 / 4 MUSTER EINER ABTRETUNGSERKLÄRUNG
Bei dem oben genannten Unfall wurde mein Fahrzeug beschädigt. Zur Sicherung der Beweise habe ich das Fahrzeug an den oben genannten Sachverständigen übergeben um den Schaden zu begutachten und die Höhe der Schadensansprüche zu bestimmen.
Die mir zustehenden Schadensersatzansprüche aus dem oben beschriebenen Unfall gegen den Schädiger trete ich hiermit unwiderruflich an erster Stelle an das Sachverständigenbüro ab und zwar in Höhe der aus diesem Vertrag entstandenen Gutachtergebühren.
Sollte die regulierende Versicherung die Zahlung aufgrund einer unsicheren Rechtslage verzögern oder verweigern, so verliert diese Abtretung ihre Gültigkeit nach vier Monaten.
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