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E-Book

Hinter der Welt ist Magie

AutorJoseph von Görres
VerlagEdition Lempertz
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl300 Seiten
ISBN9783960582144
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis7,99 EUR
Trotz seines gewaltigen Umfanges kann die 'Christliche Mystik' eine imposante und eindrucksvolle Architektonik nicht verleugnen. Das erste Buch, das neutral gehalten ist, bildet gleichsam eine Art Vorstufe und ist auf die christliche Mystik hingeordnet. Dieselbe Funktion bezüglich der dämonischen Mystik hat das sechste Buch, in welchem die natürliche Mystik begründet wird. Die christliche Mystik ist ansteigende, die dämonische Mystik ist absteigende Mystik. Görres entfaltet seine Gedanken in beiden Fällen von der mittleren Natur, die er im ersten Buch christlich und im sechsten dämonisch deutet. Von da wird der Leser stufenweise zum Geist, zum Geist Gottes in der christlichen und zum Geist des Bösen in der dämonischen Mystik hingeführt. Von Görres wird die Mystik folgendermaßen definiert: 'Die Mystik ist ein Schauen und Erkennen unter Vermittlung eines höheren Lichtes, und ein Wirken und Tun unter Vermittlung einer höheren Freiheit; wie das gewöhnliche Wissen und Tun durch das dem Geist eingegebene geistige Licht, und die ihm eingepflanzte persönliche Freiheit sich vermittelt findet.'

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Leseprobe

DIE GESICHTE DER PERPETUA


Vor vielen anderen merkwürdig sind die Gesichte der heiligen Perpetua, die von ihr selbst umständlich im Kerker aufgeschrieben wurden.

Geboren gegen das Ende des zweiten Jahrhunderts in einer der Vorstädte Karthagos, von edlem Geschlechte, war sie im Jahre 202, etwa 22 Jahre alt, verheiratet, und hatte, als unter Geta die Verfolgung ausbrach, ein säugendes Kind. Die Eltern und ein Bruder lebten noch, ein anderer war gestorben. Der Vater hatte alles aufgeboten, um sie von der Taufe abzuhalten, sie aber läßt sich nicht abwendig machen, wird in die Christengemeinde aufgenommen, sofort ergriffen und mit einigen anderen in den Kerker geworfen. Hier steht sie furchtbare Hitze aus, das Kind verschmachtet beinahe an ihrer Brust, bis endlich der Bruder ihr größere Freiheit erkauft.

Darauf sagt der Bruder zu ihr: »Du bist schon in großer Gnade, so daß du eine Offenbarung erbitten kannst und dir gezeigt werde, ob wir zum Leiden kommen oder frei werden.«

Sie verspricht es ihm treulich, begibt sich ins Gebet und sieht nun eine goldene Leiter von wunderbarer Höhe, bis zum Himmel reichend, aber so schmal, daß nur immer einer allein hinaufsteigen konnte, an ihrer Seite aber sind Schwerter, Lanzen, Angeln, Haken befestigt, so daß, wenn einer saumselig im Steigen, nicht immer zur Höhe blickt, er davon zerrissen und verwundet wurde. Unter der Leiter aber liegt ein ungeheuerer Drache, der den Aufsteigenden Fallstricke legt und sie von ihr wegzuschrecken sucht. Es stieg aber Saturus zuerst herauf, der damals noch nicht gefangen lag, aber dieses Vorzugs genoß, weil er später sich freiwillig überlieferte. Er kam bis zur Höhe, und, gewendet gegen die Schauenden, spricht er sofort: »Perpetua, ich warte deiner, aber sieh zu, daß der Drache dich nicht versehre!«

»Er wird nicht schaden im Namen des Herrn«, erwiderte sie. Das Untier, als ob es die Heranschreitende fürchte, erhob sich langsam, sie aber, die erste Stufe der Leiter betretend, trat ihm auf das Haupt und stieg nun mutig weiter. Oben tut sich der Staunenden die unermeßliche Weite eines Gartens auf, und in der Mitte desselben sieht sie einen eisgrauen Mann sitzen im Gewande eines Hirten, der war groß und melkte die Schafe, und um ihn her standen viele Tausende Weißgekleideter.

Er erhebt das Haupt, und sie ansehend, sagt er: »Sei willkommen, Tochter!«, ruft sie zu sich und gibt ihr von dem Käse, den er gemolken, ein kleines Stück. Sie nimmt es mit zusammengefügten Händen und ißt, und alle, die herumstanden, sprechen: »Amen!« Auf den Laut dieser Stimmen erwacht sie sofort, noch essend an dieser, sie weiß nicht welcher, Art von Süßigkeit. Und wie sie dem Bruder erzählt, was sie gesehen, erkennen beide, daß ihnen Leiden bevorstehe. Sie haben in dieser Auslegung nicht geirrt, denn sie werden nach wenig Tagen verhört und verurteilt, den wilden Tieren vorgeworfen zu werden. Im Kerker hat sie darauf nach wenig Tagen das zweite Gesicht. Im Gebete kommt ihr plötzlich das Andenken ihres verstorbenen Bruders Dinokrates in den Sinn, und sie seufzt um ihn zu dem Herrn.

In der Nacht sieht sie darauf diesen Bruder aus einem finsteren Ort, wo viele beisammen waren, herausgehen, ganz erhitzt und lechzend vor Durst, mit schmutzigem Angesicht und bleich, mit der Wunde, die er hatte, als er, sieben Jahre alt, am Gesichtskrebs elend gestorben, allen Menschen ein Entsetzen. Zwischen ihr und ihm befand sich ein großer Zwischenraum, so daß die Geschwister nicht zueinander konnten. An dem Orte aber, wo Dinokrates weilte, stand ein Teich voll Wasser, der jedoch einen höheren Rand hatte, als der Knabe groß war. Dieser streckt sich aus, als ob er trinken wolle. Sie erwacht und erkennt nun, daß ihr Bruder leide, vertraut aber auch, daß ihr Gebet seinen Leiden abhelfen werde, und sie betet nun Tag und Nacht für ihn mit Seufzern und Tränen. Nun wird sie wieder hellsehend, und der Ort, den sie zuvor finster gesehen, ist ihr jetzt erleuchtet, der Bruder aber mit reinem Leibe, gut gekleidet und behaglich. Wo die Wunde gewesen, ist nur noch eine Narbe zurück. Der Teich hat jetzt einen niederen Rand, daß er nur bis zur Mitte des Knaben reicht. Es stand auf ihm eine Schale, mit Wasser gefüllt, und der Knabe fing an zu trinken, und die Schale nahm nicht ab. Er ging dann gesättigt vom Wasser weg, um nach Art der Kinder fröhlich zu spielen, und da sie erwacht, erkennt sie, daß er aus der Strafe entlassen war.

Am Tage vor dem Kampfe wird ihr nun das dritte Gesicht erhellt. Sie sieht den Diakon Pomponius im weißen Kleide mit Glöckchen behängen, der heftig an die Kerkertüre klopft, und als sie herausgeht, zu ihr sagt: »Komm, wir erwarten dich!« An seiner Hand geht sie durch rauhe, unebene Wege. Beim Amphitheater angekommen, führt er die Atemlose mitten auf den Kampfplatz, und sagt: »Fürchte dich nicht, ich bin bei dir und helfe dir streiten«, worauf er von dannen geht. Sie aber, aufsehend, gewahrt eine ungeheuere versammelte Volksmenge und wundert sich, daß immer noch kein Tier auf sie losgelassen wird. Da geht aber ein Ägypter von wilder Gestalt gegen sie heraus, um mit seinen Helfern gegen sie zu kämpfen; sie ihrerseits hat auch Hilfe: zwei Jünglinge kommen, ihr beizustehen. Sie nun, zum Kampfe entkleidet und mit Öl gesalbt, wird wie ein Mann, während der Ägypter seinerseits sich im Sande wälzt.

Bald findet sich eine Gestalt hinzu solcher Größe, daß sie über die Höhe des Amphitheaters hinausreicht. Ihr Kleid ist schön, unter der Brust der Purpur zwischen zwei Gürteln, mit Glöckchen von Gold und Silber besetzt. Der Kommende trägt einen Stab, wie ein Kampfherold, und einen Zweig, mit goldenen Äpfeln besetzt, und nachdem er Stille geboten, sagt er: »Dieser Ägypter, wenn er diese überwindet, wird sie mit dem Schwerte töten. Wenn sie aber ihn besiegt, wird sie diesen Zweig erhalten.«

Er tritt darauf ab, und der Faustkampf beginnt. Der Gegner sucht ihr die Füße zu fassen, sie aber schlägt ihm mit den Fersen das Angesicht, wird in die Luft gehoben und schlägt ihn immer so, als ob sie die Erde stampfte. Sie ersieht darauf ihre Gelegenheit, schlingt, Finger in Finger fügend, die Hände zusammen und faßt sein Haupt, daß er auf sein Angesicht fällt, worauf sie ihm den Kopf zertritt. Das Volk beginnt zu rufen und ihre Beschützer zu preisen. Sie aber geht zum Kampfherold und empfängt den Zweig, und er küßt sie und sagt: »Tochter, der Friede sei mit dir!« Sie geht nun im Triumph zu dem sanavirarischen Tore, erwacht und erkennt bald, daß sie nicht gegen Tiere, sondern gegen den Teufel streiten, der Sieg aber ihr zuteil werden würde.

ANDREAS VON SALI IN BYZANZ


Der heilige Andreas von Sali, der wahrscheinlich um 880 geboren, bis gegen 940 gelebt hat, wird in der Lebensbeschreibung, die Nikephorus von ihm hinterlassen, als ein Skythe bezeichnet, das heißt, als ein Angehöriger jener nordischen Völker, die über dem byzantinischen Gebiete in Europa oder Asien wohnten. Er diente als Sklave, und weil er in diesem Stande unmöglich dem Triebe nach einem ruhig abgeschlossenen, kontemplativen Leben, der sich seiner bemeistert hatte, nachhängen konnte, hatte Nikephorus ihm geraten, sich töricht zu stellen, ob er etwa auf diese Weise die Freiheit gewinnen möge.

Es gelang. Sein Herr hatte ihn ein Vierteljahr lang in einer Kirche an die Ketten legen lassen und ihn alsdann freigegeben. Nun zu seinem Ziele gekommen, beharrte er auf dem Wege, den er eingeschlagen, und ging fortdauernd als ein Tor in den Straßen von Byzanz um. Mißhandelt, gehöhnt, geschlagen, zertreten, im Kote geschleift, ließ er sich nicht abwendig machen, alles in Geduld und ohne ein Wort zu reden hinnehmend. Dadurch und durch die anderen Übungen, die er im Stillen sich auferlegt, fand er sich bald in seinem inneren Leben gefördert und trat in den ekstatischen Zustand ein. Nikephorus erzählt, wie er ihn einst betend gefunden, hoch über der Erde schwebend, und berichtet viele der Gesichte, die ihm in solchen Zuständen erhellt geworden. Manche derselben erinnern an jene der heiligen Perpetua, die sich in ihm nun fortgesetzt zu haben scheinen. Wie sie, empfängt auch er die Weihe zu seinem Kampfe, als er im Amphitheater zwei Reihen von Männern schaut, die einen schwarz-, die anderen weißgekleidet.

Ein riesenhafter Schwarzer fordert die Weißen zum Streite, und ein Engel erscheint sofort, drei Kronen tragend. Andreas wünscht sich eine solche und fragt, um welchen Preis sie feil sei. »Nicht um alle Schätze der Erde magst du auch nur eine erlangen«, ist die Erwiderung, »sie sind der Preis des Sieges.« Er tritt nun heraus und fordert die Kämpfer vor. Sie fassen sich, der Schwarze wirft ihn im Wirbel herum. Schon zagen alle, da erinnert er sich dessen, was der Kronentragende ihm gesagt, macht das Kreuzeszeichen und überwindet. Nikephorus erzählt weiter: Es sei eines Tages ein fürchterliches Unwetter, mit entsetzlicher Kälte und verwüstendem Hagelschlage, über Byzanz ausgebrochen, also, daß die Dächer unter der Last erdrückt...

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