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Der Wohlstand der Nationen

Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen

AutorAdam Smith
Verlagdtv Deutscher Taschenbuch Verlag
Erscheinungsjahr2018
Reihedtv bibliothek 2
Seitenanzahl400 Seiten
ISBN9783423432894
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Ein Klassiker Erschienen 1776, also vor rund 240 Jahren, gilt >Der Wohlstand der Nationen< nach wie vor als einer der einflussreichsten Texte der Neuzeit, als Geburtsstunde der Volkswirtschaftslehre. Adam Smith (1723-1790) hat hier zentrale Begriffe und Konzepte der Ökonomie wie etwa Angebot und Nachfrage oder Arbeitsteilung geprägt. »Die unsichtbare Hand« wurde zum geflügelten Wort. Gekürzt und mit einem Vorwort zur Neuausgabe.  

Adam Smith (1723 bis 1790) war ein schottischer Philosoph und Nationalökonom. Sein Werk wurde zum Wegbereiter des Wirtschaftsliberalismus und zu einem der theoretischen Grundpfeiler des westlichen Wirschaftssystems.

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Leseprobe

Erstes Buch Was die produktiven Kräfte der Arbeit verbessert und nach welcher natürlichen Ordnung sich ihr Ertrag auf die einzelnen Schichten der Bevölkerung verteilt


Erstes Kapitel Die Arbeitsteilung


Die Arbeitsteilung dürfte die produktiven Kräfte der Arbeit mehr als alles andere fördern und verbessern. Das gleiche gilt wohl für die Geschicklichkeit, Sachkenntnis und Erfahrung, mit der sie überall eingesetzt oder verrichtet wird.

Man kann den Einfluß der Arbeitsteilung auf die gesamte Volkswirtschaft leichter verstehen, wenn man sich zunächst klarmacht, auf welche Weise sie in einzelnen Erwerbszweigen durchgeführt wird. Es hat gewöhnlich den Anschein, als sei sie in einigen unbedeutenden Gewerben am weitesten entwickelt, doch sollte man sich nicht täuschen lassen. Denn in solchen Gewerben, die nur den bescheidenen Bedarf eines kleinen Kundenkreises zu decken haben und folglich nur eine begrenzte Anzahl Arbeitskräfte beschäftigen, können diese häufig in einer einzigen Werkstatt untergebracht werden. So fällt es dem Betrachter sofort auf, daß sie verschiedene Arbeiten verrichten. Anders ist es in den großen Gewerbezweigen, die für den Massenbedarf der Bevölkerung produzieren. Hier benötigt man für jeden einzelnen Arbeitsgang so viele Menschen, daß man sie unmöglich alle in derselben Werkstatt einsetzen kann. Wir sehen daher im allgemeinen nicht mehr als eine einzige Abteilung des Betriebes. Tatsächlich mag aber die Arbeitsteilung hier verzweigter sein als in unbedeutenden Gewerben, was allzu leicht übersehen wird, da sie auf den ersten Blick nicht zu erkennen ist.

Wir wollen daher als Beispiel die Herstellung von Stecknadeln wählen, ein recht unscheinbares Gewerbe, das aber schon häufig zur Erklärung der Arbeitsteilung diente. Ein Arbeiter, der noch niemals Stecknadeln gemacht hat und auch nicht dazu angelernt ist (erst die Arbeitsteilung hat daraus ein selbständiges Gewerbe gemacht), so daß er auch mit den dazu eingesetzten Maschinen nicht vertraut ist (auch zu deren Erfindung hat die Arbeitsteilung vermutlich Anlaß gegeben), könnte, selbst wenn er sehr fleißig ist, täglich höchstens eine, sicherlich aber keine zwanzig Nadeln herstellen. Aber so, wie die Herstellung von Stecknadeln heute betrieben wird, ist sie nicht nur als Ganzes ein selbständiges Gewerbe. Sie zerfällt vielmehr in eine Reihe getrennter Arbeitsgänge, die zumeist zur fachlichen Spezialisierung geführt haben. Der eine Arbeiter zieht den Draht, der andere streckt ihn, ein dritter schneidet ihn, ein vierter spitzt ihn zu, ein fünfter schleift das obere Ende, damit der Kopf aufgesetzt werden kann. Auch die Herstellung des Kopfes erfordert zwei oder drei getrennte Arbeitsgänge. Das Ansetzen des Kopfes ist eine eigene Tätigkeit, ebenso das Weißglühen der Nadel, ja, selbst das Verpacken der Nadeln ist eine Arbeit für sich. Um eine Stecknadel anzufertigen, sind somit etwa 18 verschiedene Arbeitsgänge notwendig, die in einigen Fabriken jeweils verschiedene Arbeiter besorgen, während in anderen ein einzelner zwei oder drei davon ausführt. Ich selbst habe eine kleine Manufaktur dieser Art gesehen, in der nur 10 Leute beschäftigt waren, so daß einige von ihnen zwei oder drei solcher Arbeiten übernehmen mußten. Obwohl sie nun sehr arm und nur recht und schlecht mit dem nötigen Werkzeug ausgerüstet waren, konnten sie zusammen am Tage doch etwa 12 Pfund Stecknadeln anfertigen, wenn sie sich einigermaßen anstrengten. Rechnet man für ein Pfund über 4000 Stecknadeln mittlerer Größe, so waren die 10 Arbeiter imstande, täglich etwa 48 000 Nadeln herzustellen, jeder also ungefähr 4800 Stück. Hätten sie indes alle einzeln und unabhängig voneinander gearbeitet, noch dazu ohne besondere Ausbildung, so hätte der einzelne gewiß nicht einmal 20, vielleicht sogar keine einzige Nadel am Tag zustande gebracht. Mit anderen Worten, sie hätten mit Sicherheit nicht den zweihundertvierzigsten, vielleicht nicht einmal den vierhundertachtzigsten Teil von dem produziert, was sie nunmehr infolge einer sinnvollen Teilung und Verknüpfung der einzelnen Arbeitsgänge zu erzeugen imstande waren.

In jedem anderen Handwerk und Gewerbe wirkt sich die Arbeitsteilung oder Spezialisierung ähnlich wie in diesem doch recht unbedeutenden Erwerbszweig aus, wenn auch in vielen von ihnen der gesamte Produktionsablauf nicht so stark zerlegt und auf einzelne Verrichtungen zurückgeführt werden kann. Sobald aber die Teilung der Arbeit in einem Gewerbe möglich ist, führt sie zu einer entsprechenden Steigerung ihrer Produktivität. In diesem Vorteil dürfte der Grund zu suchen sein, daß es überhaupt zu verschiedenen Gewerben und Berufen kam. Auch ist die Spezialisierung gewöhnlich in Ländern am weitesten fortgeschritten, die wirtschaftlich am höchsten entwickelt sind. Was in einem primitiven Volk ein einzelner an Arbeit leistet, verrichten in einer zivilisierten Gesellschaft zumeist mehrere. So ist in einer entwickelten Nation der Bauer in der Regel nur Bauer, der Handwerker gewöhnlich nichts anderes als Handwerker. Auch die Arbeit, die zur Fertigung irgendeines Werkstückes notwendig ist, teilen sich durchweg viele. Wie viele verschiedene Berufe gibt es allein in den einzelnen Zweigen des Leinen- und Wollgewerbes, angefangen mit den Erzeugern von Flachs und Wolle bis hin zu den Bleichern und Glättern des Leinens oder den Färbern und Tuchmachern! Die Eigenart der Landwirtschaft läßt indes eine so weitgehende Spezialisierung wie im Gewerbe nicht zu, auch nicht eine solch scharfe Abgrenzung der einzelnen Tätigkeiten gegeneinander. So ist es einfach unmöglich, die Viehzucht so eindeutig vom Getreideanbau zu trennen, wie das zwischen dem Gewerbe eines Zimmermanns und dem eines Schmiedes der Fall ist. Der Spinner und der Weber sind durchweg zwei Personen, dagegen pflügt, eggt, sät und erntet häufig ein und dieselbe Arbeitskraft. Da alle diese Arbeiten zu verschiedenen Jahreszeiten anfallen, könnte eine einzelne Person unmöglich fortwährend nur mit einer davon beschäftigt sein. Der Grund, warum die Produktivität der Arbeit in der Landwirtschaft nicht immer mit der im Gewerbe Schritt hält, dürfte in der Tat darin zu suchen sein, daß es unmöglich ist, die verschiedenen Arbeiten und Tätigkeiten nach Berufen streng und vollständig voneinander zu trennen. Die reichsten Nationen sind zwar allen ihren Nachbarn gewöhnlich auf beiden Gebieten, in der Landwirtschaft wie im Gewerbe, überlegen, doch ist ihr Vorsprung in der Agrarwirtschaft durchweg geringer als in den übrigen Erwerbszweigen. Ihr Boden wird in der Regel besser kultiviert und wirft, bezogen auf Fläche und natürliche Fruchtbarkeit, mehr ab, da mehr Arbeitskräfte und Kapital eingesetzt werden. Doch übersteigt dieser Mehrertrag den Mehraufwand an Arbeit und Kapital selten um ein beträchtliches. Die Arbeit in der Landwirtschaft ist mithin in reichen Ländern nicht immer wesentlich produktiver als die in armen, zumindest ist sie niemals um so viel höher als es, vergleichsweise, durchschnittlich im Gewerbe der Fall ist. Deshalb wird auch das Getreide eines wohlhabenden Landes nicht unbedingt billiger auf den Markt kommen als gleich gutes des armen. So kostet polnisches Getreide ebensoviel wie französisches gleicher Qualität, obwohl Frankreich reicher und höher entwickelt ist. Getreide aus den französischen Anbaugebieten ist wiederum mindestens ebenso gut wie englisches und in den meisten Jahren genauso teuer, obgleich Frankreich ärmer und wirtschaftlich weniger entwickelt sein mag. Und dennoch sind die englischen Getreidefelder besser als die französischen bestellt, und der französische Anbau soll wiederum besser als der polnische betrieben werden. Ein armes Land kann also durchaus trotz unterlegener Bodenkultur mit dem reichen in Preis und Qualität seines Getreides bis zu einem gewissen Grade konkurrieren, sein Gewerbe jedoch kann einen solchen Wettbewerb nicht durchstehen, am wenigsten dann, wenn Boden, Klima und Lage des reichen Landes für solche Gewerbe geeignet sind. So sind französische Seiden besser und billiger als englische, da dort das Klima für die Seidenverarbeitung günstiger als in England ist, zumindest bei den gegenwärtig hohen Einfuhrzöllen für Rohseide. Dagegen sind englische Eisen- und Metallwaren und grobe Wollstoffe unvergleichlich besser als französische und bei gleicher Qualität noch dazu weit billiger. In Polen, so wird behauptet, soll es kaum ein nennenswertes Gewerbe geben, wenn man von wenigen Manufakturen absieht, die einfache Haushaltsgeräte herstellen, auf die ein Land nicht gut verzichten kann.

Die enorme Steigerung der Arbeit, die die gleiche Anzahl Menschen nunmehr infolge der Arbeitsteilung zu leisten vermag, hängt von drei verschiedenen Faktoren ab: (1) der größeren Geschicklichkeit jedes einzelnen Arbeiters, (2) der Ersparnis an Zeit, die gewöhnlich beim Wechsel von einer Tätigkeit zur anderen verlorengeht und (3) der Erfindung einer Reihe von Maschinen, welche die Arbeit erleichtern, die Arbeitszeit verkürzen und den einzelnen in den Stand setzen, die Arbeit vieler zu leisten.

(1) Aufgrund der größeren Geschicklichkeit kann der einzelne natürlich erheblich mehr leisten, und umgekehrt steigert die Arbeitsteilung zwangsläufig auch die Geschicklichkeit oder Handfertigkeit des Arbeiters beträchtlich, da sie jede Tätigkeit, die ein Arbeiter sein ganzes Leben lang ausübt, auf einen einfachen Arbeitsgang zurückführt. Ein...

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