Sie sind hier
E-Book

Der Zirkus im Internet - Die Nutzung des Internets für zirkuspädagogische Arbeit durch die Vermittlung zirzensischer Inhalte über Lehrvideos

Die Nutzung des Internets für zirkuspädagogische Arbeit durch die Vermittlung zirzensischer Inhalte über Lehrvideos

AutorMichael Held
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl117 Seiten
ISBN9783640176977
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis10,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Soziale Arbeit / Sozialarbeit, Note: 1,7, Fachhochschule Dortmund, 114 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Viele Kinder bekommen beim Betreten der bunten Zirkuswelt leuchtende Augen. Den meisten von ihnen reicht dabei nicht der bloße Konsum der atemberaubenden Zirkusnummern. Sie möchten selbst Zirkus machen und ihrem staunenden Publikum schwierige Tricks präsentieren. Auch meine ersten Kontakte zu der Welt des Zirkus waren mit diesem Wunsch verbunden. Dabei bewunderte ich in erster Linie das Spiel der Jongleure mit der Schwerkraft. Die Kunst der Jonglage zu erlernen gestaltete sich jedoch nicht sonderlich einfach. Jahrelang stellte das Buch 'Alles über die Kunst des Jonglierens' meine einzige Quelle für Informationen und Tricks dar. Erst durch den Zugang zum Internet erschlossen sich mir viele neue Möglichkeiten. Auf verschiedenen Internetseiten fand ich ein umfangreiches Angebot an Jongliervideos und Beschreibungen, wodurch ich immer neue Tricks üben konnte. Zu diesem Zeitpunkt lernte ich meinen heutigen Jonglierpartner und guten Freund Felix Feldmann kennen, der mich auf die Existenz von Jongliertreffen und Conventions aufmerksam machte. Auch hier bot das Internet ausführliche Informationen und ich konnte in Kontakt mit dieser Welt treten.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Leseprobe

2. Die Entwicklung von Zirkus und Zirkuspädagogik als Konsequenz gesellschaftlicher Bedürfnisse

 

„Das Wort Zirkus leitet sich aus dem griechischen kirkos und dem lateinischen Begriff circus ab, deren primäre Bedeutung Kreis ist. In seiner zweiten Bedeutung, als Synonym für die römische circenses wurde es in Mitteleuropa seit dem 16. Jahrhundert benutzt.“ [53]

 

Zirkus ist ein Ort, an dem verschiedene artistische Genres präsentiert werden. Clownerie, Jonglage, Akrobatik, Äquilibristik[54] und viele andere Disziplinen werden in der Manege vereint. Der Zirkushistoriker Kusnezow beschreibt daher den Zirkus als „Einheit der Vielfalt“.[55] Und auch immer mehr Pädagogen haben den Zirkus für ihre Arbeit entdeckt.

 

Im vorherigen Kapitel wurde Zirkus als eine Möglichkeit für Pädagogen vorgestellt, Anreize zu Spiel und Bewegung zu bieten, wo es an natürlichen Bewegungsreizen mangelt. Um das Wesen des Zirkus besser begreifen zu können, wird nachfolgend die Geschichte des Zirkus und seine Entdeckung durch die Pädagogik näher beleuchtet. Dabei wird deutlich, dass Entwicklungen in diesem Bereich immer wieder eine Reaktion auf gesellschaftliche Veränderungen und Bedürfnisse waren. Für diese Arbeit ist dieser Zusammenhang von besonderer Bedeutung, da gerade der Versuch, zirzensische Disziplinen wie Jonglage im Internet zu vermitteln, erneut eine Reaktion auf gesellschaftliche Veränderungen und Bedürfnisse darstellt.  

 

2.1 Zirkus im Wandel der Zeit

 

„Einigkeit herrscht unter den Historiographen des Zirkus darüber, daß die Artistik so alt ist wie die Menschheit selbst […]. Dafür spricht der dem Menschen innewohnende Drang, seinen Körper und seine Umwelt zu beherrschen und zu benutzen.“ Des Weiteren wird diese Theorie durch viele archäologische Funde gestärkt.[56]

 

So existiert beispielsweise eine Freske aus Kreta, die einen Akrobaten auf einem Stier zeigt, und die auf 1500 v. Chr. datiert wurde. Ein auf 2040 bis 1750 v. Chr. datiertes Relief zeigt eine Affendressur[57], und eine Wandmalerei aus dem Grab Beni Hassans in Ägypten zeigt jonglierende Frauen. Diese Felsengräber sind laut Ziethen auf 2040 v. Chr. zu datieren. „Vasenmalereien und Fresken, Reliefs und Kleinplastiken aus Bronze oder Stein haben die Jahrhunderte überdauert und legen heute Zeugnis ab vom hohen Stand der Kultur in den zivilisierten Ländern des Altertums. Chinesen, Japaner, Assyrer, Babylonier, Ägypter, Griechen, Etrusker und Römer erfreuten sich an den Künsten der Gaukler, und die Geschichtsschreiber auch schon jener Zeit waren sich einig darin, daß insbesondere zum Erlernen der Jongliertricks große Geduld und Ausdauer gehörte.“ [58]

 

In allen Hochkulturen existierten also Dresseure, Akrobaten, Jongleure, Taschenspieler und Spaßmacher, von denen bildliche Darstellungen und schriftliche Überlieferungen zeugen. Die in diesem Zusammenhang genannten Gaukler[59] waren auf Festen stets willkommen, und wurden doch wegen ihrer Andersartigkeit als „Vogelfreie“ geächtet. All diese artistischen Leistungen sind Vorläufer des heutigen Zirkus, dessen Geschichte vor knapp 250 Jahren begann.[60]

 

Zwar tauchte der Name Zirkus das erste Mal im alten Rom in Form des Circus Maximus auf; allerdings wurden hier nicht die Leistungen präsentiert, die wir aus dem heutigen Zirkus kennen. Im Circus Maximus wurden Tierhetzen, Wagenrennen und Gladiatorenkämpfe gezeigt. Keine dieser Vorstellungen wäre für einen modernen Zirkus geeignet. Es gibt auch keinerlei Anzeichen dafür, dass je ein Zirkus an die Traditionen des alten Circus Maximus anknüpfte. Der Zirkushistoriker Kusnezow führt aus, dass der antike „Circus“ mit dem römischen Reich unterging.[61] Als Gemeinsamkeit mit dem Zirkus, wie wir ihn kennen blieb nur der Name und die volkstümliche Atmosphäre.[62]

 

2.1.1 Das 18. und 19. Jahrhundert - Entstehung und Blüte

 

In vielen Teilen der Welt waren in den letzten Jahrhunderten Entwicklungen zu beobachten, die für die Entwicklung des Zirkus relevant waren. Im Rahmen dieser Arbeit wird jedoch, wenn nicht anders angegeben, ausschließlich die Entwicklung des europäischen Zirkus beschrieben.

 

Der erste Zirkus der Welt wurde 1772 von dem Kunstreiter Philip Astley in England (genauer: in London an der Westminster Bridge) eröffnet. Hier wurden in erster Linie akrobatische Pferdenummern gezeigt, zu denen erst später andere Manegenkünste wie die Jonglage oder der Seiltanz kamen.[63] Schnell waren diese Vorstellungen von Erfolg gekrönt, und Astley konnte mit seiner Vorstellung von dem umzäunten Außengelände in ein festes Gebäude ziehen. Im Übrigen nutzte er damals noch nicht den Namen Zirkus. Astleys Vorstellungen trugen den Namen „Pferdetheater“ und ihr Austragungsort war das Amphitheater.[64] Nach Aussagen von Zirkushistorikern soll Astley bis zu seinem Tod insgesamt 19 Zirkusgebäude errichtet haben.[65]  

 

 

Abbildung 3: Astleys Amphitheater (Außenansicht)

 

Doch wie war der Erfolg Astleys zu erklären? Warum bestand ein solches Interesse an „Akrobatik zu Pferde“? Bei Betrachtung der gesellschaftlichen Entwicklung in England ist schon im 17. Jahrhundert ein zunehmendes Interesse an Pferden im allgemeingesellschaftlichen, besonders aber im militärisch-sportlichen Bereich zu erkennen. Pferde gewannen an Bedeutung für Landwirtschaft, Transportwesen und Militär. Vor allem aber wuchs das Interesse der oberen Klassen am Umgang mit dem Pferd. Viele Reitschulen wurden eröffnet, und gerade in den oberen Gesellschaftsschichten war ein versierter Umgang mit Pferden unerlässlich. Aber auch die Entwicklung der Jahrmärkte im 16., 17. und 18. Jahrhundert und die dort entstandene Jahrmarktskunst war relevant für den Erfolg, den Astley mit seinem Zirkus verbuchen konnte. Die Jahrmärkte wurden, bedingt durch zunehmenden Handel, ökonomische und gesellschaftliche Zentren. Neben dem Handel boten sie Unterhaltung aller Art und gaben einer großen Anzahl von Gauklern und Budenschauspielern die Möglichkeit, ihre Künste zu präsentieren. Jongleure, Feuerspucker und Seiltänzer waren dort ebenso vorzufinden wie Karten spielende Papageien und seiltanzende Affen. Diese artistischen Genres hatten also schon einen hohen Stellenwert in der Unterhaltung des Volkes, bevor Astley sie in seinem Amphitheater zum ersten Zirkus vereinte.[66]  

 

Durch ökonomischen und technischen Fortschritt sowie das Wachstum von Zentren und eine verbesserte Infrastruktur wurden diese Jahrmärkte jedoch mit der Zeit überflüssig. Die von ihnen ausgehende Unterhaltungskultur konnte von nun ab von den Zirkussen übernommen werden.[67]

 

Astley selbst war eigentlich gelernter Drechsler. Während des Siebenjährigen Krieges leistete er seinen Armeedienst in einem Kavallerieregiment, wo er Erfahrungen mit der Reiterei sammelte. Nach seiner Entlassung aus der Armee sammelte er weitere arbeitslose Kavalleristen um sich. Gemeinsam mit ihnen gründete er eine Reitschule. Zunächst wurden hier ausschließlich Reitstunden gegeben. Später entstanden Vorstellungen, deren eigentlicher Zweck die Reklame für die besagte Reitschule war. Diese Pferdekünstler fanden gerade in den Reihen von Adel und Militär ein dankbares Publikum, womit Astleys Erfolg zu begründen ist. Denn von nun an konnte er sogar Mitglieder hoher Gesellschaftsschichten unterrichten. „So geriet die junge Kunst unter den Einfluß der aristokratischen und militärischen Kreise und begann sich nach deren Geschmack zu richten.“ [68]

 

1782, im selben Jahr in dem er sein erstes Amphitheater überdachen ließ, gründete Astley ein weiteres in einem Pariser Vorort. In den folgenden zehn Jahren verbuchte er auch hier außerordentliche Erfolge, die sich viele Zirkuskünstler zum Vorbild nahmen. Man kann also rückblickend festhalten, dass die Ursprünge des Zirkus in London und Paris zu finden sind.[69]  

 

Im Jahr 1793 musste Astley Paris aufgrund der mit den revolutionären Ereignissen immer angespannter gewordenen Beziehungen zwischen Frankreich und England verlassen. Kurz nach der Schließung übernahm Antoine Franconi[70] das noch immer als Amphitheater bezeichnete Gebäude.[71]

 

 

Abbildung 4: Astleys Amphitheater (Innenansicht)

 

Hier entstand letztendlich der Name „Zirkus“. Unter der Herrschaft von Napoleon erging der Erlass, dass die Vorführung von Raritäten und Kuriositäten nicht mehr den Namen Theater tragen dürfe. Durch diesen Erlass mussten viele kleine Häuser geschlossen werden. Auch das Pferdetheater der Brüder Franconi war von diesem Erlass betroffen. Um einer Schließung zu entgehen, nannten sie ihr Pferdetheater von nun an „cirque olympique“ (olympischer Zirkus)....

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Pädagogik - Erziehungswissenschaft

Weitere Zeitschriften

Arzneimittel Zeitung

Arzneimittel Zeitung

Die Arneimittel Zeitung ist die Zeitung für Entscheider und Mitarbeiter in der Pharmabranche. Sie informiert branchenspezifisch über Gesundheits- und Arzneimittelpolitik, über Unternehmen und ...

arznei-telegramm

arznei-telegramm

Das arznei-telegramm® informiert bereits im 53. Jahrgang Ärzte, Apotheker und andere Heilberufe über Nutzen und Risiken von Arzneimitteln. Das arznei-telegramm®  ist neutral und ...

BIELEFELD GEHT AUS

BIELEFELD GEHT AUS

Freizeit- und Gastronomieführer mit umfangreichem Serviceteil, mehr als 700 Tipps und Adressen für Tag- und Nachtschwärmer Bielefeld genießen Westfälisch und weltoffen – das zeichnet nicht ...

crescendo

crescendo

Die Zeitschrift für Blas- und Spielleutemusik in NRW - Informationen aus dem Volksmusikerbund NRW - Berichte aus 23 Kreisverbänden mit über 1000 Blasorchestern, Spielmanns- und Fanfarenzügen - ...

dental:spiegel

dental:spiegel

dental:spiegel - Das Magazin für das erfolgreiche Praxisteam. Der dental:spiegel gehört zu den Top 5 der reichweitenstärksten Fachzeitschriften für Zahnärzte in Deutschland (laut LA-DENT 2011 ...

DER PRAKTIKER

DER PRAKTIKER

Technische Fachzeitschrift aus der Praxis für die Praxis in allen Bereichen des Handwerks und der Industrie. “der praktiker“ ist die Fachzeitschrift für alle Bereiche der fügetechnischen ...