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Der Zugang von Frauen zum Heer aus innerstaatlicher und europarechtlicher Sicht

AutorSilke Steiner
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl154 Seiten
ISBN9783640668397
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis15,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2001 im Fachbereich Jura - Öffentliches Recht / Sonstiges, Note: Sehr gut, Karl-Franzens-Universität Graz (Institut für Österreichisches, Europäisches und Vergleichendes Öffentliches Recht), Sprache: Deutsch, Abstract: Anlässlich der damaligen Öffnung des österreichischen Bundesheeres für Frauen analysiert diese Arbeit aus dem Jahr 2001 die rechtlichen Rahmenbedingungen des Zugangs von Frauen zum Heer aus innerstaatlicher (österreichischer) sowie europarechtlicher Sicht. Nach einer Einführung in den Themenbereich 'Frauen in den Streitkräften' ist die Arbeit in ihrem Hauptbereich in einen innerstaatlichen und einen europarechtlichen Teil gegliedert. Durch diese Aufspaltung soll die unterschiedliche Entwicklung auf innerstaatlicher und europarechtlicher Ebene verdeutlicht werden. In Österreich erfolgte die Öffnung des Heeres durch den Gesetzgeber, während auf europarechtlicher Ebene der EuGH durch seine beiden richtungsweisenden Urteile Sirdar und Kreil als Motor der Integration von Frauen in die nationalen Streitkräfte wirkte. Abschließend werden noch die Auswirkungen dieser Entwicklung dargestellt. Interessant ist dabei auch die Frage, ob als nächster Schritt die durchwegs (mit Ausnahme Israels) auf Männer beschränkte allgemeine Wehrpflicht als gleichheitswidrig angesehen werden kann.

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Leseprobe

Teil A:


 


Allgemeines zum Thema Frauen in den Streitkräften


 


I. Ein kurzer historischer Rückblick


 

Europa ist weiblich, doch durch Jahrhunderte hindurch wurde die Geschichte Europas – von wenigen Ausnahmen abgesehen[2]– ausschließlich von Männern geschrieben.[3] Niemand dachte daran, auch Frauen am politischen Entscheidungsprozeß teilnehmen zu lassen und ihnen Gleichbehandlung einzuräumen.

 

Man übersieht bis heute gerne, dass auch große Philosophen wie Kant oder Rousseau unter den Begriff Staatsbürger ausschließlich Männer subsumierten.[4]

 

Besonders deutlich geprägt durch den Ausschluss von Frauen ist die Militärgeschichte, denn das Militär war und ist eine Herrschaftsinstitution, die von Männern dominiert wird.[5]

 

Die Rolle der Frau im Krieg beschränkte sich auf Tätigkeiten als Helferin, Pflegerin oder als Rüstungsarbeiterin. Ansonsten traten Frauen in ihrer Funktion als Soldatenmutter oder Kriegerwitwe in Erscheinung. Die wenigen Frauen, die durch ihre Verdienste im Krieg Berühmtheit erlangten, verdankten diese meist keinem Kampfeinsatz, sondern einer traditionellen „Frauentätigkeit“, wie zB Florence Nightingale als Krankenschwester. Eine Ausnahme stellt die berühmte Jeanne d’Arc dar. Sie brach das Tabu des Dienstes an der Waffe. Allerdings galten für sie als Jungfrau weniger strenge Regeln, und schließlich endete sie trotz ihrer militärischen Erfolge auf dem Scheiterhaufen.[6]

 

Die weit verbreitete Annahme, Frauen seien von Natur aus friedfertiger[7], wurde durch ihre Tätigkeit in den Friedensbewegungen untermauert. Zahlreiche Frauen waren in den pazifistischen Bewegungen, die im 19. Jahrhundert als Ausdruck eines vermehrten Wunsches nach Frieden gegründet wurden, vertreten. So war zB die Friedenskämpferin Bertha von Suttner, die für ihr Buch „Die Waffen nieder“ 1905 als erste Frau den Nobelpreis erhielt, die Präsidentin der 1891 gegründeten „Österreichischen Gesellschaft für Friedensfreunde“. Sie versuchte allerdings nicht, die Rolle der Frau als Friedenskämpferin hervorzuheben, da sich ihrer Meinung nach beide Geschlechter gleichermaßen für den Krieg begeisterten.[8]

 

Obwohl Frauen um die Jahrhundertwende in den Friedensbewegungen sehr aktiv waren, durften sie an der politischen Entscheidungsfindung weiterhin keinen Anteil nehmen.

 

Als im Zuge der Demokratisierung der europäischen Staaten das allgemeine Wahlrecht eingeführt wurde, blieb dieses den Männern vorbehalten. Man verstand das Recht zur Wahlbeteiligung nämlich als Pendant zur Pflicht, das Vaterland im Krieg zu verteidigen. Kampfeinsätze von Frauen waren jedoch weiterhin unvorstellbar. Frauen, die dieses Tabu brachen und in Kriegen kämpften, erhielten keinen Kombattantenstatus und mussten im Falle einer Gefangennahme mit ihrer sofortigen Erschießung rechnen.

 

Als einige Staaten nach dem Ersten Weltkrieg auch Frauen das Wahlrecht gewährten, geschah dies gewissermaßen als Abgeltung für ihre Dienste, die sie dem Vaterland im Krieg geleistet hatten. Diese Dienste hatten sich natürlich nicht auf Kampfeinsätze erstreckt, sondern sie waren in kriegsunterstützenden Bereichen wie im Sanitätsdienst - in Frankreich waren Frauen zB als Krankenschwestern und Ärztinnen im Kriegseinsatz gewesen[9] - oder in der Rüstungsindustrie erfolgt.[10]

 

Im Zweiten Weltkrieg kamen Frauen schließlich teilweise auch in den Kampftruppen zum Einsatz. Dies war allerdings nicht auf Kämpfe der Frauenbewegung, sondern auf den Mangel an männlichen Soldaten zurückzuführen. In der sowjetischen Roten Armee dienten im Zweiten Weltkrieg 800.000 Frauen, wobei einige von ihnen in drei Frauen-Luftwaffenregimentern extremen Gefahren ausgesetzt waren. Diese sowjetischen Soldatinnen wurden vom Nazi-Regime verächtlich als „Flintenweiber“ bezeichnet.[11].

 

In der deutschen Wehrmacht waren Frauen zuerst hauptsächlich im Sanitätsdienst sowie im Büro- und Verwaltungsdienst tätig. Im Laufe des Krieges wurden sie aber zunehmend auch in anderen Funktionen wie zB als „Wehrmachtshelferinnen“ im Nachrichtendienst eingesetzt. Obwohl sie dabei Uniformen trugen, galten sie – der Ideologie des Dritten Reiches entsprechend – als zivile Angestellte und hatten keinen militärischen Statuts. Auch bei den westlichen Alliierten verrichteten Frauen nicht als kämpfende Soldaten, sondern va. in sog Frauenberufen wie als Telefonistinnen oder Krankenschwestern Kriegseinsätze.

 

Nach dem Krieg musste der Großteil der Frauen, die in den Streitkräften gedient hatten, wieder männlichen Soldaten weichen und konnten nur jene Posten einnehmen, für die sich keine Männer fanden.[12]

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte langsam ein Prozess des Umdenkens und eine Abkehr von der traditionellen Rollenverteilung der Geschlechter ein. Zahlreiche Staaten begannen, ihre Streitkräfte für weibliche Soldaten zu öffnen. Teilweise erhielten Frauen unbeschränkten Zugang zu sämtlichen militärischen Positionen inklusive der Kampfaufgaben, teilweise wurden nur bestimmte Bereiche des Heeres für Frauen geöffnet. In Israel wurde sogar die allgemeine Wehrpflicht auch auf Frauen erstreckt.[13]

 

Die Integration von Frauen in die nationalen Streitkräfte verlief – wohl auch aufgrund der zahlreichen Vorurteile, die sich durch die jahrhundertelang bestehende Rollenverteilung herausgebildet haben – nicht immer friktionsfrei. Frauen und Militär – diese Kombination wird auch noch heute oft als Widerspruch angesehen.

 

II. Soziologische Hintergründe zum Verhältnis von Militär und Geschlecht


 

Obwohl in den letzten Jahrzehnten durch die schrittweise Öffnung der Streitkräfte für Frauen bereits große Fortschritte erzielt wurden, erhalten sich geschlechtsspezifische Vorurteile und Stereotypen weiterhin hartnäckig in der öffentlichen Meinung aufrecht.

 

So warnte der Chef des Heerespsychologischen Dienstes in Österreich, Brigadier Frise, noch im August 2001 davor, Soldatinnen für Kampfeinsätze vorzusehen. Aufgrund gewisser biologischer Voraussetzungen und durch hormonelle Einflüsse bedingt würden männliche Soldaten seiner Ansicht nach nämlich immer den Drang verspüren, Frauen beschützen zu müssen und dadurch den Kampf vergessen. Außerdem würden Männer Frauen in jeder Situation als potentielle Geschlechtspartner ansehen. Schließlich würden Soldatinnen die mystische Rolle der Frau, mit der Männer vor allem Liebe und Mütterlichkeit assoziieren, zerstören.[14]

 

Mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht entwickelte sich das Militär zunehmend zu einer „Schule der Männlichkeit“, die in einem frauenfreien Raum die als typisch männlich angesehenen Eigenschaften wie Disziplin, Kampfgeist sowie die Kameradschaft stäken sollte. Dabei bildete sich die schubladisierende Vorstellung vom Mann als Krieger und Held und von der Frau als „Mutter der Nation“ heraus.[15]

 

Frauen wurden – in Abgrenzung zum kämpfenden Mann – immer wieder gerne als von Natur aus fürsorgende und friedliebende Mütter dargestellt.

 

Auch für den Begründer der Paneuropa-Bewegung, Richard Coudenhove-Kalergi symbolisierte der Mann den Krieg und die Frau den Frieden. Deshalb sollten die Frauen der kriegerischen Dominanz der Männerwelt ihre mütterliche Menschlichkeit, ihre Friedlichkeit und Güte entgegenstellen, um so den Frieden zu gewährleisten.[16]

 

Bei derartigen Argumentationen spielt auch der biologische Aspekt eine Rolle. Da Frauen Leben schenken und für die Erhaltung der Menschheit zuständig sind, werden sie als friedfertiger angesehen. Bei dieser Verklärung der Frau als Mutter übersieht man gerne, dass Frauen in der Regel gar nicht die Möglichkeit hatten, über Kriege und Aufrüstung zu entscheiden, da sie von jeglicher politischer Einflussnahme ausgeschlossen waren.[17]

 

Weitere Argumentationen für den Ausschluss von Frauen vom Militärdienst stellen auf psychische und physische Gründe ab, also darauf, dass Frauen für den Dienst in Kampfeinheiten schlichtweg von Natur aus nicht geeignet sind. Diese Vorstellung ist heute wohl ebenso überholt wie der „ritterliche“ Schutzgedanke oder biologische Aspekte.[18]

 

Im Zuge von Untersuchungen in mehreren Ländern wurde festgestellt, dass bei der Integration von Frauen in die Streitkräfte darauf Bedacht genommen wird, dass sie den „Männerbund“ Militär nicht stören. Deshalb werden Frauen wenn möglich auf Randpositionen versetzt. Die Untersuchungen zeigten auch auf,...

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