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E-Book

Des Kobolds Handbuch der Welterschaffung

Spieltheorie

VerlagUlisses Spiele
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl116 Seiten
ISBN9783957523501
FormatePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis6,99 EUR
Rollenspiele und fantastische Geschichten finden in vielen großartigem Welten statt: Die vergessenen Reiche, Glorantha, Narnia, Rlyeh, Mittelerde, Barsoom, um nur einige zu nennen. Um eine solche Welt zu erschaffen, braucht man viel Kreativität, muss sie aber auch sorgfältig planen und durchdenken. In diese Welten wollen Leser und Spieler immer wieder eintauchen - aber wie werden sie gemacht? In diesem Buch verraten Ihnen elf erfahrene Spielentwickler ihre Geheimnisse beim Erschaffen einer Welt. Was gilt es bei einem Pantheon zu beachten, wie bringt man Konflikt in die Welt, wieviel Geschichte braucht sie? Diese und viele weitere Fragen werden beantwortet. Erschaffen Sie Ihre eigenen, faszinierenden Welten! Mit Essays von Wolfgang Baur, Keith Baker, Monte Cook, David 'Zeb' Cook, Jeff Grubb, Scott Hungerford, Chris Pramas, Jonath

Wolfgang Baur (*1968) ist, trotz seines deutsch anmutenden Namens, ein amerikanischer Spieleentwickler, Autor und Herausgeber, der sich mit zahlreichen Publikationen im Bereich der Rollenspiele einen Namen gemacht hat. Er war als Entwickler und Herausgeber bei TSR tätig, der Firma, die das Hobby Rollenspiel erst populär gemacht hat. Wolfgang Baur schrieb für die Magazine Dragon und Dungeon, arbeitete an den Hintergrundwelten zu Planescape, Al-Qadim sowie an Star*Drive und Dark•Matter für das Science-Fiction-Rollenspiel Alternity. Nach dem Ende von TSR gründete Wolfgang Baur seinen eigenen Verlag Kobold Press und brachte bis 2012 das Magazin 'Kobold Quarterly' heraus. Seit 2014 erschienen bei seinem Verlag die ersten Abenteuer für die 5. Edition von Dungeons & Dragons.

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Leseprobe

Was ist das Design von Hintergrundwelten überhaupt?

Wolfgang Baur

Vor langer, langer Zeit habe ich mein erstes bezahltes Rollenspielprodukt geschrieben. Und zwar für meinen Freund Jim, der eine Runde Dungeons & Dragons (D&D) leiten wollte, aber keine Lust hatte, ein Abenteuer zu schreiben oder sich die Box mit den Regeln zu kaufen. Er gab mir also $2 oder so und ich gab alles. Damals war ich 12.

Ach, hätte ich doch bloß noch Kopien dieser ersten Auftragsarbeit. Ich erinnere mich noch da­ran, dass Jim die Karte der Baronie oder des Herzogtums mit all ihren Burgen, Wäldern, Seen und so weiter mochte, die ich mit Buntstiften gemalt hatte. Den Text fand er weniger gut. Die meisten Regionen wurden nur mit einem Satz beschrieben, was mir völlig ausreichend erschien, denn ich hatte alles handschriftlich zu Papier gebracht. Insgesamt hat es sich um etwa 10 oder 20 Ringbuchseiten gehandelt. Jim war etwas enttäuscht, aber ich zeigte ihm, dass ich eine Zufallstabelle mit Monsterbegegnungen für die Region entworfen hatte, und das besänftigte ihn.

War es eine erfolgreiche Hintergrundwelt? Das kann nur Jim mit Sicherheit sagen, aber ich bilde mir ein, dass alle wichtigen Komponenten enthalten waren, selbst wenn sie nur am Rande vorkamen: Orte, Charaktere und Konflikte.

Seitdem sind viele Jahre ins Land gezogen und ich habe mir bei meinen letzten entwickelten Welten mehr Gedanken gemacht, egal, ob ich sie alleine oder im Team entworfen habe: von Dark*Matter über Golarion bis hin zum Midgard-Kampagnensetting.

Wenn du mich heute fragst, dann würde ich sagen, dass das höchste Ziel des Entwicklers darin bestehen sollte, einen Hintergrund für ein fantastisches Spiel zu erschaffen, das Spielern und Spielleitern eine große Menge, aber nicht unendlich viele Wahlmöglichkeiten zur Verfügung stellt. Außerdem muss ein erfolgreiches Setting Ausgangssituationen für Konflikte bieten sowie Motivationen für Helden und Bösewichte geben, die die Spieler unterhalten. Eben jene Charaktere und Bösewichte helfen dem Spielleiter (SL) dabei, problemlos Abenteuer zu entwerfen, wiederkehrende Gegner und einen kompletten Kampagnenbogen, in dem die Spieler die Hintergrundwelt durch ihre Taten verändern und in dem sie einige oder gar alle der Entwicklungsziele ihres Charakters erreichen können.

Das war jetzt ziemlich viel. Lasst uns also mal genauer betrachten, worauf es beim Erstellen eines eigenen Weltenhintergrunds ankommt.

Hintergrund und Dynamit

Der gesamte Vorgang, ein eigenes Kampagnensetting zu entwerfen, wird oft auch als Weltenbau bezeichnet, allerdings ist dieser Begriff etwas irreführend. „Weltenbau“ impliziert eine enzyklopädische Herangehensweise, aber genau darum handelt es sich nicht. Tatsächlich unterwirft man sich so aber dem „stampfenden Fuß des Nerdtums“, wie es einst M. John Harrison so prägnant ausdrückte.

Der Instinkt des Nerds sagt ihm, dass er einem Otaku gleich alles wissen muss. Der Spieleentwickler aber sollte nur das entwerfen, was für das Spiel relevant ist, was direkt verwendet werden kann, sonst nichts. Die enzyklopädische Herangehensweise mag für Langzeitverkäufe relevant sein oder für Reihen, die auch nach 20 Jahren noch Produkt auf Produkt in die Regale stellen müssen. Und ehrlich gesagt kann ich mir auch vorstellen, dass es dem Entwickler Spaß macht, diesen Wunsch zu erfüllen.

Sich diesem Instinkt hinzugeben, ist allerdings pures Gift, denn es bedeutet, dass ich gewaltige Textmengen produziere, in denen die Gold-Nuggets kaum mehr zu finden sind. Vollständigkeit ist ihr eigener Lohn, aber sie ist der Albtraum eines jeden SL. Wenn alles (irgendwo) festgelegt ist, bleibt dem SL kein Raum mehr, sein eigenes Material zu entwickeln. Ist alles beschrieben, muss der SL unglaubliche Informationsmengen kennen und beherrschen, falls die Gruppe sich irgendwohin bewegt. Es gibt keine Mysterien und keinen Freiraum.

Je mehr Details du als Entwickler vorgibst und je liebevoller eine Region beschrieben wird, desto schwerer wird es für den Spielleiter, dort souverän ein Spiel zu leiten und sich sicher zu sein, dass er das Material gut kennt. Das ist der Grund dafür, dass Verlage mit lange laufenden Kampagnenwelten gerne mal den Reset-Schalter drücken.

Alles niederzubrennen und ganz von vorne anzufangen, ermöglicht es neuen Spielern, in die Welt einzusteigen, selbst wenn es Aufschreie der Entrüstung von den Spielern gibt, die Zeit, Mühe und Geld in das Meistern der alten Edition investiert haben.

Nein, das Ziel kann nicht die enzyklopädische Herangehensweise sein. Das Ziel eines guten Kampagnenhintergrunds ist es, so viele Boxen mit Dynamit wie möglich aufeinanderzustapeln und das Ergebnis äußerst vorsichtig den Spielleitern in die Hand zu drücken. Dann werden sie zufrieden kichern bei all den Werkzeugen, Abenteueraufhängern, Konflikten, Gefahren und einfach wunderbaren Gemeinheiten, mit denen du sie so aufmerksam bedacht hast.

Konflikt und Anstiftung

Ein Kampagnenhintergrund ist ein Werk der Anstiftung, ein Werk der geheimen Zusammenarbeit zwischen Spielleiter und Spielern, mit dem sie etwas Unterhaltsames erschaffen. Klimatabellen und Handelsrouten mögen wichtige Teile des Weltenbaus sein, aber sie sollten größtenteils unsichtbar für die Spieler bleiben. Sie sind lediglich der feste Boden, auf dem die Kampagne errichtet werden sollte.

Was also ist ein guter Brandsatz? Alle Quellen menschlicher Konflikte: Liebe, Krieg, Revolution, Mord, Verrat, Gier, Diebstahl, Vergewaltigung, Unterdrückung, Religion, Nationalstolz, Sklaverei und der simple Hunger nach Macht. All diese Dinge sind selbstredend nicht die Quellen großer Freude im wahren Leben – ganz im Gegenteil –, aber für die fiktionale Unterhaltung sind sie die Werkzeuge in deiner Werkzeugkiste, wenn du dir die wichtigsten Charaktere und Gesellschaften ansiehst. Friedliche, von Hobbits bewohnte Auenländer sind genau die Orte, an denen wir gerne als fröhliche, friedliche und hilfsbereite Nachbarn wohnen würden. Aber dein erster Instinkt als Spieleentwickler sollte es sein, die Spieler davon zu überzeugen, dass dies genau der Ort sein sollte, den es zu retten gilt, nur Augenblicke, bevor die Orks angreifen und alles niederbrennen.

Gut und Böse sind nicht zwangsläufig die einzige oder die beste Grundlage für Konflikte: Sieh dir nur mal die Dutzende von Arten an, wie du deine Hintergrundwelt gestalten kannst – Adel gegen Bauern, Drachen gegen Prinzen, Händler gegen Piraten oder sogar Magier gegen Priester. Verbinde all diese Konflikte zu einer einzigen Welt. Mache von Anfang an klar, dass einige Herrscher und Nationen von einem tiefen Machthunger beseelt sind, von einer tief sitzenden Gier zu erobern, zu beherrschen oder ihre Gegner zu ermorden. Anschließend machst du diese Gesellschaften noch paranoid und kriegslüstern. Und zack! ist deine Kampagne interessanter geworden, völlig unabhängig davon, ob die Spielercharaktere Fremde sind, die gegen das paranoide Superreich antreten, oder niedrigrangige Fürsten und Söldner des Imperiums, die geschickt wurden, um den rebellierenden Abschaum zurück in die Kanalisation zu treiben.

Wenn deine Spieler die soziale Struktur als Imperium gegen Rebellen erkennen, dann lass sie es nutzen. Die dramatische Dynamik ist an sich schon Teil des Designs und ermutigt Spielleiter wie auch Spieler dazu, sich Ziele zu stecken und Abenteuer zu spielen, die mit ihren logischen Auswirkungen die Welt formen (egal, welche Seite nun gewinnt).

Bastle also eine Zunderbüchse, dann werden Spielleiter und Spieler dir die Bude einrennen.

Warum also eine Geschichte schreiben?

Fokussiere dich auf das Jetzt, auf Konflikte. Genau wie sich die Bühnenbildner eines Theaters oder Kinofilms nicht übermäßig um die Geschichte, die Schöpfung und das Narrativ einer bestimmten Region kümmern (wenn es nicht gerade Auswirkungen auf die Gegenwart hat), sollten sich auch Spieleentwickler nicht mit der Geschichte der Welt belasten, wenn sie nicht starke Auswirkungen auf die Gegenwart hat.

Dies ist eine der größten Fallen, in die Entwickler immer und immer wieder tappen. „Vor zehntausend Jahren...“, hört sich wie der Beginn einer epischen Geschichte an, aber für die meisten Spielercharaktere ist es völlig ohne Belang. Spielern ist völlig egal, was vor zehntausend Jahren geschah, bis es ihnen in den Hintern beißt. Sorge also dafür, dass für jeden Verweis auf uralte Zeiten ein Element dieser Geschichte existiert, das eine reale Gefahr und einen möglichen Konflikt darstellt.

Warum ist es so schwierig, sich an diese Regel zu halten und sich auf die Gegenwart zu konzentrieren? Teilweise ist dies ganz sicher J.R.R. Tolkiens Schuld, da er uns zwar zwei großartige literarische Werke geschenkt hat, die Fantasy neu definiert haben, aber er gab uns auch eine detaillierte Geschichte, die bis zum Beginn der Zeit zurückgeht. Es ist toll, die frühe Geschichte der Elben zu lesen, die beiden Bäume, Beren und Luthien und all die anderen Erzählungen vor der eigentlichen Haupthandlung, die wir kennen. Spieler und Entwickler beschlossen also, dass, wenn sich etwas so toll liest, es auch ebenso toll sein müsste, etwas Vergleichbares...

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