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Deutsches Know-how für russisches Öl? Perspektiven und Potentiale des Transfers von Wissensprodukten in den deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen

AutorJuliane Partsch
VerlagDiplomica Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2008
Seitenanzahl77 Seiten
ISBN9783836609012
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis33,00 EUR
Die russische Wirtschaft wächst rasant. 2006 betrug das inflationsbereinigte Wirtschaftswachstum knapp 7%. Das stetige Wachstum hat Russland in erster Linie seinem enormen Rohstoffreichtum zu verdanken. Dieser hat dem Land in Zusammenhang mit den weltweit steigenden Ölpreisen und dem globalen Rohstoffboom nach jahrelangem Transformationschaos wieder zu internationaler Größe verholfen. Um neben der Rohstoffindustrie in einer globalisierten und mehr und mehr wissensbasierten Welt national und international wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu bleiben, fehlt es in russischen Schlüsselindustrien jedoch vielfach an technologischen und personellen Grundvoraussetzungen. Die russische Wirtschaft ist angewiesen auf neues, aktuell notwendiges und zukünftig wichtiges Know how zur Modernisierung veralteter Wirtschaftsstrukturen. Die vorliegende Studie analysiert den Wissensbedarf der russischen Wirtschaft, betrachtet die Akquirierung benötigten Wissens in Form des intra- und interorganisationalen Transfers von impliziten und expliziten Wissensprodukten am Beispiel der Region Nischni Nowgorod und stellt davon ausgehend Chancen und Gefahren des Transfers von Wissensprodukten für Deutschland und Russland fest. Der Fokus der Betrachtung liegt bei der Russischen Föderation. Einer theoretischen Verortung des genannten Themas folgt die Erstellung eines Ist-Wissensprofils der russischen Wirtschaft in Form einer Stärken und Schwächen-Analyse, um Aussagen über den derzeitigen Wissensstand zu treffen. Dazu wird ausgehend von den Resultaten empirischer Erhebungen und unter Zuhilfenahme sekundärer Literatur eine Situationsanalyse der Russischen Föderation erstellt, die kulturelle, gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Perspektiven mit einbezieht. Die Größe des Landes, die unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungsstufen der russischen Regionen und die Vielfalt der wirtschaftlichen Branchen lassen allgemeine Aussagen über Wissenspotentiale und Wissensdefizite nur bedingt zu. Daher wird im Anschluss ein Soll-Wissensprofil exemplarisch an ausgewählten Branchen in der russischen Region Nischni Nowgorod erarbeitet. Die Betrachtung beider Wissensprofile zeigt vorhandene Wissenspotentiale und -defizite auf Organisations- und Wissensträgerebene in den Prioritätsbranchen des Gebietes auf. Als Maßnahme zur Deckung des belegten Wissensdefizits wird die Akquirierung durch externe Wissensträger in Form von ausländischen Unternehmen mit Produktionsstätten in der Region Nischni Nowgorod beobachtet. Ausgehend von den Schlussfolgerungen und Beobachtungen werden schließlich Potentiale, Perspektiven und Gefahren des Transfers von Wissensprodukten für Russland und Deutschland formuliert.

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Leseprobe
Kapitel 6., Stärken und Schwächen der russischen Wirtschaft:Die Betrachtung der Russischen Föderation anhand der acht Elemente des integrierten 7-S-Modells hat sowohl Kernkompetenzen als auch organisationale Defizite bzw. Handlungsfehler identifiziert. Davon ausgehend können allgemeine Aussagen zu den Stärken, Schwächen, Gefahren und Chancen bezüglich der globalen Wettbewerbsfähigkeit der russischen Wirtschaft im Kontext gegenwärtiger Wissenselemente geschlussfolgert werden. Als Hilfe zur Darstellung dient die Beschreibung ausgehend von Wissens- und Lernbarrieren, Lernhemmnissen sowie Systemarchetypen. Die Stärken der russischen Wirtschaft liegen insbesondere in den vorhanden Ressourcen des Landes. Aufgrund seines Rohstoffreichtums an fossilen Brennstoffen, Metallen und weiteren natürlichen Ressourcen ist Russland international konkurrenzfähig und nutzt die Rohstoffabhängigkeit vieler Industriestaaten zunehmend auch politisch aus. Der international steigende Ölpreis und der anhaltend starke Rohstoffboom erhöhen die Staatseinnahmen enorm und finanzieren damit zum Teil den Weg des Landes aus der gesamtgesellschaftlichen Krise. Die spürbare Verbesserung der Lebensverhältnisse in den vergangenen Jahren führt in der Bevölkerung zu einer steigenden Nachfrage im Verbraucherbereich. Russland ist ein starker Wachstumsmarkt und daher, auch aufgrund niedriger Lohnkosten, für ausländische Unternehmen interessant. Zudem sind die russischen Arbeitskräfte zum Teil hoch motiviert, krisenerprobt und sehr gut ausgebildet, besonders im Hinblick auf die naturwissenschaftlich-mathematischen Wissenschaften. Neben dem hohen Bildungsstandard in den Fundamentalwissenschaften als Hinterlassenschaft der Sowjetunion wirken sich auch die gut ausgerüstete technologische Infrastruktur, die den Anschluss Russlands an die internationalen Entwicklungen im Hochtechnologiebereich erleichtert, und die internationale Positionierung der Sowjetunion, die Ausgangspunkt der russischen internationalen Position ist, positiv aus. Dadurch, dass der russische Technologiebereich nach wie vor ein hohes Niveau hat, sind derartige Waren aufgrund niedrigerer Marktpreise für Schwellen- und Entwicklungsländer als Importprodukte interessant. Die Positionierung russischer Waren auf dem Weltmarkt und der politische und wirtschaftliche Einfluss Russlands in einigen Weltregionen werden zum Teil durch erhalten gebliebene Absatzstrukturen erleichtert.Sowjetische und auch zaristische Hinterlassenschaften können aber auch als Gründe für latente Schwächen im heutigen Russland angeführt werden, die durch die Transformationssituation in den 90er Jahren zum Teil weiter verschärft wurden. Die größte Schwäche in der russischen Wirtschaft und das größte Hindernis für ein freies Unternehmertum sind die vorherrschende Rechtsunsicherheit und die bereichsübergreifende Korruption. Diese werden unterstützt durch informelle und undurchsichtige Strukturen und ein kultiviertes Informations- und Kommunikationsdefizit. Dem entsprechend lassen sich laterale und horizontale Informationsfilter, Machtverteilung und Partizipationsregeln und Kooperationskonflikte als kollektiv-strukturelle Barrieren und Hemmnisse in der Wirtschaft identifizieren. Hinzu kommt die Gefahr einer antrainierten Unfähigkeit, defensiver Routinen und die alleinige Konzentration auf die eigene Position des Mitarbeiters. Unterstützt wird dieser traditionelle Infantilismus der Untergebenen durch das autoritäre Regime Putins, welches den starken Staat propagiert und sozusagen den „Mythos vom Managementteam“ vorlebt. Weitere mögliche Wissensbarrieren, die ihre Ursprünge in vergangen kulturellen Sozialisationsprozessen und in den politischen Konstellationen des Systems haben, sind beispielsweise „Audience Learning“ und damit verbunden ein fehlendes bzw. wenig ausgeprägtes Analyse-, Urteils- und Anwendungsvermögen, „kollektiver Rollenzwang“ und ein verbreitetes Lernen unter Realitäts- und Aufklärungsdoktrinen als Hinterlassenschaft kommunistischer Ideologie. Weiterhin lässt sich beobachten, dass seitens der Regierung eine „Überbetonung einer Einheitskultur und Binnenorientierung“ erfolgt und versucht wird durch vorgegebene „russische“ Mythen und Traditionen die kulturelle Diversität zu beherrschen. Im Hinblick auf die Größe und den Rohstoffreichtum Russlands, die international ja ein klarer Wettbewerbsvorteil sind, und dem beschriebenen nachlässigen Umgang mit den Ressourcen und deren konsequenter Ausbeutung lässt sich der Systemarchetyp der „Tragödie der Gemeingüter“ beobachten, der auch auf andere Bereiche überspringt. Bezüglich der wirtschaftlichen Struktur des Landes wird das beispielsweise am immensen Modernisierungsbedarf des oftmals ehemaligen kollektiven Eigentums deutlich. So gibt es in geringem Maße Kapital und eine gut funktionierende Infrastruktur ist nur in den wenigsten Regionen zu finden. In den nach wie vor sowjetisch geprägten Städten gibt es noch keine bzw. nur sehr wenige Büro- und Gewerbekomplexe bzw. es besteht ein Mangel an bezahlbaren Gewerberäumen. Die derzeitigen finanziellen und infrastrukturellen Hemmnisse behindern die Entwicklung einer ohnehin bisher vernachlässigten mittelständischen Unternehmerschicht, die darüber hinaus mit negativen Rahmenbedingungen des Systems zu kämpfen hat.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Deutsches Know-howfür russisches Öl?1
Abstract3
Inhaltsverzeichnis5
Fragestellungen und methodisches Vorgehen7
1. Gliederung der Arbeit und Fragestellungen7
2. Methodisches Vorgehen9
Kontext der Arbeit und theoretische Verortung10
3. Wissensgesellschaft und Globalisierung10
3.1 Wirtschaftliche Vernetzung und ihre Auswirkungen10
3.2 Von der Agrar- zur Wissensgesellschaft: Die Bedeutung von Wissen in der heutigen Gesellschaft und Konsequenzen für die Ökonomie11
4. Wissen, Wissensprodukte und Wissenstransfer – eine theoretische Annäherung12
4.1 Abgrenzung von Begrifflichkeiten und Klassifizierung der Wissensdimensionen13
4.2 Das Produkt Wissen und seine Eigenschaften14
4.3 Der Transfer von Wissen: Märkte, Motivationen, Herausforderungen16
Erstellung eines Ist-Wissensprofils der russischen Wirtschaftanhand einer Situationsanalyse19
5. Allgemeine Situationsanalyse der Russischen Föderation mit Hilfe desintegrierten 7-S-Modells19
5.1 Das System: Postsozialistische Transformation als grundlegenderWandlungsprozess20
5.2 Die Strategie: Erhöhung des Lebensstandards und internationale Konkurrenzfähigkeit22
5.3 Die Struktur: Der politische Aufbau Russlands23
5.4 Die Fähigkeiten: Segen und Fluch des Rohstoffreichtums25
5.5 Die Kultur23: Tradierte Normen und Verhaltensmuster der „Russen“26
5.6 Die Menschen: Vom Staat und Individuum28
5.7 Die Vision: Eine neue nationale Identität29
5.8 Die Umwelt: Russland auf der Weltbühne31
6. Stärken und Schwächen der russischen Wirtschaft35
Schlussfolgerungen zum Wissensbedarf ausgewählter Branchen und Beobachtungen zu ausländischen Aktivitäten zur Deckung des Wissensdefizits in der Region Nischni Nowgorod38
7. Erstellung eines Soll-Wissensprofils russischer Unternehmen am Beispiel ausgewählter Branchen in der Region Nischni Nowgorod38
7.1 Die Region Nischni Nowgorod: Strategische Wirtschaftsentwicklung und deren Einflussfaktoren38
7.2 Wissensdefizite in den strategischen Prioritätsbereichen Automobilbau, Nahrungsmittelindustrie und Innovation und Bildung41
7.3 Zusammenfassung des zukünftig notwendigen Wissens zur Erreichung der strategischen Ziele47
8. Ausländische Aktivitäten mit deutscher Beteiligung in der Region Nischni Nowgorod zur Deckung des Wissensdefizits in den wirtschaftlichen Prioritätsbereichen49
8.1 Intraorganisationaler Transfer von Wissensprodukten in der OOO48 Trosifol50
8.2 Interorganisationaler Wissenstransfer von Wissensprodukten bei der OOO EagleBurgmann52
8.3 Zusammenfassende Betrachtung der Beispiele54
Deutsches Know how gegen russisches Öl? – Möglichkeiten und Grenzen des Transfers von Wissensprodukten für Deutschland und Russland56
9. Chancen und Gefahren von Wissensexporten für Deutschland56
10. Chancen und Gefahren von Wissensimporten für die Russische Föderation57
11. Allgemeine Zusammenfassung und weiterführende Untersuchungsmöglichkeiten59
11.1 Zusammenfassende Betrachtung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen59
11.2 Weiterführende Untersuchungsansätze64
Literaturverzeichnis67
Abbildungsverzeichnis75
Juliane Partsch76

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